Mit hasserfülltem Blick saß Sascha vor dem Bild seiner Schwester Jessica. Jetzt hatte Jäger auch noch seine geliebte Schwester auf dem Gewissen. Zuerst sein Vater und das Familienunternehmen und jetzt auch noch seine Jessica.
Sein Leben war nun endgültig zerstört, er hatte nichts mehr, er hatte alles verloren was im lieb war.
Dieser verdammte Bulle hatte ihm alles genommen, angefangen bei seiner Sammy!
Aber er wollte und konnte sich nicht einfach geschlagen geben! Über die Kanäle seiner Schwester hatte er herausgefunden, dass sowohl Josef als auch Jessica die Explosion nicht überlebt hatten. Bei dem Gedanken an seine geliebte Schwester, zog es ihm schmerzhaft sein schweres Herz zusammen und der Hass auf Jäger stieg ins Unermessliche.
Zahlreiche Anhänger ihrer Organisation wurden ebenfalls getötet oder festgenommen. Auch erfuhr er, dass dieser Verräter Ben Jäger und auch seine Ex-Verlobte überlebt hatten.
Sascha hatte Glück, da er sich zum Zeitpunkt der Detonation außerhalb des Steinbruches aufhielt. Nachdem ihm Sammy wieder ins Netz gegangen war, wollte er die letzten Vorbereitungen für den großen Deal treffen, das war sein Glück, ansonsten wäre er jetzt auch tot.
Nun lag es ganz allein an ihm seine Familie zu rächen, er war bereit und wenn er dabei draufging! Er hatte nichts mehr zu verlieren!
Ein perfider Plan reifte in seinem verwirrten Geist, jedoch musste er sich noch etwas gedulden bis der Bulle wieder etwas zu Kräften gekommen war. Er musste leiden für all seine Sünden und er, Sascha de Guillard höchstpersönlich, war sein Untergang.
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Er rannte und rannte, doch seine Peiniger waren ihm schon ganz dicht auf den Fersen. Er war gefangen, gefangen in diesem Alptraum aus Schmerz und Hoffnungslosigkeit.
Vor ihm tat sich ein schwarzer Abgrund auf!
Was sollte er denn jetzt tun?
Entweder er sprang in die Dunkelheit, nicht wissend was ihn erwarten würde oder er begab sich wieder in die Klauen dieser Schlächter.
Panisch drehte er sich um, sein Atem ging schnell und stoßweise.
Schweißperlen lagen auf seiner Stirn und seine Umgebung verschwamm immer mehr zu einer grauen Nebelsuppe.
Jeder Zentimeter seines Körpers schmerzte!
Seine Muskeln waren zum Zerspringen angespannt!
Sein geschundener Leib schrie ihm förmlich zu, springe doch endlich, aber sein Verstand hielt ihn zurück.
Er wollte noch nicht sterben, er hatte noch so viel vor, hatte so viele Dinge in seinem Leben noch nicht getan. Warum half ihm denn keiner?
Alle hatten ihn im Stich gelassen!
Verzweifelt drehte er sich noch einmal um, bevor er resigniert seine Augen schloss und.......
„Ben, Ben....komm schon Ben mach deine Augen auf, du bist in Sicherheit...“, verzweifelt versuchte Semir seinen besten Freund aus einem Alptraum zu befreien. Ben lag schweißgebadet in seinem Krankenbett und warf seinen Kopf panisch von der einen auf die andere Seite. Semir konnte es nicht ertragen seinen jungen Kollegen so leiden zu sehen. Endlich erwachte Ben mit einem herzzerreißenden Schmerzensschrei und schaute Semir mit entsetzten Augen an.
Tränen rannten ihm über sein von Schnitten und Platzwunden gezeichnetes Gesicht.
„Schscht, beruhige dich...schscht es ist alles gut... du bist im Krankenhaus, du brauchst keine Angst mehr zu haben, ich passe auf dich auf mein Freund“, sprach Semir beruhigend auf Ben ein, nahm schnell dessen Hand in seine und streichelte ihm beruhigend über das fiebernde Gesicht.
