Als Semir und Tom wieder im Versteck ankamen, zeigte ihnen Norbert ihren Schlafplatz. Erst jetzt bemerkten die zwei, dass es noch einen weiteren Raum gab. Norbert führte sie in ein kleines Zimmer, in dem sich mehrere alte Matratzen und Decken am Boden befanden. „Hier werdet ihr heute schlafen! Wir lassen euch nicht auf der Straße sitzen.“ er lächelte und deutete auf zwei Matratzen. „Danke.“ antwortete Tom. Dann versuchten sie Norbert einzureden, dass sie dringend noch einmal weg müssten um etwas Wichtiges für den morgigen Mord an der Polizistin zu besorgen. Gespannt warteten sie auf Norberts Reaktion, doch er lächelte ihnen nur entgegen und nickte. „Wie ihr wollt. Wenn ihr meint ihr braucht noch etwas, dann geht. Ihr müsst es ja schließlich vorbereiten und planen.“ „Es dauert auch nicht lange.“ fügte Semir hinzu, als er merkte, dass es Norbert anscheinend ganz und gar nicht passte, dass sie schon wieder verschwanden.
Schließlich verließen die Beiden den Raum wieder und fuhren mit dem alten VW zurück zur PAST. „Läuft ja besser als ich dachte.“ murmelte Tom, der diesmal am Steuer saß, laut vor sich hin. „Was ist daran gut, wenn wir die Chefin umbringen sollen?“ fragte Semir etwas irritiert. „Naja, das nicht…aber ich meinte, dass wir gleich aufgenommen wurden oder halt kurz davor sind aufgenommen zu werden. Norbert hätte uns ja auch wieder wegschicken können.“ „Ich weiß nicht so recht Tom. Mir ist nicht so ganz wohl bei der Sache. Norbert schien mir fast etwas zu nett zu sein. Aber ich glaube, er spielt uns was vor. Wir sollten lieber nicht zu oft verschwinden.“ meinte Semir nachdenklich. Nervös drehte er sich um uns sah aus dem Fenster. „Bist du dir sicher, dass uns niemand folgt?“ fragte er erneut. „Nein, das hätte ich bemerkt. Ganz sicher nicht. Ich habe auch ein mulmiges Gefühl aber was bleibt uns denn anderes übrig? Wir müssen einfach aufpassen, dann wird schon nichts passieren.“ beruhigte Tom ihn.
Er bremste das Auto vor der PAST ab und parkte direkt neben dem Eingang. Während die Beiden das Gebäude betraten, sah sich Semir noch einmal unsicher um. „Mensch, Semir, mach mich nicht nervös. Es ist uns niemand gefolgt, glaub mir doch!“ wiederholte Tom seine Worte. „Ein bisschen Vorsicht schadet ja nicht.“ gab Semir leise murmelnd zurück.
Anna kam Semir und Tom bereits entgegen. Neben Petra, die damit beschäftigt war, unzählige Akten von älteren Fällen auszugraben und durchzublättern, war sie die einzige, die so spät noch in der PAST war. „Kommen Sie gleich in mein Büro, ich habe schon ein bisschen vorgearbeitet.“ Kurz darauf saßen sie Anna gegenüber. „Das ist ja ganz schön heftig, was sie da vorhaben. An diesen Gedanken muss ich mich erst noch gewöhnen.“ begann Anna und lächelte leicht. „Tut, mir Leid Chefin, aber wir können ja nichts dafür. “ „Schon gut Tom, es wird schon funktionieren.“ „Hat Petra denn schon etwas herausfinden können?“ wollte Semir wissen. „Bis jetzt noch nicht, aber sie ist dran und arbeitet auch sehr fleißig. Ich habe ja versucht sie nach Hause zu schicken, aber ich bin mir sicher, dass sie nicht eher gehen wird, bevor sie nicht etwas gefunden hat.“ lachte Anna, dann fuhr sie ernster fort. „Ich habe früher viele Menschen verhaftet und Pläne durchkreuzt, das kann also so gut wie jeder sein.“ sagte sie leise. Eine kurze Pause entstand. „Und wenn das morgen gut geht, dann sind sie tatsächlich Mitglied dieser Überfallbande?“ „Das hat Norbert Kuhn zumindest gesagt.“ antwortete Tom. „Nagut, dann wollen wir ihnen morgen auch was Ordentliches bieten!“
