Beiträge von jenni

    VIII. Eine Leiche mehr


    Meier rief Abends zur Versammlung auf. Ben schritt die langen Stufen hinunter, wo Larry bereits am Fussende wartete. Er hatte Ben mit dem Auspacken von seinen Sachen geholfen und auch einige Worte mit ihm gewechselt. Alles in allem wirkte der Junge recht freundlich und offen. Seine Tendenz zum Schweigen führte Ben auf den Tod von Sanders zurück. Schliesslich waren sie Kollegen. "Na, hast du dich eingerichtet?", fragte Larry mit einem Lächeln und Ben nickte. "Dank dir ist es schneller gegangen. Vielen Dank für deine Hilfe!" Larry winkte ab. "Hey, du gehörst nun zur Familie, und der Familie soll man helfen richtig?" "Richtig!", bestätigte Ben und so ging er mit dem Jungen in den Speisesaal, wo jeder Mitarbeiter zu Abend ass. Insgesamt, Ben und Larry mitgezählt, waren Sie zehn Leute. Meier galt als elfte Person. Als Chef. Er sass am Kopf eines gewaltigen Tisch aus Holz. Larry wies Ben auf einen Stuhl. "Du kannst dich neben mich setzten", sagte er mit einem Zwinkern und Ben lächelte dankend. Das Essen war gerade aufgetischt worden. Paniertes Schnitzel mit Pommes und Erbsen. Meier räusperte sich kurz. "Zuerst möchte ich euch Sandro Köstner, unseren Neuen vorstellen." Alle nickten lächelnd zu Ben. "Er wird ab nun den Part vor der Pause übernehmen. Wir hatten ja schon abgemacht, dass wir jemand neues Suchen!" "The Show must go on", bemerkte Larry leise und sarkastisch.


    "Aber lasst uns eine Schweigeminute für Christian durchführen. Zum Stillen Gebet!" Alle falteten die Hände und es wurde eine Minute lang geschwiegen. Als Meier laut einatmete und einen guten Appetit wünschte, wurde gegessen. "Hoffentlich gefällt es dir bei uns. Trotz dem Zwischenfall!" Ben sah zu Larry, der ihn anlächelte. "Nun ja, was könnt ihr denn dafür, wenn ein Wahnsinniger das Leben eines Unschuldigen geraubt hat?" "Meine Rede!", stimmte ein muskulöser Typ Ben zu. Das laut schmatzend, so dass er einen mahnenden Blick von Meier bekam. "Sagt mal, wo ist eigentlich Markus? Sollte der nicht hier sein?" Meier sah Larry fragend an. "Ich dachte, der wär mit euch zur Kevins Leiche gegangen?" Alle verneinten. "Er wollte alleine sein! Er hatte uns versichert, rechtzeitig wieder hier zu sein!" Ben atmete tief durch. Das war gar nicht gut! "Nach dem Essen sollten wir nach ihm suchen gehen", schlug Meier vor, nach dem er Bens Blick gesehen hatte. "Wer kommt mit?" Alle hoben freiwillig die Hand. "In der momentanen Situation ist es eh besser, wenn niemand alleine geht!"


    Tatsächlich versammelten sich alle vor dem Gebäude und hatten sich fertig gekleidet gehabt. "Na dann, wollen wir doch mal los!" Sie teilten sich in Zweiergruppen auf. Ben ging, natürlich, mit Larry zusammen. Dieser sah sich immer wieder um und fixierte manchmal seinen Blick auf das Licht von Bens Taschenlampe. "Ich hasse Köln bei Nacht", murmelte er und Ben zog eine Augenbraue hoch. "Dann ist doch erst richtig Stimmung", murmelte er und Larry schüttelte mit dem Kopf. "Nicht für mich! Einmal von so einer Anti-Homo-Gruppe verprügelt zu werden hat mir gerreicht!" Ben schluckte. "Meinst du es waren die, die Kevin getötet haben?" Larry sah Ben mit einem steinernden Blick an. "Ich verurteile keine Menschen Sandro. Nicht, bevor ihre Schuld bewiesen ist. Vielleicht ist das auch ein schlechter Charakterzug von mir aber den streife ich gewiss nicht ab!" Ben lächelte. "Also ich mag ihn", sagte er und Larry errötete. Gemeinsam schritten sie weiter. Bis Larry aufschrie. "Was ist denn?", fragte Ben und folgte dem ausgestreckten Zeigefinger Larrys. Eine Blutspur wurde sichtbar. Sie war verwischt, glänzte aber noch im Licht der Taschenlampe. "Die Spur ist noch ganz frisch. Anscheinend muss jemand weggeschleift worden sein!" Sie folgten der Spur bis zu einem dichten Busch. Und was die Beiden dort sahen, liess ihnen das Blut in den Adern gefrieren.

    VI. Ein Mann Namens Larry


    Meier kam auf Ben zu, der vor dem Schminkspiegel sass und sich noch immer nicht mit diesem Anblick anfreunden konnte. Er sah in den Augen des jungen Polizisten Zweifel und Angst. "Wie Sie da sicher auf den High-Heels stehen", begann der Besitzer und setzte sich neben Ben, "aller Achtung!" Zum ersten Mal seit dem Ben dieses Amüsement betreten hatte, lächelte er. "Ich habe eine jüngere Schwester, deren Leidenschaft das Spielen von Prinzessinenschlösser und Abschlussballs war. Und ich musste immer die beste Freundin spielen. Was habe ich den Tag gefeiert, als meine Füsse zu gross für die Schuhe meiner Mutter war." Meier musste lächeln. "Sie sind ein wahrer Mann Herr Jäger, durch und durch. Deshalb rechne ich es Ihnen gross an, dass Sie hier undercover arbeiten, um den Mörder unseres treuen Christian zu finden!" In Meiers Augen hatten sich Tränen gesammelt. "Waren Sanders und Sie etwa ein?" Meier verneinte. "Nein, ich bin seit kurzem mit meinem langjährigen Freund verheiratet aber, ich habe Christian praktisch aufgezogen. Seine Eltern kamen mit seinem "Lebensstandart" nicht klar. Schmissen ihn aus dem Haus und bis Heute haben Sie keinen Kontakt mit ihm gehabt!" Ben schluckte. Auch wenn er sich selbst niemals als Homosexueller vorstellen konnte, akzeptierte er und respektierte er sie vollkommen. Sein Vater war weltoffen und hatte ihn und seine Schwester so erzogen. "Ist es bei den meisten hier so?" Meier wusch sich mit einem Taschentuch die Tränen aus den Augen. "Eigentlich nicht. Ich würde sagen, es ist halb halb." "Ich muss mir wohl auch noch so einen Namen suchen oder?" Über Meiers Lippen huschte ein Lächeln. "Allerdings, sonst werde ich sie nicht ansagen können. Wir werden heute proben. Ohne Probleme. Morgen machen wir erst wieder auf!"



    Meier nahm ein Blatt Papier aus einer der Schubladen und zog aus seiner Overalltasche einen Kugelschreiber. "Als normalen Namen würde ich Sie gerne Sandro Köstner nennen." Ben zog die Augenbrauen hoch. "Sandro wollte ich immer mein Kind nennen und Köstner, weil ich die Komikerin so mag." "Meinetwegen. Damit kann ich leben. Aber meinen Künsterlnamen möchte ich auswählen." Meier nickte und wartete. "Liv, Liv die Amazone!" Meier legte den Kopf schief und grinste. "Langsam kommen Sie in Fahrt Herr Jäger. Das gefällt mir. Ich habe gehört Sie können gut singen. Und ich wollte schon immer in meinem Amüsement das Marylin Monroe Lied "Diamonds are a girls best friend", zum Besten bringen. Kennen Sie das Lied?" Ben bejahte. Wer ein gesundes Allgemeinwissen hatte, kannte es. Und dank seinem Vater, konnte Ben das Lied auswendig singen. "Sehr gut! Also, ich schlage vor, wir gehen mal zur Bühne, dann können Sie sich damit vertraut machen." Ben lief Meier hinterher und sah die kleine Varieté-Bühne. Klein, aber gemütlich. "Wie werde ich begleitet?" Meier wies auf das Klavier. "Ich bin langsam zu alt, um als sexy verkleidete Frau eine Nummer zu geben. Ich habe inzwischen die Rollen als alte Frau an den Komödientagen. Und so kann ich den Pianist sparen. Ich werde Sie begleiten Herr Jäger, wie bei allen Anderen. Wollen wir zusammen eine Kür erstellen, oder sind sie einer, der gerne improvisiert?" Bei zweitem nickte Ben. "Gut, dann beginnen wir doch mal!"



    Meier übergab Ben eine Diamantenkette, bevor er sich an das Klavier setzte und ein Intro zu spielen begann. Ben tänzelte auf die Bühne und stellte einen Stuhl in die Mitte. Innerlich fühlte er sich wie an Karneval. Doch Äusserlich musste er wirklich wie ein Transvestit-Künstler wirken. Denn Meier hatte ein zufriedenes Gesicht. Ben räkelte sich erotisch um den Stuhl und pries mit seinem Gesang, die künstliche Diamantenkette an. Als Meier aufhörte, stand er auf und ging zu Ben. "Ich habe überhaupt keine Zweifel, dass sie das schaffen Herr Jäger. Sie sind ja ein kleines Talent!" Ben lächelte verlegen. "So, dann werde ich sie abschminken." Ben sah auf. "Wo werde ich überhaupt übernachten und neue Sachen..." "...Herr Gerkhan hat alles schon organisiert. Jeder meiner Künstler lebt hier. Alle sind heute zu Christians Leiche. Deshalb konnte ich Sie hier ein wenig einführen. Ich werde Ihnen noch alle Räumlichkeiten und ihr Zimmer zeigen." Sie standen auf und Meier sah zu, wie Ben sich abschminkte. Zusammen gingen Sie in den obersten Stock. "Im Mittleren Stock sind nur Schlafzimmer. Ihres ist hier oben. Damit Sie auch mal mit Herr Gerkhan Kontakt aufnehmen können." Ben nickte dankend. Meier öffnete ihm die Tür zu seinem Zimmer und Ben nahm sofort den Geruch von Holzmöbeln auf.



