Semir ging in Richtung eines Taxistandes und bat einen Fahrer, ihn mitzunehmen. Während der Fahrt, unterhielt man sich mit Belanglosem und Semir wurde vor seiner Haustür abgesetzt, wo diese direkt aufsprang und Ayda rausgerannt kam. „Papa!“, freute sie sich und umarmte ihren Vater stürmisch. „Hey Süße“, begrüßte Semir seine Tochter und erblickte Andrea, die an der Türschwelle stand. „Ja...ich weiß...“, murmelte Semir und Andrea zog eine Augenbraue hoch. „Ich denke, Alex hat dir schon eine kleine Standpauke gegeben“, murmelte sie und küsste Semir zur Begrüßung. „Wie geht es Alex denn?“, fragte Ayda neugierig. „Besser, er ist nun auf der normalen Station und kann mehr Besuch empfangen!“ Ayda blickte zu Andrea. „Ja, wir gehen morgen zu ihm“, stellte sie auf die stumm gestellte Frage und ging mit allen ins Haus. Dana zeichnete mit Lilly zusammen und beide sahen auf, als Semir, Ayda und Andrea hereinkamen. „Hallo Papa“, begrüßte Dana ihren Vater und dieser nickte kurz. „Papi!“, jauchzte Lilly und hüpfte zu Semir, der sie hochhob. Und Semir musste zugeben, er hatte diese Wärme, das familiäre deutlich vermisst.„Kommt ihr voran?“, fragte Andrea leise und Semir zuckte mit den Achseln. Andrea verstand und nahm Semir Lilly ab. „Lasst Papa ein wenig ausruhen, ihr seht ja das Pflaster auf seinem Kopf.“, mahnte sie Lilly und Andrea und Dana stand auf. „Kommt Mädels, wir hatten ausgemacht, wenn Papa zurück ist, räumen wir die Zimmer auf!“ Ayda und Lilly stöhnten und Dana verschränkte die Arme. „Versprochen ist versprochen und wird nicht gebrochen!“, sagte sie strenger und die Beiden Mädchen folgten ihrer großen Halbschwester ins obere Stockwerk. Semir setzte sich auf die Couch und legte die Füße hoch, da sich alles zu drehen begann. „Ich hatte mir wirklich Sorgen gemacht“, flüsterte Andrea und setzte sich neben Semir auf den Boden. „Na hör mal, bis ich das Maß an Sorgen aufgeholt habe die du mir in den letzten Monaten bereitet hast, habe ich noch lange Zeit.“ Andrea musste kurz lächeln und nahm Semirs Hand. „Wir sollten nicht wieder beginnen, uns gegenseitig aufzurechnen...“ Semir nickte leicht und hielt sich den Kopf. „Ich hole den Eisbeutel. Und dann schläfst du mir ein bisschen...“„Andrea...“„Keine Widerrede!“, bestand Andrea darauf und begab sich in die Küche. Auch wenn es sein männlicher Stolz nicht zugab, so war Semir froh, wieder von seiner Frau verhätschelt zu werden.
