Johanna lief die Treppen zum Parkplatz hinunter und nahm ihr Handy hervor. Sie schaltete die Taschenlampenfunktion ein und sah sich den Wagen genauer an. „Definitiv der von Semir“, murmelte sie und kniete auf den Boden und leuchtete unter den Wagen. Der Strahl zeigte direkt auf ein Papiertaschentuch, das sich inmitten des Schattens befand. „Na toll“, knirschte Johanna und kroch unter den Wagen. Ein stechender Schmerz ging durch ihre Schulter, doch sie versuchte ihn zu ignorieren. Sie schob den Ärmel vor und nahm das Tuch. Das Handy klemmte sie zwischen die Zähne und robbte wieder zurück. Sie roch kurz am Tuch und wich zurück. „Chloroform“, murmelte sie, stopfte das Tuch in die Bauchtasche ihrer Trainingsjacke und wählte dann einhändig eine Kurznummer.
„Krüger“, erklang es am anderen Ende.
„Chefin, hier ist Schimke. Hören Sie. Semirs Wagen steht noch immer hier am Krankenhaus. Ich habe unter dem Wagen ein Taschentuch gefunden, dass nach Chloroform riecht. Ich denke, es wäre gut, wenn Sie sich das Ansehen würden. Außerdem, sollten Sie das KTU benachrichtigen. Das ist für mich definitiv der Beweis, das Semir entführt wurde!“
An der anderen Leitung wurde es kurz still.
„Ich komme sofort. Und sie begeben sich sofort wieder in das Zimmer Schimke!“ Mit diesen Worten hängte Kim auf und Johanna seufzte. „Gut gemacht, Frau Schimke! Das bringt uns vielleicht näher! Haben Sie super gemacht“, knurrte sie, richtete sich auf und begab sich zurück ins Krankenhaus. Sie lief zum Eingang an den Empfang.
„Ja?“, frage die Schwester freundlich. „Schimke. KTU. Lassen Sie den silbernen 3er BMW ja nicht abschleppen! Er ist ein Beweisstück in einem Entführungsfall!“ Die Schwester zuckte zusammen. „Was?“, fragte sie entsetzt.
„Tun Sie bitte einfach was ich sage. Und das diskret bitte, ja? Meine Kollegen sind schon auf dem Weg! Wenn Sie mir nicht glauben, rufen Sie beim KTU Düsseldorf an. Sie werden bestätigen, dass ich bei Ihnen arbeite!“
Die Schwester nickte und Johanna lief zu Paul ins Zimmer zurück. Dieser war inzwischen wieder alleine im Zimmer und hob den Kopf, als sie die Tür hinter sich zuzog. Johanna zeigte das Papiertaschentuch.
„Chloroform“, erklärte sie und Paul atmete tief durch. „Irgendjemand hat Semir entführt“, schlussfolgerte er und Johanna nickte.
Kim näherte sich mit Jenny dem Parkplatz. Hartmut war bereits mit seinen Leuten vor Ort und untersuchte, unter den neugierigen Augen von Schaulustigen, den Tatort. Jenny hob die Absperrung, ließ Kim durch und folgte ihr dann.
„Chefin. Jenny“, begrüßte Hartmut die Beiden und atmete tief durch. „Bisher leider nichts. Johannas Tuch könnte die einzige Spur sein. Der Täter ist gründlich vorgegangen. Er wusste genau, was er tut!“
Kim seufzte. „Aber es zeigt, dass Semir entführt wurde. Er ist nicht davongelaufen“, ermutigte Jenny all und Kim atmete tief durch. „Ja, wir wissen das“, begann sie und nahm ihr Handy hervor. Sie öffnete den Internetbrowser und wählte die Startseite eines lokalen Nachrichtenblattes an. „Aber Hagen ist uns zuvorgekommen!“ Jenny nahm mit einem fragenden Blick das Handy entgegen und hielt es so, dass auch Hartmut lesen konnte.
„Politiker Rubeus Hagen empört. Bei einer Geiselnahme, wurde sein Sohn von dem Polizisten, Hauptkommissar G.* erschossen, um das Leben einer jungen Geisel zu retten. Hierzu sei erwähnt, dass Hagens Sohn Norbert, als einer der Geiselnehmer galt. Die weiteren Täter werden zurzeit befragt. Jedoch fehlt von erwähntem Hauptkommissar G.* jegliche Spur. Rubeus Hagen zeigt sich entsetzt und fordert die Polizei auf, endlich Stellung zu nehmen.“, las Hartmut vor und Jenny knurrte. „Was ein Arschloch“, zischte sie und gab Kim das Handy wieder zurück. „Wir müssen Semir finden, bevor dieser Hagen, seinen ganzen Ruf zerstört.“
„Wenn nicht sogar noch mehr“, murmelte Kim besorgt.