    Das Zimmer war hell, voll Sonnenlicht. Es gab einen Schreibtisch, worauf schon ein Laptop stand. Ein Badezimmer, Bett und Fernseher. "Es ist zwar kein Luxus, aber man kann damit leben", tat Meier das schöne Zimmer ein wenig ab. "Aber nein, es ist wunderschön", winkte Ben ab und ging hinein. Auf dem Bett war schon eine Sporttasche mit Kleidung von Ben. "Der ist einfach in meine Wohnung eingebrochen", zischte Ben leise und packte die Sachen aus. "Maximilian?" Ben und Meier sahen sich um und erblickten einen Mann, zärtlicher Statur. "Wer ist denn das?" Meier ging auf den Jungen zu. "Das ist Sandro Köster, ein Neuer." Der Junge ging auf Ben zu und dieser begutachtete ihn genau. Der Mann hatte ziemlich weibliche Gesichtszüge. Seine Augen waren rot vor Weinen. Doch streckte er mit einem Lächeln die Hand aus. "Freut mich. Ich bin Larry. Hoffe, dir gefällt es bei uns." Ben reichte ihm ebenfalls die Hand. Unwissend, dass er mit diesem Jungen noch viele Stunden verbringen würde.

    Zitat

    Das ist jetzt nicht böse gemeint, aber ab und zu fehlt einfach ein Wort in deinen Texten - ganz so, als ob du mit dem Tippen nicht mehr hinter deinen Ideen herkommst. ;) ;) Ist aber auch irgendwie witzig. ^^


    Ach du schreck, dass stimmt da bin ich mies. Kannst du mir Beispiele geben? Dann kann ich's verbessern.


    EDIT: So hab ein paar Veränderungen gemacht. Sollte es aber noch was geben. Sag es ruhig. Ich will mich ja verbessern ;)

    IV. Ein Profiler, Schminke und „die geilste Transe der Welt“


    Zusammen sassen sie im Auto, dass Semir fuhr. Zuvor hatten Sie ihre Idee der Chefin und Jo mitgeteilt. Während Jo selbst die Idee, mit seinen eigenen Worten, ein wenig „kosmisch“ fand, sah man der Krüger sichtlich an, dass sie sich ein Lächeln verkneifen musste, obwohl sie die Idee schon kannte. Semir hatte es so nur offiziell gemacht. „Dass Sie sich so was trauen, aller Achtung“, lobte Jo und Ben sah auf diesen Kommentar hin zu Semir, der prustete und versuchte, seinen Blick auf der Strasse zu halten. „Nun ja, ich liebe nun mal meinen Beruf! Nur an dem Partner muss man noch ein wenig feilen!“ Beim letzten Teil des Satzes wurde Bens Stimme lauter. Semir liess sich davon, aber nicht beeindrucken. „Können Sie den überhaupt tanzen?“ „Man Vater hatte mich in eine Tanzschule geschickt. Bis ich meine Ausbildung zum Polizist begann, bestand mein Leben aus Tangotanz und Rhythmus!“ Jo verschränkte die Arme. Er sass auf dem Rücksitz und führte dieses Gespräch mit Ben durch den Rückspiegel. „Was hatte Sie eigentlich wieder zurück ins BKA gebracht, wenn Sie schon in den USA ermittelt haben!“ Jo hob die Schultern. „Ich kam mit den amerikanischen Ansichten von Gerechtigkeit nicht mehr klar! Ich hatte meine Zeit in Amerika verbracht, als Bush an der Macht war.“ Semir rollte mit dem Augen. „Ich denke, dann hätte ich es auch nicht lange ausgehalten“, fügte er seiner Geste hinzu. „Nun bin ich wieder im BKA und bereue nichts. Ausserdem hätte ich unseren Herrn Jäger dann nicht in Frauenklamotten gesehen!“ Semir sah zu Ben, der allmählich nur noch aus Röte im Gesicht bestand. „Was habe ich Gott getan“, stockte er hervor, „dass er mich so bestraft!“


    Semir fuhr auf die umgebaute Villa zu, wo ein Mann mit beleibter Statur stand und an einer Zigarette zog. Semir stieg aus und öffnete seinen Begleitern die Türe. „Hauptkommissar Gerkhan“, begrüsste die Person ihn und sie gaben sich die Hand. „Danke, dass Sie so mit uns kooperieren Herr Meier.“ Maximilian Meier. Ein Mann mittleren Alters und Führer des Amüsements. „Das ist selbstverständlich!“ Er sah zu Ben. „Das ist also ihr Partner?“ Ben nickte und reichte ihm die Hand. „Jäger, freut mich“, sagte er erzwungen und Jo tat es ihm gleich. „Haben Sie schon Erfahrung im Tanz?“ Ben wiederholte seine Worte nochmals. „Sehr gut! Ich hoffe, Sie können auch noch einigermassen singen!“ Semir nickte bei diesem Punkt zustimmend. „Er singt wunderbar Herr Meier! Deshalb habe ich ihn auch sofort vorgeschlagen!“ Ben fühlte sich zugleich geehrt als auch peinlich berührt. „Sehr gut, dann sehen wir doch gleich, ob das überhaupt klappt. Der Bart muss natürlich ab. Wir sind keine billige Bude!“ Angewidert über diesen Gedanken, rümpfte Ben die Nase. Doch folgte er Meier und hörte, wie Semir und Jon noch einige Details des Falles austauschten.


    Meier wies Ben ins Bad. „Dort machen Sie bitte ihre Gesichtsbehaarung weg. Danach überprüfen wir mal, ob Sie empfindlich gegen die Schminke sind!“ Ben tat wie ihm befohlen. Mit einem traurigen Gesicht, rasierte er sich den Dreitagebart weg. Sein ganzer Stolz. Er ging wieder zurück zur Gruppe, die im Flur stand. Semir konnte nicht anders. Er fuhr darüber. „Sanft wie ein Babypopo!“, scherzte er und Ben zog eine Augenbraue hoch. „Gut“, Meier wies zu einem offenen Zimmer, wo die Schminktische schon sichtbar wurden, „dann sehen wir mal, was man aus Ihnen machen kann!“ Man bat Ben, sich zu setzten und Meier begann ihn zu schminken. „Sie sind ein Erdentyp Herr Jäger! Sie haben wunderschöne braune Augen!“ Ben erwiderte nichts. Der Geschmack von Lippenstift fand er abstossend und beim Versuch, Eyeliner und Mascara aufzutragen, tränten seine Augen einige Male. „Ich bitte Sie, draussen zu warten“, meinte Meier zu Semir und Jo und die Beiden gingen nach draussen. „Wieso dürfen wir nicht zusehen?“, fragte Jo verwirrt. „Überraschungseffekt!“, antwortete Semir und machte eine zweideutige Handbewegung. Der berühmte, Knick mit der Hand. „Wie konnten Sie Herrn Jäger zu bewegen? Richtig begeistert sieht er meiner Meinung nach nicht aus!“ Semir zuckte die Achseln. „Er kann bei mir doch einfach nicht nein sagen!“ Jo musste auf diesen Kommentar lächeln.


    Es dauerte noch eine Stunde, bis Meier aus dem Raum kam. „Wollen Sie es sich ansehen?“ „Ist laut Lachen erlaubt?“, fragte Semir zurück und aus der Garderobe kam ein lautes, „Vergiss es!“ Semir ging zur Garderobe und verkniff sich das Lachen. Ben trug ein rückenfreies Top, dass mit einem Rock kombiniert war, der nur bis knapp zu den Knien ging. Seine Füssen waren in High-Heels verpackt, auf denen Ben erstaunlich sicher stand. Seine Lippen wurden mit einem hellen Braun geschminkt und die Wimpern mit einem starken Schwarz betont. Über sein natürliches Haar, hatte man eine Perücke gestülpt. Eine Perücke, die das lange braune Haar, zu Bens Aussehen hergab. „Sag‘ nichts!“, zischte er und Semir umkreiste seinen Partner mit einem Lächeln. „Soll ich dir was sagen?“ „Hast du vorhin nicht zugehört?“, erwiderte Ben auf Semirs Frage. Dieser überhörte dies, klopfte auf Bens Schulter. „Du bist die geilste Transe, die ich je gesehen habe!“

    II. Eine grandiose Idee


    Drei Wochen später


    Seufzend sass Ben an seinem Schreibtisch und rieb sich über die Augenlider. Es war neun Uhr morgens. Sie hatten alles probiert. Er und Semir. Seit drei Wochen, suchten sie schon den Mörder dieses seltsamen Types, der sich als Frau verkleidet hatte. Sie hatten keine Spur, nichts. In Amerika wäre diese Leiche als "Jon Doe", bezeichnet worden. Doch bei ihnen, galt sie nur als "unbekannt". Ein Mensch ohne Name, ohne jegliche Indentität. Jeden Tag hatten sie die Zeitungen durchsucht. Doch nichts. Keine Vermisstenanzeige, keine Aufrufe. Dieser Mensch war ein Rätsel und sie müssten es lösen. Die Frage war nur - wie?
    "Morgen", begrüsste Semir Ben, nachdem er in das Büro trat. "Morgen", gab Ben grummelnd zurück und klappte die Akte zu. "Hast du etwa die Nacht durchgemacht?", fragte der Deutschtürke entsetzt und Ben nickte, während er gähnte. "Irgendwann müssen wir doch was finden!" Semir grinste und zog ein Boulevardblatt hervor. "Ich könnte deine Rettung sein!" Ben zog eine Augenbraue hoch und nahm die Zeitschrift entgegen. "Seit wann bist du unter die Klatschtanten gegangen?" Semir überhörte diesen Kommentar gekonnt und wies auf das Eselsohr. "Mach mal auf", befahl er und Ben tat, wie ihm geheissen. Er fand sich in einem Artikel über eine Amusement wieder. "Transvestitenshow der Extraklasse", murmelte er und Semir zeigte mit dem Finger auf eine Person, die auf der Bühne stand. "Unser Opfer! Christian Sanders alias "Kelly die Superfrau!"" Ben lächelte. "Aller Achtung!"


