Beiträge von jenni

    "Wie würdest du es finden", begann er und Oliver sah Semir an, "wenn wir mal zusammen spielen würden. Du, ich und Ben. Wenn das alles vorbei ist!" Mit leuchtenden Augen nickte Oliver begeistert und klatschte sich in die Hände. "Wusste ich doch, dass dies gefallen würde. Aber nimm dich in Acht! Vor dir steht ein ehemaliger Juniorenmeister!" Semirs, absichtliches, Gepralle brachte Oliver zum Lachen und der Deutschtürke grinste erleichtert. Wenn ihm etwas das Herz zeriss, dann traurige Kinder.
    Semirs Handy klingelte und er nahm ab. "Hartmut?" Der Rothaarige lachte. "Morgen Semir! Ich habe den Bericht des Gerichtsmediziners gelesen. Todesursache waren eindeutig die Einstiche. Keine sonstigen Verletzungen. Der Typ muss so platt gewesen sein, dass er sich nicht gewehrt hat!" Semir rollte mit den Augen. "Ich möchte dich sehen, wenn man dir acht Messerstiche verpasst!" Hartmut schien dies nicht zu beindrucken. "Am Tatort habe ich kein Messer gefunden. Der Täter muss es anscheinend mitgenommen haben. Der Kleintransporter, oh du wirst dich wundern war..."
    "...gestohlen!", vollendete Semir den satz und wieder lachte Hartmut. "Wie bist du nur da drauf gekommen!", scherzte er und Semir gab ein, "jahrelange Erfahrung", zurück bevor er auflegte. Er hörte, wie Ben sich aufrichtete, aber sich nicht wagte, sich zu strecken. "War das Hartmut?" fragte er und Semir berichtete Hartmuts Ergebnise. "Viel ist das ja nicht", grummelte Ben und lehnte sich gegen die Rückenlehne des Sofas. "Glaubst du, der Typ wird uns finden?" Semir sah, wie Ben besorgt zu Oliver blickte, der wieder die Kinder begutachtete. "Keine Ahnung", gestand der Deutschtürke ehrlich und seufzte, "Ben, du magst den Kleinen nicht wahr?" Semirs Stimme war auf einmal leise und düster geworden. Ben winkte ab. "Nur so, wie ein Beschützer sein Bündel mag", erwiderte er und Semir seufzte.


    Karl hatte sich einen Kanister Benzin geholt und verteilte den Kraftstoff im Keller. Die Dämpfe stiegen bereits in die Höhe und Karl zog ein Feuerzeug hervor. Schnell entfachte er es und schmiss es inmitten der Benzindämpfe. Bevor er die Tür schloss, konnte er noch die Stichflamme sehen. Nun musste er abwarten. Da dieses Wohnhaus schon alt war, hatte es keine Feuermelder und die Leute mussten sich auf ihre Intuition verlassen. Perfekt für seinen Plan. Er ging in das Erdgeschoss und konnte sich zurücklehnen.
    Es dauerte nicht lange, bis das Feuer sich schon die Treppen hinauf züngelte. "Oh mein Gott", schauspielerte Karl und schrie, "FEUER! Es brennt!" Er betätigte den Alarmknopf und es heulte erbärmlich! Leute kamen aus ihren Wohnungen und packten ihre Kinder. Sie rannten hinaus und der beissende Rauch begann sich, im ganzen Gebäude breit zu machen!


    Oliver roch den starken Geruch und sah nach draussen. Er sah die züngelnden Flammen, die aus dem Fenster kamen. Semir und Ben gesellten sich zu ihm. "Verdammte Scheisse!" stiess Semir hervor und rannte nach draussen, um sich zu vergewissern, ob noch jemand da war. Und tatsächlich, eine alte Frau, bestimmt über 80, nur 1.30 gross, hatte Mühe, die Treppen hinunter zu gehen. "Ben, nimm du den Kleinen!" Ben beugte sich mit verzogendem Gesicht zu Oliver und hielt ihm die Hand hin. "Lass' uns verschwinden!" Nichts lieber als das!, drückten Olivers Augen aus und sie gingen aus der Wohnung. Oliver widmete noch einen kurzen Blick dem Keyboard. Semir hatte die Frau auf die Arme genommen. "Wir müssen hier raus!" stiess er hervor, da der Rauch in seiner Kehle brannte. Ein unerträglicher Schmerz. Je weiter runter sie kamen, desto stärker wurde der Rauch und die Menschenmenge. Ben konnte kaum noch was sehen und spürte nur, wie Olivers Arm seinen umklammerte. Doch dann näherte sich etwas von hinten, stiess in Bens Seite und er schrie auf. Er wurde zu Boden gestossen und merkte, wie ihm Oliver aus dem Arm gerissen wurde. "Scheisse, nein! OLIVER!"

