Beiträge von jenni

    Hakan Yanar fühlte, wie sich alles vor Angst in ihm zusammenzog. Er fuhr mit seinem silbernen Audi durch den dichten Verkehr der Autobahn mit überhöhter Geschwindigkeit. Sein Tempo war höchstkriminell. Er musste sein Ziel erreichen, ansonsten wäre es um ihn geschehen. Immer wieder hupte er heftig und die Fahrer der anderen Autos machten ihm auch tatsächlich Platz. Allerdings wurde er immer mit einem Hupkonzert verabschiedet. Einmal glaubte er sogar, einen Mittelfinger zu sehen. Bestimmt würde die Fahrer in ihren Autos schimpfen, mit Wörtern an die er gar nicht denken wollte, doch er musste es tun. Unter seinem Sitz befand sich eine Bombe. Ein Behälter voller Nitroglyzerin, an dem ein Zeitzünder angebracht wurde. Er sass direkt auf der Waffe, die seinen Tod bedeuten konnte. Schneller, immer schneller, drängte sein Kopf und sein Fuss drückte immer mehr aufs Gaspedal. Dabei merkte er nicht, wie er einen silbernen BMW überholte.

    „Sag mal geht’s dem noch?“, fragte Semir und zeigte auf das Auto. Ben schaltete sofort die Sirenen ein. „Na los hinterer du Hengst!“, forderte er und Semir trat aufs Gaspedal. Sie fuhren dem silbernen Audi hinterher. Ben holte die Kelle aus dem Handschuhfach und hob sie aus dem Fenster. Durch den Wind zerzauste seine Frisur. Doch der Audi beschleunigte noch mehr. „Ich liebe es ja wenn sie mich ignorieren…“, grummelte Ben, zog seine Hand wieder zurück und Semir nahm ebenso mehr an Tempo an. „Wär‘ doch gelacht wenn ich den nicht einhole. Übrigens, mal was von kämmen gehört?“ Ben schloss das Fenster und sah sein gespiegeltes Ich. „Ich lach mich tot“, erwiderte er dann und Semir schaffte es, auf Höhe des Fahrerfensters des Audi zu fahren. Er liess sein Fenster runter und der Fahrer des Audis tat es ihm gleich. In dem Moment glaubte Semir, dass ihm die Luft wegblieb. „Hakan?“, stockte er hervor. „Semir, alter Freund, hilf mir!“, schrie dieser panisch und Semir sah ihn entsetzt an. „Bist du wahnsinnig mit dieser Geschwindigkeit hier rumzufahren?“ Hakan zitterte und war kreidebleich. „Ich kennt euch?“, fragte Ben verwundert und Semir winkte ab. „Ich habe keine andere Wahl Semir, bitte du musst mir glauben! Mu…Mura…ich habe eine Bombe unter meinem Sitz wenn ich nicht…“ In diesem Moment ging Hakans Wagen in Flammen auf, der laute Knall hallte Semir in den Ohren und die Druckwelle der Explosion erreichte seinen Wagen, der durch die Luft geschleudert wurde.

    Sooo, da vier Minuten so gut wie beendet ist darf ich hier den Nachfolger vorstellen - "Auf der anderen Seite".
    Seit gespannt denn nichts ist so wie es scheint :)
    An dieser Stelle möchte ich nochmals gerne den Aufruf machen: Schickt mir eure Ideen für meine alten, spinnenverwebten Storys. Helft mir sie zu beenden :):)

    Lieber Gruss
    Jenni

    Prolog

    „Komm schon, was ist es? Was ist es?“ Ben sah Semir mit einer hochgezogenen Augenbraue an. „Zum letzten Mal, ich sage dir nicht, was ich dir schenke! Eine Geburtstagsüberraschung sollte eine Geburtstagsüberraschung sein!“, zischte er und Semir zog einen Schmollmund. Sie sassen gemeinsam in Semirs BMW und fuhren Streife. Es war eine der stürmischeren Tage im Kölner Gebiet. Es regnete stark und deshalb fuhren die ganzen Autos im Schneckentempo. Es herrschte dicker Novembernebel und obwohl bereits Mittag war hatte Semir das Gefühl in tiefer Nacht zu fahren.
    Ben bemerkte den Blick und schüttelte mit dem Kopf Dabei lächelte er. „Du könntest den süssesten Hundeblick haben, du kriegst mich nicht rum!“, sagte er bestimmt und Semir gab seufzend auf. Fürs erste zumindest. „In diesen Momenten hasse ich deinen Dickkopf!“, grummelte und Ben grinste breit. „Kann ich mir vorstellen“, gab er zurück und zückte sein Handy hervor als es klingelte. Er blickte kurz auf den Display und nahm ab. „Chefin was gibt’s?“, begrüsste er seine Anruferin und Semir zog auf den Namen „Krüger“ die Mundwinkel nach unten. Dabei schüttelte er sich und symbolisierte so den Schauer, der über sein Körper ging. „Bitte nicht…“, murmelte er für sich leise und schüttelte mit dem Kopf. „Ja…alles läuft wie geplant…alles ist ruhig…“ Dann sagte Ben für eine Weile nichts mehr, sondern nickte nur, was Semir stutzig machte. „Gut…ich wünsche Ihnen auch einen schönen Tag…“ Mit diesen Worten hängte Ben auf. „Was sollte das denn gerade?“, fragte Semir neugierig und Ben steckte sein Handy wieder in die Jackentasche. „Was sollte was gerade?“, fragte dieser frech zurück und Semir liess seine Wimpern klimper. „Ich wünsche Ihnen auch einen guten Tag…sag mal, hat dir jemand ins Gehirn geschissen, oder hast du dich heimlich gegen mich verschworen?“ Ben lachte. „Man darf doch mal nett sein oder?“ Semir rollte mit den Augen. „Sicher – vor allem wenn es die Krüger ist!“ Ben konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen und legte die Hände hinter den Kopf. „Denk was du willst…“, sagte er noch knapp und summte vergnügt ein Lied vor sich hin. Semir traute dem Braten nicht – irgendwas war doch faul.