    Semir reichte Ben ausserdem noch ein Brötchen, dass er von der Bäckerei mitgebracht hatte. "Ich habe dort vorhin angerufen. Der Besitzer und Cheftransvestit ist sofort zum Doc gefahren um die Obduktion zu machen." "Und?" fragte Ben neugierig und Semir hob die Schultern. "Er ist es! Ich bin doch einfach zu gut für diese Welt!" "Eigenlob stinkt!", gab Ben sarkastisch zurück und Semir roch an seiner Kleidung. "Ich riech nichts." Ben atmete tief durch. "Damit sind wir zwar ein wenig weiter, aber so weiter auch wieder nicht. Wir wissen zwar wo der Tote gearbeitet hat und was er getan hat, aber mehr auch nicht!" Semirs Gesicht wurde auf diesen Kommentar ernst. "Was ist los?" "Ben, Sanders wurde vor seinem Tod zwei Wochen lang vermisst. Und rate mal, vor zwei Wochen war wieder ein Tänzer verschwunden!" Bens Augen weiteten sich. "Ein Serienmörder?", dachte er laut. "Ich will mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen aber, könnte doch gut möglich sein." Semirs Stimme war ungewohnt tief und ernst. "Aber wie sollen wir das rausfinden? Die Typen halten doch zusammen wie Weiber!" Semir stand auf und ging auf Ben zu. "Schön sprichst du das an", sagte er mit zweideutiger Stimme und Ben zog eine Augenbraue hoch. "Wieso habe ich die Angst, dass da was im Busch ist!" Semir klopfte Ben auf die Schulter. "Na überleg' doch mal! Du singst doch so toll und mit deinen durchtrainierten Beinen imponierst du so manchen Kerl!" Mit weit aufgerissenen Augen drehte sich Ben um.


    "Spinnst du?", kreischte er entsetzt und Semir musste sich die Ohren zuhalten. "Ich als Transe sag' mal bei dir ist wohl 'ne Schraube locker?" Semir legte den Kopf schief. "Und wie wollen wir dann sonst an die Informationen kommen hä? Du hast doch selbst gesagt, die halten zusammen wie Weiber!" Ben stand auf und ging zum Fenster. "Dann prügeln wir es eben aus ihnen heraus! Oder wir setzten sie unter Druck was weiss ich!" Semir liess nicht locker. Sein Blick war an Bens Augen gehaftet. "Komm' schon Semir, ich müsste meinen Bart abrassieren!"
    "Der wächst nach!", gab Semir mit Leichtigkeit zurück und Ben formte seine Augen zu Schlitzen. "Die Krüger weiss noch nichts davon!" Ben sah Semirs Lächeln. Und er stöhnte. "Sie weiss es?" Semir nickte. "Oh, das ist sicherlich nur als Retourkutsche weil ich sie angebaggert habe!" Semir setzte sich an seinen Schreibtisch. "Wir gehen nachher zu dem Chef dieses Amusements, er hat mir seine volle Zustimmung gegeben. Er wird dich noch in Sachen "Tanz" einen Crashkurs geben." Ben hob eine Augenbraue. "Schön, dass ich auch noch gefragt werde!"
    "Komm schon Ben!" Er atmete tief durch. "Meinetwegen", stöhnte er "und das mit dem Tanzen, dank meinem Vater, der hatte mich nämlich in eine Tanzschule geschickt. Das Bein heben, kann ich also knapp noch!" Semir lächelte. "Ich wusste doch, dass ich mich auf dich verlassen kann!"


    Zitat

    „Super, MacGyver hätte daraus alles mögliche bauen können ...“,

    Ich hatte es dir ja schon auf FF.de gesagt aber ich sage es hier noch einmal, ich finde den Spruch zum schiessen, obwohl die Situation wirklich nicht für ein Lächeln spricht!
    Langsam wird's echt brenzlig! Semir beeil dich bitte! ;(

    Berlin, drei Wochen Später




    Die Kirchenglocken läuteten zum Einmarsch. Sarah und André standen am Kircheneingang und begrüssten ihre Gäste noch einmal. Verwandte, Schulfreunde und Kollegen. Jeder konnte es nicht lassen, einen Blick auf den kleinen David - Benjamin zu werfen und fragten immer wieder verwundert nach dem Namensgeber, der noch nicht aufgetaucht war. Jedoch waren Sarah und André nicht besorgt. Sie wusste, dass sie kommen würden. Ben, Annelie, Semir und Andrea. Tom war mit seinen Kindern schon gekommen aber Annelie musste sich noch von ihrer Familie, besonders von ihrer Schwester Stefanie, verabschieden. Annelies jüngste Schwester hatte fliehen wollen. Zu ihrem Vater. Doch konnte Joanna, der dies alles keine Ruhe liess, sie aufhalten.
    Während Annelies Genesungsprozess, konnte man sich einigen, dass Stefanie zu ihrem Vater zog, der in Hamburg lebte. Somit war sie nicht nur von ihrer Familie, sondern auch von Annelie weit entfernt. Und eine 16-jährige hing manchmal noch mehr an der Familie, als sie vermutet hatte.



    So kam die Gruppe knapp beim letzten Glockenschlag an. Ben und Semir trugen Anzüge mit Hemd, ohne Krawatte, Annelie trug ein schwarzes Kleid mit silbenernem Stickmuster und hochgesteckten Haaren und Andrea hatte sich für einen Hosenanzug entschieden. Aida trug ein schönes Blümchenkleid. Sarah lächelte zufrieden und winkte ihnen zu. "Na endlich", bemerkte André ein wenig ungeduldig und Annelie grinste. Ausser einem kleinen Pflaster am Oberschenkel, war von ihrer Folterung nichts mehr zu sehen. "Tut mir leid aber meine Kleinste hatte noch ein Heulkonzert zum besten gegeben!" Sarah ging mit ihrem Sohn zu Ben und Annelie. "Bist du einverstanden", begann sie und wendete sich an Ben, "wenn Annelie David in die Kirche trägt!" Annelies Augen weiten sich und Ben nickte mit einem leichten Lächeln. So übergab Sarah ihrer Freundin das Bündel kleinen Lebens und sie schritten in die Kirche. Semir und Andrea hatten einen Platz in der vordesten Reihe bekommen um das spektakel von nahem zu sehen.




    Der Pfarrer tat sein Werk. Er taufte David Benjamin und übertrug Ben und Annelie das Patenamt. Beide strahlten und hielten Davin-Benjamin wie ihren eigenen Sohn in den Armen. Als die Zeremonie vorbei war. Versammelte man sich vorne für die Fahrt zum Essen.
    "Danke, dass ihr für mich die Taufe verschoben habt", sagte Annelie und Sarah zwinkerte ihr zu. "Hauptsache du bist wiede runter uns Annelie!" Ben, auf Sarahs Kommentar hin, drückte seine Freundin fest an sich. "So schnell gebe ich sie auch nicht her!" Die Beiden gaben sich einen Kuss. "Man kann man mit der Taufe eures Kindes rechnen?", fragte Toms Frau und Annelie winkte ab. "Das wird noch ein wenig dauern. Ben und ich wollen noch ein wenig das Leben geniessen nicht wahr?" Ben nickte zustimmend. Unwissend, dass sie schon bald wieder nach England reisen würden um dort ein weiteres Kind, in der Familie begrüssen zu dürfen.




    So, dass war's mal wieder von uns. Aber keine Sorge, für Nachschub ist gesorgt. Unsere nächste Story steht schon in den Startlöchern. Dieses Mal pausieren wir mal von Annelie, Sarah, André, Tom und unseren englischen Freunden, da wir euch etwas "neuartiges" bieten.
    Die Story wird:



    heissen. Mehr sei an dieser Stelle nicht verraten ;)


    Zitat

    Das schreit meiner Meinung nach nach einer Fortsetzung! Wie schaffen die Beiden es, wieder 100%iges Vertrauen aufzubauen? Wie schnell können Beide die Ereignisse vergessen? Wie verläuft das Gespräch zwischen Ben und der Chefin bzgl. der Suspendierung von Semir? Vielleicht schreibst du ja noch eine Fortsetzung oder baust die Ereignisse dieser Story irgendwie in deine nächste ein!? Ich fänd es toll! Außerdem machen deine stories ja süchtig und ich kann gar nicht genug bekommen ;)
    DANKE für die tolle story! :thumbup: Ich hoffe die Nächste lässt nicht allzu lange auf sich warten!?


    In meiner nächsten Geschichte wird das noch angesprochen, keine Sorge ;)
    Sie wird folgendermassen heissen: "Kleines, schwaches Herz"




    und wird sich mit einem ernsten Thema befassen. Nämlich der Sterbehilfe. Dort wird am Anfang noch über die Suspendierung und Bens Entscheidung gesprochen. Aber wir kriegen es noch mit alten bekannten zu tun. Da ich gemerkt habe dass "Killerinstinkt" eine Vorgeschichte braucht, lasse ich Thao Jaenicke und unseren guten Bekannten Lukas Steiner auftauchen. Also ein Vierer-Ermittler Gespann.
    Aufgebaut wird sie ab jetzt wie die 10. Story da ich gemerkt habe, dass ich so viel intensiver schreibe.


