Es dauerte zwei Stunden, bis Ben und Alex ein Klopfen hörten und sofort zur Türe stürmten. Ben sah durch den Türspion. "Paul und Johanna", sagte er und Alex drehte sofort den Schlüssel und liess die Beiden hinein.
Sie wirkten hektisch und sehr still. Es war Johanna, die zuerst das Wort ergriff. "Wir haben was gefunden!", sagte sie und zog aus ihrer Umhängetasche eine grosse Tüte hervor, die man mit einem Zipverschluss, zumachen konnte. Darin, waren verschiedene Abhörgeräte zu sehen, sowie eine Waffe.
"Wo habt ihr das gefunden?", fragte Alex erstaunt und nahm die Handschuhe entgegen, die Johanna den Beiden ausgeteilt hatte. "Lüftungsschacht. Joshi ist reingeklettert und hatte die Sachen gefunden. War ein Abluftschacht, von dem her, konnte man als Mensch gut reinkriechen!" Alex nickte auf Pauls Erklärung verstanden und nahm die Waffe hervor. Er roch an der Mündung.
"Da wurde deutlich vor kurzem ein Schuss abgegeben." Er reichte Ben die Waffe, welche Alex Aussage nur bestätigen konnte. "Könnte die Waffe sein, die Semir benutzt hat. Wahrscheinlich wollte man die Dinge so platzieren, um Semir anschliessend die Schuld zu geben. Wobei das Video schon gereicht hat. Man wollte anscheinend auf Nummer sicher gehen", murmelte Ben und Paul atmete tief durch. "Jedenfalls haben die Kollegen sonst gute Arbeit geleistet, sonst haben wir nichts mehr gefunden."
"Was heisst, dass ihr das Paar sehr überzeugend gespielt habt! Wenn ihr so gut dort reinkommen konntet!"
Nach einem kurzen Erröten, räusperte Paul sich, während Johanna dies gekonnt ignoriert hatte. "Nun ja, wir kamen bis zu dem Stock, anschliessend, haben wir uns reinschleichen können. Nichts grossartiges", brummelte er in seinen imaginären Bart hinein. "Ich schliesse die Abhörgeräte an den Laptop an, anschliessend versuche ich, Signale zurückzuverfolgen. Vielleicht finde ich was." Ohne auf eine Antwort abzuwarten, setzte sich Johanna auf den Sessel und begann ihre Arbeit.
Ben und Alex sahen fragend zu Paul, doch dessen Gesicht sprach Bände. "Ja...", murmelte er nur und liess die anderen Beiden zurück.
"Anscheinend ist da was passiert, aber man ignoriert es", flüsterte Ben zu Alex und dieser nickte. "Wie bei uns...nur nicht so! Ich meine die Sache von vorhin!", fügte Alex sofort an als Ben ihn mit hochgezogener Augenbraue ansah. "Die erste Priorität ist nun Semir!", sagte Alex leise.
Alle drehten sich zur Türe, als diese knirschte und knarzte. "Da macht sich jemand zu schaffen", zischte Paul und nahm wie die anderen Jungs, seine Waffe hervor. Alex näherte sich der Türe, wollte den Knauf greifen, als die Türe mit einer Wucht geöffnet wurde, und der Rand Alex traf. Sofort platzte eine Gegend seiner Stirn auf und blutend ging er zu Boden, wo er regungslos liegen blieb.
Paul und Ben, wichen leicht zurück und hielten die Waffe im Beidhändigen Anschlag, wobei sie in ihrer Position verharren blieben, als sie sahen, wer dort erschienen war. "Semir...", flüsterte Paul und erstarrte, als er sah, wie abwesend, Semirs Blick war. Die Waffe war einhändig ausgestreckt. Die Gestik roboterhaft.
"Nicht schiessen!", bat Paul Ben und auch dieser wirkte verunsichert. Johanna hingegen, stand langsam auf und legte ihren Laptop auf den Boden. Sie hob ihre Hände und ging langsam an den Männern vorbei.
"Semir...hör nicht auf die Stimme in deinem Ohr", begann sie langsam und sah, wie der vernebelte Verstand Semirs seine Spielchen mit ihm begann. Der Kopf wippte nervös hin und her und die Hand legte sich auf das Ohr, in dem der Knopf steckte. "Joshi...", zischte Paul und auch Ben, sah sie geschockt an.
"Semir...bitte...Andrea, Ayda, Lilli und Dana warten auf dich! Sie möchten ihren Papa und ihren Mann zurück!" Johannas Stimme war zart und melodisch. Die Angst, war nur in kleinen Vibrationen in ihrer Sprechart zu hören.
Semirs Kopf, wippte noch immer hin und her. Nur ein leichtes Stöhnen, verliess seine Lippen. Bis auf einmal sein abwesender Blick wieder gegenwärtig wurde. Noch bevor Paul und Ben reagieren konnten, schoss Semir und Johanna wurde von der Wucht nach hinten geschleudert. Ihr ganzer Körper, schlug auf den Salontisch, der in tausende Teile zerbrach, und unter ihr begraben wurde.
"NEIN!", stiess Paul aus und umgriff seine Waffe nun fester. "Semir hör auf mit der Scheisse! Das bist nicht du!" Semirs Blick richtete sich Ben. "Jäger, mitkommen! Sofort!", sagte er mit einer tonlosen Stimme und die Waffe richtete sich auf Paul, "Oder ich schiesse nochmals!" Ben sicherte seine Waffe und legte sie auf den Boden. Als er sich wieder aufrichtete, hob er die Arme. "Schon gut...alles ist gut...ich komme mit."
Paul blickte entsetzt auf Ben. "Es ist gut Paul...wirklich..." Bens Augen richteten sich kurz auf Johanna und dann wieder auf Semir. "Ich komme...alles ist gut!" Semir packte Ben am Arm und lief mit ihm auf den Ausgang zu, wo Alex noch immer lag. "Du folgst uns nicht!", drohte er Paul, schloss die Türe hinter sich zu und war verschwunden.
"Oh Gott...", flüsterte Paul, liess seine Waffe fallen und rannte zu Johanna, die mit weit aufgerissenen Augen auf dem Boden lag. Ihr weisses Shirt war um die ganze Bauchgegend, weinrot verfärbt. Ihr Brustkorb hob sich heftig und Tränen liefen ihr über die Wangen. Paul packte die Decke, die auf der Couch lag und drückte sie auf die Wunde. Johanna biss die Zähne zusammen und ein unterdrückter Schrei, pfiff durch die Kauleiste.
"Ach du Scheisse!", hörte Paul hinter sich und sah, wie Alex, torkelnd auf die Beiden zukam. "Alex, ruf bitte einen Krankenwagen! Bitte!" Pauls Gesicht war vor Angst verzerrt und Alex glaubte, Tränen, in den Augen zu sehen.
Ohne zu zögern, nahm er sein Handy hervor und verständigte den Notruf.
"Joshi...sieh mich an, bitte!" Tatsächlich, trafen sich die Blicke von Johanna und Paul. Sanft, legte Paul eine freie Hand auf Johannas Wange. "Halt durch okay? Bitte...du musst durchhalten...ich..." Pauls Mund verzog sich kurz und er holte tief Luft. "Ich liebe dich..." Trotz der unbändigen Schmerzen, öffnete Johanna ihren Mund und wollte etwas erwidern. Doch sie begann zu würgen und schaumiges Blut, glitt ihren Mundwinkel hinunter. Ihr Körper begann sich zu verkrampfen und die Pupillen verschwanden in den Augenhöhlen.
"NEIN....JOSHI...!"