Beiträge von jenni


    „Gut gemacht Frau König, bleiben Sie auf dieser Spur! Sie könnte uns wirklich weiterhelfen!“ Susanne nickte und lief, so schnell es ihr Zustand zuließ, aus dem Büro.
    „Dorn, Sie ordnen von unseren Kollegen alles an und bestätigen die Zusammenarbeit. So kann sich Brun besser auf die Ermittlungsarbeit mit Gerkhan und Renner konzentrieren!“ Jenny nickte und hob den Daumen, als Beatrice ihr ein „Danke“ hinterherrief.
    Krüger, drückte die Türe hinter sich zu und schloss ab.
    „Alles in Ordnung, mit Ihnen?“, fragte sie an die Drei gerichtet. „War schon mal besser“, antwortete Paul ehrlich und auch Semir nickte ihm zustimmend.
    „Und bei Ihnen, Frau Brun?“
    „Ich werde eine Weile zumindest nicht mehr schlafen können, jedenfalls nicht ohne medizinische Hilfe...“, antwortete sie ehrlich und lehnte sich gegen das Fenster, das zum Parkplatz wies.
    „Ich habe Polizeischutz für Jägers Familie angeordnet. Niemand kommt an sie ran. Man wird uns mitteilen, wenn Jäger sich versucht, mit Ihnen in Kontakt zu setzten!“
    „Wir behandeln ihn, wie ein Schwerverbrecher“, murmelte Semir und Beatrice versuchte sachlich zu bleiben.
    „Auch wenn wir es nicht glauben können, so müssen wir die Möglichkeit aufrechterhalten Sonst sind wir den Fall schneller los, als wir „nein“ sagen können.“
    „Trix hat recht“, pflichtet Paul bei, „Semir, sie tut alles, damit wir den Fall behalten können.“, appellierte er an ihn und Semir nickte. „Ich weiß…“, murmelte er leise, „dieses Nichtstun macht mich schier rasend!“
    „Warten wir die Ergebnisse von Freund und des Gerichtsmediziner ab. Mehr können wir momentan nicht tun!“, murmelte Kim, öffnete das Büro und ging nach draußen.

    „Das kann noch Stunden dauern“, stöhnte Semir und blickte auf die Wanduhr, „18.30…wenn Hartmut Nachtschicht macht, haben wir morgen Ergebnisse.“
    „Schade läuft das nicht, wie in diesen Krimiserien. Einmal durchlaufen lassen und Zack, Bumm, nach dreißig Sekunden hast du alle Ergebnisse“, seufzte Paul und setzte sich an seinen Schreibtisch.
    „Das Leben ist leider kein Spielfilm, außerdem haben wir keine Werbeunterbrechung, die Zeit schindet…“, murmelte Beatrice und blickte auf Semir, der sich die Augenlider rieb.
    „Kennst du vielleicht noch einen Rückzugsort, an dem sich Jäger verstecken könnte? Vielleicht finden wir dort noch etwas! Ich meine, er könnte sich dort versteckt haben, oder Dinge abgeholt haben, die er braucht.“
    „Es gibt noch einen Ort, den wir noch aufsuchen können…“, murmelte Semir und Beatrice und Paul sahen ihn neugierig an. „Bens alter Bandraum!“
    „Worauf warten wir denn noch!“, sagte Paul motiviert und packte seine Lederjacke, „Dieses Mal fahren wir mit meinem Wagen!“ Semir und Beatrice folgten ihm zum Mercedes und nachdem Semir ihm die Adresse durchgegeben hatte, fuhren sie los und näherten sich der alten Lagerhalle, die als Bandraum gedient hatte.


    Nach vier langen Stunden, begab sich das Team erschöpft ins Büro zurück, wo Susanne sie bereits erwartete. Sie hatte ein tränenüberströmtes Gesicht.
    „Wer hat es dir gesagt?“, fragte Semir, der sofort verstand, wütend und Susanne schüttelte den Kopf. „Wer ist doch egal“, schluchzte sie, „ich weiß es einfach!“, antwortete sie und Semir umarmte sie. Susanne löste sich nach einer Weile und begleitete das Team in Semir und Pauls Büro.
    „Ich habe was über diesen Kofler herausgefunden, es war sehr versteckt und ich bin nicht verwundert, dass unsere Schweizer Kollegen das nicht gefunden haben!“, begann sie und wusch sich die letzten Tränen aus den Augen.
    Alle sahen Beatrice an, die bloß eine Augenbraue hob. „Ich bin bloß Feldweibel. Das gehört nicht zu meinem Aufgabengebiet...wobei ich glaube, dass das wohl besser gewesen wäre.“, grummelte sie und hatte die Arme verschränkt.
    „Markus Kofler scheint auf den ersten Blick ein unbeschriebenes Blatt zu sein. Keine Vorstrafen, keine Bussen, nicht mal eine verzögerte gezahlte Rechnung. Man könnte beinahe meinen, er sei ein Neurotiker. Aber was ich in seinen digitalen Unterlagen, die er auf einer Online-Cloud abgelegt hatte, gefunden habe, ist eine Geburtsurkunde von einem kleineren Bruder. Allerdings, ist nur die Mutter, Maria Kofler, eingetragen. Vom Vater, im Gegensatz bei Markus, keine Spur! Ebenso hat das Kind niemals einen Namen erhalten und wurde zur Adoption freigegeben.“
    Semir stemmte die Hände in die Hüfte. „Was hat das mit unserem Fall zu tun?“ Susanne zeigte auf Semir und schnalzte kurz mit der Zunge. „Ich habe in Online-Chats nachgesucht und nachgeforscht die solche Themen betreffen. Ich dachte mir, dass er vielleicht durch ein Ereignis auf die Tatsache aufmerksam wurde und nun natürlich auf der Suche nach seinem verschollenen Bruder war. Schließlich, will man doch einer solchen Sache auf den Grund gehen. Auf einer Seite, habe ich schlussendlich dann Markus Kofler unter dem Synonym „verlorener Bruder“ gefunden. Dort chattete er mit einer gewissen „Nina12“ über dieses Thema. Und ihr habt wahrscheinlich schon erraten, welche Nina das ist.“
    „Nina Becker“, sprach Beatrice es aus und Susanne nickte.
    „Ich habe mir die Chatverläufe zuschicken lassen und dieser „verlorene Halbbruder“ von Kofler scheint die fehlende Verbindung zu sein. Denn Beide berichteten in diesen Chats darüber, wie sie gerade herausgefunden haben, dass sie einen Halbbruder hatten. Es könnte sein, dass die Verstorbenen ungewollt verwandt waren.“

    „Also beide Personen, die in diesem Chat involviert waren, sind nun tot…wir müssen Ben finden! Er kann uns aufklären!“, schoss es aus Jenny heraus und Kim schüttelte mit dem Kopf.
    „Vielleicht, war er gar nicht involviert. Wurde unschuldig mitreingezogen. Was, wenn er versucht, der Sache selbst auf den Grund zu kommen? Vielleicht weiß er selbst noch nicht, dass Becker mit diesem Kofler in Kontakt stand. Was wenn er denkt, dass Kofler Nina umgebracht hat?“, dachte sie laut und Beatrice musste ihr zustimmen. „So etwas teilt man nicht, selbst nicht mit dem Vater des eigenen Kindes. Sonst hätte sie es ja nicht über einen Chat gemacht, sondern wär Kofler besuchen gegangen…oder hätte mit ihm telefoniert! Sie wollte gezielt nicht, dass Ben es mitkriegt. Sie hat es wirklich vor ihm versteckt“, schlussfolgerte sie und Semir atmete tief durch.
    „Sie wollte es definitiv vor Ben verheimlichen, da stimme ich Trix zu. Die Beiden hatten einen schwierigen Start und sich doch gefunden. Da muss es wirklich schon ein großes Geheimnis sein.“, mischte er sich nun ein.


