Beiträge von Saschas

    Josef brachte seinen unbändigen Zorn auf seine Geisel, in jeden seiner Schläge kompromisslos und gnadenlos zum Ausdruck. Zuerst schlug dieser ihn, mit voller Wucht, auf seine schon sichtbar mitgenommenen Rippen, dann folgten zig Schläge auf den Rücken und ins Gesicht. Durch den Schlagring platzten die getroffenen Stellen augenblicklich auf und so war Ben innerhalb kürzester Zeit über und über mit seinem eigenen Blut besudelt.

    Immer und immer wieder wurde er hart im Brustbereich getroffen. Verzweifelt versuchte er Luft in seine schmerzenden Lungen zu pumpen, er japste und hustete und er hatte das Gefühl als würde seine Lunge jeden Moment explodieren. Der Schmerz war unerträglich und unbarmherzig und mehr als einmal hörte er dieses unbarmherziges Knacken von Knochen.

    Erst als Ben schlaff und ohne Bewusstsein in den Fesseln hing, ließ Josef von ihm ab.

    Jessica stand wie Paralysiert da und war nicht in der Lage einzugreifen.

    „Spinnst du jetzt komplett, du bringst ihn noch um…….,“ machte Jessica dann doch ihrem Ärger Luft.

    „Red keinen Quatsch, der Bulle ist hart im Nehmen, der steckt das schon weg.…….du wirst jetzt unsere kleine Videobotschaft, mit den richtigen Worten, an seinen türkischen Kumpel schicken!“ Unterbrach Josef sie forsch und schon stampfte er wütend davon. Er brauchte jetzt frische Luft, erst wenn er sich etwas beruhigt hatte, würde er in Ruhe mit seiner Verlobten reden.

    Sascha hatte alles gefilmt und war äußerst zufrieden mit dem Ergebnis. Schnell löste er die Fesseln, die Ben aufrecht hielten und ließ ihn auf den Boden gleiten.

    Er musste zugeben, dass Josef ganze Arbeit geleistet hatte. Der Bulle war mehr tot als lebendig und wenn man ihn jetzt nicht medizinisch versorgen würde, war der Spaß für ihn bald vorbei. Zuerst einmal musste jedoch Jessica seinem Türkenkumpel klar machen, was passieren würde, wenn dieser sich nicht an ihre Regeln hielt.

    Er holte einen Eimer kaltes Wasser und leerte diesen über dem Bewusstlosen aus.

    Erbarmungslos wurde Ben wieder in die Realität zurück geholt.

    Nur langsam registrierte er was geschehen war und mit voller Wucht drangen diese furchtbaren Schmerzen wieder in sein, noch immer vernebeltes Bewusstsein, ein. Warum konnte er nicht in dieser barmherzigen Dunkelheit bleiben, keine Schmerzen, keine Demütigungen und vor allem keine Hoffnungslosigkeit.

    Hektisch versuchte er Luft in seine Lungen zu pumpen, was ihm sofort höllische Schmerzen im Brustbereich einbrachte. Er schloss seine Augen wieder und begann flach und einigermaßen kontrolliert zu atmen, was ihm etwas Erleichterung verschaffte. Das eiskalte Wasser und die niedrigen Temperaturen jagten ihm einen Schauer nach dem anderen über seinen frierenden und geschundenen Körper und er begann unkontrolliert zu zittern.

    Jessica blickte entsetzt auf das am Boden liegende Bündel Mensch und augenblicklich stieg in ihr wieder dieses ungewohnte Gefühl von Mitleid auf. Sie konnte ihm nicht helfen, sie musste jetzt schauen, dass dieses Schauspiel schnell beendet würde, damit Ben aus der Kälte kam. Ansonsten würde er sich noch eine Lungenentzündung einfangen und das wäre in seinem Zustand höchstwahrscheinlich sein Todesurteil. Somit mimte sie gute Mine zum bösen Spiel und kniete sich neben den zitternden jungen Mann.

    Also zog sie seinen Kopf grob an dessen Haaren hoch, so dass Sascha das leidende und schmerzverzerrte Gesicht ihrer Geisel gut im Bild hatte und filmen konnte.

    „Herr Gerkhan, wir haben sie gewarnt. Sie haben sich nicht an die Regeln gehalten und weiter ermittelt. Dies ist die letzte Warnung! Das was ihr Kollege ertragen musste ist ganz alleine ihr Verdienst. Den nächsten Regelverstoß wird er nicht überleben! Sie werden jetzt ihre Kollegen vom LKA auf eine falsche Fährte führen, wie sie das machen bleibt ihnen überlassen. Erst wenn unser Deal ohne Vorkommnisse über die Bühne gegangen ist werden sie Ben Jäger wieder bekommen.“

    Schnell gab sie Sascha den Befehl, das Video über einen nicht zurück verfolgbaren Kanal Semir Gerkhan zukommen zu lassen.

    „Und ihr zwei bringt den Gefangenen erst mal zurück in seine Unterkunft,“ gab sie schnell noch Anweisung an ihre Schlägertypen.

    Als Josef den Gefangenen nicht da vorfand, wo er ihn angekettet hatte wurde er fuchsteufelswild. Jetzt würde er erst einmal Jessica zur Rede stellen, langsam hatte er das Gefühl sie würde ihn in Schutz nehmen.

    Und so wie die Lage aussah, hielt sich dieser Semir Gerkhan ganz und gar nicht an Jessicas Anweisungen. Die Tatsache, dass Bens Partner weiterhin versuchte sie zu überführen, machte Jessica wütend. Sie mussten ihn stoppen und sie wusste, dass dies nur über eine Abreibung der Geisel ging.

    Sie erklärte Josef und Sascha wo sie Ben untergebracht hatte und wusste auch, dass sie gegen diese Aktion nichts unternehmen konnte.

    Ben bemerkte seine Angreifer erst, als diese unmittelbar über ihm standen. Einer der zwei Schlägertypen zog ihn brutal hoch und drehte ihm seinen Arm auf den Rücken. Ein leises Stöhnen entwich dem Gefangenen, er hatte keine Chance gegen diesen Koloss. Nicht einmal wenn er nicht verletzt gewesen wäre.

    „Unser Benilein konnte sich ein wenig erholen, so …….damit du dich erst gar nicht daran gewöhnst....“, süffisant lächelnd trat dieser Verbrecher vor Ben und zog ihm genüsslich einen Verband nach dem anderen herunter.

    „Zieh dich aus!“ Befahl Josef nun.

    „Du kannst mich mal, mach’s dir doch selber, du Dreckschwein“, versuchte Ben sich wenigstens verbal zu wehren.

    „Wie du willst, dann werden das Ralf und Herbert wohl übernehmen müssen“, Josef schnippte mit den Fingern, „du hattest die Wahl.“

    Bevor Ben protestieren konnte schlug der eine ihm seine Faust in den Magen und er klappte zusammen wie ein Taschenmesser. Am Boden liegend musste er noch drei weitere Schläge einstecken, ehe sie ihm die Kleider vom Leib rissen. Nur noch mit seiner Boxershorts bekleidet lag er zitternd vor Schmerz und Kälte auf dem harten Beton und hatte diesen Grausamkeiten nichts entgegenzusetzen.

    Jessica beobachtete das Schauspiel von weitem, sie redete sich ein, dass das sein musste um dem kleinen Bullen zu zeigen, dass sie es ernst meinten.

    Als sie Bens Schreie hörte, zuckte sie unwillkürlich zusammen.

    „So jetzt werden wir für deinen Bullenfreund einen kleinen Film drehen, los bringt ihn rüber in den Steinbruch!“

    Ben wurde von Ralf und Herbert an den Armen und immer noch nur mit seinen Boxershorts bekleidet, in eine Nische des Steinbruchs geschleift. Durch den harten Untergrund wurden dem jungen Mann seine Füße aufgescheuert und als sie ihn am Zielort achtlos auf den Boden warfen, lief schon im Rinnsal das Blut heraus. Schwer schnaufend versuchte Ben in eine Ecke der Nische zu gelangen und schlang schützend seine Arme um die Beine. Sein Gesicht vergrub er auf seinem Schoß und begann wie in Trance hin und her zu wippen.

    Für Jessica, die sich nun auch zu der Runde gesellte, war der Anblick von Ben für sie kaum zu ertragen.

    Plötzlich hob Ben mühsam seinen Kopf und schaute ihr direkt in die Augen. Sein flehender Blick traf sie bis ins Innerste ihrer Seele und plötzlich fingen seine Lippen an sich zu bewegen. Er begann ihr Lied zu singen, „Bridge Over Troubled Water“, das Lied hatte er ihr, in der Zeit ihres Bündnisses, oft vorgesungen. Seine Stimmfarbe passte perfekt zu diesem traurigen melancholischen Song und spiegelte ihre damalige Gefühlswelt wieder.

    Als Josef sah was Ben in Jessica auslöste, rastete dieser komplett aus. Ein heftiger Schlag in Bens Gesicht beendete augenblicklich diesen magischen Moment zwischen den beiden.

    „Jetzt ist aber genug geplänkelt, macht ihn oben an den Ketten fest“, befahl Josef und zog einen Schlagring aus seiner Hosentasche.

    Als die Fesselung um Bens verletzte Hand geschlossen wurde, entwich ihm ein leiser Schmerzenslaut und Sascha zog seine Kamera aus einer Tasche und begann die folgenden Szenen, mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht, zu filmen.

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    Fürs erste wurde Ben völlig in Ruhe gelassen. Er wunderte sich schon über die Fürsorge der zwei Handlanger, die ihn in einen kleinen Raum brachten. Dort gab es sogar ein Bett, ein kleines Waschbecken und eine Toilette. Sie stellten ihm einen Korb mit frischem Wasser und etwas zum Essen hin, zudem hatten sie noch einen Erste-Hilfe-Kasten und ein paar Schmerztabletten dazugelegt.

    Die Fesselung wurde komplett entfernt.

    Irgendetwas stimmte hier nicht, zuerst brachten sie ihn fast um und jetzt waren sie um sein Wohlbefinden besorgt. Für den Moment war er jedoch dankbar und stärkte sich erst einmal mit einem Stück Brot und etwas Käse. Er machte sich auch keine Gedanken darüber ob diese Verbrecher ihm irgendetwas untergemischt hatten. Wenn er zu Kräften kommen wollte musste er essen und trinken.

    Langsam begann er die Wasserflasche zu leeren und blickte dann erleichtert auf die Toilette. Wenigstens darüber musste er sich jetzt keine Gedanken mehr machen. Nachdem er das spärliche Mahl zu sich genommen hatte, schluckte er eine Schmerztablette.

    Sein Körper fühlte sich noch immer an wie ein brennendes Inferno.

    Mit schweren Schritten, quälte er sich in Richtung Waschbecken. Jede Bewegung war die reinste Qual für seinen geschundenen Körper. Mit seiner gesunden Hand drehte er das Wasser auf und wartete etwas ab, bis keine braune Brühe mehr aus dem Hahnen lief. Dann nahm er seine verletzte Hand und hob sie vorsichtig unter das fließende Wasser. Augenblicklich zog er diese wieder zurück und musste sich erst einmal am Waschbecken abstützen, damit er nicht zu Boden stürzte.

    „Ben, da musst du jetzt durch“, versuchte er sich selber Mut zuzusprechen. Somit ließ er erst einmal das kalte Wasser darüber laufen, was schon höllische Schmerzen verursachte. Dann begann er mit der anderen Hand vorsichtig das getrocknete Blut abzuwaschen. Die Hand war noch immer stark angeschwollen und die Löcher von den Nägeln waren allesamt entzündet. Das war aber auch kein Wunder, so rostig wie die Nägel waren.

    Er musste sich beherrschen um nicht laut aufzuschreien. Nach dieser Tortur war er völlig fertig und hatte Schwierigkeiten standhaft zu bleiben. Eigentlich sollte er auch noch seine anderen Wunden reinigen, aber hierfür fehlte ihm jegliche Kraft. Schwankend schaffte er es gerade noch sich auf das Bett fallen zulassen und fiel augenblicklich in eine erlösende Dunkelheit.

    Jessica hatte für Ben eine komfortablere Unterkunft gewählt, sie durfte nicht riskieren, dass er jetzt auf der Zielgerade schlapp machen würde. Ebenso musste sie sich eingestehen, dass sie dieser dunkelhaarige und durchaus gut aussehende Polizist sehr beeindruckt hatte. Er war ein Kämpfer und hätte sein Leben ohne zu zögern für seine kleine Freundin gegeben. Wahrscheinlich hätte er damals sein Leben auch für sie geopfert und dieser Gedanke verwirrte sie extrem.

    Schon so lange hatte sie dieses Gefühl von Mitleid nicht mehr gespürt, ihr Herz war kalt und hart wie ein Stein. Es war ein gutes Gefühl und zum ersten Mal seit ihrem vorgetäuschten Tod begann sie an ihrem Vorhaben zu zweifeln. Wobei wenn sie diesen Deal ohne Skrupel durchziehen würden, könnte sie sich zur Ruhe setzen und den ganzen Scheiß hinter sich lassen.

    Josef und Sascha waren erst einmal damit beschäftigt den kleinen türkischen Freund von Ben zu beschatten. Der schien jedoch die Füße still zu halten, vielleicht konnten sie den Deal ohne Zwischenfälle über die Bühne bringen.

    Jedoch erfuhren sie über einen Spitzel bei der Autobahnpolizei, dass über die Sekretärin der PAST Informationen über die Familie Guillard und auch über Josef Van Gochen eingeholt wurden.

    Sie mussten dem kleinen Bullen erst mal klar machen, was es für Konsequenzen für Ben Jäger haben würde, wenn er sich nicht an die Abmachungen hielt.

    Als Ben erwachte, kamen langsam seine Lebensgeister und auch sein Überlebenswille wieder zurück. Er fühlte sich schon etwas besser.

    Die Wunde an der Schulter blutete nicht mehr, seine Hand war zumindest nicht mehr auf das doppelte angeschwollen, man konnte schon wieder so etwas wie eine Hand erahnen.

    Seine gebrochenen Rippen schmerzten noch, jedoch nach dem erholsamen Schlaf in dem halbwegs weichen Bett waren diese erträglich.

    Vorsichtig erhob er sich und erleichterte sich erst einmal. Dann zog er sachte sein T-Shirt aus und begann seinen geschundenen Oberkörper vom Dreck und Blut zu reinigen.

    Er zog aus dem Erste -Hilfe-Set das Verbandsmaterial und versorgte provisorisch alle Wunden, soweit dies mit einer Hand möglich war. Schnell drückte er sich noch eine Schmerztablette heraus und schluckte sie hinunter.

    Er hatte furchtbar Hunger und so füllte er seinen Magen mit Wasser aus dem Wasserhahn.

    Sofort rebellierte sein leerer Magen gegen das kalte Wasser und die Schmerztablette und alles kam in einem Schwall wieder hoch. Da ihm jetzt auch noch furchtbar schlecht war, beschloss er sich wieder hinzulegen. Er musste hier irgendwie raus, seine Sammy war in Sicherheit und somit konnte er sie auch nicht mehr in Gefahr bringen. Verzweifelt versuchte er sich in Gedanken einen Fluchtplan zurechtzulegen, doch je länger er darüber grübelte, umso aussichtsloser wurde ihm seine Lage.