„Was ein Chaos...“, stöhnte Joshi als sie den Arbeitstisch ansah und Hartmut stemmte die Hände in die Hüfte. „Nun ja, beschwere dich nicht, dass du zu wenig Arbeit bei mir hast!“ Joshi und Hartmut sahen sich an und grinsten. „Wäre mir doch nie in den Sinn gekommen!“, lachte Joshi und blickte auf die Aufzeichnungen Müller Seniors. „Du bist die mit dem photographischen Gedächtnis, also überlasse ich dir gerne diese Arbeit!“„Nein bist du gütig“, entgegnete Joshi sarkastisch und begann die Diskette auf den Computer zu laden, während das Buch begann durchzulesen. „Scheint, als würde dich das Thema noch interessieren!“, durchbrach Hartmut die Stille, als er Joshis tiefe Falte auf der Stirn erblickte. „Nun ja, als ich auf der Welt war wurde Deutschland gerade offiziell wiedervereinigt. Ich habe die DDR also nie miterlebt...“ Hartmut nickte verstanden. „Aber schon schrecklich...ich meine, ständig überwacht zu werden...“„Entschuldige, was haben wir denn mit der NSA heute...?“ Joshi wippte mit dem Kopf hin und her. „Das schon...aber wir werden nicht mehr erschossen, wenn wir fliehen wollen...“ Hartmut musste ihr recht geben. „Jedenfalls schien Müller Senior zu den hohen Tieren gehört zu haben. Da steht allerhand Zeug drinnen...“ Hartmut zuckte mit den Achseln. „Genug damit Daniel seinen Vater erpressen konnte.“ Joshi nickte, stützte danach mit eine Seufzen ihren Kopf auf einer Hand ab. „Aber eines macht trotzdem keinen Sinn...warum töten die Daniel? Ich meine, wenn sie an das ganze erpresste und hinterzogene Geld wollen...brauchen Sie ihn doch? Man sieht ja, was jetzt passiert!“ Hartmut setzte sich neben Joshi und atmete tief durch. „Menschen sind manchmal nicht zu begreifen!“„Wohl gesprochen Konfuzius!“, scherzte Joshi und Hartmut wuschelte ihr im Haar herum. „Aha!“, rief Hartmut mitten in der Nacht und Joshi erwachte aus ihrer Trance. „Mit deinem Aha, hast du mir beinahe einen Herzinfarkt beschert!“, keuchte sie und Hartmut zeigte auf seinen Bildschirm. „Lars Nathan war Mitarbeiter bei Müller. Und als ich seinen Facebook-Account durchsucht habe, habe ich das gefunden!“ Joshi gesellte sich neben Hartmut und sah auf ein Profil. „Anja Dietrich. Die ist ja nur so alt wie ich...mal sehen...“ Joshi las das Profil durch und musste Hartmut anerkennend auf die Schulter klopfen. „Nichte von Müller Senior! Hartmut, du bist ein Genie!“, lachte sie und Hartmut schwellte seine Brust. „Jedenfalls haben wir damit sicher den Tag...oder den nächsten Tag gerettet....“
Als Semir am nächsten Tag sich auf der Couch wiederfand, drang ihm der angenehme Geruch von Kaffee in der Nase. „Morgen!“, begrüßte Andrea ihren Schatz und reichte ihm eine Tasse Kaffee, nachdem sich Semir aufgerichtet hatte. Semir nahm sofort einen Schluck und streckte sich. „Du hättest mir sagen können...dass ich eingeschlafen bin...“„Ach, du sahst so friedlich aus“, feixte Andrea und setzte sich neben Semir. „Jaja...hat sich Bonrath gemeldet?“„Ja, er kommt dich bald abholen, Hartmut und eine gewisse „Joshi“ haben was rausgefunden...“„Seine neue Assistentin“, erklärte Semir sofort, „sie heißt eigentlich Johanna und ist ein kluges Mädchen. Große Klappe, aber ich mag sie."