    „Gerkhan, Brun, Renner?“, erklang Kims Stimme und Semir hob den Kopf. „Hier, auf der Terrasse!“, gab er sich zu erkennen und sah, wie seine Chefin auf die Terrasse kam.
    Ihr Gesicht war kreidebleich und auch sie hatte feuchte Augen.
    „Das ist…furchtbar…das ist…“
    „…ich weiß, Chefin.“
    „…Gerkhan das ist…mein Gott…“
    „Wir dürfen diese Tatsache Susanne auf keinen Fall erzählen! Es würde sie zu sehr mitnehmen! Besonders in ihrem Zustand!“ Alle nickten zustimmend auf Pauls Bemerkung.
    „In ein paar Sekunden wird es Dorn merken. Sie läuft gerade zum Tatort…“, murmelte Kim und Semir wartete nur auf den entsetzten Schrei Jennys, der kaum eine Sekunde nach diesem Gedankengang erfolgte.
    „Sie hat’s gemerkt“, flüsterte Beatrice und sah, wie Jenny an der Türschwelle der Terrasse erschien.
    Sie rannte auf die Gruppe zu und packte Semir an den Schultern.
    „So etwas tut er nicht Semir! So etwas tut er nicht! Das kann nicht er gewesen sein! Er würde das nie tun! Zu was wäre er nicht fähig!“, schrie sie lauthals und wiederholte es wie ein wiederkehrendes Mantra.
    „Jenny…“, flüsterte Beatrice leise und die Angesprochene wendete ihren Kopf zu ihr.
    „Du kannst das nicht glauben, Trix! Er macht sowas nicht! Du musst mir glauben, bitte! Das kann nicht er gewesen sein! Für nichts auf der Welt, würde er sein eigenes, ungeborenes Kind töten!“

    Die Stimmung wurde deutlich dicker als Jenny die Tatsache ausgesprochen hatte und weinend in Semirs Armen zusammenbrach. Er sackte mit ihr zusammen auf den Boden und drückte sie fest an sich.
    „Sie muss es im Todeskampf, tot geboren haben…das ändert einiges…“, schlussfolgerte Beatrice und spürte bereits die Galle wieder hochkommen, als sie das Bild erneut im Kopf hatte.
    „Ich will die Wahrheit, Brun…bitte, ziehen Sie uns nicht von dem Fall ab…oder haben Sie Ihrem Chef schon Bescheid gegeben?“
    „Den Teufel werde ich“, antwortete Trix sofort und auf den verwunderten Blick der nicht eingeweihten, atmete sie tief durch und erzählte ihre persönliche Geschichte mit Ben abermals.
    „Wir werden das klar stellen! Ich werde nicht das Grab meiner Großmutter besuchen und ihr dann erklären, dass ein mehrfacher Mörder mich damals gerettet hat! Ich will das nicht! Dieser Gedanke zerreißt mich schier!“, brachte sie ihre Erklärung zu Ende und Kim verschränkte die Arme.
    „Ein gefährliches Spiel, auf dass sie sich hier einlassen!“, bemerkte sie. „Das ist mir egal, Frau Krüger! Sie haben das Recht auf Wahrheit. Meine Kollegen wollen den Fall einfach schnell hinter sich bringen! Den möglichen Konflikt sofort eindämpfen! Ich will das nicht! Ich will die Wahrheit!“
    Jenny löste sich von Semir und umarmte Beatrice. „Danke…“, flüsterte sie ihr ins Ohr. „Er hat es nicht getan, Jenny! Das weiß ich! Da musst du keine Angst haben!“
    Semir stand ebenfalls auf und blickte auf Kim. „Gut, da wir das jetzt geklärt haben, müssen wir uns alle zusammenreißen! Ich weiß, dass ist nicht leicht, aber wir haben hier einen Ruf zu retten, sowie einen guten Freund! Und wir brauchen alle unseren gesunden Menschenverstand, um das aufbringen zu können! Wir räumen hier alles um, selbst den kleinsten Kieselstein, wenn es sein muss!“
    „Ihr habt die Chefin gehört“, begann Semir, „los!“


    Es verging eine Stunde, bis Hartmuts Stimme aus dem Bad erklang. „Leute?“ Semir, Paul und Beatrice, folgten Hartmuts Ruf und fanden ihn bei Ninas Leiche vor, wo er ein Handy in den Händen hielt. „Das müsst ihr euch ansehen!“ Er hatte das Handy angesteckt und zeigte einen entsperrten Bildschirm der eine Sprachnachricht zeigte. „Hört euch das an!“
    Neugierig, tippte Semir auf die Playtaste und fühlte sich eingeengt, als sich Paul und Beatrice sich hinter ihm genähert hatte.

    „Das kannst du nicht bringen! Dass dein Freund ein Ex-Bulle ist, hast du nicht erwähnt! Er wird das rausfinden und dann sind wir am Arsch! Er wird dich nicht schützen! Das weißt du! Er hat dich schon einmal für seine Kollegen verraten! Nina! Wir sind erledigt!“