    "Ben?" Semir gab Ben erneut leichte Klapse auf die Wange und schliesslich regte sich Ben langsam. "Gott sei Dank!", stiess der Deutschtürke hervor und Ben richtete sich auf, fluchte dabei aber immer wieder und verzog das Gesicht. Samira kam zurück, sie lief zur Sanitätsabteilung und ein junger Sanitäter war in ihrer Begleitung. Ursula ging auf Samira zu, die sichtlich geschockt war. "Alles okay?" fragte sie besorgt und die Jüngere der Beiden nickte. "Ja, geht schon danke", erwiderte sie leise und sah, wie der Sanitäter zusammen mit Semir Ben begutachtete. "Das Offensichtlichste ist wohl der tiefe Schnitt im Arm", begann der Sanitäter und begann diesen zu versorgen, "verspüren sie sonst irgendwo noch Schmerzen?" Ben schüttelte mit dem Kopf. Jedoch brannte sein Arm unerbittlich und Ben zuckte immer wieder auf, wenn der Sanitäter mit dem Säuberungstuch sich der Wunde näherte. "Vielleicht ist der Knochen ja gebrochen", warf Semir besorgt ein und der Sanitäter hob die Schultern. Er tastete Bens Unterarm ab und schüttelte mit dem Kopf. "Das nicht, aber gequetsch ist er. Sie sollten ihn so weit wie möglich ruhig halten." Ben war froh, dass es der linke Arm war. So konnte er doch weiterarbeiten. "Wie ist das überhaupt passiert?" wollte Ursula wissen und Ben sah zuerst Semir an. Dieser wusste genau, was diese Geste bedeutete. "Wie ich ihn kenne", begann Semir, "war er einfach mal wieder übermütig!" Ben nickte. "Ich kann halt nicht aus meiner Haut", meinte er gespielt verlegen und Samira kniete zu ihm. "Du hättest mir was sagen sollen! Die Schränke sind eigentlich solid aber, ich werde das melden!" Ben winkte ab. "So furchtbar ist das nun auch wieder nicht!"


    "Doch, ich finde sowas furchtbar!" Ben legte seinen gesunden Arm auf Samiras Schulter. "Lieb von dir gemeint. Aber, ich würde gerne zuerst mit dem netten Kerl hier zu Mittag essen. WIr waren früher schon mal Kumpels und treffen uns nun so wieder hier!" Samira zuckte mit den Achseln. "Wie du meinst, wie ich Ursula kenne, ist sie mit dem Gehege schon fertig", Ursula nickte zufrieden, "dann kann sie mir helfen!" Der Sanitäter versorgte Ben noch fertig und liess sie dann, mit der Übergabe eines Medikamentes, gehen.
    "Das war kein Unfall richtig?" fragte Semir direkt und Ben nickte. "Ich hatte zwei intensiv plaudern sehen! Ich bin ihnen bis zu dem Raum gefolgt. Das nächste, woran ich mich erinnern kann ist eben, dass du mich vorhin "wachgeklatscht" hast!" Semir hob die Schultern. "Anders bist du Tiefschläfer nicht wachzukriegen!" Ben rollte mit den Augen und hielt sich den Unterarm. "Tut's sehr weh?" fragte Semir besorgt und Ben schüttelte mit dem Kopf. "Geht schon, zum Affescheisse aufsammeln reicht's noch locker!"

    7.