    „Semir, bitte hol mich hier raus“, begann er herzzerreißend zu schluchzen „ich will doch noch nicht sterben“. Er vergrub sein Gesicht in dem modrig riechenden Kissen und war schnell wieder eingeschlafen.

    Semir brachte Sammy erst einmal ins Krankenhaus zum Durchchecken, sie hatte keine großen äußerlichen Verletzungen erlitten. Wie es in ihrem Innersten aussah konnte Semir nur erahnen.

    Er dachte gar nicht daran Sammy aufs Revier zu bringen und somit nahm er sie, nach kurzer Rücksprache mit Andrea, mit zu sich nach Hause. Dort konnte sie ihm alles in Ruhe erzählen und vielleicht bekam er über Sam irgendwelche Anhaltspunkte, wo diese Verbrecher Ben jetzt festhielten.

    Als die Krankenschwester das Haus der Gerkhans betrat, spürte sie sogleich ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit. Sie konnte Ben nun sehr gut verstehen, als er ihr damals von seiner „Ersatzfamilie“ erzählte, sprach er ganz oft von Geborgenheit und Wärme.

    Andrea begrüßte sie herzlich und schon waren auch Ayda und Lilly zur Stelle und inspizierten sie neugierig. Sammy liebte Kinder sehr und war gleich Feuer und Flamme für die zwei Racker.

    „Sammy komm mit, du brauchst jetzt erst mal eine warme Dusche und ein paar frische Klamotten,“ ging Andrea gleich zum „Du“ über.

    „Du hast in etwa meine Kleidergröße da finde ich schon etwas Passendes für dich.“ Schon hatte Andrea das Eis gebrochen und Semir schaute sie dankbar an. Seine Herzensdame war so schön unkompliziert und somit drückte er ihr einen zärtlichen Kuss auf die Wange und ließ die zwei Frauen erst einmal alleine.

    Nachdem Sammy ausgiebig geduscht hatte und sie in frischen Klamotten steckte, ging es ihr schon viel besser. Sie hatte sich kräftig geschrubbt, in der Hoffnung den ganzen Dreck, die ganze Verzweiflung und die große Sorge um Ben einfach wegwaschen zu können.

    Als Semir die zierliche Frau erblickte, konnte er sehr gut verstehen, warum Ben sich in sie verliebt hatte. Ihre unbändigen langen, blonden Locken hingen ihr wirr ins Gesicht und ihre blauen Augen funkelten wie zwei Kristalle in dem bildhübschen Gesicht. Sie hatte eine schlanke zierliche Figur mit weiblichen Kurven an den richtigen Stellen und sie war mit Sicherheit so selbstlos wie Ben, ansonsten hätte sie wohl kaum diesen Beruf gewählt.

    Die beiden passten perfekt zusammen, aber irgendjemand oder irgendetwas gönnte Ben dieses Glück nicht.

    Es war schon zerbrochen ehe es anfangen konnte.

    „Komm rein Sammy, Andrea kocht uns gerade etwas Leckeres, du hast bestimmt einen großen Hunger.“

    „Ja, seit der Entführung habe ich fast nichts mehr gegessen, ich könnte ein Pferd verschlingen“, versuchte sie zu scherzen.

    Jedoch fiel die Fassade sofort wieder und sie brach in Tränen aus.

    „Semir, es war so schrecklich was sie Ben alles angetan hatten. Wie können Menschen nur so grausam sein?“

    Nach dem Essen, setzten sie sich zusammen ins Wohnzimmer und dann fing Samantha an zu erzählen. Andrea hatte zuvor noch die Kinder ins Bett gebracht und ihnen eine Gute-Nacht-Geschichte vorgelesen.

    Gespannt lauschten sie Sammys Erzählungen und keiner der Beiden traute sich die junge Frau zu unterbrechen.

    Sie erzählte von der Entführung aus dem Krankenhaus und dem anschließendem Martyrium von Ben. Völlig entsetzt war Semir von der Brutalität der Täter, als Sammy von der Nagel-Aktion erzählte. Jetzt konnte sich Andrea auch nicht mehr zurück halten und ein paar stille Tränen flossen über ihre Wangen. Für sie war Ben immer wie ein großes Kind und wenn Ben mit ihren Kindern zusammen war, ging ihr das Herz auf. Er war so liebevoll und doch so draufgängerisch und genau das liebten Ayda und Lilly. Sie vergötterten ihren Onkel Benben.

    Sie hatte solch eine Angst um ihn, aber auch um ihren Mann, denn sie wusste, dass Semir alles für Ben geben würde und sich dabei unüberlegt in Gefahr begab. Semir würde es nicht noch einmal verkraften einen Partner und vor allem seinen besten Freund zu verlieren.

    „Haben diese Jessica oder dieser Josef irgendetwas über den Waffendeal in eurer Anwesenheit gesagt?“Fragte Semir dann aber doch nach.

    „Wir müssen jetzt jede Kleinigkeit über diese Jessica Guillard rausbekommen, vielleicht gibt es noch weitere Grundstücke, Anwesen oder Hallen welche auf ihren Decknamen laufen. Ich werde Susanne darauf ansetzen. Wir dürfen nichts riskieren, wir werden mit Sicherheit beschattet und wenn sie rausbekommen, dass ich weiter ermittle bringen wir Ben damit in Gefahr. Zudem bin ich meine Marke los, ich kann nur über Susanne, Hartmut oder Dieter etwas in Erfahrung bringen. Und du legst dich jetzt hin und schläfst, Andrea hat dir das Gästezimmer hergerichtet, in dem schläft normalerweise immer Ben.“ Fügte er noch etwas wehmütig hinzu.

    Hoffentlich würde Ben bald wieder in seinem Haus nächtigen. Sie würden grillen, Bier trinken, Fußball schauen und sich gegenseitig aufziehen. Ja das konnte man herrlich mit Ben, er war nicht gleich eingeschnappt und konnte auch einstecken ohne dass ihre Männerfreundschaft Schaden nahm.

    Nachdem die Frauen sich zurückgezogen hatten, nahm Semir sein Handy und wählte Susannes Privatnummer. Susanne versicherte ihm nichts der Chefin zu erzählen und alle nötigen Informationen über diese Jessica Guillard zusammen zu tragen. Auch würde sie ihren Freund und Geschäftspartner Josef Van Gochen und ihren Bruder gründlich durchleuchten. Sie war ebenfalls sehr in Sorge um Ben und war natürlich bereit alles zu tun, dass Ben schnellstmöglich gefunden wurde.

    Semir blieb nichts andere übrig als zu der Geheimtür zurück zu laufen um Samantha Held in Sicherheit zu bringen.

    Als sie durch die Geheimtür stiegen, wimmelte es bereits von Leuten des LKAs, der Spurensicherung und den eigenen Leute der Autobahnpolizei. Frau Krüger empfing die zwei als Erste. Sie war sichtlich erleichtert, als sie die Geisel sah.

    „Wo ist Ben?“Erkundigte sie sich sichtlich besorgt, nach ihrem Beamten. Da stürmten auch schon ein paar hochgesottene LKA Schnösel herein, gefolgt von der Staatsanwältin Schrankmann.

    „Herr Gerkhan, diese Aktion wird Konsequenzen für sie haben, sie sollten sich doch nicht einmischen. Frau Krüger sie wissen was sie zu tun haben!“

    Das konnte Semir unmöglich auf sich sitzen lassen.

    „Was glauben sie eigentlich wer sie sind! Sie bestimmen hier über Leben und Tod, nur damit sie diese Bande auf frischer Tat ertappen können……… Die Opfer sind ihnen völlig egal.“ Jetzt kam Semir so richtig in Fahrt.

    „Frau Krüger, hier haben sie meine Dienstwaffe und meinen Dienstausweis. Ich weiß auch ihnen sind die Hände gebunden, aber ich....... Frau Krüger sie hätten ihn....sehen müssen“, fing Semir verzweifelt an zu stocken.

    „Er war nur noch ein Schatten seiner selbst und trotzdem dachte er in keiner Sekunde an sich, nein seine Sorge galt dem zweiten Entführungsopfers, ……er wollte sie in Sicherheit wiegen.“

    Verzweifelt ging er in die Knie, er konnte nicht mehr, er musste seinen besten Freund in den Fängen dieser Verbrecher zurück lassen.

    Als er ein leises Schluchzen vernahm, bemerkte er erst Sammy die ihn fassungslos anschaute.

    „Habe ich das jetzt richtig verstanden, sie hätten Ben und mich schon längst rausholen können.....haben es aber nicht getan, da sie .....oh mein Gott....er wird sterben... Semir..!“

    Sanft nahm er sie in die Arme.

    „Ich verspreche ihnen, dass ich nicht eher ruhen werde bevor ich Ben da nicht rausgeholt habe!“ Behutsam nahm er Sammy an der Hand und zog sie aus dem Haus in welchem sie so schreckliche Dinge erleben musste.

    „Kommen sie, ich bringe sie jetzt erst einmal ins Krankenhaus, die sollen sie durchchecken.“ Sammy ließ es ohne Gegenwehr geschehen, sie konnte es noch immer nicht fassen, dass Bens eigene Leute ihn verraten hatten.

    „Moment einmal, Herr Gerkhan sie können sie nicht mitnehmen, sie ist eine Zeugin, sie bringen sie nach dem Krankenhaus bitte zum Verhör aufs Revier.“ Die Oberstaatsanwältin hatte sich vor ihn geschoben und schaute ihm mit bissiger Mine entgegen.

    „Ich werde außer Semir niemanden etwas sagen, ihm vertraue ich, weil auch Ben ihm bedingungslos vertraut.“ Mit diesen Worten verließen sie endgültig das Haus des Schreckens.

    Nachdem Semir und Sammy ihn zurück lassen mussten, verlor Ben jegliche Hoffnung hier lebend heraus zu kommen. Als er seine Augen öffnete befand er sich in einer Art Steinbruch. Er saß auf einem feuchten harten Untergrund und seine Hände waren an einen Eisenring an die Wand gefesselt.

    Entsetzt musterte er seine malträtierte Hand, diese war angeschwollen, blutverkrustet und feuerrot. Besonders das Nagelbett welche keine Nägel mehr hatten war stark entzündet und irgendwie taub. Es war ihm unmöglich sich hinzulegen, da ihre Entführer die Fesselung weit über seinem Kopf, an einem rostigen Eisenring befestigt hatten. Seine Kräfte waren vollständig aufgebraucht und jeder Zentimeter seines Körpers strahlte ein Inferno aus Schmerz und Pein aus. Besonders seine Schulter brannte extrem, er erinnerte sich an die Messerattacke von Josef Van Gochen zurück und stellte erleichtert fest, dass die Wunde aufgehört hatte zu bluteten.

    Erschöpft lehnte er seine Stirn an die kalte, feuchte Wand um seinen glühend heißen Kopf etwas Abkühlung zu verschaffen. Nachdem er sich wieder etwas gefangen hatte, schweifte sein Blick durch den riesigen Steinbruch. In der Mitte standen Unmengen an Holzkisten. Wahrscheinlich befanden sich in diesen die Waffen für den bevorstehenden Deal.

    Und damit lag er goldrichtig, unweit von Ben hörte er Jessica reden. Sie unterhielt sich mit irgendjemandem, dessen Stimme Ben nicht kannte.

    „Wir müssen die Durchführung des Deals um zwei Tage verschieben, bitte kümmere dich darum. Der Türkenbulle muss uns den Rücken frei halten, wir haben seinen Partner als Druckmittel und er wird tun was wir von ihm verlangen. Lasst ihn überwachen, damit wir sicher gehen können, dass er nichts gegen uns unternimmt.“

    „Wird gemacht, Boss!“

    Als Ben merkte, dass sich Schritte näherten, stellte er sich schlafend. Eine kleine Hand berührte seine Wange und strich ihm eine verschwitzte Haarsträhne aus seinem Gesicht.

    Nachdem sich die Schritte schnell entfernt hatten und Ben sicher sein konnte, dass die Luft rein war, öffnete er vorsichtig seine Augen.

    Er war wieder allein.

    War das etwa Jessica?

    Vielleicht war seine jetzige Lage doch nicht so aussichtslos wie er bisher dachte.

    „Hände hoch, Polizei, lassen sie ihre Waffen fallen und ergeben sie sich. Sie haben keine Chance, sie sind umstellt“, kam es lautstark von hinten. Erschrocken zog Josef seine Waffe und hielt sie dem gerade wieder wach werdenden Ben an den Kopf.

    Seine Augenlieder waren unendlich schwer und der Schmerz in seinem Kopf explodierte förmlich. Ben öffnete mit flatternden Lidern langsam seine Augen und konnte die Situation zuerst nicht einordnen. Als er jedoch die unverkennbare Stimme seines besten Freundes vernahm, fiel ihm ein Stein vom Herzen. Endlich, er hatte sie gefunden, jetzt würde alles gut werden. Semir würde sie aus dieser Hölle rausholen und er durfte seine Sammy in die Arme nehmen. Doch dann erkannte er, dass Josef ihm eine Waffe an den Kopf hielt und seine Hoffnung löste sich in Luft auf. Vor allem sah es so aus, als wäre außer Semir keine Kavallerie in Sicht.

    War sein Partner denn ganz alleine gekommen?

    Geistesgegenwärtig rief er Sammy zu. „Sammy schnell lauf zu Semir, schnell.“

    Diese trat Sascha nun ans Schienbein, so dass dieser in die Knie ging, dann rannte sie los.

    Semir schob die zierliche Krankenschwester hinter sich und schaute erschrocken auf seinen besten Freund.

    Ben sah furchtbar aus, über seine rechte Gesichtshälfte lief in Strömen das Blut, trotz des um seinen Kopf gewickelten Schal. Sein Gesicht war eingefallen und schmerzverzerrt.

    Was hatten sie seinem Partner nur angetan?

    „Wenn sie ihren Partner lebend wieder haben möchten, drehen sie sich jetzt um, nehmen die Kleine mit und lassen uns unbehelligt ziehen. Sie wollen hier doch kein Blutbad anrichten?Außerdem kann jeder sehen, dass sie wohl alleine gekommen sind. Ihre werten Kollegen wollten wahrscheinlich den ganzen Kuchen haben und nicht nur ein Stück. Habe ich recht Herr Gerkhan?“

    Semir traute seinen Augen nicht, sprach da gerade eine Tote mit ihm?

    Jetzt wurde ihm auf einmal klar, was Ben im Krankenhaus meinte mit „Semir, ich habe sie gesehen!“

    „Jessica Guillard, ich glaube ich sehe ein Gespenst. Wie ist das möglich, ich habe gesehen wie ihr Vater sie erschossen hat und ich habe den Autopsie-Bericht gelesen.“

    „Tja Herr Gerkhan, ich kann mich auf meine Leute eben verlassen, das sieht bei ihnen wohl gerade etwas anders aus. Der arme Ben wurde wohl geopfert.“

    „Lassen sie Ben frei, dann können sie gehen und ich verfolge sie nicht weiter,“ versuchte Semir die Situation zu retten.

