„Frau Staatsanwältin“, wollte Ben noch ansetzten, doch der Blick von der Schrankmann verriet alles. Ohne eine Verabschiedung, ging sie wieder in ihren Wagen und fuhr davon.
„Was für eine blöde…“
„Ben bitte!“, unterbrach Semir seinen Partner und atmete tief durch, „Ich hätte von Anfang an auf dich hören sollen!“ Ben seufzte. „Eine Suspendierung ist nicht aller Tage Abend…jedenfalls hat das dich noch nie aufgehalten!“ Semir nahm sein Handy auf Bens Satz hin hervor, als es klingelte und nahm ab. „Semir Gerkan?...David?“ Bens Ohren spitzen sich. „Ja…du hast es auch gehört…ja Suspendierung…nicht dein Problem Kumpel…“, in dem Moment kam Semir eine Idee, „du willst helfen? Gut – ich bin suspendiert und mein Partner hat ein leichtes Handicap, wir brauchen also deine Hi…bitte WAS?“ Lange sagte Semir nichts. Im Gegenteil. Er schnalzte immer wieder mit der Zunge. „Tu‘ nichts blödes David…warte dort, wir kommen sofort! Warte vor Mosners Wohnung bitte!“ Er hängte auf und sah Ben mit grossen Augen an. „David hatte eine Notiz auf dem Bett Riemanns, als er wieder aufgewacht war. Dort drin stand, das Riemann zu Mosner will – er solle ihm nicht nachkommen…“
„Vielleicht konnte er sich wieder an Dinge erinnern…was, wenn Mosner wirklich dahinter steckt?“ Semir massierte sich kurz das Gesicht. Ben erkannte den inneren Kampf, den sein Partner führte. „Ach komm, das mit der Suspendierung haben wir einfach nicht gehört!“, grinste er darauf hin und Semir erwiderte das Grinsen.
Sie stiegen in den Wagen und Semir fuhr los. In dem Moment klingelte Bens Telefon. Er kramte es aus seiner Tasche und nahm ab. „Hartmut was gibt’s?“, fragte er direkt, „Warte, ich stell‘ auf laut!“, er drückte auf die Lautsprechanlage und hielt das Handy so, dass Semir auch gut hören konnte.
„Hört zu Leute, Riemann ist nicht von selbst gefahren! Ich habe Plastikrückstände an dem Lenkrad gefunden und im Motor war eine Vorrichtung angebracht!“
„Vorrichtung?“, fragte Semir nach.
„Genau Vorrichtung. Der Wagen wurde ferngesteuert. Ich habe es genau untersucht. Riemann muss bewusstlos gewesen sein. Die Hände waren an das Lenkrad gefesselt – wahrscheinlich hat die jemand noch heimlich entfernt, bevor bei Riemann angelangt wart.“
„Gut, das erklärt aber nicht, wieso nur Fingerabdrücke von Riemann an der Waffe waren“, warf Ben ein und man hörte, dass Hartmut Luft holte.
„Auch dazu habe ich eine Erklärung – der Mediziner hat leichte Hämatome auf den Fotos von Riemanns Händen gesehen…“
„Jemand hat seine Hände gepackt und so das Messer geführt…“, schlussfolgerte Semir und bekam eine Bestätigung von Hartmut.
„Super gemacht Hartmut, vielen Dank!“, sagte Ben und hängte auf. Danach zog er die Armschlinge ab.
„Was um Himmels Willen machst du da?“, fragte Semir entsetzt und Ben zog seine Waffe hervor um sie zu überprüfen. „Riemann will Mosner bestimmt in der Wut fertigmachen. Sonst ginge er nicht einfach so zu ihm. Das ist die reinste Kamikazeaktion.“ Semir musste seinem Partner recht geben. „Sicher dass es geht?“
„Sicher“, antwortete Ben direkt und Semir fuhr bei der Wohnung Mosners vor, wo auch gerade ein silberner Alfa hielt und David ausstieg. Wie auch Ben hielt er schon seine Waffe bereit. „Es tut mir leid Semir, ich hätte Noah niemals sagen sollen dass…“ Semir winkte ab und man hörte Geschrei in der Wohnung. „Verdammt!“, fluchte Ben und sie teilten sich auf.
Semir begab sich zum Hintereingang, wo er durch die Scheibe der Türe durchsehen konnte. Riemann hielt eine Pistole in der Hand und richtete sie gegen Mosner, der zwar die Hände in der Luft hatte, ansonsten keine einzige Miene verzog. Dumpf konnte er hören, was sie sagten.
„Du hast ihn umgebracht…warum?“ Riemanns Stimme bebte.
„Er hat unsere Familie befleckt…ich stehe für Ehre und das Altbewährte! Einen Mann lieben – wie weit muss man sinken…ich habe meine ehemaligen Kollegen aus meiner Armeezeit gebeten, mir zu helfen…gegen ein kleines Sümmchen, waren sie dazu bereit.“
„Du bist das Letzte“, zischte Riemann zurück und Semir entsicherte seine Waffe. „Und dich musste ich doch auch los werden Noah. Du hast ihn schliesslich dazu gebracht, so etwas Abstossendes zu werden!“ Semir wollte gerade hinein, als er Davids Stimme vernahm. „NOAH WAFFE RUNTER!“, schrie er mit seiner dunklen Stimme und diese ging wieder durch Mark und Bein.
Semir wartete ab und hörte, wie Ben hinter ihm auf ihn zukam. „Und?“ „Niemand ist sonst im Haus, ich bin sogar den Baum raugeklettert um nachzuschauen!“
„Mit deinem Arm? Wie ging denn das?“ Ben zog eine Augenbraue hoch. „Och ging ganz einfach, ich umfasste die Äste und zog mich hoch. Hab ich schon mit vier Jahren gelernt.“ Semir schnaubte kurz und widmete sich wieder dem Geschehen.
„Lass mich in Ruhe David – das ist meine Sache!“, sagte Riemann lauthals und spannte den Finger um den Abzug. „Tu’s nicht“, appellierte David nun sanfter und Riemann schüttelte mit dem Kopf. „Dieser Mann hat mir mein Leben genommen“, flüsterte er mit einem Schluchzen, „die Autobahn bemüht sich, sie bemüht sich, aber sie findet nichts! Ich werde im Knast enden! Also ist’s nur fair, dass ich auch wirklich in den Knast komme für etwas, was ich wirklich getan habe!“
„Noah sie werden was finden, ganz bestimmt!“
Semir und Ben wussten, dass sie einschreiten mussten, doch in dem Moment wurden die Beiden von hinten gepackt und verschwanden in der Dunkelheit des Waldes, er sich hinter dem Haus befand.