    Es vergingen zwei weitere Wochen, bis Lukas aus dem Krankenhaus entlassen wurde. Freudig stand er an seinem Bett und packte seine Sachen ein. Raus - raus aus diesem Rattenloch! Er ignorierte seine schmerzenden Wunden und räumte alles, in einem Haufen in seine Tasche. Als es an seiner Tür klopfte, bat er seine Besucher herein. Es waren Ben und Semir. Beide in ihrer Arbeitskleidung. Sie waren wieder im Dienst. "Mein Taxi", scherzte Lukas begeistert und begrüsste Beide mit einem Handschlag. "Und ihr habt es geschafft, den Wagen nicht zu schrotten bevor ihr hier seid...." Er ging zurück und packte pfeiffend seine Sachen ein. Ben beugte sich zu Semirs Ohr. "Man merkt, dass die Krüger ihn besucht hat", grummelte er und Semir nickte seufzend. "Er hat leider was gegen uns in der Hand...er kann uns erpressen...", fügte er seiner Geste hinzu und Ben grinste. "Lieber so...als anders findest du nicht?" Semir lächelte und Lukas hing seine Tasche um. "Ich bin bereit, wir können los!", sagte er enthusiastisch und gemeinsam verliessen sie das Krankenhaus. Sie liefen in einem gemütlichen Schritt zum Krankenhausparkplatz. "Lukas, die Kollegen und ich hatten uns was ausgedacht!" Lukas sah Ben neugierig an. "Wir wollen für die Kinder ein Ersatzkonzert machen. Jedenfalls meine Band und die von einem LKA-Beamten. Wir finden, die Kinder sollten nicht nur eine schlechte Erinnerung an die Polizei haben!" Lukas dachte nach. "Also ich werde dabei sein...meine Band zweifle ich eher, die sind immer noch nicht drüber hinweg..." Ben sah ihn an. "Kannst du auch ein Instrument spielen?" Lukas bestätigte. "Gitarre weshalb fragst du?" Ben lächelte. "Nun ja, weisst du ich kann meine Hand noch immer nicht so gut bewegen und ob meine angekratzte Stimme für alle Songs reichen wird?" Lukas grinste. "Soll das ein Angebot sein?"
    "Aber natürlich ich brauche einen Partner. Was meinst du", er streckte die Hand aus, "Deal?" Lukas schlug ein. "Deal!"

    Semir fuhr die Beiden zu Bens Appartement, da sie Lukas am Abend abgeholt hatten, konnten sie mit ihm den Feierabend feiern. Es sollte ein reiner Männerabend der drei werden. Michael ging nämlich in den Urlaub um sich zu erholen und Kim Krüger schied wegen ihres Geschlechtes aus. Man entschied sich zu einem Pastaabend mit viel Käse und Sosse. Natürlich floss auch das Bier in Strömen und im angeheiterten Zustand begannen Ben und Lukas, das Konzert zu planen. Es sollte die Kinder von ihrem Schmerz ablenken, zumindest für einen kleinen Augenblick.

    Köln, eine Woche später

    Langsam, langsam aber sicher konnte er seine Augen öffnen. Sein Körper war schwer und ein unbewegliches Objekt. "Er kommt zu sich", hörte er eine bekannte Stimme von weitem jauchzen und er spürte, wie jemand über seinen Kopf strich. "Lukas...Lukas...komm schon wach auf!", drängte nun eine andere Stimme und Lukas versuchte, ihr Folge zu leisten. Was er als erstes sah, war schneeweisses Licht. Er schloss die Augen vor Schreck nochmal kurz, öffnete sie dann aber wieder und erblickte dunkle Silhouetten. "Junge...was haben wir uns Sorgen gemacht..." Diese Stimme erkannte er nun - Michael! Die Silhouetten bekamen Gesichter. Ben, Michael, Andrea und Semir! "Semir...", stiess Lukas heisern aus und konnte seine Freude nicht verbergen. Tränen liefen ihm über die Wange und diese stoppten beim Nasenschlauch. Anscheinend musste er beatmet werden. Semir trug einen Trainingsanzug und hing noch an einer Infusion. Aber er durfte gehen und hatte Farbe im Gesicht. Ben selbst, hatte einen Arm in der Schlinge und zeigte sein grösstes Lächeln. Michael rang mit der Fassung und Andrea war die Person, die ihm über den Kopf gestrichen hatte. "Ihr seht alle ziemlich fertig aus...", krächzte Lukas und alle lachten. "Na hör mal", begann Semir gespielt entrüstet, "wir sind über eine Woche schichtenweise an deinem Bett gesessen. Ich möchte dich da sehen!" Lukas atmete kurz durch. Er war müde, schwach und alles war wie blei. Doch er wollte nicht wieder einschlafen. "Eine Woche, so lange war ich weg?" Alle nickten, doch Ben sprach aus, was alle nicht wollten. "Du warst so gut wie tot Kleiner. Man musste dich zwei Mal wiederbeleben. Der Blutverlust war sehr hoch. Man hatte uns schon gesagt, dass wir die Hoffnung aufgeben sollten..." Lukas musste dies kurz verarbeiten. "Und was ist mit euch?", fragte er danach ablenkend und nun ergriff Semir das Wort. "Nun ja, ich muss auch noch eine Weile dableiben. Jedoch darf ich seit zwei Tagen mich endlich wieder bewegen!"