    Hoffe ihr freut euch darauf ;)

    Kapitel 25


    Sana inanıyorum



    Konrad Jäger sass am Bett seines Sohnes und hielt eine Hand fest umklammert, so wie es Semir schon zuvor gemacht hatte. Er fühlte sich in die Zeit versetzt als er am Bett seiner Frau sass und mitansehen musste, wie sie langsam starb. Ein schreckliches Gefühl. Seitdem dies geschehen war, hatte er immer ein ungutes Gefühl im Krankenhaus. Ständig musste er sich einreden, dass die Ärztin schon eine Besserung feststellen konnte. Ja, dass Ben vielleicht schon aufwachen würde, sogar dies schloss sie nicht aus. Also Konrad, dachte er, ruhe bewahren! Er musste vorallem an sein Herz denken, dass nicht mehr das Jüngste war und im Laufe der Jahre immer schwächer wurde. Er hätte eine solche Verletzung nicht überlebt. Das war ihm bewusst.
    Er sinierte noch weiter so vor sich hin, als plötzlich die Finger Bens sich leicht bewegten und Konrads Hand umschlossen. Schnell richtete der Millionär seinen Blick auf seinen Sohn, dessen blutunterlaufenden Augenlider flackerten. Langsam öffneten sich die Augen. "Ben", jauchzte Konrad erleichert. Jedoch hielt er seine Lautstärke in Grenzen. "Papa?", fragte Ben leise, doch konnte man die Verwunderung in seiner Stimme hören. "Deine Chefin hatte mich informiert...Gott bin ich froh!" Ben wagte es nicht, seinen Kopf zu bewegen. Sein ganzer Körper war wie blei und liess sich nicht bewegen. In seiner Brust schmerzte es höllisch.
    Doch war er klar genug bei Verstand um zu bemerken, dass etwas fehlte. "Wo ist Semir?" Konrad musste lächeln. "Unten in der Lobby. Er hat die ganze Nacht an deinem Bett gesessen. Weisst du, was passiert ist?" Ben schloss die Augen und nickte. Und wie er wusste, was geschehen war. Vor seinen geschlossenen Augen präsentierte sich das Bild von Semir, der auf dem Vorsprung stand und Ben mit grossen Augen angesehen hatte. "Wie geht es ihm?" Konrad fuhr durch das Haar seines Sohnes. "Das wird der dir selber sagen können." Er stand auf und fuhr Ben noch einmal über die Hand. "Ich werde ihn holen okay?" Ben nickte langsam und sah, wie sein Vater aus dem Zimmer ging.


    Ben hob langsam seine Hand mit der Kanüle im Handrücken und betrachtete seine käsige Haut, die dem Verband beinahe Konkurrenz machte. Die Sonne schien in sein Zimmer. Es musste also aufgehört haben zu regnen. Seine Augen brannten, das Atmen fiel ihm schwer und er fühlte sich einfach wie ein gerupftes Huhn. Es musste schlimm um ihn gestanden haben, da er das Piepen des EKGs neben sich hörte. Was wohl mit Sanders war? Denn als der Schuss ihn durchbohrt hatte, bekam er kaum noch was von der Welt mit. Alles war damals nur ein dunkler, dichter Nebel gewesen, in dem Semirs Stimme noch knapp zu ihm durchgedrungen war. Semir, bald würde er also in das Zimmer treten. Wie er seinen Partner kannte, würde der Deutschtürke sich lauter Vorwürfe machen. Doch Ben wollte dies nicht zulassen. In jeder Freundschaft gab es mal ein Tief. Und dieses war ihres gewesen. Ben hatte zwar recht behalten, doch wollte ein Triumphgefühl in ihm nicht aufsteigen. Im Gegenteil. Zum ersten Mal in seinem Leben hasste er es, sich nicht getäuscht zu haben.
    Die Türe schwang auf und Ben versuchte seinen Kopf zu drehen. Vergebens. Doch anstatt mehrer Personen, hörte er nur die Schritte einer. Es waren kurze Abstände und er wusste genau, wem diese Gangart gehörte.



    "Partner", stiess Semir glücklich aus, doch traute er sich nicht, sich ihm zu nähern. "Willst du an der Tür versauern?" Auf Bens Frage hin näherte sich Semir und setzte sich neben das Bett. "Wie fühlst du dich?" Ben lächelte. "Als wäre ein Panzer über mich gerollt!", gestand er und Semir nickte verständlich. "Ben...ich...", wollte er beginnen doch Ben hob, so schnell wie es sein Körper erlaubte, seine Hand und legte sie auf Semirs Mund. "Mach hier jetzt keinen auf "Dramaqueen"!", mahnte er und Semir schluckte. "Semir, was geschehen ist, ist geschehen, wir können es einfach nicht ändern. Und das Beste an Männerfreundschaften ist, man verzeiht schnell, nicht wahr?" Semir stimmte zu. "Also lass' die dämlichen Schuldgefühle und sieh' nach vorne!" Erschöpft zog Ben seine Hand zurück und atmete ein paar Mal tief durch. "Ben...Kevin ist tot...", begann Semir stockend und wartete auf eine Reaktion ab - die nicht folgte, "endgültig aus dem Leben geschieden!" Ben holte Luft. "War es mein Schuss?" Semir nickte. "Das wollte ich nicht." Semir riss die Augen auf und schüttelte mit dem Kopf. Er nahm Bens Hände. "Das weiss ich! Du musstest das tun, was du tun solltest! Ohne dich wäre ich nicht mehr am Leben Ben!" Ben zitterte leicht, dass spürte Semir genau. "Ich bin nicht auf dich sauer Ben! Gib' mir einfach Zeit, das Ganze zu verstehen!" Nun hatten sich in Semirs Augen wieder die Tränen versammelt. Ben hob seinen Arm, legte eine Hand auf Semirs Hinterkopf und legte die Stirn seines Partners auf die seine.


    "Du hast alle Zeit der Welt", flüsterte er dem Deutschtürken ins Ohr und dieser schluchzte. "Es tut mir wirklich so leid", stockte Semir und Ben nickte leicht. "Mir auch Partner", erwiderte er und liess Semir in dieser Position verharren und weinen. Den ganzen Schmerz liess der Deutschtürke heraus. Die Angst, die Wut, die Trauer, alles hatte sich vermischt und kam nun aus ihm heraus. Ben konnte ihn am besten verstehen. Nach Saskias Tod fühlte er genau so und wusste, dass Semir nun Zeit brauchte. Semir atmete tief durch und lächelte leicht. "Danke dass du nicht gegangen bist." Ben verpasste Semir eine schwache Kopfnuss. Semir zuckte kurz. "Danke dass du an mich geglaubt hast." Semir löste sich aus der Haltung, setzte sich wieder gerade und strich sich kurz die Tränen aus den Augen. "Sana inanıyorum", sagte er und Ben sah ihn fragend an. "Ich glaube an dich", übersetzte Semir und Ben lächelte. "Gleichfalls Partner", sagte er und blickte auf, als sich die Türe wieder geöffnet hatte. Andrea und Aida, betraten den Raum. "Oh Ben", flüsterte Andrea leise und gesellte sich mit Aida an die andere Seite des Bettes. Semirs Tochter griff nach Ben und Andrea beugte sich mit ihr über ihn. "Benben!", brabbelte sie besorgt und Ben lächelte. "Alles okay Aida", krächzte er nun mit heiserer Stimme, "Benben wird bald wieder mit dir Bobbycar fahren gehen!" Andrea nahm sich einen Stuhl, nahm ihre Tochter auf den Schoss und umarmte sie fest. "Bin ich froh", sagte sie leise. "Ben, wenn du unsere Hilfe brauchst, melde dich bitte einfach immer!" Ben nickte dankend und sah zu Semir. "Gönn' dir eine Auszeit Partner! Ich bin hier ans Bett gefesselt für eine Weile, aber du kommst weg. Fahr' eine Weile weg aus Deutschland. Das lässt dich sicher vergessen!" Semir sah zu Andrea, die Ben zustimmte. "Ich werde wie gesagt hier bleiben und ein Auge auf ihn legen. Du brauchst nun Abwechslung und Zeit zum nachdenken!" Semir sah zu Boden. "Ihr habt ja recht", gab er leise zu, "ich werde Mal eine Weile weggehen. Aber ich komme zurück!" Ben hob eine Augenbraue. "Soll das eine Drohung sein?", fragte er provozierend und Semir nickte. "Verlass' dich drauf!"



    Ende

    Kleiner Aufruf:


    "Überlebenskampf" neigt sich dem Ende und da ihr immer so regelmässig und toll gefeedet habt, soll das nicht ungedankt bleiben. Ich werde Überlebenskampf als PDF-Datei zum herunterladen erstellen, damit ihr euch die Geschichte noch ausdrucken könnt. Nun seit ihr gefragt. Gibt es spezielle Wünsche, die ihr noch für diese "Druckversion" habt? Wenn ja, schreibt mir diese doch bitte per PN, ansonsten ist hier der ganze Thread vielleicht ja überladen, und ich werde diesen Wunsch erfüllen. So als kleines Dankeschön an euch!


    Lieben Gruss
    Jenni


    PS: 130 überschritten???????????????? 8| :| :D :D :D :D :D :D GROSSES DANKEEEEEEEE!!!