Der Halbtürke wusste, um was es in den Alpträumen ging.
Er wusste auch, dass selbst wenn die körperlichen Wunden irgendwann verheilen würden, die seelischen Wunden würden noch lange bleiben. Natürlich würden er und Bens Freunde und seine Familie, alles Menschen mögliche tun um Ben wieder ins Leben zurück zu holen.
Erst kurz vor seiner Entführung war es Ben gelungen sich gegenüber ihm zu öffnen, er war dabei wieder glücklich zu sein und jetzt war alles noch viel viel schlimmer. Er wusste nur aus Sammys Erzählungen, was Ben alles angetan wurde, all die Demütigungen, die Schmerzen und die Ängste welche er ertragen musste.
Wehmütig blickte er auf Ben, der langsam seine Atmung wieder in Griff bekam jedoch noch immer mit den aufkommenden Schmerzen kämpfte.
„Ben, ich werde einen Arzt holen, der dir etwas gegen die Schmerzen gibt, ich sehe doch dass du starke Schmerzen hast.“
„Nein, Semir bitte nicht“, flehte der Verletzte ihn an.
„Ich möchte nicht wieder schlafen, bitte Semir, bleib einfach bei mir und lass mich nicht allein! Ich....ich....bitte ...Semir!“
„Keine Angst Ben, ich lass dich nicht alleine, geht es denn ohne Schmerzmittel?“
„Es geht schon, wenn ich Schmerzen habe dann weiß ich zumindest, dass ich noch am Leben bin“, versuchte er zu scherzen.
Doch dann wurde Ben plötzlich ganz ernst!
„Semir, bitte sag ....mir...die Wahrheit...habt ihr die...ganze Bande ....erwischt? Was ...ist mit Jessica……..passiert? …….Ist sie tot?“
Jetzt saß der erfahrene Polizist in der Zwickmühle, wieviel Wahrheit konnte sein verletzter Freund ertragen?
Sollte er ihm sagen, dass Jessica tot war und auch Josef Van Gochen?
Er entschied sich für die Halbwahrheit um Ben zu schonen.
Semir erzählte ihm von der Explosion, wie Jessica alle gerettet hatte und dass es viele Tote gab, viele Verletzte und dass dadurch der Waffendeal vereitelt wurde.
„Semir, warum ...sitzen vor ...meinem Zimmer zwei Kollegen?“
Damit hatte der erfahrene Hauptkommissar nun wirklich nicht gerechnet, trotz dessen schlechten Zustandes funktionierte Bens Polizisteninstinkt einwandfrei. Ertappt senkte Semir seinen Kopf und redete etwas von reiner Vorsichtsmaßnahme, was ihm Ben natürlich nicht abkaufte.
„Mein körperlicher Allgemeinzustand ist.....im Moment...vielleicht..nicht..der Beste, aber mein Verstand...funktioniert noch einwandfrei. Also Semir, was....verschweigst du..mir?“
Semir merkte, wie Ben langsam aber sicher an seine Schmerzgrenze stieß und darin sah er seine Chance ihn noch nicht mit der bitteren Realität konfrontieren zu müssen.
„Ben, du hast starke Schmerzen, ich werde jetzt einen Arzt holen, der dir etwas Erleichterung verschafft. Er muss dich ja nicht gleich wieder ins Land der Träume schicken.“ Schnell erhob sich Semir und war auch schon nach draußen verschwunden.
Natürlich hatte sein Freund Recht, die Schmerzen waren mittlerweile nicht mehr zu ertragen und so wehrte er sich auch nicht dagegen, als der Arzt ihm die Qualen nahm.
Sollten doch diese Verbrecher kommen, dieses Mal würde er ihnen die Stirn bieten!
Er war bereit gegen diese Dämonen anzukämpfen!