    Jan und Hartmut blickten zu Ben, als dessen Handy klingelte und er abnahm. Sein Gesicht verdunkelte sich immer mehr und er umklammerte sein Handy so fest, dass die Fingerknöchel weiss hervortraten. "Wie geht es ihm nun?" fragte er und Jan wusste sofort wovon sein jüngerer Kollege sprach. Irgendetwas musste mit Semir geschehen sein. "Wir kommen sofort!" Ben hängte auf. Er verspürte den Drang, sein Handy vor lauter Wut einfach wegzuschmeissen. "Was ist passiert?" fragte Jan mit ruhiger Stimme und Ben atmete einmal tief durch. "Das war ein Mithäftling von Semir. Er hat meine Nummer von ihm erhalten bekommen. Semir", wieder musste Ben nach Luft schnappen, "wurde von Tayfun schwer verletzt. Messerstich in die Seite!" Hartmut schlucke und glaubte sogar, einen kleinen Stich in seine Seite zu spüren.
    Es war inzwischen dunkel geworden. "Geht zu ihm", begann Hartmut und lächelte, "er braucht euch nun! Sollte ich was finden, erfährt ihr es zuerst!" Jan nickte dankend und ging zusammen mit Ben zu seinem Wagen. "Also doch Tayfun?" dachte Ben laut doch Jan gebat Einhalt. "Vielleicht ist Tayfun auch nur eine "Mörderpuppe". Was wenn Kalvus ihn angestiftet hat?" Ben konnte nur stumm zustimmen. Irgendetwas stimmte wirklich nicht. Ihm war das alles suspekt.
    Jan startete den Motor und fuhr los. Es war still im Auto. Und diese Stille erdrückte den impulsiven Ben beinahe. Innerlich schien er zu platzen. Ausserdem plagte ihn die Sorge zu Semir.


    Markus konnte es sogar so einrichten, dass Semir das leere Bett in seiner Zelle erhielt. Der Deutschtürke schlief unruhig und erwähnte im Schlaf immer wieder die Namen seiner Frau und seiner Tochter. Markus roch einen Verbrecher auf hundert Meter, dass hatte er sich im Knast beigebracht. Aber, bei diesem Mann spürte er - nichts! Absolut nichts! Ausserdem konnte er sich nicht vorstellen, dass dieser nette Kerl ein Mädchen umgebracht haben sollte. Nein - jeder, doch nicht Semir Gerkhan. Das konnte er nicht glauben.
    Als der Deutschtürke seine Augen öffnete, sah er sich verwirrt um. "Wo bin ich?" stiess er hervor und Markus nahm beruhigend seine Hand. "Keine Sorge, du bist bei mir!" Semir schoss hoch, zuckte aber zusammen und liess sich wieder aufs Bett sinken. "Tayfun wurde in eine geschlossene Einzelzelle gesperrt! Der Typ hat das auch nicht anders verdient! So ein Arschloch!" Semir sah, wie Markus bebte und lächelte. "Danke..." flüsterte er leise und Markus lächelte. "Kein Ding!"


    Ein Wärter kam herbei und in seiner Begleitung waren Jan und Ben. Semir richtete sich zitternd auf und Ben rannte sofort auf ihn zu und umarmte ihn sanft. "Du siehst furchtbar aus!" Semir zog eine Augenbraue hoch. "Danke, ich freu mich auch dich zu sehen", feixte er und Ben sah dann zu Markus. "Sie müssen mich angerufen haben." Markus nickte. "Markus Bräuer mein Name. Ich habe dafür gesorgt, dass Semir zu mir kommen kann! Und keine Sorge, ich bin geläutert! Ausserdem habe ich noch niemanden gekillt!" Ben nickte langsam und liess Semir dann los, um Jan Platz zu machen. "Was ist genau passiert?" Semir und Markus schilderten abwechselnd, was geschehen war. "Tayfun ist schon für seine Hitzigkeit bekannt", begann Ben und eine tiefe Falte bildete sich auf seiner Stin, "aber gleich so?"

    Coco sprang von Ben hinab und vergnügte sich mit den Lemuren, während Samira mit ihm begann, auch den unangenehme Teil eines Tierpflegerjobs zu erledigen. Den Kot der Tiere auflesen. "Brauchst du noch eine Klammer?" fragte sie mit neckischer Stimme und hielt ihm eine Wäscheklammer hin. "Danke aber ich bin abgehärtet!" winkte Ben ab und packte sich eine Schaufel. "Spielst du auch Musik?" fragte Samira neugierig und Ben nickte. "Ich spiele sogar in einer Band. Aber hobbymässig. Manchmal spiele ich auch an Festen, so ein kleiner Gönner für die Geldbörse." Samira nickte. "Das tue ich ebenfalls. Aber nur spärlich. Wenn meine Gene mal wieder überhand nehmen!" Ben wurde auf einmal abgelenkt, als er zwei Personen sah, die ebenfalls ein Tierpflegerkostüm trugen und ernsthaft diskutierten. Sah ganz nach einem Streit aus. "Wo ist die Toilette?" fragte er und Samira beschrieb ihn den Weg. In diesem Moment liefen die Leute weg und Ben konnte ihnen folgen, da der Weg mit der Route zum Klo passte. Also hinterher! Er schlich in einen Raum wo Schränke und eine Küche standen. Doch niemand war zu sehen. Er hatte doch die Kerle gesehen! Auf einmal kam ein komisches Geräusch hinter ihm und einer der Schränke begrub den jungen Polizisten unter seinem Gewicht. Ben konnte nicht mal schreien, so unerwartet kam diese Überraschung.
    "Das wird reichen!" zischte der eine und sah auf den bewusstlosen jungen Mann hinunter. "Der wird verschwinden!"