    „Nein Herr Gerkhan, ich glaube nicht, dass sie in der Lage sind Forderungen zu stellen. Aber ich möchte ihnen ein wenig entgegenkommen. Sie können Bens kleine Krankenschwester mitnehmen und wir behalten dafür ihren Kollegen als Faustpfand. Sie werden sich nicht mehr einmischen, ansonsten ist ihr Partner tot. Sie werden dafür sorgen, dass das LKA auf eine falsche Fährte gelotst wird, ansonsten ist ihr Partner tot. Sie werden uns alle Schritte über das Vorgehen zur Verhinderung des Deals mitteilen, ansonsten ist ihr Partner tot.“ Erklärte Jessica Semir was sie für Bens Leben verlangte.

    „Das können sie komplett vergessen, ich werde hier nicht ohne meinen Partner raus gehen“, brüllte Semir die Gangsterbraut ungehalten an.

    Nach einem kurzen Zeichen Jessicas in Richtung Josef holte dieser ein Butterfly-Messer heraus und rammte dieses ohne zu zögern in Bens Schulter. Ein gellender Schrei entwich Bens Kehle und er blickte flehend zu Semir. Genüsslich drehte Josef das Messer, welches noch immer in der Schulter steckte, herum.

    „Semir bitte tu .....was sie sagt, sie meint es verdammt.....ernst. Bring... Sammy in....Sicherheit, ....bitte .......ihr darf nichts.....passieren......“, flehte Ben seinen Freund an.

    In dem Moment zog Josef das Messer aus Ben heraus und dieser sackte bewusstlos zusammen.

    „Schon gut, schon gut, aber lasst ihn in Ruhe, bitte tun sie ihm nichts mehr.“ Semir konnte den Anblick seines verletzten Freundes fast nicht ertragen. Sein bester Freund war nur noch ein Schatten seiner selbst und er wusste, dass Ben nicht mehr lange durchhalten würde.

    Aber jetzt erst mal hatte er verloren. Semir griff nach Sammys Hand und versuchte sie mit sich zu ziehen.

    „Nein, ich kann ihn nicht alleine lassen, er braucht mich.....lassen sie mich los....bitte...ich muss zu ihm. Warum lasst ihr ihn nicht gehen? Ihr könnt mich als Druckmittel behalten.“

    Schrie sie voller Verzweiflung.

    „Herr Gerkhan, entweder sie bringen diese Wildkatze jetzt hier raus oder ihrem Kollegen wird noch viel Schlimmeres widerfahren. Josef, zeig ihnen was ich damit meine.“

    Und schon setzte Josef sein Messer an Bens Oberarm und wollte zustechen.

    „Nein, schon gut Samantha wird ja mitkommen. Kommen sie, ansonsten schaden sie Ben nur noch mehr.“ Versuchte Semir sie zu überzeugen.

    Sammys Widerstand war gebrochen, als sie sich noch einmal umdrehte sah sie wie Ben langsam die Augen öffnete und ihr mit schmerzverzerrtem Gesicht hinterherschaute. Eine einsame Träne löste sich und Samantha hoffte, dass dies nicht das letzte Mal war, dass sie ihren Ben lebend gesehen hatte.

    „Bitte gebt wenigsten Ben etwas zum Trinken, ansonsten wird er nicht mehr lange durchhalten. Er ist jetzt schon völlig ausgetrocknet“, flehte sie ihre Widersacher an.

    „Sie hat recht, gebt Beiden etwas zu trinken und dann müssen wir endlich los,“ befahl Jessica und einer der zwei Schlägertypen kam mit einer Flasche Wasser und hob diese Sammy unter die Nase.

    „Da, das kannst du selber machen......!“ Und warf Sammy die Flasche vor die Füße. Nachdem Sascha sie notgedrungen los gelassen hatte, nahm sie die Flasche und eilte zu Ben, welcher noch immer schwankend an der Wand lehnte, um nicht wieder zu Boden zu gehen.

    Beherzt griff sie Ben unter den Arm und ließ ihn nun langsam hinunter gleiten. Sie öffnete die Wasserflasche und redete sanft auf den jungen Mann ein.

    „Ben, mein Schatz du musst etwas trinken, aber langsam....komm schon......mach deinen Mund auf…….bitte!“ Mit völlig leeren Augen schaute er seine Sammy an. Sie hatte es nicht geschafft diesen Ganoven zu entfliehen, das war alles seine Schuld.

    Er hatte keine Kraft mehr um sie zu beschützen. Was war er nur für ein Polizist, wenn er nicht einmal mehr seine eigene Freundin beschützen konnte? Doch er durfte jetzt nicht aufgeben, sie mussten durchhalten, Semir würde bestimmt bald kommen und sie beide retten.

    Langsam öffnete er den Mund und Sammy leerte ein paar Schlucke von dem kühlen Nass hinein. Nachdem er ordentlich getrunken hatte kam ein leises „ich liebe dich“ über seine Lippen. Das waren genau die Worte die Sammy jetzt brauchte und sie hauchte ihm einen sanften Kuss auf seinen Mund: „Dito!“

    Schnell trank sie die Flasche leer und warf sie dem Handlanger vor die Füße.

    Semir und Hartmut waren in der Zwischenzeit vor dem Versteck der Guillards angekommen und bereiteten sich darauf vor, unerkannt in das Haus zu gelangen.

    „Hartmut, bitte du musst dich beeilen, wenn die rausgefunden haben, dass ich diesem Guillardsöhnchen einen Sender untergejubelt habe, werden die das Revier wechseln und wir müssen wieder von vorne anfangen,“ drängte Semir den KTU-ler.

    „Ja, ja Semir ich beeile mich ja schon,“ während er hektisch auf seinem Laptop rum tippte.

    „Geschafft! Alle Kameras und Alarmanlagen offline, du kannst rein. Soll ich mitkommen oder hier die Stellung halten?“

    „Hartmut, ich kann da drin nicht auch noch auf dich aufpassen, nicht böse sein, aber du nützt mir hier draußen mehr. Wenn ich in 1/2 Stunde nicht wieder hier bin, ruf die Krüger an und erklär ihr was passiert ist. Sie soll aber auf keinen Fall das LKA einschalten, auch wenn es gegen die Vorschriften ist. Und sag ihr, dass ich es nicht verantworten konnte, Ben in den sicheren Tod zu schicken. Dann verliere ich lieber meinen Job, als Ben sein Leben.“

    Mit einem Klaps auf Hartmuts Schulter, lud Semir seine Waffe durch und verließ mit den Worten „keine Zukunft ihr Mistkerle“ das Auto von dem Rothaarigen.

    „Viel Glück und bring uns unseren Heißsporn an einem Stück zurück!“ Hartmut war ganz und gar nicht wohl bei der Sache, er kannte den kleine Halbtürken mittlerweile gut genug, um zu wissen, ihn von seinem Vorhaben nicht abbringen zu können.

    „Jetzt bewegt ihr euch gefälligst, lange genug ausgeruht!“ Grob wurde Sammy von Ben weggezogen und Sascha drückte die junge Frau fest an seine Brust um ihr klar zu machen, dass sie keine Fluchtmöglichkeit mehr hatte.

    Der verletzte Ben wurde von Josef brutalst auf die Beine gezogen und in den Rücken getreten, so dass dieser zu straucheln begann und fast stürzte.

    „Los vorwärts du Dreckstück,“ befahl er ihm.

    Jessica hatte schon alles vorbereitet. In einem kleinen Raum im Keller, schob sie schnell ein Regal zur Seite und öffnete eine dahinterliegende Stahltür.

    Als alle durch die Tür waren, schloss sie diese von der anderen Seite wieder ab. Sie mussten sich beeilen, wie befürchtet hatte sie oben in der Wohnung etwas gehört. Entweder es war das LKA, welches sich doch entschlossen hatte zu stürmen oder es war Bens Partner, Semir Gerkhan.

    Sie mussten sich jetzt sputen, bis die Geheimtüre gefunden würde, müssten sie aus den Gängen eigentlich schon lange draußen sein.

    Leider war das Vorankommen aufgrund der widrigen Umstände sehr mühsam!

    Mit ein paar geübten Handgriffen hatte Semir unbemerkt das Schloss der Haustür geöffnet und schaute sich vorsichtig in der Wohnung um. Er konnte mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass hier niemand mehr war. Vorsichtshalber schaute er noch in der oberen Etage nach, aber auch hier war alles wie ausgestorben. Das konnte nicht sein, zumindest Sascha Guillard müsste hier irgendwo sein, dieser hatte das Haus betreten aber nicht mehr verlassen. Panik stieg in Semir auf, hatte er seine letzte Spur zu Ben schon wieder verloren?

    Nein das durfte und konnte nicht sein! Jetzt blieb nur noch der Keller übrig und so schlich er leise die steile Treppe hinab. Er musste vorsichtig sein, vielleicht hatten sie ihn bemerkt und lauerten ihm irgendwo auf. Mit gezogener Waffe stieß er die erste Tür auf und sah sich um. In dem Raum lag eine modrige Matratze und ein paar blutverschmierte Decken.

    „Oh mein Gott!“ Hier wurden sie bestimmt festgehalten und das Blut war höchstwahrscheinlich von seinem besten Freund. Mit schnellen Schritten betrat er den nächsten Raum, in diesem sah es aus wie in einer Folterkammer. Von der Decke hingen Stahlketten mit Handschellen und was Semir jetzt auf dem Tisch liegen sah, ließ ihm den Atem stocken.

    In einer getrockneten Blutlache lagen mehrere abgezogenen Fingernägeln und ein paar rostige Nägel.

    Was haben diese Sadisten nur mit seinem Partner gemacht?

    Auch auf dem Boden war an mehrere Stellen Blut zu sehen. Nachdem er in den anderen Räumen ebenfalls niemand gefunden hatte, stand er vor einer Tür, welche sich nicht öffnen ließ. Das war vielleicht die Lösung, die Bande konnte durch einen Geheimgang unbemerkt verschwinden und Ben und Samantha haben sie mitgenommen.

    Panisch zog er sein Handy raus und rief Hartmut an.

    „Hartmut, jetzt hör mir bitte gut zu! Ruf die Spurensicherung und die Chefin an, ich brauche Verstärkung. Ben und Samantha wurden definitiv hier unten im Keller festgehalten. Ich befürchte sie sind durch einen unterirdischen Gang geflohen. Wenn ich noch länger warte, sind sie wahrscheinlich über alle Berge und wir werden Ben nie finden.“

    „Semir du kommst gegen diese Bande nicht alleine an, bitte warte auf die Verstärkung!“ Versuchte Hartmut ihn zur Vernunft zu bringen.

    Aber Semir hatte schon aufgelegt.

    Ben versuchte sich schwankend auf seinen Beinen zu halten, jedoch wollten diese nicht so wie er wollte. Seine verbliebenen Kräfte schwanden von Meter zu Meter, er wusste jedoch auch, wenn die Schlägertypen Hand anlegten, würde es unangenehm werden. Also schleppte er sich mühsam voran und hoffte, dass er durchhalten würde.

    Sammy wurde noch immer von Sascha festgehalten und dieser zerrte sie mehr als dass sie selbst lief. Die Krankenschwester versuchte Ben Zeit zu verschaffen, denn auch sie hatte bemerkt, dass dieser sich nur noch schwerlich auf den Beinen halten konnte.

    Doch dann war es endgültig vorbei, der junge Beamte stolperte und knallte mit dem Kopf gegen die Wand. Da seine Hände auf den Rücken gefesselt waren, hatte er keine Chance sich abzufangen. Mit voller Wucht traf er mit der Stirn auf und es wurde augenblicklich dunkel um ihn.

    Jetzt konnte Sascha die tobende Sammy nicht mehr zurück halten. Schnell war sie bei ihm und drehte ihn behutsam auf die Seite. Aus einer großen Platzwunde am Auge floss das Blut in Strömen über sein eh schon leichenblasses Gesicht.

    „Schnell, ich brauche etwas um die Blutung zu stoppen,“ brüllte sie Jessica an. Diese reichte ihr einen großen Schal und beugte sich ebenfalls zu dem Verletzten hinunter.

    „Das hat uns gerade noch gefehlt, könnt ihr nicht aufpassen,“ schrie sie ihre Handlanger an.

    „Wenn wir weiter so langsam vorankommen, kriegen die uns noch. Ihr Zwei werdet ihn ab jetzt tragen!“

    Sammy wickelte den Schal um Bens Kopf und dann ging es auch schon weiter. Ihr Freund sah nicht gut aus, jetzt musste endlich etwas passieren, er hielt definitiv nicht mehr lange durch. Die Schläger griffen Ben nun unter die Arme und trugen ihn weiter in Richtung Ausgang.

    Doch dann passierte etwas, womit keiner gerechnet hatte……

    Ein widerliches und eiskaltes Grinsen huschte über Saschas Gesicht und er holte aus und trat Ben mit voller Wucht in die Seite. Sofort kam ein gellender Schrei von dem Getretenen und dieser versuchte sich zusammenzurollen, um den aufkommenden Schmerz etwas zu kompensieren. Schwer nach Luft japsend rollte er sich von Sammy runter und begann zu husten. Aber damit hatte Sascha noch nicht genug, mit einem triumphierenden Lachen stand er ganz genüsslich auf Bens malträtierte Hand bis man ein leises Knacken hörte.

    Sofort wurde Sammy aktiv und stürzte sich mit ihrem ganzen Gewicht auf ihren Ex-Verlobten, so dass dieser fluchend auf den Boden knallte.

    Jetzt sah der Jung-Kommissar seine Chance und warf sich auf den am Boden liegenden Sascha. Sofort reagierte Sammy und zog den Schraubenzieher aus ihrem mittlerweile völlig verdreckten Krankenhaus-Kittel. Sie merkte, dass ihr Freund in seinem momentanen Zustand, nicht gegen den eigentlich viel schmächtigeren Guillard-Sohn ankam. Zudem reagierte nun auch der völlig perplexe Josef und wollte eingreifen.

    Blitzschnell warf sie Ben den Schraubenzieher zu, welchen dieser zum Glück auffing und mit der Spitze Sascha an die Kehle drückte.

    „Keinen Schritt weiter....oder dieser Bastard...hat gleich ein Loch ..in seiner.......... Halsschlagader.....“,versuchte Ben stockend seinen Angreifer zurückzuhalten.

    Seine verletzte Hand hatte er um den Hals von Sascha gelegt und hatte sichtlich Schwierigkeiten diese im Zaum zu halten.

    „ Hahaha, das glaubst du ja wohl selber nicht, schau dich doch mal an....hahaha......du kannst dich ja kaum selber auf den Beinen halten. Und jetzt gib mir das Werkzeug, dann verspreche ich euch, du bekommst eine kleine Verschnaufpause“, redete Josef auf seinen Gefangenen ein.

    „Oh nein... auf keinen Fall.....Sammy hau ab, schnell.....bitte lauf.....du sollst laufen...mach schon.....bitte, du musst Hilfe holen....“, flehte der immer mehr schwankende Polizist.

    Sie musste es wagen und rannte an Josef vorbei.

    Er musste ihr Zeit verschaffen, er durfte jetzt nicht schlapp machen und drückte den Schraubenzieher noch etwas fester an Saschas Kehle, so dass etwas Blut austrat. Plötzlich hörte er einen lauten Schrei und ein dumpfes Geräusch. Kurz darauf stand Jessica in der Tür, sie hatte ans Sammys Kehle ein Messer gehalten.