    "Ben war kurz, nachdem alles vorbei war, zusammengeklappt", bemerkte Andrea trocken mit einem klaren Seitenhieb und Ben fletschte die Zähne. "Musstest du das nun unbedingt erwähnen?" Lukas lächelte leicht. "Jedoch geht's auch mit mir bergauf. Ausserdem sind wir alle nur froh, dass du wieder zu uns gehörst..." Lukas atmete nochmals tief durch, denn eine Frage interessierte ihn noch. "Was ist mit Daniel!" Alle sahen zu Michael. Nun war es an ihm - zu berichten. "Er ist tot, er hatte Ben angeschossen und wollte dann dich erschiessen, da habe ich handeln müssen...deshalb werden wir wohl nie erfahren, weswegen er die Seiten gewechselt hat..." "Er war von Macht zerfressen...", murmelte Lukas und kämpfte kurz mit den Tränen, als er dann Semirs Hand auf seiner Schulter spürte. "Das hat Zeit Kleiner...werd' erst wieder gesund ok?" Lukas nickte und krallte sich danach an Semir.

    Mit einem harten Aufprall gingen sie zu Boden. Ben richtete sich leicht auf, damit er seine Chefin nicht unter sich begrub. "Alles in Ordnung?", fragte er zähneknirschend und sie nickte. "Was ist mit ihrem?", fragte sie und sah auf den linken Arm, wo sich eine Stelle rot verfärbte. "Nur ein Streifschuss", erwiderte er und in diesem Moment hörten sie einen weiteren Schuss. Knapp über ihnen zog eine Kugel vorbei und schlug in eine Wand ein. Ein leises Ächzen war zu vernehmen und danach war es für einige Sekunden still. Ben und Kim Krüger sahen, wie Daniels Kopf nach hinten kippte und er mit einem Loch in der Stirn und weit aufgerissenen Augen zu Boden ging. Michaels lauter Atem war deutlich zu hören. Zuerst blieb er noch an Ort und Stelle, danach regte er sich, rannte auf Lukas zu und schaltete dabei noch den Mann aus, der an Daniels Seite war. "Verdammt Lukas..." Kim und Ben standen gleichzeitig auf und die Chefin der Autobahnpolizei half ihrem Kollegen, den Jungen, der so gut wie tot schien, loszubinden. Ben hielt sich den verletzten Arm und musste hilflos mit ansehen, wie Kim zwei Finger an Lukas Hals legte und Michael geschockt ansah. "Er hat kaum noch Puls!", keuchte sie und die Beiden begannen sofort, den Jungen wiederzubeleben. "Jäger!", holte Kim ihren Kommissaren wieder aus der Trance, "rufen Sie sofort einen Krankenwagen! Am besten einen von Dortmund! Wir brauchen ihn sofort!" Ben nickte, zückte sein Handy hervor und rief sofort den Notarzt. Er nannte die Adresse und versprach, einen SEK-Mann zu schicken, der dem Wagen entegegenlaufen würde. Als er abhängte sah er, wie Kim Lukas Luft zuführte und sich der Brustkorb des Jungen dabei hob. "Komm schon Kleiner", flüsterte Ben und in dem Moment kam ein SEK-Leiter auf ihn zu. "Wir haben alle. Es gab ein paar Verluste der anderen Seite..." Ben bedankte sich für die Information und bat den Leiter, einer seiner Männer zu schicken. "Selbstverständlich", sagte er und verschwand.

    Michael drückte immer wieder Lukas Brust nach unten um das Herz anzuregen. Der Junge war schneeweiss, blutleer. Seine Augenlider waren feuerrot und Schweiss lief über seine Stirn. "Komm schon...", spornte Michael ihn an, "wehe du stirbst mir hier weg! Dann komm ich persönlich in die Hölle und verprügle dich!" Als er mit seinem Teil der Reanimierung fertig war nickte er Kim zu und diese flösste Lukas wieder Luft zu. Ben hörte von weitem einen Krankenwagen der sich immer schneller näherte. Als er das Quietschen von Bremsen, und das Laufen von Füssen hörte, betete er, dass die Rettungskräfte nicht zu spät waren.
    Mit einem enormen Tempo liefen diesen, geführt von einem SEK-Beamten, in den Raum und baten Michael und Kim sich zu entfernen. Als der Arzt Lukas an ein EKG angeschlossen wurde, gab es nur ein langgezogenes Piepen. "Verdammt, sofort Defi!"

    Kapitel 10
    We've only got 4 Minutes, to save the world
    Madonna feat. Justin Timberlake - 4 Minutes

    Lukas konnte nicht mehr. Trotz offenen Augen glaubte er, beinahe zu schlafen. So bekam er es kaum noch mit, wie Daniel ihn am Kragen packte und ihn herausschleifte. "So nun kannst du nur hoffen, dass deine Kollegen dich retten." Lukas hörte den Satz schon gar nicht mehr. Daniel band den Bewusstlosen auf einen Stuhl und fesselte ihn dort fest. Er wusste nicht, dass Ben und die Anderen bereits ins Gebäude eingedrungen waren. Kim und Michael hatten zwei Wachen ausgeschaltet gehabt und Ben rannte voraus, um drohende Gefahren auszuschalten. Tatsächlich wollte ein Mann auf einer der vielen Treppen auf ihn schiessen, doch Ben war schneller. Getroffen fiel der Mann über das Geländer und blieb auf dem Boden liegen. "Weiter", wies Ben an und die Anderen folgten ihn. Es war genau die Erste von vier Minuten angebrochen. Weitere Männer rannten auf die drei zu, wurden aber von SEK-Beamten, die sich auf die Lauer gelegt hatten, erschossen. "Los, los, los!", spornte Kim an und tatsächlich kamen sie weiter. Jeder pumpte kräftig mit seinen Armen mit und tat alles um weiter zu kommen. Sie erreichten einen Saal, der wohl als Wohnzimmer als einer der untren Wohnungen gedacht war. Die Türe war geschlossen, doch konnten sie alles hören. "Scheint als wäre er bewusstlos Boss...", murmelte eine tiefe Stimme. "Das weiss ich selber Idiot", zischte eine Andere und alle drei konnten das Entsichern einer Waffe hören. "Jetzt?", fragte Ben flüsternd und Kim nickte. "Jetzt!" Beide Autobahnpolizisten holte mit ihrem Bein aus und traten die Türe auf. "Waffe runter!", schrie Kim und stand aufecht. Ben hatte sich gekniet und Michael hatte sich neben Kim gestellt. Dieser riss seine Augen weit auf, als er Daniel sah. "Du...?", stiess er aus und auch Kim staunte nicht schlecht. "Das...kann nicht sein...", murmelte sie.

