10. Kapitel - Schockheilung
Schottland
Nach neuen Augenzeugenberichten zufolge, sollen die Flüchtlinge gestern in einem Einkaufsmarkt gesehen worden sein. Sie sollen sich Nahrungsmittel gekauft haben. Ob diese Quellen sicher sind, wollte die Polizei nicht verraten. Doch wolle man dieser Spur nachgehen.
"Josh wir wollen los!", rief Annelie laut und suchte das ganze grosse Anwesen ab. Sie stemmte die Hände in die Hüfte und suchte weiter. "Ich finde das nicht lustig!" Sie sah nur noch eine Möglichkeit. Yaos und Joshuas Zimmer. Also ging sie die Gänge entlang zum Zimmer und fand sich vor der Tür. Sie wusste nicht wieso, aber sie blickte hinunter zu Boden. Auf die holzigen Fliesen. Dort sah sie einen blutigen Schuhabdruck. Sie glit kurz mit dem Finger drüber und bemerkte, dass das Blut noch frisch war. Ihr Herz zog sich zusammen und mit zitternder Hand glitt sie zum Türknauf. Sie drehte ihn um und öffnete die Türe. Und das was sie sah, schnürte ihr beinahe die Kehle zu. Aber nur beinahe. Sie schlug die Hand vor den Mund um den Schrei aufzuhalten.
Joshua lag rücklings auf dem Boden und wirkte bewusstlos. Aus dem Rücken strömte Blut und hatte bereits eine Lache von gefährlichem Ausmass angenommen. Der Kleiderschrankspiegel war mit Blut beschmiert. Die rechte Hand war auf den Bauch gepresst und durch die Fingerritzen strömte ebenfalls Blut. Das Haar war verschwitzt und klebte im Gesicht. Joshua hatte jegliche Farbe aus dem Gesicht verloren. Annelie spürte wie ihre Beine sich lösten und sie rannte auf ihren Freund zu. "Joshua", stiess sie entsetzt hervor und fühlte den Puls. Noch war er da. Annelie suchte ihr Handy. Geschwind wählte sie die Nummer 999. "Hello? Yes, here is Annelie Zaugg..." Sie nennte die Adresse und legte wieder auf. Sie zog ihre Strickjacke aus und begann sie zu zerreissen. Doch dann wurde sie am Arm gepackt. Joshua sah sie mit schwachem Blick an.
"Annelie...", stockte er hervor und aus dem Mundwinkel begann Blut zu fliessen. Annelie legte ihren Zeigefinger ihm auf den Mund. "Ganz ruhig, der Krankenwagen kommt bald!" Doch Joshua zog sich an Annelies Pullover hoch und sah ihr in die Augen. "Das waren meine Brüder...", flüsterte er und die Tränen waren kaum zu übersehen. "Bitte?", fragte sie entsetzt nach obwohl sie die Wörter verstanden hatte. "Du musst Christopher in Sicherheit bringen...ich bin sicher....dass sie ihn auch wollen..." Annelie wusch Joshua eine Haarsträhne aus dem Gesicht. "Das tue ich...", versprach sie. "Und....kümmere dich um Yao und um unser Kind..." Annelie schüttelte mit dem Kopf. "Das kannst du alleine...der Krankenwagen kommt bald!" Joshua lächelte matt und schloss die Augen. "Verdammt!", zischte die Deutschschweizerin und begann die Wunden zu versorgen.
Semir spielte mit den Jungs, als Andrea auf ihn zukam. "Semir, kannst du mal nach Joshua sehen gehen?" Semir zog verwirrt eine Augenbraue hoch. "Nun ja, Annelie wollte eigentlich nach ihr sehen, aber sie ist ebenso verschwunden. Yao macht sich ein bisschen sorgen." Semir seufzte und kickte den Ball zu Ben. "Ich komme gleich wieder!", sagt er zu und Ben nickte. "Dann spielen wir halt ein bisschen Elfmeter schiessen." Er übersetzte dies George und dieser nickte mit Begeisterung. "Also bis naher."
Semir dachte sofort an Joshuas Zimmer. Er wusste, wie gerne dieser und Annelie diskutierten und meinte, dass diese sich ein einer Konversation verfangen hatten. Also ging auch er die Gänge entlang. Und auch er bemerkte vor der Tür die blutige Spur. Doch die Türe war offen und er erschrack als er sah, wie Annelie den bewusstlosen, blutüberströmten Joshua versorgte. Sie sah auf. Ihr Geischt war furchtverzerrt. "Semir! Du musst mir helfen!" Semir ging auf sie zu und kniete vor ihr zu Boden. "Was ist passiert?", fragte er und Annelie wirkte ruhig. "Er sagte dass es seine Brüder waren." Semirs Augen weiteten sich. "Die Brüder die bei der Hochzeit so...?" Sie nickte. Alsa sie in den Spiegel sah, erblickte sie die Frau wieder. "Du machst mir keine Angst mehr!", zischte sie und tatsächlich verspürte sie keine Reue mehr.
Ben und Christopher wurde es langsam suspekt. Nun war Semir auch schon mehr als zehn Minuten im Anwesen. Christopher bat seine Frau, auf George aufzupassen und die Frauen abzulenken. Doch in diesem Moment kam ein Krankenwagen zum Anwesen. "Joshua....!", stiess Ben vorahnend aus und die Männer stürmten ins Anwesen.