    „Kann man euch denn nichts alleine machen lassen, ich sagte ihr sollt die Gefangenen holen und hier keine Wer-ist-der-Stärkere-Spielchen vollführen. Ben wenn du nicht möchtest, dass deine kleine Freundin gleich eine aufgeschlitzte Kehle hat, dann lass jetzt meinen Bruder los!“

    Resigniert löste er den Druck um Saschas Hals und senkte den Schraubenzieher. Im selben Moment gaben seine Beine nach und er brach zusammen. Mit hasserfülltem Blick nahm Josef dem am Boden Liegenden das Werkzeug aus der Hand. Er wollte schon mit dem Fuß zu einen Tritt ausholen, als Jessica ihn zurückhielt.

    „Nein, wir müssen weg hier und wir kommen nicht voran wenn wir ihn hinter uns her schleifen müssen, also helft ihm hoch und Sascha du sorgst dafür, dass unsere Raubkatze nicht wieder abhaut.“

    Brutal wurde Ben an den Haaren hochgezogen und mit der Brust an die Wand gedrückt. Ben wusste nicht mehr wo der Schmerz am größten war, er hatte das Gefühl sein ganzer Körper war eine einzige große Qual. Der Polizist stöhnte leise auf, doch Josef kannte keine Gnade. Dieser riss Bens Hände auf den Rücken und zurrte einen Kabelbinder um seine geschundenen Handgelenke. Wenn sein Peiniger ihn nicht an den Haaren festgehalten hätte wären Bens Beine wieder weggeknickt. So hielt er sich an die Wand gelehnt, schwer nach Luft japsend auf den wackeligen Beinen.

    Sammy wurde von dem wütenden Sascha im Zaum gehalten. Man konnte ihr ansehen welchen Hass sie gegen ihren Ex-Verlobten hegte. Sie hielt sich verbal jedoch zurück, da sie Ben nicht noch mehr gefährden wollte. Sie wusste, dass alles was sie tat ihr geliebter Ben zu spüren bekam und im Moment konnte er nicht noch mehr Leid ertragen. Somit fügte sie sich Sascha.

    Sammy versuchte Blickkontakt zu Ben aufzubauen, dieser war jedoch so damit beschäftigt nicht umzukippen, dass er nicht zu ihr rüber schaute.

    Die zierliche Krankenschwester konnte es fast nicht ertragen ihren Freund so zu sehen. Wann würde dieses Martyrium für ihn endlich ein Ende haben, sie wollte ihn so sehr in ihre Arme schließen und ihn trösten. Die Striemen von den Schlägen mit der Peitsche waren zum größten Teil entzündet, seine Bauchwunde blutete wieder, ganz zu schweigen von seiner Hand. Diese war ungefähr auf das doppelte angeschwollen und über und über mit Blut verkrustet. Das um seine Hand gewickelte Tuch hatte Josef achtlos auf den Boden geworfen um Bens Hände auf den Rücken zu fesseln. Die Kabelbinder schnitten in seine Handgelenke ein und frisches Blut tropfte auf den Boden. Zudem standen Schweißperlen auf der Stirn des jungen Hauptkommissars, er hatte immer noch Fieber, was ja auch kein Wunder war. Er musste dringend etwas trinken, ansonsten sah sie schwarz.

    Wie gebannt saßen die drei Geiselnehmer vor dem Bildschirm und ergötzten sich an dem Leid der Beiden. Josef und Sascha waren richtig in Extase und gedanklich schon bei der nächsten Quäl Session.

    Jessica empfand ebenfalls Genugtuung, jedoch nicht in dem Maß wie sie es sich gewünscht hätte. Vor allem musste sie schauen, dass ihre zwei Männer den armen Ben nicht zu Tode quälten.

    Gerade als Samantha den letzten Nagel aus Bens Hand zog erhielt Jessica einen Anruf von einem ihrer LKA-Spitzel. Das Gespräch dauerte nur sehr kurz, jedoch war Jessica plötzlich sehr beunruhigt.

    „Wir müssen hier sofort die Zelte abbrechen, dieser kleine Türkenfreund von unserem Verräter hat Sascha ein Sender untergeschoben bevor er geflüchtet ist. Jetzt weiß das LKA Hamburg und die Autobahnpolizei wo sie uns finden können. Laut meinem Spitzel wurde Gerkhan jedoch von dem Fall abgezogen, sie wollen mit dem Zugriff warten bis wir den Deal abgeschlossen haben. Da werden wir ihnen einen gehörigen Strich durch die Rechnung machen,“ erklärte Jessica in kurzen Worten.

    „Oh nein Scheiße das wollte ich nicht, dieses Bullenschwein hat mich gelinkt, das werde ich ihm heimzahlen,“ wetterte Sascha ungehalten.

    „Das hilft uns jetzt auch nicht weiter, aber genau für so einen Fall haben wir vorgesorgt, holt die Gefangenen.“

    Ben und Sammy waren noch immer in der Folterkammer eingesperrt. Als Sammy sich übergeben musste und neben der Werkzeugkiste kniete, ließ sie unauffällig ein Schraubenzieher in ihrer Krankenschwesterkluft verschwinden.

    Der verletzte Ben war völlig apathisch und schien von nichts mehr etwas mitzubekommen.

    Nachdem sich Sammy wieder etwas gesammelt hatte, löste sie die Fesseln ihres Freundes und zog ihn sanft von dem Stuhl herunter. Vorsichtig legte sie ihn auf den Steinboden und drapierte seinen Kopf auf ihren Schoß. Sie musste sich irgendwie um seine verletzte Hand kümmern, aber der Raum gab nichts her, was sie annähernd als Verband verwenden konnte. So wickelte sie das blutgetränkte Tuch behutsam von Bens Hand ab und untersuchte die Verletzungen. Zum Glück waren die einzelnen Blutungen fast zum Stillstand gekommen, jedoch sah die Hand grauenvoll aus.

    Ein erbärmlicher Schmerzenslaut entwich dem jungen Mann und Sammy wollte ihn auch nicht länger quälen. Sie legte seine Hand sachte auf seinem Bauch ab und wiegte ihn leise summend hin und her. Immer wieder strich sie ihm beruhigend über das blasse schmerzverzerrte Gesicht und küsste ihn zärtlich auf die schweißbedeckte Stirn.

    Ben schaffte es nicht einen klaren Gedanken zu fassen, der Schmerz war allgegenwärtig und er musste sich konzentrieren, dass er nicht in die Schwärze abdriftete. Er konnte seine Sammy jetzt nicht im Stich lassen und somit kämpfte er weiter gegen diese Qualen.

    Er konnte noch immer nicht fassen, was sie mit ihm gemacht hatten, es war alles so unwirklich und vor allem konnte er Jessys Handlungen nicht verstehen. Hatte tatsächlich diese Jessica ihm einen Nagel in den Finger geschlagen? Tränen bildeten sich in seinen Augen und er ließ ihnen freien Lauf. Das waren keine Menschen, das waren Bestien, Kreaturen gegen welche sie ankämpfen mussten. Er musste weiterkämpfen, auch wenn seine Kräfte gänzlich aufgebraucht waren.

    „Bloß nicht aufgeben, Kämpfe und sei kein Weichei“, versuchte er sich selbst anzutreiben.

    Was sollte er denn jetzt machen? Semir konnte nicht akzeptieren, dass man das Leben seines Freundes schon wieder aufs Spiel setzte. Er wusste wenn er versuchen würde Ben im Alleingang da raus zu holen, würde er seinen Job verlieren.

    Ben würde keine Sekunde zögern, warum tat er es? Wenn er noch lange warten würde, dann wäre die Bande wahrscheinlich gewarnt und über alle Berge. Mit Ben und Samantha!

    Wenn er überhaupt noch am Leben war. Nein, er spürte, dass sein bester Freund noch lebte, das sagte ihm sein Bauchgefühl.

    Er wusste jedoch auch, dass er Rückendeckung benötigte und somit beschloss er Hartmut einzuweihen. Ben und er waren gut befreundet und Hartmut würde ihn nie im Stich lassen.

    „Hartmut hör mir bitte jetzt genau zu,“ in schnellen Worten erklärte Semir was passiert war und was er vorhatte.

    „......ich brauche jemanden welcher die Videokameras und die Alarmanlage austricksen kann und du bist einfach der Beste auf diesem Gebiet.“ Versuchte er Hartmut zu überzeugen.

    Hartmut ließ sich nicht lange bitten, denn auch er hatte das Drama damals um Ben hautnah mitbekommen. Er wusste, dass der junge Polizist diesen letzten Undercover-Einsatz noch immer nicht ganz verarbeitet hatte und nun steckte er schon im nächsten Schlamassel fest.

    Hartmut packte ein paar Utensilien zusammen und schon waren sie auf dem Weg.

    Susanne hatte Semir die Adresse rausgesucht, sie konnte Ben doch nicht im Stich lassen.

    Nachdem Jessica die Anweisung zum Aufbruch gegeben hatte, ließen es sich Josef und Sascha nicht nehmen die zwei Geiseln zu holen. Diese würden sie auf keinen Fall zurück lassen, zum einen benötigen sie ein Druckmittel gegen die Polizei und zum anderen, konnten sie unmöglich ihr Lieblingsspielzeug verlieren.

    Als die Tür zur Folterkammer geöffnet wurde lag Ben auf Sammys Schoß und beide schliefen. „Ach schau mal, in welcher Eintracht unsere zwei Turteltäubchen hier liegen“, flüsterte Josef Sascha zu.

    „Na dann wollen wir sie mal vorsichtig wecken.“

    Er setzte einen Nagel auf Bens blutende Fingerkuppe und zwang seine Geisel ihn nun direkt anzuschauen.

    „Das hättest du nicht gedacht, Jessica lebt nur für die Organisation und du bist unserem Geschäft in die Quere gekommen. Dafür wirst du heute bezahlen.“

    Mit einem beherzten Schlag versenkte Jessica den Nagel in Bens Fingerkuppe. Jetzt konnte Ben nicht mehr, er brüllte all seinen Schmerz hinaus. Tränen liefen ihm über sein schmerzverzerrtes Gesicht und Übelkeit stieg in ihm auf. Nur noch verschwommen nahm er seine Umgebung wahr. Warum gönnte ihm sein Körper nicht eine erlösende Bewusstlosigkeit?

    „Jetzt bin ich dran,“ hörte Ben Sascha wie durch Watte sagen. Und schon wurde der nächste Nagel, dieses Mal in Bens Handrücken, geschlagen. Der Schmerz war unerträglich, wieder brüllte der Gepeinigte sein Leid hinaus. Als er anfing zu würgen wurde sein Kopf gelöst und Ben übergab sich direkt auf den ihm nebenstehenden Josef.

    „Ihhh, so eine Drecksau, mich hier einfach voll zu kotzen. Na warte, das hast du doch mit Absicht gemacht, dir werde ich es zeigen.“

    Ben schüttelte verzweifelt mit dem Kopf und schnappte japsend nach Luft. Josef nahm einen weiteren Nagel und schlug in bis zum Anschlag in Bens Handgelenk und noch einen in seinen Finger. Als Josef den nächsten Nagel ansetzen wollte, hielt ihn Jessica auf.

    „Es reicht jetzt, der hat genug. Wir werden die zwei Turteltäubchen nun ein wenig alleine lassen. Sammy, du kannst ihm nun beweisen wie sehr du ihn liebst, indem du ihn von den Nägeln befreist.“

    Nachdem der Muskelprotz Sammy losgelassen hatte, ging diese wie eine Furie auf Jessica los. Sie schlug wie von Sinnen auf diese ein, bis es der Angegriffenen zu bunt wurde. Mit einer schallenden Ohrfeige brachte Jessica ihre Fast-Ex-Schwägerin zur Besinnung. Sammy konnte nicht mehr, ihre Kräfte waren aufgebraucht. Völlig erschöpft sank sie auf den Boden und begann bitterlich zu weinen.

    Als Sammy sich wieder gefasst hatte blickte sie vorsichtig hoch und musste feststellen, dass ihre Geiselnehmer sie alleine gelassen hatten. Schnell erhob sie sich und beugte sich über den stark blutenden Ben. Er war völlig weggetreten und stöhnte leise vor sich hin. Sein Kopf lag in der Blutlache neben seiner angeschwollenen und festgenagelten Hand.

    Sie war durch ihren Beruf schon einiges gewohnt, aber das was sich ihr hier für ein Anblick bot, übertraf alles bisher Gesehene.

    Bens Hand lag in einem kleinen See aus Blut, 4 Nägel ragten aus der Hand und den Fingern. Neben seiner Hand lagen die ihm gezogenen Fingernägel, an diesen hingen noch kleine Hautfetzen.

    Zärtlich strich sie Ben eine Haarsträhne aus dem mit Schweißperlen überzogenen bleichen Gesicht.

    „Ben kannst du mich hören? Wir müssen deine Hand von den Nägeln befreien, das wird jetzt etwas wehtun,“ versuchte Sammy beruhigend auf ihn einzuwirken.

    „Sammy es tut so weh, bitte hilf mir....ich...kann nicht mehr....mir ist so....,“ wieder drehte sich der Dunkelhaarige zur Seite und übergab sich abermals. Er war völlig am Ende seiner Kräfte, die Schmerzen waren unerträglich und er wusste, dass das Schlimmste gleich noch kommen würde. „Bitte Sammy, du ....bitte zieh die Nägel raus....ich halte das nicht mehr aus....fuck...bitte hilf mir...es tut mir...so leid.“

    Sammy wusste, dass sie sich beeilen musste, sie konnte nicht warten bis ihre Peiniger wieder zurückkommen würden und ihm noch weitere Qualen zufügen würden. Sie musste Ben so schnell wie möglich versorgen, zudem wollte sie keine Blutvergiftung riskieren, da die Nägel größtenteils ziemlich rostig waren.

    Die Krankenschwester nahm die blutverschmierte Beißzange mit der dieser Sadist, Ben die Fingernägel abgezogen hatte und reinigte diese grob mit einem halbwegs sauberen Tuch. Vorsichtig griff sie den Kopf des Nagels welcher am weitesten aus Bens Zeigefinger herausstand und ohne Ben ihr Vorhaben großartig anzukündigen, zog sie den Metallstab mit einem schnellen Ruck heraus.

    „Ahhhh...oh Gott....Sammy, ich hätte nie .....gedacht....dass du auf ...Sadomasospiele stehst....,“ versuchte Ben zu scherzen.

    Das war ihr Ben! Er gab ihr damit den Antrieb sich an den nächsten Nagel zu machen. Auch der zweite war einfach zu greifen und sie zog schnell daran. Sie merkte, dass ihr Freund kurz vor einer Ohnmacht stand. Sein Gesicht war schmerzverzerrt und er brüllte abermals seine Pein heraus. Nun ging es ans Eingemachte, der nächste Nagel war so weit in den Handrücken geschlagen, dass die Zange nicht ohne Gewalt den Nagel greifen konnte. Als sie es nach endlosem probieren endlich schaffte, zog sie den Metallbolzen schnell heraus. Das Geräusch wie der Nagel durch Bens Fleisch glitt ließ sie erschaudern. Sofort sprudelte das Blut aus dem entstandenen Loch. Besorgte blickte sie auf den Verletzten, welcher nun keinen Mucks mehr von sich gab. Sie nahm das Tuch und drückte es auf die Wunde.