    Semir sah, dass die Nachricht beendet war und gab Hartmut das Handy zurück. „Kannst du herausfinden, wer das war?“, fragte er Hartmut hoffnungsvoll. „Ich werde die ganzen Anruferlisten durchforsten bis ich was habe!“, versicherter dieser und Semir klopfte ihm dankend auf die Schulter. „Kam dir die Stimme irgendwie bekannt vor?“, fragte Paul und Semir schüttelte mit dem Kopf. „Die habe ich noch nie gehört! Wir wissen aber, dass es ein Mann ist. Mehr aber auch nicht!“
    „War klug genug, seinen Namen nicht zu verraten“, fügte Beatrice hinzu und Semir nickte. „Jedenfalls muss das, mit dem Ganzen in Verbindung stehen. Das kann kein Zufall sein!“ Die Anderen stimmten ihn zu. „Dann könnte es sein, dass Ben unschuldig in die Sache reingeraten ist…die Frage ist dann aber, wieso nichts sagen? Er hat Freunde bei der Polizei! Er kennt dich! Wieso nichts sagen?“
    „Wahrscheinlich, weil er verzweifelt ist, oder stinksauer, sucht euch eines von beidem aus!“, mischte sich nun auch der Gerichtsmediziner ein und wies auf die Badewanne. „Ihr wollt das wahrscheinlich nicht sehen…aber es muss sein…dann werdet ihr verstehen.“ Die Drei blickten hinein und drehten sich abrupt wieder um, nachdem der Gerichtsmediziner Ninas Rock gehoben hatte. Während Semir und Paul alsbald die Beherrschung fanden und versuchten, den Schock weg zu atmen, rannte Beatrice hinaus und übergab sich auf der Wiese, die zur Terrasse gehörte. Semir schnappte sich einer der Wasserflaschen, die das KTU mitgebracht hatte und rannte zu Beatrice.
    „Hier…“, murmelte er, als er sah wie diese hustete und um Atem rang. Mit einem Nicken nahm sie die Flasche entgegen und spülte sich den Mund aus. Immer wieder musste sie würgen und Tränen flossen ihr über die Wangen.
    „Mein Gott…wer tut so was? Das ist doch krank! Das ist nicht normal! Semir, wer macht so was?“, fragte sie fassungslos und erblickte nun auch Paul, der aus seiner Hosentasche eine Packung Papiertaschentücher hervornahm.
    Er gab ihr ein Paar davon und als Beatrice sich aufrichtete, putzte sie sich die Lippen damit. „Danke...“, flüsterte sie.
    „Dein erstes Mal?“, fragte Semir und Beatrice nickte. „Leichen an sich habe ich gesehen. Das war nie ein Problem...aber...nicht so was...“
    „Völlig normale Reaktion…“, beruhigte Paul sie.


    „Vor zwölf Jahren…war ich 13 und beinahe von einem Auto überfahren worden. Ich hatte einfach nicht aufgepasst, war hier in Köln bei meiner Oma zu Besuch und habe die Straßen wie in der Schweiz überquert. Schließlich hielten die Autos doch immer an, wieso Gedanken machen. Ich hatte jedoch vergessen, dass in Köln alles in der Stadt mit Ampeln geregelt ist. Ohne einen Gedanken darin zu verschwenden, dass mich jemand anfahren könnte. Meine Oma schrie noch und wollte sich angeblich auf mich stürzen, doch ein Mann zog mich von der Straße und ich hörte einen lauten Knall. Als ich aufsah, hatte der Seitenspiegel den Arm meines Retters getroffen und den Unterarm gebrochen. Meine Oma rief sofort einen Krankenwagen und ich wollte mit dem Mann gehen, mich bedanken, doch ich war keine Angehörige und hatte keine Ahnung, in welches Krankenhaus er kommen würde. Meine Oma hatte alles versucht, doch fand sie nichts heraus. Letzten Herbst, starb sie nach langem Krebsleiden, ohne zu erfahren, wer der Mann war…sie hatte sich immer bei ihm bedanken wollen.“
    Semir hörte die Tränen, die in ihrer Stimme mitschwangen. „Als ich dann das Phantombild sah, glaubte ich, dass mein Herz stehen blieben würde. Nach über zwölf Jahren, fand ich den Mann wieder, der mir das Leben gerettet hatte und nun wurde er wegen Mord gesucht…ich konnte es einfach nicht glauben…ich wollte es einfach nicht glauben…“
    „Ben hatte dir damals das Leben gerettet?“, schlussfolgerte Semir richtig und Beatrice nickte. „Ich schulde diesem Mann was, Semir. Aber wenn rausgekommen wäre was mein wahrer Grund ist, hätte mich mein Chef niemals hier runter geschickt. Ich will euch helfen, Jägers Unschuld zu beweisen!“
    Semir schüttelte fassungslos mit dem Kopf.
    „Weißt du, was du für ein Risiko da eingehst?“ Beatrice nickte auf Pauls Frage. „Ja das tue ich! Aber ich wollte einfach nicht still sitzen bleiben und nichts tun!“
    „Da passt du perfekt zu uns“, murmelte Semir und alle drehten sich um, als sich die Türe öffnete und Hartmut hereinkam, zusammen mit dem Gerichtsmediziner.
    „Badezimmer“, kündigte Paul an und die Beiden gingen mit einem Nicken in den Raum.


    „Geht’s?“, fragte Beatrice besorgt und legte Semir eine Hand auf den Rücken, nachdem sie ihr Gespräch mit Kim Krüger beendet hatte.
    „Ja…ja alles klar…ich…muss mich nur kurz sammeln…sonst dampfe ich hier den ganzen Raum mit meiner Wut voll“, antwortete er und sah, wie Paul aus dem Badezimmer kam. „Dem Verwesungsgrad zufolge, liegt sie schon einige Tage dort. Es deutet aber nichts darauf hin, dass sie im Bad umgebracht wurde! Allerdings liegt noch etwas unter ihrem Rock, jedoch ohne Gerichtsmediziner traue ich mich dran. Nicht das ich noch beweise vernichte!“ Beatrice wusch auf Pauls Schlussfolgerung hin, ein wenig den Staub vom Boden weg und erblickte eine Blutspur, die vom Badezimmer aus weg führte. „Jungs…sehr euch das an! Blut!“, deutete sie an und Semir und Paul begannen, mit Beatrice, der Spur zu folgen, die zum Schlafzimmer führte. Semir öffnete die Türe und alle atmeten scharf ein. An der Wand oberhalb des Bettes, klebte ein großer Spritzer Blut, der dann in einer Schmierspur wieder beim Bett landete.
    „Hier wurde sie erschossen, eindeutig“, murmelte Semir und Beatrice blickte auf den Boden. „Hingerichtet passt besser, bei dem ganzen Blut“, fügte Paul hinzu.
    „Ist aber nicht das einzige Blut hier, schaut mal!“ Sie wies auf eine kleine Blutlache im Teppich. „Hartmut muss naher sofort eine Probe davon nehmen. Es könnte von Ben oder jemand anderem stammen und könnte eine Spur sein“, dachte Semir laut und stand auf und ging mit eiligem Schritttempo auf die Terrassentür zu, öffnete sie und ging hinaus. Mit einem Ruck zog er sich die Handschuhe aus und warf sie auf den Boden.
    Er stemmte die Hände in die Hüfte und versuchte, wieder zu einem ruhigeren Atem zu kommen.
    „Mist! Mist! MIST!“, schrie er die Nachbarschaft zusammen und glaubte sogar, eine ältere Dame von weitem her schimpfen zu hören.
    Paul folgte und stellte sich neben ihn.