    Daniels Mitmann liess eine Waffe vor Schock fallen, doch der ehemalige BKA-Kommissar selbst, hielt seine Mündung gegen Lukas' Kopf. "Ich würde das an eure Stelle nicht tun...", warnte er und spannte seinen Finger um den Hahn. Ben sah seine Kollegen an, diese taten es ihm gleich und jeder sah dem Anderen an, dass sie dieses Risiko nicht eingehen wollten. Sie legten ihre Waffen auf den Boden. "Hören Sie Meier, alle Ihre Männer sind gefasst. Diese werden schnell gestehen. Es ist aus!", sagte Michael bestimmt und Daniel lachte. "Das mag vielleicht sein! Aber zu dieser Zeit leben Sie drei nicht mehr. Denn ich sehe, dass Sie meinen Kollegen nicht dabei haben!" "Wie wenn er tot ist", zischte Kim und zum ersten Mal zeigte Daniels Gesicht Regung. Seine Augen weiteten sich. "Er ist...nicht mehr am leben?", fragte er und Kim nickte. "Allerdings..." Daniel kochte vor Wut, riss seine Waffe auf sie und Ben stand auf. Mit einem Hechtsprung riss sie nach unten. "CHEFIN!", schrie er dabei Kim sah, wie Blut aus dem linken Arm ihres Kommissares trat.

    "Wir werden um 16:30 eine Stürmung vornehmen. Genau vier Minuten vor Ablauf der Übergabefrist..." Semir sah Ben fragend an und dieser erzählte die ganze Geschichte. Von Semirs Befreiung, bis zu Lukas Austausch und der Entführung. "Sie haben ihn schon gefoltert gehabt Semir, er hatte jedenfalls bitterlich geweint..." Semir strich sich mit einer Hand übers Gesicht und atmete tief und heftig. Er musste die Aufregung unterdrücken. Eine kleine Aufregung, und seine Milz würde wieder reissen. Ben bemerkte dies und sah ihn besorgt an, bereute sofort, dass er so ehrlich war. "Semir ich...", begann er doch kam nicht weiter, da Semir die andere Hand hob. "Nein Ben...ich bin dir dankbar dass du so ehrlich zu mir bist...wirklich!" Andrea sass neben Ben und hörte den Dingen gespannt zu, nun mischte sie sich ein. "Wirst du etwa an der Stürmung teilnehmen?", fragte sie entsetzt und Ben nickte. Semir jedoch zeigte keine Regung. So war sein Partner, und er hätte es genauso gemacht. In dem letzten Moment einen Rückzug machen - sicher nicht! "Natürlich...ich bringe dir Lukas zurück Semir, ich schwöre es!" Semir nahm Bens Hand und drückte kurz zu. "Ich weiss, ich weiss dass du es schaffst Ben und dafür bin ich dir dankbar!" Semir richtete sich zitternd auf und nahm seinen Partner in die Arme. Dieser war für einen kurzen Moment überrascht, legte dann aber auch seine Arme um den Deutschttürken. "Bitte pass auf dich auf Kumpel...", sagte Semir leise und Ben nickte kurz. "Aber natürlich. Mir wird nichts passieren, ich schwöre es dir. Und Lukas wird auch noch am Leben sein! Das schwöre ich dir!" Er stand auf und umarmte auch Andrea kurz zum Abschied. Danach verliess er das Zimmer. "Es wird doch alles gut, oder?", fragte Semir Andrea ängstlich und diese nickte. "Aber natürlich! Ben hat in dieser Beziehung einen grossen Dickkopf. Wie du ,und bisher hast du doch immer alles geschafft Schatz!" Sie gab ihrem Mann einen Kuss auf die Wange.

    Der Nachmittag verging schnell und die Gruppe erschien wie abgemacht um 16:00 am vereinbarten Treffpunkt. An einer Lichtung die nahe dem Hintereingang des Wohnhauses war. Kim Krüger, Michael und Ben hatten ihre Schiesswesten und Handschuhe angelegt gehabt. Die SEK-Männer erschienen in ihrer vollen Ausrüstung. Kim ergriff das Wort. "Also, um 16:30 greifen wir ein! Es gilt das Leben von Lukas Steiner, dem jungen BKA-Kommissaren zu retten. Bei den Anderen gilt, wenn möglich lebendig, sollte aber ihr Leben in Gefahr sein, scheuen Sie sich nicht, ihre Waffen zu benutzten!" Die SEK-Männer nickten und teilten sich in Teams auf. Man begann mit den letzten Vorbereitungen. Ben wechselte sein leeres Magazin der Waffe gegen ein neues und entsicherte die Waffe. Kim kam auf ihn zu. "Ich frage Sie ein allerletztes Mal. Sind Sie sicher, dass Sie das tun wollen?" Ben nickte. "Ja...vier minuten vor Ablauf der Frist renne ich da rein und rette Lukas, dass bin ich Semir schuldig!"