    „Verdammt, als steril kann man das nun wirklich nicht bezeichnen“, scherzte sie mit sich selbst. „Ben du darfst jetzt nicht schlapp machen, bitte kämpfe.......... Ben, noch ein Nagel.“ Mit leichten Schlägen auf die Backe, holte sie diesen in die böse Realität zurück. Dieser schaute sie mit abwesendem Blick an, Tränen liefen ihm über die Wangen und Sammy brach es fast das Herz ihn so leiden zu sehen. Sie konnte vor lauter Blut den letzten Nagel nicht sehen und sie tupfte mit dem Lappen bis sie auch diesen mit der Beißzange zu greifen bekam. Sie hatten es geschafft, Ben war befreit und nun fiel von Sammy die ganze aufgestaute Last ab. Der Geruch von Blut und Erbrochenem forderten jetzt ihren Tribut und die sonst so taffe Krankenschwester drehte sich von Ben weg und übergab sich ebenfalls.

    Sascha und Josef hatten wieder ihre Handlanger mitgebracht, welche sie dieses Mal beide gewaltsam hochzogen und in Richtung Ausgang stießen. Ben konnte Sammy gerade noch auffangen, bevor sie gegen die harte Wand geknallt wäre.

    „Was soll das werden, lasst sie in Ruhe, bitte ihr könnt mit mir machen was ihr wollt.... lasst sie in Ruhe...bitte“, flehte Ben die Männer an. Mit einem fiesen Grinsen trat Josef Ben in den Magen, so dass der Braunhaarige keuchend in die Knie ging. Sammy wurde fest gehalten, so dass sie keine Chance hatte ihrem Freund zu Hilfe zu kommen.

    „Jetzt reicht es mir aber! Bringt sie hoch, damit wir endlich anfangen können“, erhielten die Schlägertypen Anweisung.

    Abermals landete Ben in diesem furchtbaren Raum, indem er vor kurzem Jessica wieder gesehen hatte. Ben wurde auf einen Stuhl gesetzt und mit den Beinen und dem Oberkörper festgebunden, seine Arme waren jedoch frei beweglich. Vor ihm stand ein kleiner Holztisch. Sammy wurde von einem der Muskelpakete festgehalten, sie zappelte und wandte sich in dessen Armen wie ein Aal.

    Sie hatte jedoch keinerlei Chance gegen diesen starken Mann!

    Verzweifelt schrie sie Josef und Sascha an, bis ihr Ex-Freund ihr sichtlich genervt, einen Knebel in den Mund steckte.

    „Was für eine Ruhe, für den Moment,“ dabei drehte er sich zu Ben um und blickte ihm voller Hass in die Augen.

    Ben war am Toben, er nannte seine Entführer alles!

    „Was seid ihr nur für kranke Psychopathen, du bist kein Stück anders als dein Vater, eine Familie voller Irrer. Du und deine Schwester seid die gleiche kranke Brut, sie werden euch kriegen und dann werdet ihr leiden und bis an euer Lebensende im Knast verrecken...“, brüllte der junge Polizist.

    Nun wurde es Josef zu bunt. Mit dem Handrücken schlug er Ben ins Gesicht, so dass sein Kopf nach hinten flog und dieser augenblicklich verstummte.

    „Du wirst gleich spüren wie krank wir wirklich sind!“ Josef holte aus einer Werkzeugkiste eine Beißzange und winkte den zweiten Schläger zu sich heran.

    „Los, heb seine Hand fest!“

    Ben machte sich beim Anblick des Werkzeugs schon auf das Schlimmste gefasst. Verzweifelt riss er an der Fesselung und versuchte sich zu wehren. Doch gegen den brutalen Griff von Mister Universum, war er machtlos. Josef fasste mit der Zange seinen Fingernagel und riss diesen ruckartig vom Nagelbett herunter. Mit Tränen in den Augen versuchte Ben einen Schrei zu unterdrücken, diese Genugtuung wollte er seinen Peinigern nicht geben. Der Schmerz überwältigte ihn und ihm wurde speiübel, als er auf seinen Finger schaute.

    „Glaub mir, du wirst mich noch anflehen aufzuhören und du wirst vor Schmerzen brüllen,“ prophezeite er seinem Opfer.

    „Jetzt bist du noch stark.......warte mal ab, wenn wir mit dir fertig sind, du Verräter.....du hast damals alles kaputt gemacht.......!“ An Josefs Gesichtsausdruck konnte Ben, trotz seines stark getrübten Sichtfelds, ganz genau diesen grenzenlosen Hass erkennen.

    Nun machte dieser sich über den nächsten Fingernagel her. Das Blut floss in Strömen aus Bens Fingerkuppe und hatte schon eine beachtliche Lache auf dem Holztisch gebildet. Zufrieden blickte der Verbrecher auf dessen Werk und zog mit einem gehässige Grinsen den nächsten Nagel.

    Nun konnte Ben ein Stöhnen nicht mehr unterdrücken und sein Blick wanderte zu seiner Sammy. Diese schaute ihn entsetzt an, sie weinte und wandt sich noch immer verzweifelt im Griff dieses Kolosses.

    Sammy konnte es nicht fassen, was hier eben geschah. Was waren das nur für Menschen, die ihren geliebten Ben so furchtbar quälten? Ihr Herz zerbrach in immer kleinere Stücke und das schlimmste für sie war, dass sie ihm nicht helfen konnte.

    Warum half ihnen denn niemand? Wo waren denn seine Kollegen, wo war nur dieser Semir, auf den Ben so große Stücke hielt?

    Mit schmerzverzerrtem Gesicht und schweißgebadet saß Ben nun völlig in sich zusammengesunken da und wollte nur noch sterben.

    „Oh, hat der kleine Benni denn schon genug? Da habe ich doch noch eine kleine Überraschung für dich, du bekommst deine Nägel einfach wieder zurück. So sieht das doch echt hässlich aus. Was sagst du dazu?“

    Mit schallendem Gelächter wühlte er in der Werkzeugkiste herum und knallte dann stolz ein paar rostige Nägel auf den Holztisch.

    Voller Angst was nun folgen würde begann Ben wild um sich zu schlagen.

    “Das könnt ihr nicht machen, oh mein Gott.....bitte....nein......,“Bens Worte verstummten, als er sah wer mit einem Hammer vor ihm stand.

    „Jessica, du musst mir helfen, bitte bereite dem ganzen Wahnsinn ein Ende...fuck ihr seid so irre....Jessy...,“ doch weiter kam er nicht. Wieder wurde seine blutende Hand und sein Kopf brutal auf die Tischplatte gedrückt.

    „So Jessica, jetzt wirst du uns deine Loyalität gegenüber der Organisation beweisen.“ Verkündete Josef fast feierlich.

    Nachdem Sascha geflüchtet war, fuhr Semir sofort wieder in die PAST. Dort saßen die Chefin und Hartmut schon am Computer und verfolgten das GPS Signal von dem Sender den Semir dem Grafensohn in die Tasche gemogelt hatte.

    „Gute Arbeit, Gerkhan“, lobte die Chefin ihren besten Mann.

    „Dann lassen sie uns Ben da endlich rausholen“, verkündete Semir voller Tatendrang.

    In dem Moment öffnete sich die Tür zum Büro der Chefin und die Staatsanwältin Schrankmann gefolgt von den LKA-Beamten Lasslo und Fendrich betraten den Raum.

    „Frau Krüger, Herr Gerkhan, ab hier übernimmt das LKA Hamburg. Es besteht der dringende Verdacht, dass dieser Sascha von Guillard mit dem Waffenhändlerring, welche diesen Megadeal abwickeln werden, unter einer Decke steckt. Wir können diese Organisation zum jetzigen Zeitpunkt unter keinen Umständen hochnehmen. Dadurch würden wir, wie beim letzten Mal, nur an der Oberfläche kratzen und wieder würden sie mit nur einem blauen Auge davonkommen,“ erklärte die Staatsanwältin in kurzen Worten und mit gewohnt grimmiger Mine.

    Frau Krüger blickte ihren Beamten bewußt beschwichtigend in die Augen, da sie schon voraussah, dass dieser gleich komplett ausrasten würde. Für ihn hatte Ben Vorrang und nicht das dingfest machen dieser Organisation. Schon einmal hatte sein Partner wegen dieser Bande fast sein Leben gelassen, das würde er nicht zulassen.

    „Das können sie sich komplett von der Backe putzen, ich werde Ben dort sofort rausholen. Wer weiß was die schon alles mit ihm angestellt haben und eine Zivilistin ist ebenfalls in der Gewalt dieser Bande. Das kann nicht ihr Ernst sein, dass sie das Leben einer Unbeteiligten aufs Spiel setzen.“ Jetzt war Semir so richtig in Fahrt.

    „Herr Gerkhan, es tut mir wirklich leid, aber ich habe Anweisung von ganz oben. Sie sind aus dem Fall raus, wenn sie sich einmischen riskieren sie ihre Marke.“

    Das wollte sich Semir nicht länger anhören, wild schnaubend schnappte er sich seinen Autoschlüssel und stürmte aus der PAST.

    Nach der Flucht vor dem kleinen Autobahnbullen war Sascha so in Fahrt, dass er sich erst einmal abreagieren musste. Er musste seine Wut an Ben Jäger auslassen, er war Schuld an dem ganzen Schlamassel. Zusammen mit Josef hatte er sich etwas ausgedacht was den Verräter endgültig brechen würde.

    Sammy war heilfroh als Ben, nach einer gefühlten Ewigkeit, endlich wieder ein bisschen Leben zeigte.

    Sofort war sie mit einer Wasserflasche zur Stelle und bot ihm von dem kühlen Nass an. Wenn er nichts trank, würde er innerhalb kürzester Zeit austrocknen.

    Dankbar griff er nach der Flasche und sog das Wasser gierig in sich auf, so dass er sich sogleich verschluckte und fürchterlich husten musste. Seine malträtierten Rippen dankten es ihm mit einem stechenden Schmerz.

    „Langsam Ben, trink langsam..... so ist es gut....es ist so schön dich wach zu sehen....ich hatte solch eine Angst. Wie fühlst du dich?“

    „Es geht schon, mach dir keine Sorgen, mein Engel“, log er und musste sich beherrschen den aufkommenden Schmerz nicht hinauszuschreien.

    Mit jetzt kontrollierten Schlucken leerte er den Rest der Wasserflasche und lehnte sich dann erschöpft an die Schulter seiner Freundin. „Ich weiß nicht wie ich dich hier rausbringen soll....oh Semir wo bleibst du nur....du musst uns helfen..... hätte ich ihn doch nur noch angerufen, dann hätte er zumindest jetzt eine Spur....“

    „Wenn das stimmt was du mir damals von deinem Partner und Freund erzählt hast, wird er uns trotzdem finden, hab Vertrauen in ihn,“ versuchte Sammy ihm Hoffnung zu machen.

    Ja, er wusste, dass sein Freund niemals aufgeben würde ihn zu finden, aber er musste sich beeilen, lange würde er und Sammy nicht mehr durchhalten.

    Was würde wohl als Nächstes kommen, welches perfide Spiel hatten ihre Entführer sich dieses Mal ausgedacht. Ben konnte sich nicht vorstellen wie schlimm es dieses Mal kommen würde.

    Sascha wollte gerade in sein Arbeitszimmer um noch ein paar Kunden abzutelefonieren als es klingelte. Etwas missmutig trottete er zur Tür um zu öffnen. Auf dem Weg dorthin dachte er an die Zeit zurück, als sein Vater noch lebte und als sie noch auf einem großen Anwesen wohnten. Dort gab es den guten alten Dienstboten Konstantin, welcher nun pflichtbewußt die Türe geöffnet und seinen Besuch standesgemäß angemeldet hätte.

    Mit einem leichten Grinsen dachte er an Ben Jäger, welchen er auch hierfür leiden lassen würde. Er freute sich schon auf die nächste Lektion, welche er sich für diesen Verräter ausgedacht hatte und öffnete dann etwas missmutig die Türe.

    „Guten Tag, Gerkhan Kripo Autobahn. Sind sie Sascha von Guillard?“ begann Semir und hob dem jungen Mann seinen Dienstausweis unter die Nase. Sascha nickte und bat den kleinen Polizisten zu sich herein.

    „Was kann ich für sie tun Herr Gerkhan, habe ich einen Strafzettel nicht rechtzeitig bezahlt?“ Versuchte Sascha sein Erstaunen über dessen Besuch auszudrücken. Er hatte mit dem Auftauchen des Türkenbullen sowieso schon gerechnet, jedoch war Jägers Partner in der Tat sehr schnell auf ihn gestoßen. Das zeigte ihm, dass er Gerkhan nicht unterschätzen durfte.

    „Herr Guillard, kennen sie eine Frau Samantha Held?“ Semir hatte keine Zeit zu verlieren und somit konfrontierte er den Guillard-Sprössling sofort mit der Entführung dessen Ex-Verlobten. Er erklärte ihm was vorgefallen war, dabei erwähnte er bewusst nicht Bens Namen.

    Sascha erzählte durchaus bereitwillig wie dies damals mit seinem Vater war und dass er bis vor kurzem nichts von den schmutzigen Geschäften seines Vaters wusste. Der junge Mann war wohl nur in das Immobiliengeschäft seines Vaters involviert und von den anderen Machenschaften seines Vaters wollte er nichts gewußt haben.

    „Wie war es möglich, dass sie hiervon nichts mitbekommen haben?“ Bohrte Semir weiter.

    „Meine Schwester Jessica hat mich komplett abgeschottet, sie wollte mich beschützen. Sie wurde bei dem Einsatz gegen meinen Vater erschossen.“ Semir stutzte etwas, wusste er nicht, dass seine Schwester von ihrem eigenen Vater erschossen wurde? Das kam ihm alles etwas merkwürdig vor, auch sprach dieser so, als würde ihm der Tod seiner Schwester gar nicht nahe gehen. Semir hatte das Gefühl, dass dieser Sascha mehr wusste als er zugab und sein Bauchgefühl täuschte ihn fast nie.

    Als sich Semir von dem Grafensohn verabschiedete, meinte dieser gespielt mitfühlend: „Ich hoffe, dass sie Sammy und diesen Ben Jäger schnell finden. Sie hat sich zwar damals wegen eines anderen Kerls von mir getrennt, aber ich wünsche ihr trotzdem alles Gute.“

    „Woher kennen sie denn den Namen meines Kollegen? Ich habe ihnen seinen Namen nicht genannt.“ Jetzt hatte er die Bestätigung, darauf hatte er gewartet und jetzt hatte sich dieser Schnösel selbst verraten.

    „So werter Graf, sie sind vorläufig verhaftet, wegen dringendem Tatverdacht, Ben Jäger und Samantha Held entführt zu haben.“ Semir nahm seine Handschellen aus der Tasche und begann Sascha seine Rechte zu erklären.

    Dieser war jedoch ganz und gar nicht bereit sich von ihm, so ohne weiteres verhaften zu lassen. Mit einem beherzten Tritt in Semirs Weichteile nahm er reiß aus und flüchtete zu Fuß über den Hinterhof. Als Semir sich unter Schmerzen wieder auf die Beine gequält hatte, huschte trotzdem ein kleines Lächeln über seine Lippen. Sein Plan war aufgegangen!