    „Semir…“
    „Und ich dachte, der Tag könnte nicht schlimmer werden!“, knurrte Semir und schnaubte hörbar.
    „Semir…es heißt noch gar nichts…“
    „Paul, Bens Freundin liegt tot in der Wohnung und er ist verschwunden. Kurz darauf wird er flüchtend von einem Tatort gesehen…was soll ich davon denken? Das er Mau-Mau mit dem Toten gespielt hatte, weil ihm langweilig war?“
    Paul atmete tief durch, nahm sein Handy hervor und wählte. „Susanne? Ja, Paul hier. Könntest du folgendes recherchieren?“
    Semir sah Paul verwundert an. „Super! Ja…versuche irgendwie herauszufinden, wie Ben mit dem Toten aus der Schweiz in Kontakt stand, oder auch Nina Becker. Ja…die Chefin hat dir das richtig erzählt. Wir haben sie erschossen aufgefunden. Lass‘ uns noch keine voreiligen Schlüsse ziehen, gehe einfach der Sache nach, bitte. Machst du das für mich? Okay super! Ich danke dir.“ Paul hängte auf und steckte das Handy wieder in die Gesäßtasche.
    „Du lässt dich nicht beirren, was?“
    Paul sah Semir an.
    „Du sagst, du brauchst jemand mit klarem Verstand. Und ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass jemand, der so viel Zeit mit dir verbracht hat, so tief sinken kann. Das will mir einfach nicht in den Kopf.“
    „Paul…“
    „Ja Semir ich weiß, die Liebe lässt einem gar zum Mörder werden…aber auch mein Bauchgefühl sagt, dass da etwas nicht stimmt! Außerdem reagierst du wütend und nicht depressiv. Also glaubst du der Sache auch nicht.“
    „Klug kombiniert Sherlock“, pflichtete Semir, Paul zu.
    Beatrice gesellte sich der Gruppe hinzu.
    „Tut mir leid…habe kurz die Nerven verloren“, murmelte Semir und Beatrice winkte ab. „Glaub‘ mir, ich bin keine dieser Mannweiber die sich beweisen wollen und dabei jeden ignoriert oder anschwärzt. Ich will die Wahrheit. Mehr nicht. Und wenn ich dich damit reinziehen will, muss ich davon ausgehen, dass deine Nerven mit dir durchgehen können.“
    Semir war über das Verständnis von Beatrice erstaunt und diese schien zu verstehen. „Es gibt noch einen anderen Grund warum ich euch helfen will. Aber den konnte ich zuerst nicht nennen...ansonsten, hätte ich niemals hier her fahren dürfen!“
    Semir und Paul sahen sie verwundert an und Beatrice holte Luft.


    Semir begab sich zu dem kleinen Regal, auf dem diverse Fotos standen. Darunter befand sich auch ein Familienbild von ihm mit Ben, bei einem schönen Grillabend am See.
    Semir spürte, wie die Traurigkeit sein Herz umfasste und die Wut seine Sinne zu benebeln schien. „Semir…“, murmelte Paul besorgt und legte eine Hand auf seine Schulter.
    „Ich kann’s einfach nicht glauben Paul…ich will es auch nicht glauben“, flüsterte Semir und fuhr mit den Fingern über das Bild. Er spürte die Wut in sich aufkommen. Diese blinde, unbändige Wut die ihn schon oft Dinge hatte machen lassen, die definitiv in die Kategorie „Schlechte Idee“ gefallen waren.
    Paul verstärkte seinen Griff um Semirs Schulter.
    „Hey, wir finden die Wahrheit heraus und die wird dir Recht geben. Wann hat dich dein Bauchgefühl schon mal getäuscht?“
    „Was, wenn mein Bauchgefühl dieses Mal falsch liegt? Ben war mein längster Partner Paul. Mein bester Freund, Patenonkel meines jüngsten Kindes. Was, wenn ich mich wirklich blenden lasse?“
    Paul packte nun auch Semirs zweite Schulter. „Würde so der Mann reden, der mich vor Jahren gerettet hat? Der sich durch nichts beirren lassen hatte?“
    Auf Pauls Fragen hin, schluckte Semir.
    „Ich bin älter geworden, Paul. Das was du da kennengelernt hast, bin ich nicht mehr!“
    „Aber du bist noch immer der Mensch, der sich für seine Freunde einsetzt und erst aufgibt, wenn es nichts mehr gibt, wofür man kämpfen kann. Halte an dem fest! Außerdem gefällst du mir als weinerlichen Türken nicht. Das passt nicht zu dir!“
    Semir lächelte und nickte. „Danke…“, sagte er leise und Paul klopfte Semir auf den Rücken. „Wir schaffen das, Partner!“

    Beide drehten sich um, als Beatrice ihren Kopf in die Luft hielt und sich dann angeekelt den Arm vor die Nase hielt. „Boah...riecht ihr das auf einmal auch, oder habt ihr damit zu tun?“, fragte sie und Semir holte tief Luft. Auch er zuckte angewidert zusammen. „Erstens: Nein haben wir nicht und Zweitens: Oh ja…“, murmelte Paul und hielt sich mit zwei Fingern die Nase zu. Beatrice folgte, gemeinsam mit den Beiden, dem Geruch und fand sich vor einer Tür wieder.
    „Die führt zum Badezimmer“, erklärte Semir und nahm langsam seine Waffe hervor, was die anderen ihm gleich taten. Paul begab sich nach vorne, drückte die Türklinke herunter und sah die Beiden an. „Fertig?“, flüsterte er und bekam ein Nicken als Antwort. Er öffnete die Türe ruckartig und schaltete das Licht an. Während Beatrice einen leichten Schrei ausstieß, blieb Paul wie erstarrt stehen und Semir schüttelte fassungslos mit dem Kopf. „Oh Gott, nein…“, flüsterte er und ging auf die Badewanne zu, worin die Leiche einer Frau lag. Ihre Haut war von Verwesungszeichen gekennzeichnet und in ihrer Brust klaffte eine große Schusswunde.
    „Trix…würdest du die Krüger benachrichtigen? Wir brauchen Hartmut hier…und einen Gerichtsmediziner!“ Beatrice nickte, steckte ihre Waffe ein, holte ihr Handy hinaus und ging aus dem Raum. „Semir…weißt du etwa, wer das ist?“, fragte Paul geschockt und Semir ging auf die Leiche zu und schloss die weit aufgerissenen Augen. „Das ist Nina Becker…Bens Freundin…sie war mit ihm gemeinsam nach Amerika gegangen…“, erklärte Semir mit leiser Stimme und Paul steckte seine Waffe ein. „Ach du Scheiße…“, murmelte er und Semir schluckte schwer, „Semir…ich…du weißt was das bedeutet oder? Ich meine…“
    „Ich weiß…“, begann Semir, „hier liegt ein starkes Motiv. Was immer auch geschehen ist, es muss mit Ninas Tod zu tun haben…oder Ben…ich brauch frische Luft…“
    Semir ging mit leeren Gesicht aus dem Raum und trat gegen den Schirmständer, der sich am Eingang befand. „VERDAMMTER MIST!“, schrie er und biss sich auf die Unterlippe.


    Ohne große Schwierigkeiten, kamen sie bei Semirs Haus an. „Hübsches Häuschen. Gefällt mir!“, lobte Beatrice. „Schön, dass es dir gefällt. Wartet ihr kurz hier? Ich hole nur kurz den Schlüssel! Da müssen wir keine Volkswanderung veranstalten.“ Beatrice und Paul nickten zustimmend und Semir stieg aus.
    Ohne einen Gedanken an die Sache zu verschwenden, lief er zur Wohnung und öffnete sie geschwind mit dem Schlüssel. Andrea hatte ja gesagt, dass die arbeitete und die Kinder waren in der Schule.
    Semir war froh, dass sich momentan keiner seiner Familie Zuhause befand, als er den Schlüssel holte und sich wieder in den Wagen setzte. Er wollte Andrea nicht beunruhigen und besonders Aida aus der Sache heraushalten. Seine zweite Tochter war sehr eng mit Ben befreundet gewesen. Auch das Ben Lillis Patenonkel war, trug der Sache nicht gerade beruhigende Tatsachen bei.
    Besonders quälte ihn der Gedanke, wenn sich alles bewahrheiten würde. Ben tatsächlich ein Mörder war. Wie würde er das seiner Familie erklären?