Anna stand auf, holte zwei kleinkalibrige Waffen aus einem Kästchen und reichte sie Tom und Semir. „Sie enthalten Platzpatronen.“ erklärte sie, als sie Toms und Semirs verwunderte Blicke bemerkte. „Sie werden mit diesen Pistolen auf mich schießen.“ Die Beiden nickten und nahmen die Pistolen entgegen. Anna setzte sich wieder und fuhr fort: „Also ich hab mir das folgendermaßen vorgestellt: Sie fahren mit Norbert zum „Strebersdorfer-Park“. Dort angekommen stellen Sie mir bei der Parkbank unter dem großen Haselnussstrauch eine Falle. Sie rufen mich, mit dem Vorwand eine Leiche gefunden zu haben, an. Da Herr Kuhn sicherlich darauf besteht, dass ich alleine kommen soll, werden Sie bei dem fingierten Anruf auch darauf bestehen, dass außer mir niemand kommt, weil Sie sich nicht sicher sind, ob es sich wirklich um eine Leiche handelt. Ich werde allerdings selbstverständlich Bonrath und Herzberger mitnehmen. Danach nehmen Sie einen Schlafsack und ein paar Decken, legen es auf die Parkbank und richten das Ganze so her, sodass es aussieht als würde eine Person darin liegen.“ Anna nahm einen alten Schlafsack und ein paar Decken aus einem Kasten und übergab die Sachen Semir. „Wow, Chefin ich bin sprachlos. Wo haben Sie denn das ganze Zeug her?“ fragte er neugierig. Anna lächelte leicht. „Nunja, wie ich schon sagte, ich habe bereits vorgearbeitet und unterstütze Sie soweit ich kann.“ „Danke Chefin!“ „Kein Problem, also schließlich brauchen Sie nur mehr zu warten bis ich beim Park bin. Am besten Sie verstecken sich hinter dem Gebüsch auf dem kleinen Hügel hinter der Parkbank. So haben Sie eine gute Sicht nach unten auf die „Leiche“ und werden mich auch sofort kommen sehen. Herr Kuhn ist damit sicher zufrieden. Der Park ist am Vormittag außerdem fast menschenleer, es wird also kein Problem sein Ihren Plan durchzuführen. Sobald ich mit Bonrath und Herzberger dort auftauche und mich über die vermeintliche Leiche bücke, schießen Sie und ich breche zusammen. Ich trage natürlich sicherheitshalber eine Schutzweste. Gleichzeitig bringe ich den Beutel mit roter Lebensmittelfarbe, den ich unbemerkt in Herzhöhe befestigt habe, zum Platzen. Et voila, es sieht so aus, als wäre ich tödlich verwundet worden. Bonrath und Herzberger werden ein bisschen schauspielern und kurz darauf kündigen sich die uniformierten Kollegen bereits mit Martinshorn an, das heißt ihr müsst fliehen, bevor sich Herr Kuhn von meinem Tod überzeugen kann. Meine Herren, was halten Sie davon?“
Tom und Semir hatten die ganze Zeit gespannt zugehört, sahen sich jetzt kurz an. Ihr Mund stand vor Begeisterung offen. „Chefin, das ist großartig!“ meinte Tom. „Ja, besser kann man es gar nicht planen! Das klappt bestimmt! Chefin, Sie sind die Beste!“ lobte auch Semir. Anna lächelte. „Das höre ich gern. Heißt das Sie sind damit einverstanden?“ „Na klar!“ kam es fast zeitgleich von den Beiden zurück. „Gut, dann machen wir das so! Nun schauen sie aber, dass Sie wieder zu Herrn Kuhn kommen bevor dieser noch Verdacht schöpft, warum Sie denn solange weg sind.“ gab sie zu bedenken.
Eine halbe Stunde später klopften die Beiden an der Tür im U-Bahn-Tunnel, woraufhin Norbert ihnen öffnete. Außer Norbert war anscheinend niemand mehr wach. Sie gingen zu ihren Matratzen und legten sich schlafen, auch wenn beiden klar war, dass sie aufgrund der Nervosität und Anspannung wahrscheinlich kein Auge zumachen könnten.