    Als Sascha sich in Sicherheit wog, zog er sein Handy aus der Hosentasche und wählte die Nummer seiner Schwester. Mit schnellen Worten erklärte er Jessica was vorgefallen war.

    „Bleib wo du bist, lass dich nirgends blicken, Josef wird dich gleich abholen.“ Sascha konnte die Wut in Jessys Stimme deutlich heraushören.

    Jetzt war es für ihn gelaufen, wie seine Schwester musste er sich nun ebenfalls verstecken und wieder stieg der Hass und die Rachegelüste gegenüber diesem Jäger ein weiteres Stück an. Er und sein Türkenfreund würden dafür bezahlen.

    „Was soll’s, in ein paar Tagen läuft der Deal unseres Lebens und dann hatten sie ausgesorgt und würden sich endgültig ins Ausland absetzten“, hing Sascha seinen Gedanken nach.

    Das hatte ihr Bruder ja ordentlich verbockt, aber nun konnte sie sicher sein, dass er voll und ganz hinter ihr stehen würde. Sascha konnte nun nicht mehr in sein altes Leben zurück. Sie hatte immer versucht ihn zu beschützten und das würde sie auch weiterhin tun. Als Sascha das Versteck betrat schaute sie ihn zuerst böse an, lächelte dann und nahm ihn in die Arme.

    „Wir bekommen das zusammen hin, wir sind eine Familie und lassen uns nicht unterkriegen.“

    Sascha fiel ein Stein vom Herzen, jetzt war er endlich angekommen und seine Rache konnte ihm keiner mehr nehmen.

    „Susanne, kannst du mir bitte die aktuelle Anschrift von diesem Sascha von Guillard raussuchen? Ich würde ihm gerne mal einen Besuch abstatten, vielleicht bringt uns das etwas voran. Hast du sonst noch etwas rausgefunden?“ Sprudelte es aus Semir heraus, als er die PAST nach einer unruhigen Nacht betrat.

    Mit rollenden Augen in Richtung ihrer Chefin deutete sie Semir an, dass die Krüger etwas von ihm wollte und das sie ziemlich schlechte Laune hatte. Vorsichtig klopfte er an deren Türe und trat dann ohne eine Antwort abzuwarten ein. Er war sichtlich erstaunt, als er die zwei LKA Beamten aus Hamburg am Tisch der Chefin sitzen sah.

    „Sie erinnern sich an Herrn Lasslo und Herrn Fendrich vom LKA Hamburg? Es gibt nun keine Zweifel mehr, dass in Kürze ein großer Waffendeal mit der Russenmafia und dieses ehemaligen Menschenhändlerrings, um den erschossenen Graf Guillard, stattfinden wird. Der Deal soll hier in Köln über die Bühne gehen und darum werden wir in die weiteren Ermittlungen mit einbezogen. Herr Gerkhan haben sie etwas über das Verschwinden von Herrn Jäger und dieser Krankenschwester herausbekommen?“ Die Mine der Chefin verdunkelte sich noch weiter und die Sorge um ihren Mitarbeiter deutlich ihr deutlich anzusehen.

    „Frau Krüger, ich war gerade auf dem Weg zu dem Sohn von diesem Graf von Guillard. Ich habe erfahren, dass er die Immobilienfirma seines Vaters nach dessen Tod übernommen hat. Nach dem Gespräch mit der Mutter der Krankenschwester, Frau Held, erfuhr ich, dass Samantha Held wohl die Ex-Verlobte von Sascha von Guillard war. Sie hat sich damals von Sascha von Guillard wegen Ben getrennt, vielleicht wurden die beiden aus Eifersucht von ihm entführt. Mein Gefühl sagt mir, dass er etwas mit dem Verschwinden von Ben zu tun haben muss.“ Erläuterte Semir kurz sein weiteres Vorgehen.

    Mit einem kurzen Nicken ließ sie Semir gehen.

    Als Ben wieder erwachte wünschte er sich augenblicklich zurück in die schmerzlose Bewusstlosigkeit. Ein unerträgliches Pochen breitete sich in seinem Kopf aus und dann erkannte er Sammy, welche mit einer nassen blutverschmierten Mullbinde, seine Platzwunde am Kopf reinigte. Etwas desorientiert schaute er sie an und sie begann leise und beruhigend auf ihn einzureden.

    „Ben, mein Schatz kannst du mich hören? Was ist passiert, was haben sie mit dir gemacht?........ Ich möchte hier raus, ich kann es nicht mehr ertragen, wie sie dir ständig wehtun. Ben wir müssen uns einen Fluchtplan überlegen.“

    Langsam erinnerte er sich wieder an das was passiert war, er hatte tatsächlich Jessica wieder gesehen, sie lebte.

    „Ich habe mich doch nicht getäuscht“, redete er mehr zu sich selbst und versuchte durch Kopfschütteln sein verschwommenes Blickfeld zu klären.

    „Ben, bei was hast du dich nicht getäuscht, rede mit mir, bitte....Ben!“ Er drohte nun wieder wegzukippen, so dass Sammy ihm etwas Wasser ins Gesicht spritzte.

    Verzweifelt versuchte Ben seine Gedanken zu sortieren, er erinnerte sich an den Moment zurück, als er Jessica wieder sah. Ihre Augen waren so kalt wie der tiefste Bergsee, sie zeigte keinerlei Gefühlsregungen als sie ihn anschaute. Was war nur mit ihr geschehen? Steckte sie hinter alledem? Warum tat sie ihm das an, er hatte doch versucht ihr zu helfen. Ben verstand die Welt nicht mehr.

    Sammy versuchte noch immer ihn ins hier und jetzt zurück zu holen. Traurig nahm sie sein Gesicht in ihre Hände und suchte den Blickkontakt zu ihm, es war als schaute er durch sie hindurch. Plötzlich verdrehte er die Augen und kippte zurück auf die modrige Matratze.

    „Oh mein Gott, Ben wie kommen wir hier nur wieder raus?“ Sie legte sich neben ihn, schlang zärtlich ihre Arme um seinen Oberkörper und begann bitterlich zu weinen, bis sie letztendlich in einen unruhigen Schlaf fiel.

    Jessica war nun bereit den Verräter, welcher ihren Vater und die ganze Organisation auf dem Gewissen hatte, zu bestrafen. Er sollte leiden für das was er ihr und ihrer Familie angetan hatte. Auf der anderen Seite wusste sie auch, dass sie Ben ebenfalls betrogen und belogen hatte. Sie hatte ihm damals von der enttäuschten Tochter und den Rachegelüsten gegen ihren Vater vorgespielt. Für sie war Ben die Chance, die Organisation ihrem Vater zu entreißen. Sie täuschte ihren Tod vor und baute über Josef in der Schweiz die Organisation wieder auf. Eigentlich müsste sie dem jungen Polizisten dankbar sein, doch sie verspürte nur abgrundtiefen Hass.

    Mit gemischten Gefühlen steuerte sie auf den Folterraum zu und musste hart schlucken, als sie diese geschundene Person, welche zwischen den starken Armen ihrer zwei Handlanger hing, sah. Sie gab den Beiden die Anweisung Ben loszulassen und zu gehen. Sie würde mit ihm schon alleine klar kommen. Josef zog sich in eine Ecke des Zimmers zurück und überließ den Verletzten seiner Verlobten.

    Nur unter großer Anstrengung, gelang es Ben nicht in die Knie zu gehen. Dieser schien die Person welche den Raum betreten hatte, nicht wirklich wahrzunehmen. Erst als Jessica sich direkt vor ihre Geisel stellte, hob dieser seinen Kopf.

    „Hallo Ben, schön dich wieder zu sehen“, gab sie sarkastisch von sich.

    Nun war es um Ben endgültig geschehen! Er konnte nicht fassen wer ihm gerade entgegensah.

    In seinen Augen konnte Jessica jedoch nur Erleichterung und unendliche Erschöpfung sehen. Ungläubig blickte sie in dessen schmerzverzerrtes Gesicht und fragte sich, ob Ben sich wirklich freute, dass sie noch am Leben war?

    Das war unmöglich!

    Der eben noch empfundene Hass, wich einem merkwürdigen Gefühl von Verwirrung und einem kleinen bisschen Mitleid für den braunhaarigen Polizisten.

    „Du .......lebst ........tatsächlich!“ Kam nun schwach von Ben. Unter großen Schmerzen hob der junge Polizist seine zittrige Hand und strich ihr zärtlich über die Wange. Völlig erstarrt ließ sie ihn gewähren. Eine Träne löste sich und der junge Polizist war nun nicht mehr in der Lage, sich auf seinen eigenen Beinen zu halten.

    Bis zuletzt hatte er geglaubt, dass es nicht Jessica war, welche er in dem Auto gesehen hatte. Hinter alldem stand nicht seine „Jessica“, seine Seelenverwandte. Hatte er sich tatsächlich so in ihr geirrt? Bis heute hatte er um sie getrauert, er fühlte sich schuldig, da er sie damals nicht retten konnte.

    Ben brach nun gänzlich in sich zusammen, kniend schlug er seine Hände vors Gesicht und begann leise zu wimmern. Er war am Ende seiner Kräfte und so kippte er erschöpft zur Seite und ließ sich dankend in die wohlwollende Schwärze ziehen.

    Wie versteinert blickte Jessica auf den am Boden liegenden Bewusstlosen. Langsam kniete sie sich neben ihn und strich ihm eine verschwitzte Haarsträhne aus dem bleichen Gesicht. Ihre Gedanken spielten verrückt, hatte Ben sich tatsächlich um sie gesorgt und getrauert? Dieses Gefühl kannte sie nicht! Sie wuchs in einer Familie auf, in der sich immer jeder nur um sich selbst gekümmert hatte, allen voran ihr Vater. Für ihn stand immer das Geschäft an erster Stelle, seine Kinder und seine Frau kamen ganz weit unten auf dessen Prioritätenliste. Sie hatte nie wahre Fürsorge erfahren dürfen. Da ihre Mutter starb, als sie 10 war, musste sie sich früh um sich selbst kümmern.

    Ben hatte ihr damals erzählt, dass sein Vater genauso war wie ihrer, auch dieser sorgte sich immer erst um seine Geschäfte, seine Kinder hatten in dessen Welt keinen Platz. Jedoch war es Ben, trotz seinem kaltherzigen Vaters gelungen, sich auch um andere zu sorgen und für die Personen da zu sein, welche ihm nahe standen. Sie hatte ihn damals als einen selbstlosen zielstrebigen und ein klein wenig naiven Menschen kennengelernt. Für ihn stand die Sicherheit anderer immer an erster Stelle und an sich selbst dachte er immer zuletzt. Das war diesem damals zum Verhängnis geworden.

    Oh mein Gott, was war nur mit ihr los? Sie war doch kein Waschweib! Sie durfte jetzt nicht, durch irgendwelche Gefühlsduseleien, ihr Ziel aus den Augen verlieren.

    Plötzlich hörte sie ihren schnaubenden Freund hinter sich, der voller Verachtung auf Ben blickte.

    Was war nur mit seiner Jessica passiert, was hatte dieser Bulle mit ihr gemacht, dass sie so reagierte? Voller Wut holte Josef aus und trat dem Bewußtlosen mit voller Wucht gegen den Kopf. Sofort platzte die dünne Haut über Bens Auge auf und der rote Lebenssaft floss über sein Gesicht und tropfte auf den kargen Boden.

    „Hör auf damit Josef, du siehst doch, dass er am Ende ist. Laß ihn für heute in Ruhe! Tod bringt er uns gar nichts. Wir brauchen ihn noch als Druckmittel gegen seinen Partner. Der kleine Bulle hat irgendwie von unserem Deal erfahren und es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis Gerkhan hier auftauchen wird“.

    Sie war der Boss und da konnte Josef schlecht widersprechen, er würde noch seine Chance bekommen und dann würde er es diesem hinterlistigen Bullen schon zeigen. Er wird nie wieder seine dreckigen Finger an seine Verlobte legen. Sie gehörte ganz alleine ihm und sonst niemandem. Grob zogen seine zwei Schlägertypen dessen schlaffen Körper auf die Beine und brachten ihre Geisel zurück in das Gefängnis.

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    Mit einem lauten Schrei wachte Semir aus einem Alptraum auf. Andrea war sofort zur Stelle und nahm ihn tröstend in die Arme. „Hattest du einen Alptraum, mein Schatz...“, fragte sie ihn vorsichtig. Sie wusste, dass die jetzige Situation ihrem Mann schwer zusetzte. Auch sie war sehr in Sorge wegen Bens Verschwinden und sie konnte ihn gut verstehen, denn der junge Heißsporn war auch ihr sehr ans Herz gewachsen und die letzten Monate waren für alle Beteiligten nicht leicht gewesen.

    Sie wollte sich nicht ausmalen was passierte, wenn Ihr türkischer Hengst seinen besten Freund nicht retten konnte. Die Beiden waren in den vergangenen Monaten sehr zusammengewachsen, als Team und als Freunde.

    „Warum immer Ben, er will immer für jeden das Beste, denkt nie an sich selbst, warum ist es so jemandem nicht vergönnt glücklich zu sein. Er hat doch schon genug gelitten. Andrea ich muss ihn schnell finden, aber wir haben keine Anhaltspunkte...ich weiß nicht in welche Richtung wir ermitteln sollen. Ich habe bei der Sache ein ganz schlechtes Bauchgefühl und wenn das Verschwinden von Ben tatsächlich mit dem alten Fall des Menschenhändlerrings zu tun hat, dann läuft uns die Zeit davon. Ich konnte zwar gestern über meinen Informanten etwas über den großen Deal der geplant ist in Erfahrung bringen, deswegen gibt es trotzdem noch keinen Hinweis darauf ob das Verschwinden von Ben etwas damit zu tun hat.“

    Nachdem Semir seine Gedanken von der Seele geredet hatte, fiel er noch für ein paar Stunden in einen traumlosen Schlaf. Er durfte jetzt nicht aufgeben und Morgen würde er dem Hinweis seines Informanten weiter nachgehen. Und er würde dem Ex-Verlobten der Krankenschwester einen Besuch abstatten.

    Vorsichtig wusch Sammy ihrem Freund die Spuren des letzten Martyriums aus seinem erhitzten Gesicht. Eine große Platzwunde zierte Bens Auge und seine Handgelenke waren von der engen Fesselung angeschwollen und mit Blut verkrustet. Sie traute sich kaum ihn anzufassen, denn die Hämatome an Bens Brustkorb waren mittlerweile tief schwarz verfärbt und mussten ihm höllische Schmerzen bereiten. Zudem waren einige der Striemen und seine Bauchwunde vom Unfall entzündet. „Ben bitte du musst aufwachen, du musst etwas trinken, du trocknest völlig aus“, versuchte sie Ben aus seiner tiefen Bewusstlosigkeit zu holen.

