Eieiei...
Ich bin jetzt bei Minute 30 und habe selten, wirklich selten ein so dermaßen schlecht verfilmtes Drehbuch gesehen (und ich tue mir zumindest immer mal wieder den ARD-Tatort an, ich hab genug Schrott gesehen). Es ist quasi ungenießbar. Der Stil von Lennart Ruff ist schauderhaft. Da sind sämtliche Folgen der hier so verhassten Ben-Jäger-Ära auf inszenatorischer Ebene meilenweit drüber. In den Action-Szenen fiebert man mit - in den anderen kriege ich Kopfweh.
Was hier an schauspielerischen Leistungen durchgewunken wurde, entbehrt jeder logischen Grundlage. Es ist ganz toll, dass sich alle so gut verstehen, aber jede einzelne Baby-Szene artet dermaßen aus, das ist nicht mehr feierlich. Anscheinend haben die Darsteller vergessen, dass sie Schauspieler sind und keine Darsteller realer Figuren - denn genau so kommt es hier rüber. Pia Stutzenstein spielt jede Emotion mit derartiger Aufgesetztheit, sowas kann man bei den Pfefferkörnern machen, aber nicht bei der Cobra. Die Professionalität bleibt völlig auf der Strecke, es werden sogar Versprecher durchgewunken (Wie amateurhaft willst du sein? Lennart Ruff: JA!) Unglaublich oft wird mit der Kamera hinterhergelaufen, als wäre man beim Nachmittagsprogramm von RTL 2 gelandet. Lennart Ruff scheint das sogar bewusst gewesen zu sein, weshalb alibimäßig oben und unten zwei schmale schwarze Streifen hinzugefügt wurden, um einen cineastischen Stil vorgaukeln zu können.
Das in den letzten fünf Folgen jetzt bereits fünfte neue Intro sieht zu Beginn noch stark aus, um dann völlig plump die paar wenigen Actionszenen der zwei neuen Folgen aneinanderzureihen - da hat sich jemand nach den ersten paar Sekunden auch gedacht, ach komm, wozu die Mühe, guckt ja eh keiner mehr und wird ja in zwei Folgen eh wieder umgeschmissen.
Das Schlimme ist halt, dass die Folge ernst gemeint ist, aber man es ihr nicht abnimmt. Wäre sie im Stil von "Das Ende der Welt" gehalten und wäre da noch ein Tom Beck an Atalays Seite, dann wäre das zwar für viele eine Enttäuschung, aber wenigstens ehrlich und dem Drehbuch entsprechend. So aber passt hier nix richtig zusammen und ehrlich gesagt ist Ralf Richters Auftritt der einzige Grund, warum ich noch weiterschauen werde. Von den massiven Logikfehlern allein in der ersten halben Stunde (Max als Chef, Baby bei Ermittlungen dabei, Baby wird in die Obhut irgendeiner random Polizistin gegeben, Dana als frischgebackene Mutter freut sich über ein zweites Kind, weil das erste ja gerade so ruhig ist) will ich gar nicht anfangen.
Und ich dachte immer, "Vendetta" wäre der schlechteste ernstgemeinte 90-Minüter der Serie. Schlimmer geht immer...
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Edit: So, ich bin gestern noch durchgekommen, aber nicht glücklich geworden.
Wo fängt es an, wo hört es auf?
- Die Story in Ansätzen interessant, aber extrem verworren und langweilig erzählt. Zu viel Fokus auf Vicky und Semir. Alle anderen Figuren kamen über eine Handvoll Szenen nicht hinaus. Der Täter war komplett blass. Der radebrechende Neffe/Onkel/wasauchimmer von dem Kind wurde nicht mal zu Ende erzählt.
- Immer wenn Informationen übermittelt wurden, hat mein Kopf blockiert, weil ich den Bärenfänger ziemlich unangenehm fand. Ein plumper Versuch, Dieter und Hotte eine Nachfolge zu geben. Gescheitert, da sie nur Stichwortgeber waren und keinerlei Charakter hatten. Ändert sich ja vielleicht noch.
- Die Farben schön einheitlich grau in grau. Selbst die Praxis des Arztes dunkel. Das Haus von Dana und Max - dunkel. Semirs Bude - dunkel. Alles dunkel. Das war bei Vickys 45-Minuten-Folgen nicht ganz so unangenehm, da war mehr Blau dabei, hier ist es eher braun.
- Die Musik – ganz schlimm. So 2, 3 Stücke waren dabei, in die hörbar Mühe geflossen ist. Ca. 90 % des Films war mit Fahrstuhlmusik unterlegt, die dir auch eine KI basteln kann. Auch da wird mittlerweile massiv gespart.
- Keine einzige Szene dabei, bei der ich sage, die hat man wirklich schön cineastisch eingefangen. Das war bei „Unversöhnlich“ und „Schutzlos“ völlig anders. Nicht mal der Fight im Wasser war so richtig ansehnlich.
- Dialoge liefen immer wieder ins Leere. Ralf Richters Figur war ein schlechter Witz, eine Karikatur. Einerseits passend, andererseits schade, weil er es doch so viel besser kann. Da will Semir mal was von Andrea erzählen und wird abgewürgt – warum? Dann diese Gute Nacht-Szene bei Dana und Max, völlig belanglos, was wollte man da versuchen? Emotionale Tiefe?
- Es dient als Running Gag, ist aber hochpeinlich: Die Lösung ist das Handy des Opfers, das niemand ausgelesen hat? Ernsthaft?
- Das tat am meisten weh: Semir zu sehen, wie er sich an dem wegfahrenden Auto des Mörders festkrallt und schließlich wehrlos runterfällt und dann noch Vicky, die anhält und sich um Opa kümmert. Da ist mir dann auch klar geworden, dass es Zeit ist, zu gehen und dass die 400 nicht mehr vollgemacht werden sollte. Semir ist nicht nur auf dem Papier jetzt Opa.
- Diese Darstellung, Semir in seiner schäbigen Bude da zu sehen, da hab ich mich gefragt, ob ich irgendwas verpasst habe. Seit wann wohnt der da? Es wirkte so, als wolle man absichtlich einen Kontrast zum Haus von Dana und Max zeigen – wenn er dort nicht willkommen ist, dann bleibt ihm nur ein trostloses Zimmer.
- Mama Heimleiterin stirbt mal eben so im Rollstuhl weg, weil ihr Sohn ein Mörder ist. Wofür? Für zehn Sekunden Emotionalität? Hat mich auch nicht gepackt, sorry.
- Der Mörder entführt die verletzte Eugenia / Maria aus dem Krankenhaus und keine Sau merkt was? Also bitte… Da hat man es sich ja sehr einfach gemacht.
- Auch dieses Storytelling von wegen „Ich marschiere jetzt mal random ins Archiv des Altenheims und wühle da in einem von 300 Aktenordnern rum und finde da Beweise“ – boah, geht’s vielleicht noch unglaubwürdiger?
Sorry, ich hatte wirklich durchgängig schlechte Laune. Mir hat nichts gefallen. Ich fühlte mich mehr denn je in einem Tatort, der ein echt interessantes Grundthema völlig gegen die Wand fährt. Und selbst, wenn das Buch bei „Hoffnung“ besser sein sollte… dann gibt’s immer noch einen Lennart Ruff, der wirklich so ziemlich die mieseste Regieleistung abgeliefert hat, die ich bei der Cobra jemals gesehen habe. Und hier wurde sich vor zehn Jahren noch über Heinz Dietz beschwert…
0 Punkte. Kein Scherz. Entweder ich werde wirklich zu alt für den Scheiß oder das war rausgeworfenes Geld für nichts.