    Die Nacht verging und Lukas war in einen Zustand zwischen Bewusstlosigkeit und des Wachseins gefallen. Erst die Morgensonne, die zwischen den Ritzen des dunklen, heruntergekommenen Raumes durchschien, weckte ihn wieder auf. Er fühlte sich schwach und konnte sich kaum bewegen. Er sah, wie sich um seine Schulter eine Blutlache gebildet hatte. Er musste also viel davon verloren haben. Lange würde er es nicht mehr aushalten. Die Zeit lief und sie lief gegen ihn. Es fiel ihm auch schwer, richtig zu atmen. Kalter Schweiss lief über seine Stirn und gleichzeitig war ihm heiss. Sein Inneres brannte fürchterlich. "Das war's wohl...", flüsterte er wieder mit Tränen in den Augen, dabei lächelte er aber. "Ich werde hier den Heldentod sterben. Hat doch auch was!" Nach diesem Satz musste erneut bitterlich weinen. Trotz der Atembeschwerden und der Schmerzen. Er schluchzte heftig und jedes Zucken seines Körpers bereitete ihm unendliche Pein. Wahrscheinlich war es schon bald vorbei.

    Die Vorbereitungen der Stürmung liefen auf Hochtouren. Man plante, kurz vor Ablauf der Frist zu Stürmen, um den Angreifer so zu verwirren. "Ich sage vier Minuten vor Ablauf stürmen wir das Gebäude", instruierte Kim Krüger und wies auf die Tafel, wo ein Plan aufgehängt war. Inzwischen hatten sich die SEK-Chefs eingefunden gehabt. Ben sass auf einer Ecke von seinem Schreibtisch und Michael stand neben ihm. Beide hörten ihr aufmerksam zu. "Zu dieser Zeit meinen die, dass wir ihrer Bitte nachgehen und sind unvorsichtig. Wir müssen diese Gelegenheit nutzen, haben wir uns verstanden?" Alle bestätigten dies und Kim klatschte in die Hände. "Gut, wir treffen uns um 16:00 am Treffpunkt!" Die Männer nickten und verliessen das Büro. Ben stand auf und ging auf seine sie zu. "Frau Krüger?", begann er und sie widmete ihre Aufmerksamkeit ihm zu. "Ich würde gerne noch zu Semir, bevor..." Sie lächelte und verstand. "Natürlich. Was werden Sie ihm sagen?", fragte sie und Ben atmete durch. "Die Wahrheit, was auch sonst. Ausserdem werden wir Lukas retten, egal was geschieht. Das sind wir ihm schuldig!" Kim nickte und liess ihn ziehen. Michael gesellte sich neben sie. "Guter Mann der Kleine", sagte er und sie stimmte ihm zu. "Die Beiden mögenteuer sein und einen Dickschädel haben", begann sie und lächelte danach, "aber sie haben Herz und lassen erst von einem Fall ab, wenn er gelöst ist. Ich habe ihnen viel zu verdanken Michael. Sehen wir zu, dass wir sie nicht enttäuschen!"

    Ben parkte seinen Wagen auf dem Krankenhausparkplatz und begab sich zu Semirs Zimmer, wo er vor der Tür stehen blieb. Für einen Moment zögerte er, danach klopfte er jedoch. "Herein?", hörte er Andreas Stimme und er betrat das Zimmer. Semirs Gesicht erhellte für einen Moment als er seinen Partner sah. "Ben", flüsterte er erleichtert und der Angesprochene ging auf ihn zu. "Hey Partner"; begrüsste er ihn leise und die Beiden gaben sich einen Handschlag. "Sahst auch schon mal besser aus...", murmelte Semir und Ben zog eine Augenbraue hoch. "Danke, das Kompliment kann ich gerne zurückgeben..." In diesem Moment kippte Semirs Stimmung um. Er wurde ernst. "Ben...was geschieht nun?"

    Lukas sah wie Daniel mit seinem Gefolge wieder in den Raum kam. "Hats geschmeckt?", fragte er und einer der Männer nahm das Tablett und verschwand. Lukas antwortete nichts. Daniel lächelte. "Weisst du Lukas, schmollen hilft dir in dieser Situation überhaupt nicht weiter! Steh' auf!" Lukas gehorchte und entfernte sich vom Tisch. "Sehr gut...du kannst ja noch laufen..." Sagst du so leicht, dachte der junge Kommissar und hielt sich den Bauch der schmerzte und brannte. "Dann hoffe ich, dass du dich noch mehr bewegen kannst..." Daniel schnippste und eine der bulligen Männer stand vor Lukas, während die Anderen einen Kreis um ihn bildeten und der Junge begriff. "Du bist doch irre...", zischte er und Daniel lächelte. "Ich hatte schon immer eine Schwäche für alte Methoden. Cäsar mochte die Mann gegen Mann Kämpfe auf. Also zeige mir was für ein guter Gladiator du bist!" Der Mann stürmte auf Daniels Zeichen auf Lukas zu und dieser konnte sich im letzten Moment mit einer Hechtrolle retten. Er spürte wie das Adrenalin durch seinen Körper strömte und er jeglichen Schmerz vergass. In diesem Moment holte der Bulle mit einer Faust aus. Lukas konnte sich wieder retten, bog sein Knie und stiess dies geradewegs in die Leber des Mannes. Dieser schrie kurz vor Schmerz und wand sich dann auf dem Boden, aber nur für einen kurzen Augenblick. Wie der Blitz schoss er hoch, packte Lukas an den Schultern und riss ihn zu Boden. Lukas gab ein leises Ächzen von sich und versuchte, sich zu befreien. Doch er war zu schwach. Er sah, wie Daniel sich über ihn beugte und den Kopf schüttelte. "Also Lukas, muss ich wirklich schon den Daumen für dich senken? Du enttäuschst mich!" Durch diesen Satz wütend, besass Lukas neue Kraft und drückte den Typen von sich weg. Er holte zu einem Tritt aus und traf den Mann mitten ins Gesicht. Dieser strauchelte bloss, kramte kurz in seiner Tasche rum und eher Lukas sich versah, hörte er einen Knall und ein furchtbarer Schmerz ging durch seine obere, rechte Schlüsselbeingegend. Er blieb stehen, spürte aber das feuerheisse Blut, dass an seinem Arm herunterlief.