    Semir lief zurück zum Wagen und hielt kurz den Schlüssel hoch. „Okay, los geht’s!“, kündigte Paul an und Semir startete erneut den Motor.
    Ohne ein Wort zu sagen, fuhr die Gruppe zu Bens Wohnung, wo sie sich vor der Wohnungstüre, Schutzhandschuhe anzogen.
    Mit einem dicken Kloss im Hals, öffnete Semir die Türe und war insgeheim froh, dass sie verschlossen und der Schlüssel nicht stecken geblieben war. Sie betraten die Wohnung und Semir schloss die Türe hinter sich zu.
    „Scheint noch immer verlassen zu sein“, murmelte Paul und Beatrice nickte zustimmend. „Oder dein bester Freund ist ein Putzmuffel. Habe auf der Streife schon viel gesehen, wenn wir Mietnomaden aus dem Haus jagen mussten“, murmelte Beatrice.
    „Okay, sehen wir uns im Wohnzimmer um, dann kämpfen wir uns durch die Räume. Vielleicht finden wir ja etwas!“ Auf Semirs Befehl hin folgten Paul und Beatrice ihm und fanden ein Wohnzimmer vor, dass knapp mit den Sonnenstrahlen beleuchtet wurde, die sich durch den dicken Vorhang kämpfen konnten.
    Schwache Staubpartikel lagen in der Luft und wirbelten in einem feinen Tanz umher.
    „Sieht wirklich nicht danach aus, als wäre hier jemand gewesen! Oder jemand hat hier einen sehr schlechten Hygienegeschmack.“, bestätigte Beatrice, Paul nochmals und gemeinsam, begannen sie die Schränke zu durchsuchen.


    „Ben würde sowas nie tun“, murmelte sie nun leise und Susanne legte eine Hand beruhigend auf ihre Schulter. „Wie gesagt, Feldweibel Brun redet von Jäger als Hauptverdächtiger, weil es momentan keinen anderen gibt. Wenn wir ihn aber finden und es aufklären können, sind Brun und die Kantonspolizei Bern auf jeden Fall kooperationsbereit und wollen bloß die Wahrheit herausfinden!“, versicherte Kim nochmals und Beatrice nickte zustimmend.
    „Paul, Beatrice und ich werden zunächst Mal zu Bens alter Wohnung fahren. Soweit ich weiß, hatte er sie nie abgemeldet und ich habe Zuhause noch einen Ersatzschlüssel. Susanne und Jenny, ihr befragt bitte Bens Umfeld. Vielleicht weiß irgendjemand was.“, bat Semir und Kim stimmte diesem Vorgang zu.
    „Hartmut, wenn wir was finden…“
    „…höchste Priorität. Glasklar. Ich werde alles persönlich übernehmen!“, versicherte Hartmut und Semir nickte dankend.
    „Gut, ich erinnere nochmals, bitte gehen Sie sachlich an die Angelegenheit heran. Frau Brun und ich haben sehr gekämpft, dass wir die Partner in diesem Fall sein dürfen. Ein kleiner Fehler und die Sache könnte an die Mordkommission Köln übergehen. Ich danke Ihnen!“ Alle standen auf, gingen hinaus und Beatrice wurde von Jenny abgefangen.
    „Was meinte die Chefin damit? Du hast dafür gekämpft?“ Beatrice sah sich um und zog Jenny an sich. „Hör zu, ich weiß du bist sauer, aber ich will bloß die Wahrheit. Und ihr kennt ihn am besten! Mein Chef wollte die Sache der Mordkommission Köln überlassen, wie es Krüger gerade angedeutet hat, aber mit der Bedingung das ich hier her komme, durfte ich die Sache so durchziehen!“
    „Wieso denn das?“
    „Weil die Eidgenossen sehr kritisch gegenüber den Deutschen sind. Auch wenn wir immer vorgeben, so weltoffen zu sein, ist uns alles Fremde unheimlich. Ich habe diese Probleme aber als Doppelbürgerin nicht. Und ich bin hier um unseren Ruf zu verteidigen. Was meinst du, was für eine Debatte losgetreten wird, wenn herauskommt, dass ein Schweizer von einem Deutschen umgebracht wurde. Die ganzen eingewanderten Deutschen hätten in der Schweiz keine Ruhe mehr.“, antwortete Beatrice bloß und lief dann auf Semirs und Pauls Büro zu, während sie eine erstaunte Jenny zurückließ.

    Sie betrat das Büro, wo Semir und Paul sich gerade fertig machten. „Hast du deine Dienstwaffe dabei?“ Beatrice nickte auf Semirs Frage. Sie ging auf einen Rucksack, der im Flur stand, zu und legte die Mappe zurück, während sie ihre SIG Sauer P226 hervorholte und sich den Halter am Gürtel befestigte. „Gut, gehen wir! Wir nehmen meinen Wagen“, bestimmte Semir und führte Beatrice gemeinsam mit Paul auf den Parkplatz der PAST, wo sich Semirs silberner 3er BMW befand.
    „Noch eines“, murmelte Semir und fing Beatrice ab, „warum helfen Sie uns? Sie hätten Ihren Chef einfach machen lassen können und hätten dann Ihre Ruhe gehabt.“ Beatrice erklärte Semir denselben Grund, den sie auch Jenny genannt hatte.
    „Sprich, es geht bei Ihnen auch ein wenig um die Ehre“, schlussfolgerte Paul, der die Konversation gehört hatte und Beatrice nickte.
    „Ich habe es satt, ständig mit den Vorurteilen zu leben, die sich selbst bei den Kollegen eingeschlichen haben. Aber auch die Reaktion von Ihnen und Ihren Kollegen ist für mich Bestätigung, Gerkhan!“
    Auch wenn Semir glaubte, mehr dahinter zu vermuten, lächelte er und ging auf Beatrice zu.
    „Bitte, nenn mich Semir.“ Semir hielt Beatrice und hielt ihr die Hand hin. „Trix. Mehr nicht“, sagte sie lächelnd und schlug ein.
    „Du sagtest, du hättest einen Ersatzschlüssel für Jägers Wohnung? Ihr müsst euch wirklich nahe gestanden haben!“ Das Trio stieg ein und Beatrice lehnte sich ein wenig vom Rücksitz des BMWs hervor, um mit den Männern sprechen zu können.
    „Er war mein bester Freund“, murmelte Semir, „aber dann ging alles den Bach ab. Ich war auch nicht ganz unschuldig daran…aber eben. Ich hatte versucht ihn zu erreichen, schaffte es aber nicht.“, antwortete er leise und fuhr los.