Andrea nickte verstanden und es klingelte sofort an der Türe. „Oh, das ist er wohl.“ Andrea stand auf und ging zur Türe. „Wo sind eigentlich die Kinder?“, fragte Semir nachrufend. „In der Schule!“, antwortete Andrea und ließ mit einem Lächeln Bonrath herein. „Na?“, begrüßte dieser Semir, „was macht der Brummschädel?“„Brummt vor sich hin“, antwortete Semir und stand auf. „Wo geht’s hin?“ „Zu der Nichte von Müller Senior. Sie war mit Lars Nathan befreundet!“ Semirs Gesicht erhellte sofort auf. „Na wenigstens eine gute Nachricht!“, lachte er und lief mit neuer Lebenskraft voraus. „Ehm, Hallo?“, empörte sich Andrea und Semir eilte sofort zurück, um seiner Liebsten einen kräftigen Schmatz auf den Mund zu geben. „Bis naher!“ Mit diesen Worten waren Semir und Bonrath verschwunden. Anja Dietrichs Wohnung war mitten in der Stadt und Semir pfiff erstaunt aus, als er mit Bonrath ausstieg. „Sind das nicht Altbau-Wohnungen?“ Bonrath nickte auf Semirs Frage. „Und nicht gerade billig!“, fügte er seiner Geste hinzu und ging mit Semir zur Wohnung. Er klopfte, doch es kam eine Antwort. „Hast du wieder Schreie gehört?“, fragte Bonrath und Semir schüttelte mit dem Kopf. Er stand auf seinen Zehenspitzen und guckte durch den Türspion. „Da ist jemand drin!“, murmelte Semir und er und Bonrath wichen zurück, als sich die Türe öffnete und ihnen eine Waffe entgegenblickte. „Fallen lassen!“, drohte eine Männerstimme. „Auf keinen Fall!“, knurrte Semir, der mit Bonrath seine Waffe im Doppelhändigen Anschlag genommen hatte. Die Tür öffnete sich weiter und eine zweite Person mit Waffe erschien. „Anja Dietrich nehme ich an...“, murmelte Semir und konnte die saftigen Augenringe nicht ignorieren, die diese Frau hatte. „Er sagte Waffe fallen“, schluchzte sie und schoss genau zwischen Semir und Bonrath durch, so dass die Kugel in die Wand eindrang. Bonrath erschrak so derartig, dass der Mann ihn zur Geisel nehmen konnte und die Waffe an die Schläfe hielt. „Okay, okay!“, stieß Semir aus, legte seine Waffe auf den Boden und kickte sie die Treppen hinunter. „Wir können das noch friedlich lösen!“
Anja packte Semir, riss ihn in die Wohnung und schlug die Türe hinter sich zu. Sie stieß ihn auf den Boden. „Hände hinter den Kopf!“, drohte sie und Semir tat, wie ihm befohlen. Er spürte den heißen Lauf der Waffe in seinem Nacken. Neben ihn kniete Bonrath auf den Boden und wurde von dem Mann sogleich niedergeschlagen. „Dieter!“, stieß Semir aus und Anja schrie ihn erneut an. „RUHE!“ Der Mann beruhigte sie, nahm sein Handy hervor und wählte eine Nummer. „Und nun sagen Sie Ihrer Chefin, was passiert ist...“ Semir schüttelte mit dem Kopf. „Kommen Sie Gerkan, so schwierig ist das nicht...“ Es klopfte an der Türe und Anja schoss ohne zu zögern durch die Türe. Ein lauter Schrei war zu hören. „Oh mein Gott!“, schrie Semir und Anja ging zur Türe. „Anja, lass den Scheiss!“, mahnte auch ihr Partner, doch Anja öffnete die Türe und richtete die Waffe gegen die Leute, die sich über eine schwer verletzte Frau gebeugt hatte. „Raus hier! Alle!“, drohte sie und ein Mann hob die Frau und rannte mit ihr die Treppe hinunter. Semir hörte, wie am anderen Ende abgenommen wurde. „Krüger? Kripo Autobahn?“, erklang es am anderen Ende und der Mann drückte das Gerät leicht an sein Ohr. „Hören Sie gut zu. Wir haben Ihre Männer in unserer Gewalt. Wir wollen 2'000'000 Euro, ansonsten werden Sie Ihre Männer nicht mehr wiedersehen!“
„HÖREN SIE NICHT AUF IHN CHEFIN!“, schrie Semir ins Telefon und wurde von Anja auf den Boden gedrückt. „Schnauze!“, zischte sie, „Ihr habt alles kaputt gemacht! Dann könnt ihr auch für den Schaden aufkommen!“ Semir schnaubte, versuchte sich zu befreien, doch Anja hatte ihr Knie zwischen Semirs Schulterblätter gedrückt und er hatte keine Chance, zu entkommen.