    "Du bist aber unfair", sagte Daniel mit leichter Stimme, "raus!" Die Männer nickten und verliessen den Saal. Lukas taumelte gegen eine Wand und ging zu Boden. Dabei hinterliess er eine dicke Blutspur an der Wand. Daniel ging auf ihn zu und beugte sich zu ihm. "Lange wirst du es mit einer solchen Verletzung nicht machen", diagnostizierte er und Lukas atmete schwer. Er presste seine Hand auf die Wunde und spürte, wie das Blut durch seine Fingerritzen floss. "Du bist irre...", stockte er hervor und Daniel zog Lukas Kopf an den Haaren hoch. "Du hast keine Ahnung mein Freund...ich bin die neue Gerrechtigkeit...bald wird mein Mitglied wieder da sein...und dann ist's vorbei mit euch dämlichen Polizisten!" Er liess Lukas' Haar los und dieser blieb beinahe regungslos liegen.

    "Glasklar", antwortete sie und die Verbindung wurde abgetrennt. "So", begann sie und drehte sich zu den beiden Männern, "und jetzt?" Beide wussten keine Antwort darauf. "Wir sitzen bis zum Hals in der Scheisse", grummelte Michael und Ben atmete tief durch. "Ich würde sogar sagen dass es weitergeht als bis zum Hals..." Sie sahen wie Hartmut aufsprang und die Siegesfaust in die Höhe riss. "YES!", schrie er und spürte die Blicke der Drei. "Die sind gut", begann Hartmut und winkte zu sich, er zeigte auf eine Mappe wo ein Radius eingezeichnet war, er hatte einen Umriss von 5 Kilometern, "aber ich bin besser!" Kim staunte nicht schlecht. "Sie sind in Dortmund", stiess sie aus und Ben sah Hartmut verwirrt an. "Toll ein Radius von fünf Kilometern, sag mir, wie wir da Lukas rechtzeitig finden sollen! Wir müssen zuerst noch die Kollegen informieren!" Kim schlug Ben auf die Schulter. Dieser zuckte kurz zusammen und sah sie geschockt an. "Seit wann so grob?", fragte er ein wenig entsetzt. "Seit wann so formbezogen?", fragte sie zurück und wies auf den Bildschirm, "Ich glaube selbst kaum was ich da sage aber, Scheiss' auf die Kollegen! Wir müssen den Jungen retten, bis wir alle Formalitäten hätten, wäre er tot und das will ich Gerkhan nicht antun! Nicht, nach all' dem was er durchgemacht hat!" Ben spürte wie sein Maul aufging und er es kaum wieder schliessen konnte. Auch Michael musste zunächst kurz schlucken. Hartmut räusperte sich kurz. "Ich war noch nicht fertig", sagte er leicht gereizt und die Drei widmeten wieder ihre Aufmerksamkeit auf ihn. Hartmut zeigte auf eine bestimmte Stelle. "Hier ist eine Wohnanlage gebaut worden - ziemlich teuer. Das Projekt erwies sich als Reinfall! Man wollte den Menschen die Natur wieder näher bringen. Ein ziemlicher Schuss in den Ofen." Kim verschränkte die Arme. "Das könnte es tatsächlich sein!", sagte sie und in diesem Moment klopfte es an der Türe.

    Hotte kam herein. "Die Dortmunder Kollegen haben angerufen, ein Wanderer will gesehen haben, wie ein Auto mit ziemlich suspekten Männern Richtung Waldesinne gefahren ist!" Kim lächelte und nickte dankend. "Hotte, das war gerade Gold wert!", sagte auch Ben begeistert und der beleibte Polizist verabschiedete sich mit einem Grinsen. "Stürmung?", fragte Michael direkt und Kim sah Ben an. Dieser nickte. "Uns wird nichts anderes übrig bleiben!", sagte er zu seiner Geste hinzufügend und sie stimmte ihm zu. "Ich werde mich um ein SEK-Team kümmern", sagte Michael und verschwand aus dem Büro. Kim ging auf Ben zu. "Sie sollten nicht dabei sein!", sagte sie und er sah sie geschockt an. "Wieso dass?" Sie strich sich durchs Haar. "Sie sind angeschlagen Jäger...ich möchte nicht, dass Ihnen mehr zustösst!" Ben schlug mit einer Faust auf den Tisch. "Niemals!" Seine Stimme war forsch. "Chefin, ich flehe Sie an, ziehen Sie mich nicht im letzten Moment von diesem Fall ab!"