    Coco war dem neuen Besucher hinterhergegangen. Und sah ihn nun unter diesem silbernen Ding liegen. Er regte sich nicht. War er tot?. Nein, immer wieder bewegte sich der Mann leicht! Coco kreischte und zederte, bevor er zu Ben ging. Er musste Samira, seine beste Freundin, warnen. Sie musste zu ihm kommen! Coco begutachtete den Mann. Er robbte unter die Lücke und sah, wie sich eine der harten Kanten ins fleisch des Unterarms gebohrt hatte und Blut aus der Wunde floss. Sofort krabbelte Coco zu Bens Kopf und strich über das Haar. "Coco was ist...?" Samira sah das Übel und schlug sich den Hand vor den Mund. "Grosser Gott, Ben!" schrie sie und versuchte, mit aller Kraft den Schrank hochzustemmen. Doch sie war zu schwach. "Was ist los?" Ursula und Semir hatten den lauten Krach und Coco gehört. "Ben ist verletzt! Helft ihm!" Alle drei stemmten den Schrank nach oben und stellten ihn wieder hin.


    Oliver erwachte als Erster. Er tappste nach vorne ins Wohnzimmer und ging zum Keyboard. Er stöpselte den Kopfhörer in den Anschluss und drückte sich die Knöpfe ins Ohr. Er spielte ein Klavierstück Silbermond. "Das Beste". Eigentlich mochte er solche Weibermusik nicht, aber der Text dieses Liedes hatte ihn tief berührt. So konnte er es innert kurzer Zeit auswendig spielen. Dieses Lied erinnerte ihn an seinen Vater. Seinen gutherzigen Vater. Dieser dumme Autounfall. Wieso musste dies nur geschehen? Wieso hatte Gott diese Ungerechtigkeit zugelassen? Er konnte es nicht begreifen. Doch allmählich waren die Tränen versiegt. Sein Vater war nun lange tot. Im Himmel, wo er es sicher gut hatte.
    Die Finger kreisten über die Tastatur und die Musik erfüllte sein Ohr. Er war selbst von seinem Talent überzeugt. Einer der wenigen Dinge die er sich sicher war war, dass er Klavier spielen konnte. Und das er Ben Jäger mochte. Dieser Mann hatte ihm nun schon zwei Mal das Leben gerettet. Jedesmal musste er dafür Schmerzen ertragen. So viel Mut hatte er noch nie erlebt! Doch so etwas schien wahre Freundschaft zu beweisen. Doch, mochte Ben ihn denn genau so wie er ihn? Irgendwie wollte er nicht drüber nachdenken! Hauptsache er mochte ihn. Und das reichte ihm für diesen Moment vollkommen!


    Semir war gerade auf der Toilette, als der Junge nach vorne schlich. Er wusch sich einmal das Gesicht und ging dann hinaus. Oliver sass vor dem Keyboard und sein Körper sauste hin und her. Er spielte wieder. Semir schien es beinahe so, als das Klavierspiel diesen Jungen am Leben erhielt. Also wollte er ihn nicht stören. Er wollte lieber mal sehen, wie es Ben geht, da dieser aschfahl war, als er schlief. Semir schob die Türe langsam auf und sah, wie die Sonne bereits schon durch die Vorhänge ins Zimmer schien. "Gib' dir keine Mühe, man hört dich sofort!" Semir ging auf Ben zu und sah, wie dieser immer noch in der gleichen Stellung lag, wie sie ihn verlassen hatten. "Wie geht's dir?" fragte Semir besorgt und Ben bewegte sich nicht. "Nicht so gut", gestand er und verzog das Gesicht. "Ich kann mich kaum bewegen..." Semir nickte langsam und ging zum Fenster, um die Vorhänge zu öffnen. Ben kniff kurz die Augen zusammen und öffnete sie dann wieder. Langsam gewöhnte er sich an das Licht. Semir kniete sich neben ihn. "Schaffst du es aufzustehen?" Ben lächelte leicht. "Wenn ein gutes Frühstück winkt", entgegnete er dann uns Semir grinste. "Kommt darauf an. Wenn du Spiegelei und Speck magst!" Ben nickte. "Gib' mir ein paar Minuten!" Semir ging aus dem Zimmer.