    Kapitel 24



    Wichtige Worte



    Der nächste Tag brach an und Semir spürte die Sonnenstrahlen in seinem Nacken. Er war an Bens Seite eingeschlafen. Mit einem Murren richtete er sich auf und liess die Sonne ein wenig ins Zimmer scheinen. Er sah zu Ben, die Augen waren noch immer geschlossen, doch der Brustkorb hob sich ruhiger und stetiger, als noch in der Nacht. Jedoch hatte sich Schweiss auf der Stirn gebildet und Semir überprüfte Bens Temperatur. Sie war leicht erhöht, aber nur leicht. So musste sich Semir ermahnen, die Visite der Arztes abzuwarten, da er nicht bei jeder Besorgnis gleich den Doktor rufen wollte. Ausserdem wollte er noch eine Weile allein sein. Über die Ereignisse nachdenken, die geschehen waren. Dass er Ben geschlagen hatte, klebte wirklich in seinem Gehirn. Natürlich war er durch die Gehirnerschütterung leicht beeinflussbar gewesen zu diesem Zeitpunkt, aber es war keine Ausrede. Er hatte sich von seinen Gefühlen leiten lassen. Eine schreckliche Erfahrung. Er musste also noch immer dazu lernen. Noch immer erfahren, dass er noch nicht alle Grenzen erreicht hatte.
    Er atmete tief durch und nahm Bens Hand. Sie fühlte sich ein wenig wärmer an, war aber noch immer kühl. "Du siehst echt furchtbar aus", murmelte er und lächelte leicht, "wenn dich deine Verehrerinnen so sehen würden. So unattraktiv und lasch." Er wollte fortfahren, doch ging die Türe auf und die Ärztin trat hinein. Sie hatte den letzten Teil mitbekommen und hatte ein Lächeln im Gesicht. "Sie machen das gut, Herr Gerkhan!", lobte sie und schob die Tür weiter auf. "Herr Jäger hat noch weiteren Besuch bekommen!" Semir zog verwirrt eine Augenbraue hoch. Wer konnte das bloss sein?, fragte er sich in Gedanken und als die Person eintrat, schnürrte es die Organe in ihm zusammen.




    Konrad Jäger trat in das Zimmer und sah mit weiten Augen zu seinem Sohn. "Herr Jäger", stiess Semir hervor und stand auf. Sie gaben sich die Hand. Die Ärztin ging zu den Maschinen und füllte ein Formular aus.
    "Frau Krüger hat mir alles erzählt." Die Stimme von Bens Vater war tief und emotionslos. Semir seufzte schwer. "Es tut mir wirklich von Herzen Leid Herr Jäger, ich..." Semir konnte nicht weiter. Zwar waren seine Tränen versiegt, doch die Schuldgefühle und die Trauer liessen ihn verstummen. Jäger sagte nichts, sondern sah zur Ärztin. Diese spürte den Blick und drehte sich um. "Es sieht nicht schlecht aus. Die Lungenfunktionen werden immer besser! Ich bin optimistisch. Vielleicht wacht Ihr Sohn bereits im Laufe dieses Tages wieder auf." Sie ahnte, dass diese beiden Männer etwas zum besprechen hatte, also ging sie aus dem Zimmer und schloss die Türe hinter sich zu.
    Jäger blieb ruhig, zur Semirs Verwunderung. "Sie hatten meinem Sohn geholfen, meine Tochter zu retten, ihr Leben dafür aufs Spiel gesetzt. Sie haben viel für die Familie Jäger getan Herr Gerkhan. Mein Sohn hat mir, nach unserer Versöhnung, viel von Ihnen erzählt und hatte nur Lob für Sie übrig!" Semir schluckte schwer. "Was immer auch nebenbei geschehen ist, ich will so ehrlich sein, ich will's nicht wissen! Ben hatte recht, es ist sein Leben! Und ich sollte da nicht mehr reinpfuschen. Ein 30-Jähriger weiss langsam, wie er sein Leben führen will."



    Semir war über die Worte sehr erleichtert. Nur ungern hätte er von dem Streit und dem Schlag erzählt. Dies war wirklich eine Sache, die er und Ben alleine klarstellen mussten. "Ihr Sohn ist ein wahrer Kämpfer Herr Jäger! Und ich kann Ihnen versichern, dass auch ich nur Lob für ihn habe. Aber bitte, sagen Sie ihm das nicht!" Ein sanftes Lächeln umspielte die Lippen von Bens Vater. "Dann behalten Sie bitte für sich, dass ich es Ihnen gesagt habe!" Semir nickte. Jäger ging zu seinem Sohn und beugte sich vor. "Ich weiss dass du es kannst mein Sohn! Du bist wie deine Mutter! Stark und rebellisch!" Er sah zu Semir. "Gönnen Sie sich was Herr Gerkhan! Bitte. Ich verstehe dass Sie hierbleiben werden aber bitte, genehmigen Sie sich was! Es tut Ihnen gut! Ausserdem wartet, so viel ich mich entsinne, Ihre Frau unten! Zusammen mit Ihrer Tochter." Diese Worte liessen Semir aus dem Zimmer verschwinden und in die Einganslobby rennen. Andrea stand am Empfang und sah zu Semir, nachdem Aida glucksend auf ihn aufmerksam gemacht hatte. "Papa!", rief sie begeistert, "Papa, Papa!" Andrea liess ihre Tochter los und sie rannte im Eiltempo, so weit es ihre kurzen Beine erlaubten, auf ihren Vater zu. Semir hob sie hoch und drückte sie fest an sich. "Mein kleiner Schatz", begrüsste er sie und sah zu seiner Frau. "Frau Krüger hatte mich informiert." Ihre Stimme war leise und betrübt. "Wie geht es Ben?" Semir antwortete ihr, dass die Funktionen sich ein wenig verbessert hätten.



    "Es war also wirklich Kevin?" Semir nickte und biss sich auf die Unterlippe. "Er ist nicht mehr und das ist besser so", murmelte er und Andrea schüttelte mit dem Kopf. "Sag' sowas nicht. Niemand hat den Tod verdient und das weisst du! Natürlich war es schrecklich was er getan hat aber, behalte ihn doch so in den Erinnerungen, wie du ihn kanntest!"
    "Wie soll ich das anstellen, wenn er meinen Partner beinahe umgebracht hätte und eines der Urgesteine der Wache gequält und geschlagen hat?" Andrea fiel nichts zum Erwidern ein. Sie seufzte. "Tut mir leid Schatz." Semir gab ihr als Entschuldigung einen Kuss und sie fuhr ihm mit der Hand über die Wange. "Alles wird gut,ich kann es dir immer wieder nur sagen Semir! Ich weiss dass es gut kommt! Vertrau einfach meinem mütterlichen Instinkt!" Semir musste lächeln und setzte Aida auf den Boden um seine Frau mit aller Zärtlichkeit zu umarmen und ihr einen leidenschaftlichen Kuss zu geben.

    So, hier Feli, wie versprochen ;)


    Kapitel 23


    "Es tut mir so leid!"


    Seit drei Stunden sass Semir schon auf der Wartebank vor dem OP-Saal. Ganz alleine. Andrea wollte zwar zu ihm, doch riet er ihr, bei Aida zu bleibe, da die Kleine ihre Eltern schon zu lange nicht gesehen hatte. Die Gefahr von Entfremdung bestand bei Kindern in Aidas Alter weiterhin und das wollte der Deutschtürke nicht riskieren. Seine Tochter war ihm wichtig und er wollte sowieso gerade alleine sein. Niemand sollte sehen, wie die Tränen unentwegt seine Wangen hinunterflossen und er vor Angst und Schock immer noch zitterte. Sanders Satz hallte in seinen Ohren. "Ich wollte doch mit dir fliegen!" Er sah vor seinen Augen den enttäuschten Gesichtsausdruck. Er musste ihn vergessen! Sanders war nun Vergangenheit! So schwer es zu glauben war. Semir atmete tief durch und stand auf. Lief nervös auf und ab, trotz dem leichten Kribbeln in den Beinen. "Warum dauert das so lange?", fragte er sich selbst und rieb sich übers Gesicht. In seinem Kopf hämmerte es tierisch. Doch das war nicht wichtig. Ben war wichtig! Sein Partner, der nun im OP-Saal auf diesem kalten Tisch lag und operiert wurde. Als er vom Messer verletzt wurde, dauerte die Operation nur eine Stunde, da nichts wichtiges verletzt wurde. Doch nun wartete Semir schon mehr, als das Doppelte ab. Und das, machte ihn noch nervöser als sonst. "Das kann doch nicht sein! Irgendwas stimmt nicht", flüsterte er leise und sah auf, als er das Klackern von Schuhen hörte. Krüger, mit ernstem Gesicht, kam auf ihn zu. Sie hatte die Jägers informiert. "Und?", fragte Semir ungeduldig und die Chefin seufzte schwer. "Julia Jäger sitzt in Mexico mit ihrem Mann fest. Da bei ihm der Verdacht auf die Schweinegrippe vorliegt. Und Konrad Jäger kann ich nicht erreichen! Sein Handy ist ausgeschaltet!" Semir stöhnte und sah ihren Blick. Er schüttelte mit dem Kopf. Krüger verschränkte die Arme und atmete tief aus.


    "Was ist mit Tayfun?" Auf Semirs Frage hin schüttelte Kim Krüger fassungslos mit dem Kopf. "Er hat einfach alles gestanden! So haben es jedenfalls Herzberger und Bonrath erzählt! Er ist amüsiert über seinen Triumph Gerkhan! Und beinahe hätten Sie ihm diesen vollkommen gegönnt!" Semir nickte reuig. "Ich weiss...", flüsterte er und Krüger setzte sich. Sie tippte auf den Sitz neben sie und Semir tat wie ihm befohlen. "Sie werden mich wohl suspendieren oder?" Stille. Sie sagte nichts. "Das liegt nicht in meiner Hand", sagte sie dann nach langer Zeit und Semir zog die Augenbrauen hoch. "Wessen dann?" Seine Stimme war tränenerstickt. "Ich überlasse Ben Jäger die Entscheidung! Ich habe nicht alles mitbekommen Gerkhan und ich befürchte, alles werde ich auch nie erfahren!" Semir wollte etwas erwidern, doch sie hob mahnend den Zeigefinger. "Ich habe recht! Und das wissen Sie genau! Ich darf Sie an unser erstes Treffen erinnern?" Semir schluckte. "Falls es zum Allerschlimmsten kommen sollte, befürchte ich, dass sie freiwillig gehen werden, nicht wahr?" Semir nickte. "Noch mal einen neuen Partner, noch mal an einem Grab stehen, dass schaff ich einfach nicht mehr!" Krüger traute sich kaum, doch legte sie eine Hand auf die zitternde Semirs. "Sie sind eine Person von starker Persönlichkeit Herr Gerkhan! Viele Leute wünschten sich, einen Freund wie Sie zu haben! Sie können das! Aber ich denke, so weit wird es nicht kommen!"