    "Was wir wissen ist, dass diese Typen vor nichts zurückschrecken. Sie haben in England schon drei Tankstellen hochgejagt. Die dortige Gruppe konnten wir hochnehmen, doch der Anführer ist uns entkommen und hierher geflüchtet.", erklärte Josh und zeigte ein Bild des Mannes. "Das ist Hans Sheppard...ein ehemaliger Söldner, der sich nun für einen Naturrächer hält." "Durchgeknallt, wie viele von der Insel.", kommentierte Chris nur. Semir sah ihn an. "Da kenn ich noch einen.", fauchte er. Dieser zog bloß eine Augenbraue hoch. "Wie auch immer, ich leihe dir Joshua zur Seite - er wird dir helfen können. Denn alleine kriegst du das nicht hin und mit mir willst du anscheinend im Moment nicht so viel zu tun haben!" "Ich bewundere deinen Scharfsinn...", zischte Semir sarkastisch und sah Joshua an. "Hast du schon eine Waffe?" Joshua schüttelte mit dem Kopf und wurde auf einmal ganz verlegen. "Annelie hat mir meine abgenommen...", murmelte er kurz und Semir sah wieder Chris an. "Sie hat Joshua die Waffe abgenommen?" sagte er langsam und zum Ende des Satzes wurde er immer lauter. "Sie ist nun mal gut, was soll man da machen?", meinte der Engländer und suchte in seiner Tasche nach seinem Tabak. "Warum hast du uns da nicht schon bescheid gesagt?", stieß Semir aus und war aufgesprungen. Chris tat es ihm gleich. "Das ist nicht eure Angelegenheit. Jetzt, jetzt müssen wir das Beste draus machen.", erklärte er. Semir platzte. Er packte den Engländer am Kragen und drückte ihm die Kehle zu. Erschrocken sah Chris ihn an. Sofort kamen Josh und Kim angerannt.


    "GERKHAN HÖREN SIE AUF!", schrie Kim, ebenso geschockt und zerrte am einten Arm ihres Mannes. "SEMIR, DAS BRINGT DOCH NICHTS!", mischte sich nun auch Joshua ein und zusammen mit Kim schafften sie es, Semir von Chris loszureißen. Dieser hielt sich den Hals und hustete dabei heftig. Mit tränenden, weit aufgerissenen Augen sah er Semir an. "Bist du übergeschnappt?", presste er hervor und schüttelte fassungslos mit dem Kopf. Semir wollte sogleich wieder auf ihn los, doch Joshua war schneller. "Nicht!", mahnte er nochmals und Semir sah, dass Joshua innerlich wieder auf der Seite von ihm stand und nicht der seines Cousins. "Ich werde dir helfen...", sagte er beruhigend und Semir atmete heftig. "Ben ist nun im OP und könnte vielleicht sterben?", sagte er mit heiserer Stimme und Joshua nickte. "Ich weiß...aber er wird nicht sterben wir kennen ihn, er ist zäh..."

    Annelie sah immer wieder nach oben und schon kam der nächste Tropfen auf sie zu. Neben ihr stand wieder der Mann. "Du bist sehr widerspenstig.", höhnte er und strich ihr durch das Haar. Sie wollte den Kopf wegdrehen, doch der Mann hielt sie fest. "Lass dich gehen. Mal sehen, wie lang du die Tropfen aushältst.", lachte er nur und ließ sie los. Annelie konnte sich kaum wehren. "Sie Schwein." Langsam hatte sie Kopfschmerzen. Das eiskalte Wasser traf sie hart. Wie sollte sie jemand finden und wann würde sie jemand finden?Sie schloss die Augen, versuchte an positive Dinge festzuhalten. Ben - ihr Ben, er würde sie bestimmt suchen. Bestimmt kommt er wieder um vor Sorge. Somit wäre der Tiger in ihm entfacht, den Tiger, den sie an ihm so mochte. Hoffentlich, hoffentlich würde er sie suchen. Doch irgendein dumpfes Gefühl tief in Innerem widersprach ihr, sagte, dass sie sich eher sorgen um ihn machen sollte. Doch...war das wirklich so? Der Typ hatte doch gesagt, wenn sie still halten würde, würde Ben doch nichts passieren. "Na toll, so schnell kann’s vom positiven zum negativen gehen.", grummelte sie und seufzte. Lange würde sie das bestimmt nicht durchhalten, und nach ihrer Aktion am Vorabend, konnte sie nicht mehr mit den Engländern rechnen. Noch immer blickte sie der Typ an. "In deinem Kopf arbeitet es oder? Ich höre es richtig.", lachte er und zog sich langsam die Maske ab. Sie machte große Augen. Jeder Polizeischüler wusste, was nun blühte. Wenn der Gangster seine Maske abnahm, war doch das Opfer meist geliefert. Das wusste jeder. "So, präg dir das Gesicht gut ein, denn in ein paar Tagen wird alles erledigt sein. Und du meine Liebe wirst dann in ganz dünne Scheiben geschnippelt.", lachte er nur und verließ dann den Raum. Annelie spürte die Tropfen und hörte das Ploppen. Immer lauter wurde es...grausamer wurde es. Ben...rette mich, flehte sie innerlich. Noch konnte sie nicht ahnen, dass alles noch auf sich warten lassen sollte.

    "Wir ermitteln in diesem Fall schon seit ein paar Wochen", begann Joshua und zeigte ein Fahndungsfoto. "Seit zwei Wochen bin ich in der Gruppe dieses Typen um genaueres herauszufinden..." Semir sah, wie Joshua sich immer wieder an der Schulter hielt und Chris bemerkte dies. "Das hat deine gute Freundin ihm zugefügt", sagte er leicht provozierend und Semir ging nicht darauf ein. Joshua fuhr fort. "Wir sind jedenfalls überrascht, dass plötzlich ihr darin ermittelt!" Semir zog eine Augenbraue hoch. "Zufall...", antwortete Semir knapp und Chris spürte die Wut, die von Semir auf ihn überkochte.