    Susanne und Jenny waren sehr erstaunt, als sie, eine halbe Stunde später, das Sitzungszimmer betraten und die Fremde am Beamer sahen. Diese richtete ihren Blick auf sie und kam auf sie zu. „Beatrice Brun. Kantonspolizei Bern, ich gehe naher dann genau darauf ein, was ich hier verloren habe“, stellte sie sich vor und Susanne wollte aufstehen, doch mit einem hochschwangeren Bauch, stellte sich das nicht gerade als die einfachste Aufgabe heraus. „Bleiben Sie bitte sitzen“, bat Beatrice und gab Susanne die Hand, „wann ist es denn soweit?“
    „Susanne mein Name. In ein paar Wochen. Endspurt!“, erklärte Susanne und Jenny hingegen, stand auf und gab ihrer Schweizer Kollegin die Hand.
    „Jenny Dorn. Aber du kannst mich Jenny nennen.“, sagte diese und Beatrice lächelte dankend. „Beatrice. Oder auch Trix. Je nachdem! Was euch lieber ist.“
    „Trix?“, fragte Susanne amüsiert nach.
    „Mein Spitzname in der Schweiz. Ich bin ihn mir einfach gewohnt“, antwortete Beatrice sachlich und Susanne nickte verstanden.
    „Ich kann mich damit anfreunden. Sag‘ mal, darf ich das so fragen, Trix? Für eine Schweizerin sprichst du lupenreines Hochdeutsch. Hast sogar westfälischen Akzent. Das ist man sich bei weitem nicht gewohnt. Woher kommt’s?“
    Auf Jennys Frage musste Beatrice lächeln.
    „Mein Vater kommt aus Dortmund“, antwortete sie direkt und Jenny nickte. „Okay, das erklärt einiges“, sagte sie, ebenfalls grinsend und setzte sich wieder hin, als Semir, Paul und Kim das Büro betraten. Auch Hartmut, gesellte sich zu der Runde, was die beiden Frauen erstaunte. „Okay, was geht hier vor?“, fragte Susanne leicht besorgt und Jenny legte eine Hand beruhigend auf die ihre Schulter. „Keine Ahnung, ich bin auch hier her beordert worden“, antwortete Hartmut ratlos und blickte auf Kim, die sich kurz räusperte und so die Aufmerksamkeit auf sich zog.
    „Frau König, Frau Dorn, Herr Freund…nochmals zur Vervollständigung, das ist Feldweibel Beatrice Brun von der Berner Kantonspolizei. Sie ist hier, um eine Zusammenarbeit vorzuschlagen. Die höchste Vertraulichkeit benötigt und die nötige Sachlichkeit! Denn was sie hier tut, basiert wirklich auf der guten Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und Deutschland. Wir können es nicht riskieren, das auf Spiel zu setzten.“
    Jenny, Hartmut und Susanne wirkten mehr als verwundert, besonders als sie Paul und Semirs Mimik sehen konnten, als diese sich hinsetzten. Sie wirkte dunkel, besorgt und sehr ernst, was zu den Beiden an solchen Tagen eigentlich überhaupt nicht passte.

    „Brun, bitte“, bat Kim und Beatrice startete eine Präsentation, die mit dem Bild eines Toten begann.
    „Zuerst, danke Frau Krüger dass ich so hier herzlich empfangen wurde. Hallo zusammen. Noch einmal; mein Name ist Beatrice Brun und ich bin Feldweibel der Kantonspolizei Bern, was etwa dem Rang einer Wachtmeisterin entspricht. Somit also eine Kollegin von Jenny Dorn. Ich bin hier, weil ich bezüglich eines Mordfalls gebeten wurde, mich mit euch in Kontakt zu setzen. Wahrscheinlich, weil man sich eben wegen des Akzents nicht blamieren wollte“, begann Beatrice, „Das Opfer heißt Markus Kofler, ist 40 Jahre alt, Schweizer und wurde am Hafen der Stadt Thun angeschwemmt. Eindeutig zu sehen“, sie zeigte mit dem Laserpointer der Fernbedienung darauf, „die Schusswunde in der Brust. Ein direkter Treffer ins Herz. Der Mann war sofort tot. Eine Augenzeugin, die das Anschwemmen des Mannes beobachtet hatte, bemerkte aber auch noch eine Zweitperson, die dem Opfer sämtliche, persönliche Dinge entnahm und dann beim Bemerken der Zeugin, sofort vom Tatort floh.“ Beatrice blickte auf die kleine Gruppe und Semir nickte zustimmend, als er ihren fragenden Blick bemerkte.
    „Sie hat ein Phantombild beschrieben. Und hier kommt die Zusammenarbeit mit Ihnen ins Spiel. Denn Sie alle, können mir hier bedeutend helfen.“ Beatrice wechselte die Folie und sofort ging ein entsetztes Raunen durch die Gruppe.
    „Unser Hauptverdächtiger und der Mann, der die Leiche durchsuchte!“ Jenny schüttelte, wie auch Susanne, sofort mit dem Kopf.
    „Nein, da muss sich die Zeugin irren“, stieß Susanne aus.
    „Das kann nicht sein“, bemerkte auch Hartmut, „das kann einfach nicht sein! Semir! Du musst uns doch Recht geben! Er kann es nicht gewesen sein!“
    Semir blickte zu Hartmut. „Ich wünschte, es wäre so Hartmut, aber Feldweibel Brun hat uns alles erklärt. Die Fakten sind eindeutig und unsere Schweizer Kollegen haben sogar alles gegeben, um das Gegenteil zu beweisen, doch bisher, gibt es nur diese Spur“, erwiderte er traurig und Jenny schlug mit der geballten Faust auf den Tisch. „Dann hat sich die Zeugin geirrt! Susanne hat recht!“, schrie sie beinahe.
    „Ausgeschlossen. Die Frau ist 30 Jahre alt, bei geistiger Gesundheit und hat eine ausgezeichnete Sicht. Auch die Psychologin bestätigte nach genauer Untersuchung der Frau, dass zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Täters bei voller Gesundheit und ohne Schock gewesen war“, antwortete Beatrice mit ruhiger Stimme.
    „Wir wissen ja auch nicht, ob er wirklich der Mörder war. Tatsache ist aber, dass er bei der Leiche war. Warum und Wieso, ist noch offen. Aber um das herauszufinden, müssen wir ihn finden. Und Brun vermutet, dass er hier zurückgekommen ist um unterzutauchen. Wir haben keine andere Wahl, als ihn zu finden!“, mischte sich Kim nun ein und mahnte Jenny mit einem Blick, sich wieder zu Beruhigen.
    „Fahren Sie fort!“, bat Kim und Beatrice nickte dankend.
    „Gut…der Hauptverdächtige zum jetzigen Zeitpunkt ist…Ben Jäger, 37 Jahre alt, ehemaliger Hauptkommissar der Autobahnpolizei Düsseldorf / Köln…“, vervollständigte Beatrice die Tatsache und Jenny schüttelte abermals mit dem Kopf.