    Sie warteten noch eine weitere Stunde. Dann schlug die Türe auf und eine Frau von zärtlicher Statur kam im weissen Kittel heraus. Sie hatte sich bereits gewaschen. "Sie sind?", fragte sie verwundert und Kim Krüger stand auf. "Kim Krüger, Autobahnpolizei. Ich bin Herrn Jägers Vorgesetzte", sie wies auf Semir, "und das ist Herr Gerkhan. Sein Partner!" Semir stand auf. "Wie geht es ihm?" Die Ärztin seufzte. "Das Geschoss ist an einer Rippe abgeprallt und steckte einen Zentimeter neben dem Herzen. Die Lunge wurde verletzt und eine Aterie war gerissen. Die Beinwunde war sehr gut versorgt gewesen. Jedoch erlitt Herr Jäger während der Operation einen Herzstillstand. Wir haben ihn in die Intensivstation gebracht und hoffen, dass er es schafft." Semir atmete schnell durch. Kim Krüger schien ruhig zu bleiben. "Wo sind seine Verwandten?" Sie erklärte der Ärztin die Situation und zog aus ihrer Tasche ein Blatt Papier. "Es ist von Julia Jäger, der Schwester Ihres Patienten! Eine Einverständniserklärung, dass Herr Gerkhan zu Herrn Jäger darf." Semir und die Ärztin zugleich, weiteten ihre Augen. Doch nickte die Heldin in weiss. "Okay, ich werde Herrn Gerkhan zu ihm bringen!" Kim Krüger nickte dankend. Semir ging der Ärztin nach, sah aber noch einmal zu seiner Chefin zurück und formte ein kleines "Danke" mit seinen Lippen. Sie winkte ihm nach.


    Vor dem Zimmer, blieben sie stehen. "Sie müssen diese Dinge hier tragen!" Sie überreichte Semir den grünen Kittel und ein Haarschutz. "Reden Sie mit ihm Herr Gerkhan! Er muss wissen, dass Sie an ihn glauben!" Semir nickte und öffnete die Tür, nachdem sich die Ärztin verabschiedet hatte. Sein Herz blieb beinahe stehen. Ben hatte jegliche Gesichtsfarbe verloren. Seine Augenlider waren blutunterlaufen. Das Haar, hatte keinen Glanz mehr. Durch einen dünnen Schlauch in einem der Nasenlöcher, wurde er beatmet. Das EKG, gab immer wieder kleine, schwache, piepsende Geräusche von sich. Durch eine Armbeugenkanüle, erhielt Ben Blut. Eine Andere, die im Handrücken steckte, versorgte ihn mit Medikamenten. Semir schritt langsam ans Bett. Er setzte sich auf einen Stuhl, rückte ran und nahm Bens verbundene Hand mit der Kanüle im Handrücken. "Du bist ein Dummkopf Semir Gerkhan...", beschimpfte er sich selber. "Du hast den Wald vor lauter Bäumen nicht gesehen!" Wieder flossen die Tränen über seine Wangen. "Ben es tut mir so leid..." schluchzte er und legte seinen Kopf auf die Kombination von seiner und Bens Hand, die er noch immer fest umklammerte. "Es tut mir einfach so leid..."

    Kapitel 22




    Ewige Treue




    "Gerkhan!", stiess Krüger erleichtert aus, verlor aber jegliche Gesichtsfarbe als sie den bewusstlosen, bleichen Ben erblickte. Wie das Blut in einem Rinnsal den Mundwinkel hinunterglitt und Semir ihm mit der Jacke versuchte, die Blutung zu stillen. Sie kniete neben Semir und nahm ihr Handy hervor. Sie wählte eine kurze Nummer und drückte sich das Mobiltelefon ans Ohr. "Notrufzentrale?", fragte sie nach als abgenommen wurde, "Kim Krüger Autobahnpolizei! Wir brauchen sofort einen Krankenwagen im Industrieviertel beim neuen Hochhaus!" Die Vermittlerin wollte mit Floskeln kommen und Kim beruhigen doch diese erwiderte wütend: "Kommen Sie einfach! Es geht um ein Menschenleben!" Sie hängte auf. "Sanders?" Semir schüttelte mit dem Kopf. "Wir sollten ihn nach unten bringen! Der Aufzug ist ja in Betrieb! Ausserdem wird es im Regen nur noch schlimmer!" Semir war erstaunt über die ruhige Stimme Krügers. Kein Wort des Vorwurfes oder der Wut. Im Gegenteil. Sie war mitfühlend und sanft. In diesem Moment kam Dieter hinauf und seine aufgerissenen Augen quollen beinahe aus den Höhlen. "Sehr gut Bonrath! Wir brauchen Ihre Hilfe!" Dieter verstand sofort und nahm Ben in den Arm. Er war eiskalt. Semir hielt noch immer seine Jacke auf der Wunde gepresst und so gingen sie zu Dritt in den Aufzug. Jede Sekunde zählte und jedem war dies bewusst. Der Aufzug fuhr zur Erdetage und dumpf konnten sie den weit entfernten Krankenwagen hören. "Komm' schon Ben", flüsterte Semir ihm ins Ohr, "halte durch! Ich weiss, dass du es kannst!" Die Fahrstuhltüre öffnete sich und Hotte stand neben Tayfun, der immer noch bewusstlos war. "Oh, mein Gott", stiess er hervor und zog seine Jacke aus, die er sofort zu einem Kissen formte. "Okay, langsam!" Dieter tat wie ihm von der Krüger befohlen und er legte Ben sanft, auf dem Rücken, zu Boden. Und genau in diesem Moment wachte Tayfun auf. Er begann hämisch zu grinsen. "Na sieh mal einer an", er kicherte und bleckte seine Zähne, "da hast du ja den Jackpot gezogen Semir! Einen toten Partner und ehemaligen besten Freund! Besser kann es doch nicht laufen!"





    Semir stand auf und stampfte auf Tayfun zu. "Halt dein Maul! Halt dein dreckiges Maul! Götdeliyi!" Tayfun lief wutrot an. Semir hatte ihn als Arschloch beschimpft. Das liess er nicht auf sich sitzen. "Du bist doch selbst schuld, hain! Mit deinem Weltverbesserungstrip hast du uns alle verraten!" Semir wollte ausholen doch Kim funkte dazwischen. "Gerkhan nicht!", schrie sie und hatte sichtliche Mühe, Semirs Arm unter Kontrolle zu bringen. "Damit tun Sie nur das, was er will!" Tayfun lächelte diabolisch. "Na los Semir! Prügle mich doch zu tode! Dann bist du endlich wieder der Semir Gerkhan, den ich kannte!" Bei diesem Satz stoppte Semir abrupt und auch Kim Krüger lockerte ihren Druck. "Dieser Semir Gerkhan ist schon seit langer Zeit gestorben Tayfun! Du bist ein Nichts, lebst immer noch in der Vergangenheit und benimmst dich wie ein Teenager! Einfach nur erbärmlich!" Er spuckte neben Tayfun und ging wieder zu Ben. "Was findest du nur an dem Typen Semir! Was hat der, was ein Tayfun nicht hat hä?" Semir antwortete nicht. Tayfun würde es nicht verstehen. "Der Junge kämpft", sagte Dieter traurig und hatte das Pressen der Jacke auf die Wunde übernommen. Bens Brustkorb hob sich heftig und immer wieder stöhnte er. Der Schmerz war anscheinend sehr stark. "Du musst durchhalten! Bitte, bitte Ben ich weiss, dass du es kannst! Du schaffst das!", sprach Semir seinem bewusstlosen Freund zu. Alle erblickten die flackerten, blauen Lichter der Sirene. "Ich bringe die Notärzte hinein!" Mit diesen Worten stand Kim Krüger auf und lief nach draussen.




    Der Regen peitschte an ihr Gesicht und sie musste die Augen zusammenkneiffen, um den Krankenwagen zu sehen. Sie winkte hektisch mit den Armen und die rot uniformierten Sanitäter folgten ihrem Chef, dem Notarzt. Sie hatten die Trage und den Notfallkoffer dabei. "Wie siehts aus?" fragte er und zu seiner Überraschung antwortete Kim Krüger schnell. "Schussverletzung unter dem Brustkorb. Ausserdem eine tiefe Schnittwunde im Oberschenkel!" Der Arzt drehte seinen Kopf zu einem der Sanitäter. "Bereite schonmal die Kochsalzlösung vor!" Er nickte und blieb zurück. "Ist er ansprechbar?" Krüger schüttelte mit dem Kopf. "Er ist bewusstlos", sie gingen in die Halle, "aber er atmet und sein Puls rast!" Sie kamen an der Gruppe an uns die drei Männer machten sofort Platz für die Helfer. Wie Aasgeier beugten sie sich über Ben und Semir wich zurück. Er versteckte sein Gesicht in den Händen und schüttelte mit dem Kopf. Krüger sah dies. "Herzberger, Bonrath?" Die Angesprochenen sahen sich an. "Bringen Sie Tayfun zurück ins Gefängnis. Und dann, lassen Sie sich von einem Arzt untersuchen Bonrath okay?" Der Angesprochene nickte und die Beiden entfernten sich.
    "In welches Krankenhaus wird er verlegt?" fragte Krüger laut und einer der Sanitäter antwortete knapp mit einem "Marienkrankenhaus!".
    "Kommen Sie Gerkhan", sie nahm Semirs eine Hand, "gehen wir schon mal! Hier können wir nichts mehr tun!" Wie in Trance nickte Semir und folgte ihr zum Wagen, wo eine Verstärkung anrückte, da die Nachbarschaft Schüsse hörte.



