Tja so unterschiedlich sind Geschmäcker, denn dieser Film hat mir weniger zugesagt als der erste.
Es ist halt mittlerweile ein Slowburner, der langsamer als früher daher kommt, weil man viele Szenen lange ausspielt, da man ja jetzt die Zeit dafür hat. Ob das "Verfolgungsjagden" sind oder Dramaszenen. Vicky geht aus dem Verhörraum, ganze 15 Sekunden später dreht der Vater den Kopf zum Spiegel und spricht Semir an. Im Hotelzimmer wird 10 Sekunden auf das Gesicht des vermeintlichen Täters gezoomt, damit man als Zuschauer auch ja versteht, wie er gerade innerlich mit sich ringt. Ich verstehe die Prämisse dahinter, dem Schauspiel den Vorrang vorm Spektakel zu geben (weniger Action usw.), ringe aber dann selbst mit mir - ist das noch Cobra? Vor allem wenn mal wieder ein neuer, mir unbekannter Autor etwas schreibt, was sich nicht zu 100% wie die Cobra anfühlt und sich alteingesessene Figuren benehmen wie sonst was. Semir mit seinen 320 Jahren Berufserfahrung verliert auf einmal die Fassung gegenüber Vicky UND einem unschuldigen Zeugen auf der Dienststelle, weil es das Drehbuch so will. Sowas sollte aber gar nicht zum Charakter von Semir passen, weil er es besser wissen muss.
Und da es nunmal so ein Slowburner ist, habe ich persönlich mehr Zeit, links und rechts zu schauen und mir Gedanken zu Dingen zu machen, die ich vor 10 Jahren noch einfach so hingenommen habe. Am Anfang wird die FTL von großen Scheinwerfern ausgeleuchtet, die leider nicht gut versteckt sind - man sieht ab und zu die großen Kräne. Semir und Pia fahren auf das Hotel zu - und genau gegenüber steht ein Studiolicht, welches den Parkplatz ausleuchtet. Früher wurde sowas verschnitten, heute ist eine lange Einstellung. Wieso und woher hat eigentlich mittlerweile jeder eine Waffe?? Der Vater des Mädchens + die Täterin. Die Polizei hat alles getan, um das Mädchen zu finden - aber den Querverweis, das rote Auto dann mal der einzigen Zeugin von damals zuzuordnen, darauf kam keiner? Der Ende 20jährige Tankstellenwart besitzt eine Doppelhaushälfte UND eine Hütte im Wald?? Ja moin! Die Täterin weiß bitte nochmal wie, wo der Lieferando-Lieferant/Tankstellenwart wohnt? Die True Crime-Podcasterin entwickelt Gefühle für den autistisch wirkenden Tatverdächtigen, weil warum? Beim Einbruch in seine Doppelhaushälfte auf den Geschmack von altdeutschen Eichenmöbeln gekommen oder was? Und hat die Podcasterin später auch 45 Sekunden lang angerufen oder wie findet die Polizei so schnell ihren Aufenthaltsort im Hotel raus, aber vorher nicht den vom Vater? Wurde überhaupt erwähnt, wieso das SEK inkl. Pia mit ihrer neuen Mini-Uzi an der falschen Location war? Und der emotionale Ankerpunkt für den Zuschauer, womit alles angefangen hat, der Vater, der seine verschollene/totgeglaubte kleine Tochter nach 1 Jahr endlich wieder in den Armen hält, wird ohne Tränen und Musik mit den Worten "wir kommen morgen wieder Papa" abgehandelt? Mit wem soll der Zuschauer connecten - mit dem Vater, mit der Mittfünfzigerin, die ach doch so gern ein Kind hätte, mit dem Tankstellenwart, der von allen falsch verstanden wird und sowieso ne schwere Kindheit hatte oder mit der Podcasterin, die auf einmal am Stockholm-Syndrom erkrankt?? Sorry aber nix halbes und nix ganzes - mal wieder.
Und wenn du eine Folge über ein vermisstes Mädchen ausstrahlst, solltest du nicht den dicksten Spoiler im Titelbild hinterlassen...