    „Da Sie ihn am besten kennen, können Sie seine Gedankengänge vielleicht verstehen. Wir haben es schon beim Vater und der Schwester versucht, aber die Beiden sind ratlos. Ich würde gerne mit Ihnen zusammenarbeiten Gerkhan, um ihn zu finden und das aufzuklären!“
    Semir blickte auf das Phantombild und nickte. „Das wäre toll, aber wir müssen Paul miteinbeziehen, alleine schaffen wir das nicht! Außerdem brauche ich jemanden an meiner Seite, der unvoreingenommen sich der Sache annehmen kann.“ Kim nickte verstanden und nahm ihr Telefon hervor, wählte eine Kurznummer und wartete ab. „Renner, in mein Büro, sofort!“, befahl sie streng und es dauerte keine Minute, bis Pauls blonder Schopf zur Türe hineinlugte.

    „Sie haben mich gerufen, Chefin?“, fragte er und blickte mehr als irritiert auf Beatrice herab. „Renner, Feldweibel Beatrice Brunner von der Kantonspolizei Bern. Brun, das ist Hauptkommissar Paul Renner, Semirs Partner.“, stellte Kim noch einmal vor und auch Paul stellte sich der Etikette sprechend vor. „Was verschlägt denn eine Schweizerin hier her?“, fragte er neugierig und Semir streckte Paul das Phantombild entgegen.
    „Das hier! Wir haben ein Problem“, murmelte er als Antwort und Paul nahm das Papier entgegen und sah sich das Profilbild an.
    Auch wenn er und Semir erst seit kurzem Partner waren, so war ihm das Bild durch diverse Fotos und Geschichten seiner Kollegen der Autobahnpolizei bekannt.
    „Was hat er verbrochen?“, fragte er direkt und Beatrice schilderte die Situation, während Paul beunruhigt zu Semir blickte, der immer mehr Farbe im Gesicht verlor.
    „Semir…“
    „…ich will das aufklären, Paul! Dazu brauchen wir deine Hilfe!“
    „Du vertraust mir das an?“, fragte Paul zweifelnd und gleichzeitig auch ein wenig geehrt.
    „Wir haben eine gemeinsame Vergangenheit Paul. Und du hast in der kurzen Zeit schon vieles bewiesen. Ja ich vertraue dir. Und ehrlich gesagt brauche ich jemanden, der unvoreingenommen an die Sache rangeht und mich bremsen kann!“
    „Okay, bin dabei!“, stimmte Paul zu und gab Beatrice das Phantombild zurück. „Gut, ich rufe alle zusammen, die wir brauchen. Susanne und Jenny müssen auch informiert sein. Auch wenn es Ihnen ebenfalls nicht gefallen wird. Sie würden alles noch einmal erklären Frau Brun?“ Beatrice nickte. „Selbstverständlich“, fügte sie ihrer Geste hinzu und Kim nickte zufrieden. „Alles klar. Gerkhan, Renner, Brun, Sie bereiten bitte den Sitzungssaal vor. Gerkhan und Renner werden Ihnen alles zeigen, um eine Präsentation vorzubereiten. Wir müssen alles wissen.“
    Die Angesprochenen nickten auf Kims Befehl und gingen aus dem Büro.

    Ich wiederhole mich gerne, dieser Israel ist sowas von unheimlich :S

    Jetzt hat er Semir also in seiner Gewalt. Das kann nicht gut gehen, ich wiederhole mich abermals, nicht gut! Gar nicht gut!
    Hoffen wir, dass unser Neuling all seine grauen Hirnzellen braucht und unseren türkischen Hengst findet.

    Kim führte Semir in ihr Büro. Dort erblickte er eine junge Frau mit sportlicher Kleidung und kurzen Haaren. Ihre schwarze Brille passte perfekt zu ihrem Outfit.
    „Gerkhan, das ist Feldweibel Beatrice Brun von der Kantonspolizei Bern / Schweiz.“ Semir gab der Frau anständig die Hand und stellte sich vor.
    „Ich nehme an, Sie sind nicht zu Besuch hier, oder gibt es ein Austauschprogramm, von dem wir noch nichts wissen?“, bemerkte Semir und Beatrice winkte ab. „Leider nicht, das Ganze hat einen ernsten Hintergrund“, murmelte sie und Kim wies beiden mit einer Handbewegung hin, sich zu setzten.
    „Feldweibel Brun hatte mich vor zwei Tagen angerufen, da…es gibt ein Problem!“ Semir war erstaunt über die Wortknappheit seiner Chefin und wurde dadurch noch neugieriger.
    „Könnten Sie bitte…?“ Beatrice nickte auf Kims Bitte und hob eine Mappe an.
    „In der kleinen Stadt Thun gab es einen Mordfall. Der Erste seit langem um genau zu sein. Direkt am Hafen wurde die Leiche des 40-Jährigen Markus Hofler angeschwemmt. Schweizer. Direkter Schuss ins Herz. Eine Augenzeugin berichtete wie sie einen Mann gesehen hatte, der, der Leiche diverse persönliche Gegenstände stahl und sich davon machte, als er die Zeugin bemerkt hatte!“
    So sehr Semir die Sache auch interessierte, so war er auch erstaunt über das reine Deutsch der Schweizerin.
    „Wie komme ich da ins Spiel? Vor zwei Tagen arbeitete ich an einem Fall und war bei weitem nicht in der Nähe der Schweizer Grenze. War ich überhaupt mal in der Schweiz?“
    Semir bemerkte, wie sich auf Kim Krügers Stirn eine dicke Falte bildete. Mit gar traurigen Augen schaute sie zu Boden und auch Beatrice musste schlucken.
    „Die Zeugin hat sich zu einem Phantombild bereit erklärt gehabt. Da kommen Sie nun ins Spiel! Ich denke, das Gesicht könnte Ihnen bekannt vorkommen.“ Beatrice zog aus der Mappe ein Stück Papier hervor und reichte es, mit der leeren Seite nach oben, und Semir und atmete tief durch.

    „Gerkhan…der Mann, der den Toten ausgebeutet hat, ist uns kein Unbekannter“, flüsterte Kim und nun wurde Semir definitiv von seiner Neugier übermannt. Er drehte das Blatt um und glaubte beinahe, als er das Bild erblickte, dass sein Herz stehen bleiben würde.
    „Nein, das kann nicht sein“, stieß er ungläubig hervor und schüttelte heftig mit dem Kopf. „Chefin, das glauben Sie doch etwa nicht?!“ Kim antwortete nicht, sondern verzog bloß den Mund. Während sich Beatrice mehr Semir widmete.
    „Gerkhan, die Zeugin war weder alt, noch tattrig oder des Geistes schwindend. Sie wusste genau, wovon Sie gesprochen hatte. Wir hatten auch Zweifel, als wir das Bild durch die Datenbank laufen ließen, aber auch der Psychologin, gab die Zeugin dasselbe Bild wieder. Es besteht also absolut kein Zweifel.“
    Semir leckte sich mit der Zunge über die getrockneten Lippen und schüttelte weiterhin mit dem Kopf. „Aber, warum?“, fragte er leise und Beatrice zuckte mit den Achseln.
    „Wir hofften, Sie könnten uns da, eine Antwort liefern…“
    Semir verstand, worauf die junge Polizistin anspielte.
    „Nein…kann ich nicht. Wir haben…seit Monaten nicht miteinander gesprochen…unser Verhältnis war gegen Ende unserer Partnerschaft…kompliziert. Ich hatte es versucht, aber es kam nie etwas zurück. Und bevor Sie fragen, nein, er ist nicht bei mir! Ich weiß wirklich nicht wo er ist und kann nicht verstehen…wieso er so was getan haben sollte.“
    „Das habe ich bei Ihrer Reaktion schon vermutet“, sagte Kim und blickte zu Beatrice. „Feldweibel Brun hätte einen Vorschlag. Allerdings, müsste ich dabei wirklich auf Sie zählen können Gerkhan! Denn es wäre ein Drahtseilakt.“