    Semir stieg in den Wagen und schnallte sich an. Er sagte nichts. Kim tat es ihm gleich und startete den Motor. "Soll ich noch jemanden abholen?", fragte sie und Semir schüttelte mit dem Kopf. "Seine Schwester ist in den Flitterwochen und sein Vater auf Geschäftsreise, ich werde sie anrufen müssen!" Krüger seufzte. "Ich kann das auch übernehmen", schlug sie vor da sie sah, wie schwer dies Semir fiel. "Das würden Sie tun?" Sie nickte mit einem tröstendem Lächeln. "Jäger schafft das Gerkhan! Sie Zwei haben etwas was ich noch nie zuvor gesehen habe!" Semir zog fragend eine Augenbraue hoch, als Kim ihn einen kurzen Blick schenkte. "Ewige Treue! Ich hatte noch nie so eine intensive Partnerschaft gesehen! Ich will nicht, dass dies endet Gerkhan! Und ich denke, Jäger will das genau so wenig! Er kämpft! Und wir müssen nun an ihn glauben!" Mit diesen Worten bog sie in die Einfahrt des Krankenhauses ein.

    Annelie hatte ihre Hand über die Bens gelegt und ihre Augen öffneten sich langsam. Sandra stiess einen kleinen Jauchzer aus und nahm sofort die andere Hand ihrer Tochter. "Mama?", krächzte Annelie leise und versuchte ihren Kopf zu bewegen. Doch war dieser schwer und sie konnte sich kaum rühren. "Anne?" Nun umspielte ein Lächeln Annelies, von der Atemnot, noch bläulich verfärbten Lippen. "Du hast mich gefunden, Schatz!" Ben strich sanft über ihr Haar. "Aber sicher! Ich hätte dich doch nicht alleine lassen dürfen!" Joanna beugte sich über ihre Schwester. "Hier, ein Teil der Schwesternfraktion ist auch anwesend!", sagte sie mit einem Grinsen. "Wo ist Stefanie?", fragte Annelie leise und auch Ben mit Sandra sahen Joanna fragend an. "Sie schmollt mal wieder! Wie immer! Ich verstehe diese Frau einfach nicht!" Annelie grinste leicht. Zwar funktionierte noch nicht alles wie geplant, aber sie spürte, dass sie noch lebte. Ben strich ihr sanft eine Strähne aus dem Gesicht, ohne dabei den Schlauch in der Nase zu berühren. "Ich bin so froh...", flüsterte er erleichtert und schmiegte seinen Kopf an den ihren. "Ich lass dich doch nicht einfach alleine", antwortete sie und genoss die Geste sichtlich. "Ich liebe dich." "Ich liebe dich auch!" Sandra war wirklich froh, dass ihre Tochter jemanden gefunden hatte.


    Semir ging in die Cafeteria, wo alle warteten und aufschossen, als sie ihren Kollegen sahen. "Und?", fragte Sarah ungeduldig und Semir lächelte. "Sie wird wieder vollkommen gesund!", verkündete er freudig und Sarah umarmte ihren Mann mit voller Liebe. Andrea und Semir küssten sich. "Gott sei dank", atmete Tom erleichtert durch und fuhr sich durchs Haar. "Wie heisst es doch schön: Ende gut alles gut!" Sarah stimmte André vollkommen zu. Semir jedoch, erblickte Stefanie, die an einem Tisch sass und mit wutrotem Gesicht Luftlöcher starrte. "Noch nicht ganz", murmelte er und ging auf sie zu.

    Tja Vanessa, nicht zuerst das Maul aufsperren und dann die Entsetzte spielen. Auch wenn sie vielleicht nichts damit zu tun hat, tut ihr ein bisschen Knast und Verdacht gut. Man wünscht sich niemandem den Tod an den Hals. Egal was er getan hat! :evil:


    Einfach super! Ich bin gespannt!
    Gruss
    jenni :)

    Da ihr so regelmässig gefeedet habt und ich gestern
    keinen Teil hochgeladen habe, gibt's heute ausnahmsweise
    zwei davon :)


    Kapitel 21


    Fliegen


    Die Türe zum Treppenhaus schwang auf und Semir erblickte die rauchende Mündung einer Waffe. Er konnte das Tropfen von Wassern hören und heftiges Ein- und Ausatmen, was ihm schon beim zuhören in den Lungen brannte. Sanders stockte und spuckte Blut. Doch auch er wendete seinen Blick zu der Kammer, wo der triefnasse Ben stand. Die Augenbrauen streng zu den Augen gerichtet, auf der Stirn eine tiefe Falte. "Waffe fallen lassen Sanders oder der nächste Schuss steckt zwischen deinen Augen", drohte Ben gehässig und mit starker Stimme was Semir bei diesem blassen Körper erstaunte. Die nassen Haaren klebten im Gesicht Bens und der Verband hatte sich gelöst und hing wie eine Liane das Bein hinunter. Wie eine rot, weisse Liane. Sanders hielt sich mit der freien Hand an der Wunde am Bauch, die durch Bens Schuss herführte. Die Waffe, wanderte aber nun von Semir zu ihm. "Du stellst dich mir schon wieder in den Weg?", fragte Sanders gehässig und Ben nickte nur leicht. "Du willst Semirs bester Freund sein?" Sanders Augen weiteten sich. "Ich hatte auch so einen besten Freund", Ben sah zu Semir, "er hatte mir eine Ohrfeige verpasst...aber ich war nicht sauer auf ihn! Zog keine voreiligen Schlüsse! Aber du, Sanders, du hast dich von Tayfuns gehässigen Spielen leiten lassen!" Sanders begann zu zittern, aus seinem Mundwinkel floss ein Rinnsal Blut. "Du hast keine Ahnung", stöhnte er unter heftigen Schmerzen, "aber ich will auch nicht, dass du mich verstehst! Niemand kann mich verstehen! Ich war immer allein!" Es begann ein eiskalter Wind zu wehen und gelang Ben an die nasse, blanke Haut. "Bitte Kevin", versuchte es Semir noch einmal, "lass die Vergangenheit ruhen!" Er legte eine Hand auf die Waffe. "Lass' uns nochmal von neu anfangen!" Ben sank langsam die Waffe. Er wollte Semir glauben. Er hatte Vertrauen in seinem Partner.


    Die Chefin rannte das Treppenhaus hinauf und folgte den Blutspuren Bens. Die Lufte brannte in ihren Lungen und das Haar verfing sich immer wieder im Gesicht. Sie hatte Angst! Pure Angst! Den Schmerz in den Füssen von den Druckstellen der Schuhe, hatte sie schon lange vergessen. Sie vergass alles, was sich betraf. Sie vergass alles, was Ben und Semir nicht retten könnte. Nun zählte dies. Ein unangenehmes Gefühl machte sich in ihrem Magen breit. Irgendwas sagte ihr, dass dies nicht gut enden würde. Und dieses Gefühl, hatte sie zuvor noch nie gehabt. Auch wenn sie es nicht zeigte, war sie eine Optimistin. Sie glaubte an das Positive. Und nun musste sie einfach noch lernen, dank Herrn Semir Gerkhan, dass das Positive manchmal auch Regeln missachtete, um Menschen zu retten. Sei es auch, den Befehl der eigenen Vorgesetzten zu missachten. "Wehe ihr baut einen Mist, Jungs!", dachte sie laut und zog sich an den Wänden hoch. Der Schmerz in ihren Beinen wurde immer heftiger doch sie ignorierte ihn immer mehr. Ihr Herz schlug heftig gegen den Brustkorb. "Ich lasse euch nicht im Stich!" Sie erschrack, als es zuerst einmal knallte. Sie blieb stehen. Hörte nichts. Absolute Stille. Alles, dachte sie, nur das nicht! Sie lief weiter. Unermüdlich. Die Stufen kamen ihr so unendlich vor und sie fragte sich, wie Ben Jäger dies selbst mit einer Beinverletzung schaffte. Dann knallte es ein zwei Mal und dieses Mal hörte sie Semirs schmerzenden, grellen Schrei.


    Sanders spürte, wie die Kugel seine Brust durchdrang und der Druck ihn langsam nach hinten zog. Er wollte nach Semir greifen, doch dieser wich zurück. "Ich wollte doch mit dir fliegen", stiess Sanders noch hervor, bevor sein Körper über den Vorsprung fiel und ungespitzt in den Boden rammte. Semir glaubte, sogar die Knochen brechen zu hören, doch tief im Innern wusste er, dass dies eine Illusion war. Er schlug sich die Hand vor den Mund, als er nach unten sah und Sanders zerbersteten Körper erblickte, der mit seinem Blut den Asphalt benetzte.
    "Nein...oh gott, Nein!", stiess er hervor und die Tränen vermehrten sich immer mehr. "Warum? WARUM?" Er kniete zu Boden. "Ich wollte das nicht! Ich wollte das alles nicht!" Er hörte ein leises Stöhnen. Und drehte sich um. Ben liess sich die Wand entlang zu Boden gleiten und hinterliess an der weissen Tapete eine lange, rote Spur. Seine Hand war unter den Brustkorb gepresst. Genau an der Stelle, an dem ihn ein paar Wochen zuvor das Messer durchbohrt hatte. Über ihnen begann es zu donnern und ein greller Blitz erhellte den Himmel. Regentropfen begannen auf den Boden zu fallen. Köln versank in Trauer.
    Sanders Kugel hatte Semirs Partner durchbohrt. Der sonst schon bleich wirkende Ben, sass auf dem Boden und sah Semir mit traurigem Gesicht an. "Ich wollte das nicht", formte seine Lippen und Semir rannte sofort zu ihm als er sah, wie Ben zur Seite fallen drohte.
    Sanft fing er ihn auf und betete ihn auf seinem Schoss. Ben zitterte spürbar. Auch aus seinem Mundwinkel floss ein Rinnsal Blut. Semir verzog das Gesicht.