    Kapitel 9
    Ich frag mich, ist es wahr, Sind wir hier um uns abzuknallen
    Um uns mit Blut zu beschmieren, Nein dafür sind wir nicht hier

    Silbermond - in Zeiten wie diesen


    Hartmut hatte seine Station soweit nun eingerichtet. "Die sollen nur kommen...", zischte er und liess nochmals seine Finger knacken. "Dafür liebe ich dich Cyborg", lobte Ben, klopfte Hartmut auf die Schultern und sah sich die Station an. Lauter Einsen und Nullen flackerten über den Bildschirm und für den Autobahnpolizisten war dies reines Chinesisch. Dem Rothaarigen tat dieses Lob gut. Er drehte sich zu Ben um. "Wie geht es Semir?", fragte er neugierig und Ben zuckte darauf hin mit den Schultern. "Laut Andrea einigermassen besser. Jedenfalls ist er wach..." "Das freut mich zu hören...", murmelte Hartmut und strich sich kurz durchs Haar. "Tut mir leid, dass deine Suche nach dem LKW beinahe für umsonst war..." Hartmut konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Ben entschuldigte sich. Ein ungewohntes Gefühl. "Nun ja, gibt Überstunden die ich mir wieder Mal ausbezahlen lassen kann", erwiderte er und zuckte beim Piepen des Laptops kurz auf. "Das sind sie...!", verkündete er und wendete sich zu seiner Station um nicht in den Winkel der Kamera zu fallen. "Ich mache das!", sagte Kim bestimmt und setzte sich vor den Laptop. Ben und Michael liessen sie gewähren. "Guten Abend werte Polizisten..." Ben sah nach dem Satz des maskierten, noch für ihn unbekannten, Daniels aus dem Fenster. Tatsächlich, die Sonne ging bereits wieder unter. "Nun ja, ich war schwer enttäuscht, Sie wollten mich reinlegen. Sind Sie mit meinem Angebot immer noch einverstanden?" Michael sah Kim mit einem ratlosen Blick an. Dieser verstand und improvisierte. "Die Papiere für die Entlassung sind noch nicht fertig. Es gibt Probleme mit der Staatsanwältin." Auch wenn die Situation ernst war, konnte sich Ben ein Lächeln nicht verkneifen und Michael bemerkte das.

    "Was ist daran so komisch?", fragte er zischend. "Nun ja, wir haben immer Probleme mit der Staatsanwältin...", erwiderte Ben und riss sich sofort zusammen, als er Michaels strengen Blick sah. "Ich gebe Ihnen 24 Stunden, wenn Sie es in diesem Zeitraum nicht schaffen, werden Sie Ihren Jüngling nie mehr wiedersehen, und um Ihnen zu beweisen, dass er noch lebt, hier ein kleines Video..." In einem Nebenfenster wurde ein weiterer Stream geöffnet. Ben sah, wie Hartmuts Finger schnell über die Tastatur glitten und hoffte, dass der Rothaarige was erreichen konnte. Nun konnten er und Michael sich nicht zusammenreissen, sie gesellte sich neben Kim und blickten auf den Bildschirm. Lukas sass auf einem Tisch. Er sah furchtbar aus und er schien zu weinen. Das Fenster verschwand wieder. "Habe ich mich klar ausgedrückt?", fragte der Maskierte und Kim holte Luft.

    Lukas schluckte schwer und Daniel zog mit einem Ruck das Messer wieder aus der Hand. Lukas schrie kurz auf vor Schmerz und atmete heftig. "Ich sage dir eins Lukas, provozier' mich nicht! Ansonsten wirst du es bereuen!" Lukas sah, wie seine Fesseln gelöst wurden. Er sah auf die Wunden, wie ihm zugefügt wurden. Im Augenwinkel sah er, wie jemand in den Raum kam, mit einem Tablet. Er legte es vor Lukas hin und er sah, dass auf ein Teller ein Brot und ein wenig Käse gelegt wurde. Ausserem lag auch eine Wasserflasche daneben. "Und nun iss' raus kommst du hier nicht, die Fenster sind veriegelt!" Die Männer verliessen den Raum und dieser wurde abgeschlossen. Lukas zog seine Jacke aus und zerriss sie, um provisorische Verbände einzurichten. Er band ein Stück davon um seine Hand und schluchzte kurz. "Du kannst doch hier nicht einfach weinen du Volltrottel", redete er sich selbst ein und brach ein Stück vom Brot ab. Auch wenn es von diesen Typen kam - er hatte hunger. Und wenn die wirklich noch mehr mit ihm anstellen wollte, brauchte er die Kraft, dies zu überstehen. Doch immer noch spürte er, wie Tränen an seinen Wangen hinunterglitten und auf den Tisch tropften. Mit dem Handrücken strich er sie aus den Augen und genehmigte sich einen Schluck Wasser. Die Angst nagte an seinen Knochen. Würde dies hier wirklich sein Ende bedeuten? Würde er hier wirklich seinen Tod finden? Das konnte doch nicht sein. Er stöhnte kurz als eine Schmerzwelle seinen Körper überfiel. "Bitte Semir...bitte hol mich hier raus, du hattest es schon einmal geschaft", flüsterte er und begann bitterlich zu weinen.

    Andrea ging zurück ins Zimmer, wo Semir sie erwartungsvoll ansah. Mit einem Seufzen setzte sie sich ans Bett und strich sich die Haare hinters Ohr. "Die Kinder sind in Sicherheit..." "Gott sei dank", sagte Semir erleichtert, doch bemerkte er Andreas Blick. "Das "Aber" ist dir aber gross auf die Stirn geschrieben Schatz..." Andrea atmete tief durch. "Lukas...ein Teil der Gruppe hat Lukas entführt!" Semirs Augen weiteten sich und Andrea befürchtete schon das Schlimmste. "Ben wird ihn zurückholen...", knirschte der Deutschtürke aber danach und Andrea sah wie er ihr zuliebe versuchte, sich nicht aufzuregen. "Das wird er", stimmte sie ihm zu und strich ihm sanft mit dem Daumen über die Hand. "Danke dass du es mir gesagt hast..." Andrea lächelte leicht. "Du hättest es bestimmt an meiner Stelle auch getan...", erwiderte sie verlegen und presste kurz die Lippen zusammen.