    Hallo Zusammen

    Hier also, nach langer Abwesenheit, meine neue Story. Ich hoffe, sie wird euch gefallen.
    Solltet ihr Sorge tragen, dass sie noch nicht beendet ist, dürft ihr euch gerne bei mir über PN melden. Ich würde euch dann eine PDF Version der Geschichte zusenden. :)

    Liebe Grüsse
    Jenni

    Hochverrat

    „Morgen“, sang Paul Renner als er das Büro betrat und bekam einen grimmigen Blick von seinem Partner Semir Gerkhan zu spüren. „Was soll bitte daran gut sein?“, grummelte der Deutschtürke und Paul zog eine Augenbraue hoch. „Bist du mit dem falschen Fuß aufgestanden?“, fragte er leicht irritiert und Semir schüttelte mit dem Kopf. „Nein, aber hab‘ du mal drei Mädchen zuhause von denen zwei pubertierend sind!“
    „Okay, Punkt an dich“, grinste Paul zurück und sogar Semir konnte sich ein Lächeln abgewinnen. Paul hob seinen Motorradhelm vom Boden und hängte ihn, zusammen mit seiner Jacke, an der Garderobe des Büros auf.
    „Und? Was steht uns heute so bevor?“ Semir zuckte auf Pauls Frage mit den Achseln. „Berichte abarbeiten“, antwortete er und wies auf einen Stapel Akten, „Anweisung der Krüger! Entweder es wird gemacht, oder wir werden für eine ganze Woche die Straße nicht mehr sehen!“
    Paul seufzte, setzte sich und startete seinen Computer. „Juhu, was soll schon an dem Morgen gut sein?“, bemerkte nun auch er sarkastisch und Semir lächelte.
    „Dafür haben wir zu Bürozeit Feierabend, doch auch was Schönes!“
    „Haste Recht, Semir! Sag‘ mal, Bock auf einen Absacker heute Abend? Haben wir schon lange nicht mehr gemacht.“
    „Klar!“, antwortete Semir und reichte Paul die Hand, „die alte Pinte wie immer?“
    Sie klatschten sich ab und Semir reichte Paul einen Aktenstapel. „Aber wie heißt es so schön? Zuerst die Arbeit…“
    „…dann das Vergnügen“, stöhnte Paul und nahm die Papiere entgegen. „Kaum zu glauben, was wir in der kurzen Zeit haben liegen gelassen! Ich krieg schier die Krise. “
    „Wir waren halt sehr beschäftigt! Außerdem hattest du das Glück, direkt so furios zu beginnen, manche haben das nicht!“
    „Stimmt, aber diese Daniel Düsentriebs der Neuzeit ersetzten doch immer mehr Berufe mit Maschinen. Kann es nicht auch einen Berichteschreiber geben?“
    „Er wird keinen geben, der unsere beiden Sauklauen jemals lesen könnte!“, antwortete Semir lachend.

    Paul nickte grinsend und klappte die erste Akte auf. „Oh nein, musstest du mir den geben?“, grunzte er und zeigte das Foto einer einbetonierten Leiche. „Ey, du hast sie gefunden und hast den Täter gestellt, also hast du auch die Ehre, den Bericht zu schreiben“, eckte Semir und Paul hob eine Augenbraue. „Oh, sehr großzügig von dir! Ich merke, du hast die Spendierhose angezogen“, giftete er zurück und begann, seine handgeschriebenen Notizen abzutippen, während Semir sich kichernd hinter dem Bildschirm versteckte.
    Als Beide, nach einigen Stunden, schon gegen Mittag dachten, es passiere gar nichts mehr, klopfte es an der Tür und der Kopf von Kim Krüger lugte hinein. „Gerkhan? Haben Sie kurz einen Moment? Ich würde Sie gerne sprechen.“, fragte sie und Semir nickte verwundert. „Klar“, fügte er seiner Geste hinzu.
    „Renner, Sie bleiben hier!“, sagte die Chefin forsch.
    „Okay?“, fragte auch Paul verwundert zurück und konnte nur dabei zusehen, wie Semir achselzuckend der Krüger folgte und aus dem Büro verschwand.
    „Was war das denn? Mäuschen müsste man jetzt sein…“, fragte sich Paul und wendete sich wieder seinen Berichten zu.

    Okay, lieber Paul, hier ein gut gemeinter Rat von einer Veteranin, was Elviras Story angeht:

    "UM HIMMELS WILLEN LASS SEMIR NIE ALLEINE!"

    *räusper* Okay. Semir wurde nun niedergeschlagen und Israel scheint immer mehr sich in Gollum zu verwandeln Wenn er irgendwann glatzköpfig und "mein Schatz" ruft, ist es passiert. Also wenn der geschnappt wird landet der in der Klapse, da bin ich mir sicher.

    Also Paul, Beine in die Hand nehmen und Semir helfen gehen! Der braucht dich jetzt!

    Jedenfalls ist Semir nicht in Gefahr geraten. Puh, erstmal durchatmen.
    Aber ich kann Paul verstehen. Wenn ich hungrig bin, bin ich auch nervend! Besonders, wenn ich auch kurz vor dem Ziel bin und dann so enttäuscht werde wie er ;)

    Jedenfalls haben die Beiden nun die Verfolgung aufgenommen. Das könnte spannend werden ;)

    Boah ne! Elli, wie kann man an einer solchen Stelle aufhören? Das grenzt an Folter! D:

    Jedenfalls glaubt Semir nun dass es dieser Israel ist. Ich wäre genau wie Paul, nur das ich eben wüsste, wie oft Semir bei dir Ärger anzieht. Ich würde mich definitiv nicht im Hintergrund halten! XD
    Aber nun will ich wissen, was Semir gesehen hat. *mich vor dem Laptop platzier und auf den nächsten Teil wartet*

    Jedenfalls haben wir nun Aufnahmen. Hoffentlich kann unser Feuerpinsel seine ganze Magie wirken lassen. Ansonsten wird das ein Problem. Denn so kurz vor dem Ziel der Erkennung wäre das wirklich ein Ärgernis.
    Finde persönlich auch toll, wie Paul Semir nochmals versichert hat, dass er nicht alleine ist. :)