    Als er langsam wieder in die Realität zurückkehrte, war er sehr erleichtert seine Sammy weitestgehend unversehrt zu sehen. Sie hatte am Hals, von Saschas Messer, einen kleinen verkrusteten Ritz, ansonsten schien es ihr gut zu gehen. Langsam richtete sich Ben auf und nahm ihr Gesicht in seine Hände, was sich durch die Fesselung etwas schwierig gestaltete und begann sie zärtlich mit Küssen zu bedecken. Der Schmerz in Bens Körper trat nun in den Hintergrund und Liebe und Geborgenheit traten an dessen Stelle. Diese fantastische Frau hatte eine faszinierende Wirkung auf ihn. Sie schaffte es sowohl seine Sinne zu vernebeln, als auch diese ganze beschissene Situation in welcher sie steckten, für den Augenblick vergessen zu lassen.

    Sammy begann die Zärtlichkeiten von Ben zu erwidern und auch sie vergaß kurz allen Kummer und die Sorge um Ben.

    Es gab nur sie und ihren geliebter Freund! Sammy wünschte sich, dass dieser unglaubliche Moment, voller Liebe und Vertrauen, nie wieder endete.

    Das laute Knarren der Tür zerstörte jedoch abrupt diesen magischen Moment.

    Es musste hier irgendwo eine Kamera geben, denn sobald sich bei ihnen etwas bewegte, waren ihre Peiniger zur Stelle. Unauffällig schaute Ben sich um und tatsächlich entdeckte er hinter einem Lüftungsgitter einen kleinen roten Punkt. Diese Schweine beobachteten sie tatsächlich ständig und wahrscheinlich war auch irgendwo noch ein Mikrofon versteckt.

    Eng umschlungen saßen die zwei Geiseln auf ihrer Schlafstätte und waren nicht bereit sich kampflos zu trennen.

    „So ihr beiden Turteltäubchen, da sich unser Held schon wieder ganz gut erholt hat, ist die Zeit für die nächste Runde gekommen. Der Boss will dich begrüßen.“ Josef warf Ben ein frisches T-Shirt hin und löste ihm die Fesseln. Erleichtert rieb sich Ben die blutverkrusteten Handgelenke und langsam kam auch wieder Leben in seine eiskalten Hände. Mit schmerzverzerrtem Gesicht, zog er sich das Shirt über seinen geschundenen Oberkörper und wurde dann grob auf die Beine gestellt. Er war nur froh, dass sie Sammy dieses Mal in Ruhe ließen und so wehrte er sich nicht dagegen. „Los bewegt dich, der Boss hat nicht den ganzen Tag Zeit!“ Josef stieß Ben brutal mit dem Stiefel in den Rücken, so dass er mit voller Wucht gegen die offene Eisentür knallte und unsanft auf dem harten Boden aufschlug. Sogleich wurde er von den zwei Schlägertypen wieder hochgezogen und in den nahegelegenen Raum gebracht, mit dem er keine guten Erinnerungen verband. Seine Beine waren weich wie Pudding und er hing kraftlos zwischen diesen zwei Fleischbergen. Seine Angst vor dem Kommenden stieg ins Unermessliche und die Hoffnung auf Rettung rückte in weite Ferne.

    Wo blieb nur Semir? Lange würde er nicht mehr durchhalten!

    Als er kraftlos seinen Kopf hob, schaute er fassungslos auf die Person, welche sich in sein vernebeltes Blickfeld geschoben hatte.

    Es war tatsächlich wahr!

    Semir schreckte auf, als sein Handy anfing zu klingeln. Er musste sich erst einmal orientieren und stellte fest, dass er über seinem Schreibtisch in der PAST eingeschlafen war.

    „Herr Gerkhan wir haben einen Toten auf dem Rastplatz Königsforst gefunden, es handelt sich hier um einen gewissen Sebastian Umbolz.“ Dieser Umbolz war der Krankenpfleger, welcher ebenfalls seit der Nacht in der Ben entführt wurde, verschwunden war. Ermittlungen wurden schon eingeleitet, bisher jedoch ohne Erfolg.

    Auch von dem jungen Pfleger fehlte bis dato jegliche Spur und nun wurde auch dieser Zeuge oder vielleicht auch Komplize, mundtot gemacht. Schnell war Semir vor Ort und war schockiert über die Brutalität dieser Leute. Sebastian Umbolz wurde bestialisch mit einem Messer hingerichtet, genaueres würde Semir vom Pathologen erfahren. Ihm wurde schlagartig klar, dass mit diesen Leuten nicht zu spaßen war und Ben war in den Fängen dieser Schlächter.

    Er würde noch einmal mit den Kollegen vom LKA Hamburg sprechen, vielleicht gab es einen Zusammenhang zwischen der zerschlagenen Organisation des Grafen Guillard und diesen neu aufkeimende Geschäften, wovon die LKA Beamten gesprochen hatten.

    Die Kollegen vom LKA ließen Semir alle gesammelten Beweise und Erkenntnisse umgehend zukommen. Diese hatten aus einer absolut sicheren Quelle erfahren, dass es in circa einer Woche, einen großen Coup geben wird, mit eben dieser neu aufgebauten Organisation und einem skrupellosen Waffenschieberring. Schon am nächsten Tag hatte Semir über seinen Informanten etwas über diesen Supercoup in Erfahrung gebracht, nichts ahnend was er dadurch in Bewegung gesetzt hatte.

    Wütend drückte Jessica den Knopf an ihrem Handy und versuchte sich erst mal zu beruhigen. Dieser kleine Scheissbulle war ihnen tatsächlich auf die Spur gekommen, ihr gekaufter LKA Mann hatte sie soeben informiert. Sie durfte so kurz vor dem Geschäft ihres Lebens, nichts mehr riskieren und musste nun schnell handeln. Wenn der Deal platzten würde, war die Organisation endgültig am Ende und sie würden in diesem Geschäftszweig, kein Bein mehr auf den Boden bekommen. Dann wäre ihr Ruf auf ewig ruiniert.

    Aber soweit konnte sie es nicht kommen lassen und gleich morgen würde sie diesem kleinen Türken zeigen, dass wenn er sich aus ihren Geschäften nicht raushielte, sein Partner nur noch Vergangenheit sein würde.

    Es war Zeit für eine kleine Inszenierung, in dem Ben Jäger die Hauptrolle spielen würde. Morgen durfte auch sie mit diesem miesen Verräter etwas Spaß haben und gleichzeitig würden sie zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. In ihren Phantasien malte sie sich aus, welche Grausamkeiten sie diesem zuteil werden ließe. Ben Jäger würde bald um sein erbärmliches Leben betteln. Angeheizt von diesen wie sie fand, etwas perversen Gedanken, ging sie mit Josef ins Bett und ihre leidenschaftlich Liebe wurde angeheizt, von der Vorfreude auf Morgen.

    Die weiche Matratze und die wärmenden Decken, hatten Ben in der vergangenen Nacht etwas Erholung gebracht. Als er begann sich zu strecken, blickte er direkt in diese wunderschönen blauen Augen, dieser so faszinierenden Frau. Ein sanftes Lächeln zeichnete sich auf seinen Lippen ab und er schwor sich abermals, alles zu tun, um dieses reizende Geschöpf vor allem Unheil zu beschützen.

    Leider musste er dies auch schon gleich in die Tat umsetzten, denn mit Getöse wurde die schwere Kellertür geöffnet. Allen voran kam Sascha in den Raum und steuerte mit schnellen Schritten auf das Paar zu. Da er heute Nacht wieder etwas Kraft geschöpft hatte, schob er gekonnte seine Sammy hinter sich und baute sich vor Sascha auf.

    „Wag es nicht sie anzufassen!“ Kam es drohend von dem jungen Polizisten. Doch Ben hatte keine Chance gegen Saschas brutalen Faustschlag in sein Gesicht und ging sogleich hart zu Boden, um sogleich von diesem Josef, wieder in die Höhe gezogen zu werden. Dieser drehte ihm den Arm auf den Rücken und rammte ihm das Knie in den Magen. Stöhnend krümmte sich Ben zusammen und wurde abermals an den Haare, in eine aufrechte Position gebracht. Ben musste husten und versuchte verzweifelt Luft in seine Lunge zu pumpen. Er hatte seine gesammelten Kräfte schon wieder komplett aufgebraucht, schlaff hing er in den Armen von seinem widerlichen Peiniger. Ein ungewolltes Stöhnen entwich seinem Mund, was Josef ein breites Grinsen entlockte. Mittlerweile war der Schmerz in der Rippengegend fast unerträglich. Er war jedoch nicht bereit sich kampflos zu ergeben, er musste seine Sammy beschützen, auch wenn es ihm noch mehr Qualen einbrachte.

    Mit einem fiesen Lachen, beugte sich Sascha zu seiner Ex-Freundin hinab und zog sie zu sich hoch, um sie gewaltsam zu küssen. Angewidert drehte sich Sammy von diesem weg und beschimpfte ihn mit Worten, die man hinter ihr gar nicht vermutet hätte. Ben entwich ein leises Lachen, welches Josef sofort mit einem heftigen Schlag auf seine Bauchwunde quittierte.

    „Du notgeiles dreckiges Stück Scheiße......“ fing Ben an zu brüllen, „fass sie noch einmal an und ich werde dich töten.....!“Für einen kurzen Augenblick war Josef so abgelenkt, dass es Ben gelang sich aus dessen Griff zu befreien, um dann mit erhobenen Fäusten auf Sascha loszugehen. Auch Sascha war so perplex, dass er gar nicht reagieren konnte. Mit nur einem Schlag brachte Ben, Sammys Ex zu Fall und schlug dann wie von Sinnen, auf diesen ein. Als Josef sich endlich wieder gefangen hatte, zog er den wütenden und wild um sich schlagenden Ben, von Sascha runter und setzte ihn mit einem brutalen Schlag in die Magengegend außer Gefecht. Zusammengekrümmt lag der ohnehin schon angeschlagene junge Mann, auf dem Boden und japste verzweifelt nach Luft. Sammy wollte ihrem geliebten Ben zu Hilfe eilen, wurde jedoch jäh von Sascha gebremst.

    „Jetzt reicht es mir aber...,“ brüllte der wütende Sascha, zog ein Messer aus der Tasche und hob es Sam an die Kehle. Auch Ben wurde von Josef wieder brutal zum Stehen gebracht und jetzt wurden seine Hände stramm mit einem Kabelbinder fixiert. Seinem Peiniger, machte es besonders viel Freude, die Fesselung so fest zuzuziehen, dass sogleich ein Rinnsal an Blut von seinen Handgelenken tropfte. Aus Bens Mund war jedoch wieder nur ein leises Stöhnen zu hören. Er wollte diesen Schlächtern keine Schwäche zeigen und ihnen auf keinen Fall die Genugtuung geben, dass er um Gnade bitten würde.

    Auf seiner Stirn hatten sich mittlerweile dicke Schweißperlen gebildet und er kämpfte bereits damit, im hier und jetzt zu bleiben.

    „So mein Freund, jetzt schau mal ganz genau hin was passiert! Deine kleine Freundin wird mich nämlich jetzt küssen und zwar mit der gleichen Leidenschaft, wie sie es früher auch getan hatte und du wirst uns schön dabei zuschauen.“ Ben hatte seinen Kopf abgewandt, da es ihm beim Anblick seiner leidenden Sammy fast das Herz zerriss. In ihren Augen spiegelte sich eine panische Angst, dennoch wußte er, dass sie ihn nicht gefährden würde. Doch die zierliche junge Frau, war auch nicht bereit kampflos aufzugeben. Wie eine Wildkatze wandte sie sich in dessen Armen.

    „So nicht ...meine Liebe.“ Sascha gab nun Josef ein kurzes Zeichen, so dass dieser, mit dem Knauf der Pistole, Ben mehrmals heftig auf seine Kniescheibe schlug. Der Schmerz welcher förmlich in ihm explodierte, ließen sein Bewusstsein langsam schwinden.

    „Schon gut, schon gut..... ich mach’s aber bitte tut ihm nicht noch mehr weh, lasst ihn in Ruhe, bitte...oh mein Gott ihr bringt ihn noch um, “ weinte Sammy verzweifelt. Josef zog Bens Kopf an den Haaren so hoch, dass er Sascha und Sammy sehen konnte. Sascha löste das Messer von ihrem Hals, zog sie zu sich heran und küsste sie nun leidenschaftlich, ohne dass diese sich ihrem Ex noch verweigerte.

    „Komm schon meine kleine Raubkatze... das kannst du doch viel besser!“ Ben sah wie seiner Freundin die Tränen aus den Augen schossen und sie schluchzend in die Knie ging. Er war so hilflos und musste mitansehen wie dieser Schnösel sie quälte und sie spielte mit. Sie tat es für ihn! Wie konnte jemand so grausam sein und Ben wusste dass dies erst der Anfang war. Diese Leute waren zu allem fähig, aber er musste stark bleiben für seine große Liebe, für Semir, für seine Familie und für seine Freunde. Dann wurde es langsam schwarz um ihn und er durfte endlich in die erlösende Bewusstlosigkeit driften.


    Nach einer gefühlten Ewigkeit ging endlich die Tür ihres Gefängnisses auf und die zwei Schlägertypen zerrten den bewusstlosen Ben zur Mitte des Raumes und ließen ihn achtlos fallen. Nachdem die Türe wieder verschlossen war, stürmte Sammy zu ihrem geliebten Ben.

    „Oh mein Gott Ben, was haben sie mit dir gemacht“, schluchzte sie den Tränen nahe. Sie musste jetzt die Ruhe bewahren und versuchte Ben durch sanftes Tätscheln auf die Wangen, wach zu bekommen. Mit zittrigen Händen untersuchte sie seine blutigen Wunden und zögerte nicht diese mit dem verbliebenen Wasser, sanft zu reinigen. In diesem Moment war sie fast dankbar, dass Ben noch nicht wieder bei Bewusstsein war, so musste sie ihm wenigstens nicht noch weitere Schmerzen zufügen.

    Langsam kehrte Ben in die schmerzhafte Realität zurück und er wünschte sich sofort wieder in die erlösende Bewusstlosigkeit zurück. Ein unbändiges Feuer tobte in seinem Körper und er hatte das Gefühl, dass er gleich verglühen würde. Die ihm von Sascha zugefügten Striemen, brannten wie die Hölle und er stöhnte leise auf als er sich versuchte aufzusetzen. Sammy half ihm sich an die Wand zu setzten und erst jetzt sah sie, wie schlecht die Verfassung des Verletzten war.

    „Mir ist so schlecht.......“, brachte er gerade noch hervor und schon erbrach er sich auf den Boden. Nachdem aus dem Gepeinigten nur noch Galle kam, wechselten sie die Seite, um ein wenig Abstand zwischen sich und dem üblen Geruch zu bringen. Ben liefen von der Würgerei die Tränen über die Wangen und die Kontraktionen des Magens machten den Schmerz in der Rippengegend unerträglich.

    „Es tut mir so leid.....bitte ich wollte das nicht....“, fing er an sich zu entschuldigen, für Sammy war es schrecklich ihn so zu sehen. Ihr Herz blutete und sie nahm ihn zärtlich in die Arme und redete sanft auf ihn ein. Nach und nach hatte sich ihre große Liebe wieder etwas beruhigt und als sie behutsam seinen Kopf auf ihren Schoß bettete, fiel er in einen unruhigen Schlaf. Was konnte sie nur tun, damit diese Verbrecher ihn in Ruhe ließen? Sammy schwor sich, alles in ihrer Macht stehende zu tun, um Ben vor den Grausamkeiten ihres Ex Freundes zu beschützen.

