"Blutgeld" ist anders als man es sich vielleicht erwartet hätte. Denn wie auch schon in "Vendetta" ist die Komik auch in "Blutgeld" erneut in einigen Situationen vorhanden, die es so in der letzten Staffel noch nicht gegeben hätte. Dies ist im Zusammenhang mit dem Showdown der Sander Story ein wenig irritierend, gab es diesen Handlungsstrang schließlich bisher immerhin gänzlich ohne Komik drumherum. Die gebotenen lustigen Momente sind aber nichtsdestotrotz aller erste Sahne und entsprechen dem, was ich mir auch für 2016 wünsche, auch wenn sich wohl erst einmal wieder dran gewöhnt werden muss.
Irritierend ist auch der Beginn der Folge. Zurecht fragt man sich ob man da was verpasst hat? Schade, dass der Tod von Isabel so schnell abgehandelt wird und bereits gänzlich zurückliegt und lediglich in Rückblenden vergegenwärtigt wird.
Im Grunde genommen ist die Handlung in der ersten Hälfte der Folge relativ nebensächlich, denn es ist von Beginn an klar, dass die Folge auf die Konfrontation Sander - Krüger hinauslaufen wird. Der Handlungsstrang um den von Tim Wilde gespielten Arzt ist schon fast nebensächlich und im Fokus stehen in der ersten Hälfte der Folge in erster Linie die lockereren "Buddy-Szenen": Der amüsante Einbruch bei Staatsanwalt Sander und der entspannte Abend mit Nela in Alex´ Container. Durchaus sympathische und sehr unterhaltsame Szenen, dennoch will diese lockere Erzählung noch nicht so recht zu dem passen, was man im Frühjahr um Staatsanwalt Sander aufgebaut hat.
Mit der dramatischen Szene in der Wohnung von Kim Krüger ändert sich dies aber schlagartig. Es ist eine unglaublich fesselnde und berührende Atmosphäre, dies insbesondere durch eine der wohl tiefgründigsten Fieslinge der "Cobra 11"-Historie, der einfach sensationell von Mathias Herrmann verkörpert wird.
Das anschließende Finale ist ebenso packend und glänzt einmal mehr durch hervorragende Digicopter Aufnahmen. Ein wenig unrealistisch ist die Tatsache, dass der eine beurlaubte Kommissar die Streifenbeamten beauftragt nicht den anderen beurlaubten Kommissar festzunehmen, sondern den Staatsanwalt, und die Streifenbeamte dies dann auch prompt tun, ohne dass Krüger auch nur ein Wort bezeugen konnte, was Sander getan hat.
"Lockdown" knüpft zwar eigentlich unmittelbar an die Ereignisse aus "Blutgeld" an, steht aber dennoch insbesondere durch die lockere Schlussszene in "Blutgeld" (typisches Happy-End Outro, leider etwas erzwungen) unabhängig als Eigenstück da.
Spannender und actionreicher als "Blutgeld" ist diese Folge definitiv, ob sie auch besser ist, weiß ich nicht so recht. Gehörig stören tut nämlich insbesondere der Beginn des Gefangenenaufstands, der leider für jeden Laien sichtbar komplett abseits der Realität mal eben so begonnen werden konnte. Zwei wehrlose Wächter bewachen scheinbar komplett alleine einen gesamten Block und lassen sich mal eben so von den Gefangenen ausschalten. Keine Verstärkung, nichts. Und zu allem Überfluss schafft es auch noch unfreiwillig eine Zivilistin ins Innere des Gefängnisses. Das ist einfach hahnebüchen und too much an Unglaubwürdigkeit. Und ich verstehe auch nicht so recht, warum Regisseur Alexander Dierbach dies so gleichgültig gewesen zu sein scheint.
Alles was folgt ist hingegen spannendes Actionkino mit zusätzlichem Nervenkitzel, immerhin ist Erzfeind Sander mittendrin statt nur dabei und dies auch noch auf Seiten der Helden.
Bei seinem Abgang kommt es wie es kommen musste und doch ist es an dieser Stelle schade, dass alles so schnell vonstattengeht. Vor allem hätte hier auch Krüger noch mit eingebaut werden können, die gezwungen gewesen wäre ihren Ex-Freund zu erschießen. Stattdessen erledigt die Episodenrolle dies, und auch hier gibt es erneut ein eher fröhlicheres Ende.
"Blutgeld" und "Lockdown" erzählen den in den sensationellen Folgen der letzten Staffel aufgebauten Handlungsstrang in einem packenden Finale auf sehr gelungene Art und Weise zu Ende. Dennoch wird an einigen Stellen immer wieder deutlich - zumindest was meine Wahrnehmung angeht- mit angezogener Handbremse "dann lieber doch nicht zu schwer, dramatisch und traurig" vorzugehen. Im Stil der letzten Staffel hätten beide Folgen sicherlich einen anderen Look gehabt und manches wäre garantiert auch anders gelöst worden, dennoch sind beide Folgen sehr sehenswert und an die neue Richtung muss sich wohl einfach wohl oder über langsam aber sicher gewöhnt werden.