    "Es ist nicht deine Schuld", stockte Ben hervor, "mach' dir bitte keine Vorwürfe!" Semir schluchzte laut. "Wem seine sonst? Ben...ich will dich nicht verlieren! Bitte!" Ben hob langsam seine Hand, führte sie zu Semirs Brust. "Vertraust du mir?", fragte er schwach, das Blut noch immer dem Mundwinkel entlang fliessend. "Ja ich vertraue dir Ben! Mehr als je zuvor!" Wieder schluchzte Semir auf. "Wieso musst du für meinen Fehler büssen?" Ben antwortete nicht, sondern verdrehte die Augen und schloss sie. "Nein...NEIN!" Semir durchsuchte seine Jacke. Kein Handy. Auch das noch! Er musste es versuchen. "HILFE! Ich braue HILFE!" Seine Stimme überschlug sich, kratzte und brannte im Hals und er verschluckte sich beinahe an den Regentropfen. Er drückte Ben an sich, fühlt seinen Puls. Er war noch da! Ben kämpfte. "Bitte, bitte ich brauche hier Hilfe!" Semirs salzige Tränen vermischte sich mit dem Regen, der auf sein Gesicht tropfte. "Allah", murmelte er leise, "bitte hilf mir! Hilf Ben!", flüsterte er leise und drehte seinen Kopf um, als die Tür wieder aufging.

    Kapitel 20



    (über 100 Feeds? DANKE!!!)



    Sanders Tränen



    "Bring ihn rauf!", befahl Sanders schroff und Tayfun nickte. Semir versuchte verzweifelt, einen Blick zum Pool zu erhaschen. Waren noch Luftblasen? Denn Ben tauchte nicht auf. "Ihr Schweine!", schrie er und versuchte sich zu wehren. Doch in seinem Kopf hämmerte es höllisch und seine Kräfte waren noch nicht vollständig zurückgekehrt! "Ihr Mistkerle! Arschlöcher!" Tayfun legte eine Hand vor Semirs Mund und zog ihn zum Aufzug. Vor dem Gefährt, hielt Sanders ihn auf. "Ab hier übernehme ich. Sieh' zu, dass dieser Jäger wieder auftaucht!", flüsterte er ihm ins Ohr und der Türke nickte.
    "Warum?", fragte Semir leise, als der Aufzug nach oben gezogen wurde. Sanders lachte auf. "Das hast du mich doch nicht jetzt allerernstes gefragt oder?" Semir hob die Schultern. "Ich weiss es wirklich nicht", gestand er und Sanders holte aus. Seine Faust traf Semir an die Wunde der Stirn und der Deutschtürke schrie vor Schmerz auf. "Du hast mir mein Leben ruiniert", der zweite Schlag traf Semir in den Magen, "meine Zukunft zerstört", der Dritte ging in die Brust, "meinen Sinn gelöscht!", der letzte Schlag galt wieder dem Gesicht. Hustend und keuchend beugte sich Semir vor und spukte Blut. "Und du fragst mich, wieso ich das tue?" Semir atmete tief durch. "Tayfun hat dir Lügen erzählt", stiess er hervor und spückte noch einmal blutigen Speichel, "ich habe dir gar nichts angetan! Ich hab' doch immer zu dir gestanden!" Als Semir aufsah, bemerkte er jedoch Sanders Blick. Die Augen, die Spiegeln zu Seele, sagten alles. Tayfun hatte in Sanders sein Werk vollendet. Ein perfektes Bild der Manipulation. Ein Monster.
    In Sanders Augen hatten sich Tränen gebildet. Er zog Semir hoch und drückte ihm die Waffe in den Rücken. "Und nun, wirst du fallen Semir! Im wahrsten Sinne des Wortes!"



    Tayfun beugte sich über den Pool. Noch immer war Ben nicht aufgetaucht. War er wirklich ertrunken? Der Türke glaubte dies. Und das wurde ihm zum Verhängnis. Denn er wurde gepackt und in den Pool gerissen. Ben drückte ihn unter Wasser an die Wand und entledigte Tayfun seiner Waffe. Der Türke versuchte sich zu wehren doch der Polizist war, vor lauter Wut, kräftiger. Er hatte sich unter Wasser seiner schweren Jacke entledigt. Tayfun schnappte nach Luft, da er vor Schock Wasser geschluckt hatte. Doch nichts. Er verlor das Bewusstsein. In diesem Moment tauchte Ben mit ihm auf und zog ihn raus. "Du bist immer noch so leicht zu fangen", keuchte der junge Polizist und überprüfte die Waffe. Sie funktionierte noch einwandfrei. Er hörte, wie Dieter hinter ihm stöhnte und sich aufrichtete. "Geht's?", fragte Ben kurz besorgt und der Grossgewachsene winkte ab. Er hatte gesehen, wie Ben Tayfun nach unten gerissen hatte. "Ich kümmere mich um ihn! Rette Semir, Ben! Ich weiss, dass du es kannst!" Mit einem Nicken stand Ben auf und humpelte im Eiltempo zum Treppenhaus. Der Aufzug war eindeutig zu gefährlich.
    Er spürte das feuerheisse Blut. Die Wunde musste aufgebrochen sein. Doch das war ihm egal. Er wollte Semir retten, koste es was es wolle! Die Waffe wurde entsichert. Das Wasser perlte von seinem Körper ab und landete in Tropfen auf den Beton der Stufen. Seine Schritte halten und Ben glaubte, seinen eigenen Herzschlag in voller Lautstärke zu hören.




    Kim Krüger und Hotte parkten neben dem Kleinlaster und rannten ins Gebäude. Der beleibte Polizist atmete auf, als er seinen Partner sah, wie dieser Tayfun an einem festgeschraubten Sitz fesselte. Der Chefin blieben die Blutstropfen nicht unbemerkt. Hartmut hatte sie in der Zwischenzeit angerufen und ihr erzählt gehabt, dass das Blut von Ben stammt. "Wo ist Jäger?", fragte sie schroff und Dieter wies auf die Stufen. "Herzberger, verständigen Sie die Kollegen", sie entsicherte ihre Waffe, "ich werde Jäger zu Hand gehen!" Hotte nickte und hatte bereits sein Handy aus der Tasche gezogen. "Susanne? Hier Hotte, wir brauchen sofort Verstärkung!" Er nannte ihr die Adresse und hängte auf. Als er aufsah, erblickte er nur noch die Füsse seiner Chefin, die aber auch verschwanden. "Ich bin froh ist dir nichts schlimmeres passiert", stiess er hervor und konnte nicht anders. Er musste Dieter umarmen. "Ich bin auch froh", stimmte dieser zu und sah, wie Tayfun aufzuwachen versuchte. Voller Wut ballte Dieter eine Faust und schlug den Türken KO. "Jetzt sind wir quitt!", zischte er unter der verwundeten Miene Hottes.



    "Na los!" Semir spürte die kalte Luft an seiner Haut und Köln bei Nacht. Die Stadt war erhellt und der Kölner Dom erstrahlte in seiner Pracht. "Wunderschön nicht wahr?", fragte Sanders und Semir glaubte, ein Schluchzen zu hören. "Wer hätte gedacht, dass du bei einer solch prunkvollen Kulisse sterben wirst?" Semir begann zu zittern. Die Angst um Ben, Dieter und um sich selbst beherrschte seinen Körper. Sanders Waffe im Rücken war dabei keine grosse Hilfe, die Furcht zu bändigen. "Na los! Lauf!" Semir ging nur in kleinen Schritten. Sie wurden immer kürzer. Der Vorsprung näherte sich. "Früher als Kind, wollten wir doch immer fliegen Semir!" Semir nickte nur. Tränen stiegen in seine Augen. "Kevin, noch kannst du diesen Irsinn beenden!", flehte er. "Ich führe alles zuende, was ich anfange! Und das weisst du!" Semir konnte nicht widersprechen. Das stimmte wirklich. In solchen Dingen war Sanders Perfektionist. "Ich hoffe, deinem Partner geht es gut! Wirklich mutig der Junge! Kein Wunder, hast du so von ihm geschwärmt! Ich kann dich wirklich verstehen!" Semirs Füsse stiessen an den Vorsprung und er drohte, das Gleichgewicht zu verlieren. Doch konnte er sich im letzten Moment fangen. "Geh' noch nicht!", säuselte Kevin und tippte mit der Waffe an die Wirbelsäule. "Steig hinauf!" Ohne es zu wollen, gehorchte Semir. Er stieg hinauf, und er glaubte, dass der Wind noch kräftiger war. Sanders gesellte sich neben ihm. "Lass' uns fliegen Semir!" Über die Wangen des Deutschtürken flossen die Tränen.



    "Was hat Tayfun mit dir gemacht?", flüsterte er entsetzt und auch in Sanders Augen bildten sich Tränen. "Er hat mir den wahren Weg gezeigt Semir. Eigentlich wollte ich dich mit einer Schrotflinte erschiessen aber", er wies über das Panorama von Köln, "ist es nicht einfach wunderschön?" Semir biss sich auf die Unterlippe. "Kevin bitte! Ich werde ein gutes Wort für dich einlegen. Und dann könnten wir dieses Panorama jeden Abend vom Altersheim ansehen und über diesen Moment lachen!" Sanders Waffe wanderte zu Semir Stirn und die Tränen flossen in Strömen. "Ich kann nicht mehr Semir", schluchzte er, "ich möchte gehen. Und mein Leben möchte ich mit dieser Person beenden, die ich mal für meinen besten Freund hielt! Und von dem ich dachte, dass er auch mein bester Freund ist!" Semir atmete tief durch. "Ich bin dein bester Freund Kevin! Leg' die Waffe weg, dann kann ich es dir beweisen!" Zwar zitterte Sanders Hand, doch die Waffe blieb fest umklammert. "Es tut mir leid Semir! Aber ich will fliegen! Und du wirst mir folgen! Aber keine Sorge, den Aufprall erspare ich dir! Ich erlöse dich schnell! Dann packe ich dich bei der Hand und wir fliegen wir!" Der Finger spannte sich um den Abzug. "Ich zähle auf drei okay?" Semir schüttelte mit dem Kopf. "Bitte nicht", flehte er mit leiser Stimme. "Eins. Zwei...und drei!" Sanders hob die Waffe und in diesem Moment knallte es.