    Nachdem Jessica den Deal mit einem millionenschweren Waffenhändler in die Wege geleitet hatte, war sie guter Dinge, dass sie ihren Joker nicht ziehen musste. Die Polizei tappte, was dies anging noch völlig im Dunkeln, wie sie aus sicherer Quelle erfahren konnte. Jedoch begann dieser Kollegen von ihrem Gefangenen rumzuschnüffeln und sie wusste, dass Semir Gerkhan nicht aufhören würde zu suchen, bis er Ben Jäger gefunden hatte.

    In einer Woche konnte noch viel passieren und sie musste aufpassen, dass ihr Verlobter und ihr Bruder es mit ihrer Geisel nicht übertrieben. Vielleicht bräuchten sie ihn noch als Druckmittel gegen die Polizei. Sie hatte sich die Videoaufnahmen mit Genugtuung angeschaut und war sogar etwas enttäuscht, dass sie nicht live dabei sein konnte. Jetzt war es langsam an der Zeit ihrem Gast persönlich „hallo“ zu sagen, um ihm klar zu machen, dass sein Leben keinen Cent mehr wert war. Sie scheute jedoch das Zusammentreffen mit ihrer Beinah- Schwägerin und beschloss die erste Begegnung in Josefs Kammer stattfinden zu lassen.

    Für heute hatte Ben Jäger jedoch genug gelitten und sie gönnte ihm erst einmal eine Verschnaufpause. Somit beauftragte sie ihre Handlanger, die Sauerei im Keller zu reinigen und den Gefangenen, Wasser und etwas zum Essen zu bringen. Zudem gewährte sie ihnen ein paar Decken und eine alte ausrangierte Matratze.

    Erschrocken zuckte Sammy zusammen als die Türe mit einem lauten Knarren geöffnet wurde. Sie war zu allem bereit und wollte Ben mit ihrem Leben schützen. Die Muskelprotze beachteten sie jedoch gar nicht, sie wischten ohne ein Wort zu sagen das Erbrochene von Ben weg, warfen eine alte Matratze und ein paar Decken auf den Boden und stellten einen Korb mit Wasser und Brot hin. Dann waren sie wieder verschwunden. Erleichtert atmete die zierliche Krankenschwester aus, legte die Matratze in eine Ecke des Kellers und breitete eine halbwegs saubere Decke über der modrigen Matratze aus. Vorsichtig weckte sie Ben, indem sie ihm sanft über das geschundene Gesicht streichelte.

    „Ben, komm schon, du musst von dem kalten Boden weg!“ Dieser sah sie völlig verwirrt und desorientiert an. Besorgt fasste sie ihm an die Stirn, wobei sich ihre Befürchtungen bestätigten. Diverse Verletzungen hatten sich entzündet und er hatte Fieber. Mit vereinten Kräften schaffte es Ben auf die Beine und wankte gestützt von seiner Sammy zu der Matratze. „Das ist ja wie im Paradies, …im Vergleich zu dem harten Boden. Die wollen uns …wahrscheinlich bei Laune halten, damit sie auch .......Morgen noch was von uns haben.......“, vermutete Ben mit schmerzverzerrtem Gesicht. Die paar Meter hatten ihn all seine Kraft gekostet, so brauchte er nicht im Entferntesten an eine Flucht denken. Sie teilten das Brot und tranken sparsam von dem Wasser. Bei Ben zog sich sofort wieder der Magen zusammen und er musste sich konzentrieren, dass er sich nicht gleich wieder übergab.

    Sie durften jetzt die Hoffnung nicht aufgeben, Ben wusste, dass Semir bestimmt schon alle Hebel in Bewegung gesetzt hatte um ihn zu finden. Mit diesen Gedanken kuschelte er sich an seine Freundin und fiel völlig geschafft von den Schmerzen und dem Fieber, in einen unruhigen Schlaf.

    Hallo Susan,

    vielen Dank für dein Feedback zu meiner Geschichte, hat mich sehr gefreut, dass ich eine erste Rückmeldung bekommen habe.

    Dachte schon meine Geschichte gefällt nicht, da sich niemand dazu geäußert hat.

    Umso mehr freue ich mich, dass dir die Story gefällt.

    Du hast auf jeden Fall meinen größten Respekt, für das was du Tag täglich tust und leistest. In den heutigen Zeiten im medizinischen Bereich zu arbeiten ist Schwerstarbeit und dann auch noch auf einer Intensivstation. Da ist es nur verständlich, dass andere Dinge Zweitrangig oder Belanglos werden. Hoffentlich entspannt sich die Situation demnächst und auch du kannst wieder aufatmen.

    Dir noch einen schönen Abend und ich freu mich wenn ich irgendwann wieder von dir höre (lese)

    Liebe Grüße

    Saschas

    Hey, ihr da draußen. Würde mich sehr über ein Feedback von euch freuen ?

    *********************


    Semir versuchte, zusammen mit seinen Kollegen der PAST, einen Anhaltspunkt über den Aufenthaltsort von Ben und der verschwundenen Krankenschwester zu finden. Entweder hatte diese Samantha Held etwas mit der Entführung von seinem Freund zu tun oder sie war da zufälligerweise mit reingerutscht. Hartmut hatte rein gar nichts gefunden. Der Täter musste Handschuhe getragen haben, denn es gab keinerlei verwertbaren Fingerabdrücke. Die Entführung wurde äußerst professionell durchgeführt, selbst die Videokameras im Hof der Rettungswägen und in der Notaufnahme, wurden manipuliert.

    Da Semir keinen besseren Plan hatte, bat er Susanne, alles über Samantha Held in Erfahrung zu bringen. Schnell hatte er alle Adressen von ihrer Familie auf seinem Platz liegen und er beschloss, mit den Eltern anzufangen.

    Als er an dem kleinen Häuschen der Familie Held ankam, öffnete ihm eine gepflegte gut aussehende Dame, er schätzte sie auf Anfang Fünfzig.

    „Gerkhan, Kripo Autobahn, sind sie Frau Held die Mutter von Samantha Held?“ Sie bejahten die Frage und bat den Polizisten freundlich ins Haus herein.

    „Was ist den passiert, ist etwas mit Sammy?“ Fragte sie etwas irritiert.

    „Frau Held, ihre Tochter wird seit heute Nacht vermisst und wir versuchen herauszufinden, was passiert ist.“

    Entsetzt setzte sich Frau Held und versuchte die Fassung zu bewahren. Semir erklärte ihr, was letzte Nacht passiert war und dass die Kriminalpolizei auf ihre Mitarbeit angewiesen war, um deren Tochter und Ben Jäger zu finden.

    Als Semir, den Namen Ben Jäger erwähnte wurde Frau Held hellhörig. Ihre Tochter hatte sich vor ein paar Monaten, im Krankenhaus, in einen Ben Jäger verliebt. Jedoch wies dieser sie ab, weil er an einem Einsatz zu knabbern hatte und Sammy damit nicht belasten wollte.

    „Sammy war damals am Boden zerstört und löste trotz der Trennung von Ben Jäger ihre Verlobung mit Sascha“. In Semir keimte ein Funke Hoffnung auf.

    „Wie ist denn der Name dieses Ex-Verlobten, Frau Held?“

    „Sascha und Sammy waren schon 5 Jahre ein Paar, sie wollten dieses Jahr heiraten. Sascha ging bei uns ein und aus, er war wie ein Sohn für uns. Sein Vater war der Unternehmer Graf Guillard, er wurde bei einem Polizeieinsatz erschossen, da er wohl nicht nur Geschäfte mit Immobilien gemacht hatte.“ In ihrer Stimme schwang eine ordentliche Portion Enttäuschung mit und Semir konnte heraushören, dass sie nicht begeistert war von der Entscheidung ihrer Tochter.

    Diesen Graf Guillard kannte er nur zu gut, wegen diesem musste Ben bei dem Undercover-Einsatz fast sein Leben lassen. Semir bedankte sich bei Frau Held und versprach ihr, dass er nichts unversucht lassen würde, um ihre Tochter zu finden.

    Wieder in der PAST berichtete Semir seiner Chefin was er über Samantha Held herausgefunden hatte und wo sie nun weitermachen sollten. Da es schon spät war, wurde Semir von Kim Krüger nach Hause geschickt. Unter Protest verließ er dann aber doch die PAST und fuhr zu seiner Familie nach Hause.

    Für Ben war der Tag jedoch lange noch nicht zu Ende. Völlig erschöpft und unter starken Schmerzen, hatte er endlich etwas Schlaf gefunden, als er schon wieder hochschreckte, weil die schwere Kellertür lautstark geöffnet wurde. Zwei bullige Typen und ein gruseliger Zeitgenosse, welchen er als rechte Hand von Graf Guillard wieder erkannte, betraten ihr kaltes Gefängnis. Mit schnellen Schritten waren die zwei Schläger bei Ben und Sammy und zogen den Verletzten an den Haaren auf die Beine. Der junge Mann unterdrückte einen Schmerzenslaut und begann sich im Griff der Zwei zu winden.

    „Was wollt ihr Vollidioten von uns, ........lasst mich sofort los .......ihr feigen Schweine....zu zweit seid ihr stark.“ Brüllte er die Kolosse an und begann sich zu wehren. Dabei trat er unkontrolliert nach allen Richtungen aus, in der Hoffnung einen Treffer zu landen. Doch ein spitzen Schrei beendeten seine Verteidigungsversuche abrupt. Mit Entsetzen blickte Ben auf den dritten Mann, welcher seiner Sammy ein Messer an den Hals hielt. Sofort ließ Bens Gegenwehr nach und er ließ sich freiwillig, von den zwei Handlangern, aus dem Keller führen. Der Eine drehte ihm seinen Arm auf den Rücken und Ben konnte ein leises Stöhnen nicht unterdrücken. Rüde wurde er in einen merkwürdigen Raum gezogen, welcher seinen Atem stocken ließ. Von der Decke hingen dicke Eisenketten herab, an denen ihn, der größere der zwei Handlanger, festmachte. Danach zogen sie ihn soweit hoch, dass er gerade noch mit den Fußspitzen den Boden berühren konnte. Seine Schultergelenke begannen sich augenblicklich schmerzhaft zu rächen und die Fesselung um seine Handgelenke schnitten sich unbarmherzig in seine Haut.

    Es dauerte nicht lange und Josef Van der Gochen tauchte in dem Raum auf.

    Ja so hieß dieser Kerl.

    Ben konnte sich noch gut an diesen Schlächter erinnern. Van der Gochen war die rechte Hand des ehrenwerten Graf Guillard. Er hatte oft genug mitbekommen, wie dieser, völlig ohne Skrupel, die Drecksarbeit für den Grafen erledigte. Einmal hatte er sogar einen Mann zu Tode gefoltert, nur um an Informationen zu kommen, welche für einen Deal von Nöten waren. Danach hatte er lautstark damit geprahlt.

    Er mochte sich gar nicht vorstellen, was dieser mit ihm anstellen würde. Schließlich hatte er nicht nur dem Grafen geschadet, sondern auch ihm. Van der Gochen war ihnen damals entwischt, man munkelte, dass er sich in die Schweiz abgesetzt hatte, um von dort aus zu retten was noch zu retten war. Nach den Gerichtsverhandlungen wurde der Fall an die Kripo Schweiz abgegeben.

    „Man sieht sich immer zweimal im Leben!“ Dieser begrüßte Ben gleich mit einem fiesen Faustschlag in den Magen.

    „Bei dir hätte ich nur zu gerne....darauf...verzichtet“, versuchte Ben hustend zu kontern. Doch dies brachte ihm nur einen weiteren Schlag, auf seine ohnehin schon lädierten Rippen, ein. Gequält presste er seine Lippen fest aufeinander, er würde seinem Geiselnehmer nicht die Genugtuung geben und schreien, obwohl der Schmerz, welcher ihn gerade übermannte, unerträglich war.

    „Du warst schon damals ein harter Hund, aber wir werden dich schon weich klopfen. Du bist Schuld an allem, du hast alles kaputt gemacht und nun wirst du dafür bezahlen!“ Angewidert spuckte Josef ihm diese Drohung ins Gesicht. Dann trat ein hämisches Grinsen auf seine Lippen und dieser sprach das aus, was er schon befürchtet hatte.

    „Zudem hast du dir noch einen unberechenbaren Feind gemacht, indem du unserem lieben Sascha seine Verlobte ausgespannt hast.“

    „Bitte lasst Samantha gehen, sie hat nichts damit zu tun“, flehte er Van der Gochen an.

    In diesem Moment kam Sascha hinter der Türe hervor und blickte sein Opfer hasserfüllt an.

    „Nein, mein Guter! Sammy wird schön bei uns bleiben........sie wird zusehen müssen, wie ihr Geliebter, langsam und qualvoll sterben wird.“ Sascha trat nun ganz nah an Ben heran und zog eine kleine Gerte hinter seinem Rücken hervor.

    Als der erste Schlag auf Bens Oberkörper einschlug, versuchte er den Schmerz nicht laut hinauszuschreien. Immer und immer wieder und mit immer lauter werdendem Lachen, dass sich eher wie ein Grunzen anhörte, schlug der Guillard-Spross zu. Jeder weitere Schlag, ließ Bens Haut aufplatzten und Blut bildeten etliche Rinnsale, hinab zu Bens Hosenbund. Nach dem sechsten Schlag, konnte er einen Schmerzenslaut nicht mehr unterdrücken. Er wünschte sich nur noch, dass dieser Wahnsinnige aufhören würde.

    Erst als Ben kraftlos in den Ketten hing, ließ Sascha von ihm ab. Josef nahm Bens schlaff herabhängenden Kopf und schob sein Kinn hoch, so dass er ihm in seine eiskalten Augen sehen konnte.

    „Jetzt bist du nicht mehr so vorlaut, du Verräter und das war erst der Anfang! Du wirst mich noch anflehen, dich endlich zu erlösen. Das verspreche ich dir!“ Mit dessen drohenden Worten, kehrte wieder etwas Kampfgeist in Bens gequälten Körper zurück und so trat er seinem Peiniger kraftvoll zwischen die Beine. Der Tritt hatte gesessen und Josef ging jaulend in die Knie. Fast im selben Moment bereute Ben auch schon sein unüberlegtes Handeln.

    „Das wirst du mir büßen, du kleiner Bastard“, schrie dieser ihn an und begann sogleich, wutentbrannt auf den wehrlosen Ben einzuschlagen.

    Dieses Mal war es Sascha, der ihn zurück hielt und ihn von dem zwischenzeitlich ohnmächtigen Polizisten wegzerren musste.

    „Hey, nicht, du bringst ihn noch um, wir wollen doch noch ein Weilchen unseren Spaß mit ihm haben“, sprach Sascha beruhigend auf ihn ein. Mit einem Handzeichen signalisierte er seinen Handlangern, dass sie Ben zurückbringen sollten. Der Eine löste Bens Handfesseln so, dass Ben ungebremst auf dem Boden aufschlug, doch von all dem bekam dieser nichts mehr mit. Brutal wurde der Polizist an den Armen gepackt und zurück in sein Verließ gebracht.