    Ben richtete sich langsam auf und blickte auf das Glas Wasser, dass sich auf dem Nachttisch befand. Daneben die Schachtel Schmerzmittel, die ihm der Arzt verschrieben hatte. Er drückte eine der Pille aus der Packung und schluckte sie mit einigen Schlucken Wasser herunter. Sofort machte sich ein bitterer Geschmack in seinem Mund breit. "Igitt!" stiess er hervor und stand langsam auf. Er zog sich noch ein paar Socken an, da der Boden eiskalt war. Fliessen! Wie zuhause! Doch wenigstens in seinem Schlafzimmer hatte er noch einen Teppichboden, was hier nicht der Fall war. Langsam ging er nach vorne, wo Semir schon dabei war, das Frühstück vorzubereiten. Oliver sass am Keyboard und spielte immer noch. Ben schlich sich hinter ihn und zog langsam die Kopfhörer aus dem Ohr. Sofort drehte sich der Kleine um. "Hab' ich dich erschreckt?" fragte Ben mit einem Lächeln doch Oliver schüttelte mit dem Kopf. Er sprang vom Stuhl und umarmte Ben dort, wo er keine Schmerzen hatte.

    Semir seufzte. Der Junge würde sich niemals von Ben lösen. Da er ja seine Mutter nicht mehr hatte, für den Moment, hatte er in Ben eine Vertrauensperson gefunden. Hitzig dachte er nach, wie er die Beiden zusammen beschützen konnte und dabei weiterermitteln können. Ein Ding der Unmöglichkeit. Er packte das Handy und wählte eine Nummer. "Susanne? Ich brauche Hotte und Dieter! Sie sollen jeden Zeugen verhören und mir dann die Ergebnisse mitteilen! Und bitte das LKA, für drei Personen eine Schutzwohnung zu engagieren! Ja genau, für Ben, den Jungen und mich!" Semir hängte auf und Ben sah ihn fassunglos an. "Aber Andrea..." "...wird es verstehen! Sie wollte sowieso mit Aida zu ihren Grosseltern fahren! Da braucht sie mich nicht!" Ben atmete erleichtert aus. Oliver, war in seinen Armen eingeschlafen. "Ich mache das alles unter einer Bedingung!" Du schonst dich Ben! Du bist blass und abgekämpft! Nun sind zwei deiner Rippen definitiv gebrochen und die eine geprellt! Dazu noch eine leichte Quetschung! Ein noch grösseres Risiko, will ich nicht eingehen!" Ben konnte Semir begreifen. Zudem sah er wieder diese väterliche Sorge in Semirs Augen. Und da konnte er nur noch aufgeben. "Ich werde alles tun was du verlangst", erwiderte er mit einem müden Lächeln und Semir atmete erleichtert aus. "Semir, hast du Susanne gesagt, sie soll eine Wohnung mit Klavier bestellen?" Semir schüttelte mit dem Kopf. "Tut mir leid", meinte er dann ein wenig verwirrt und Ben winkte ab. "Ich habe noch ein Keyboard! Der Kleine sollte nicht so wählerisch sein!" Semir begann dann, Taschen zu packen. "Wir werden wohl oder übel noch zu mir gehen. Ich rufe Andrea an und erkläre ihr die Sachlage, sie wird mir sicher etwas zusammenstellen!" Ben nickte und blieb fest auf dem Sessel sitzen, er wollte nicht, dass Oliver aufwacht.


    Die Wohnung, die Susanne noch beim LKa beorden konnte, war klein und schmal, doch für drei Personen geeignet. Semir hatte das Gepäck in den Händen und die Tasche mit dem Keyboard um die Schulter geworfen. Oliver hielt eisern Bens Hand und war immer wieder den Tränen nahe, wenn Ben das Gesicht verzog. Er musste höllische Schmerzen haben. Ach, hätte er doch einfach das Maul gehalten. Dann wäre das alles nicht passiert. Und wäre er doch nicht weggelaufen, oder zumindest nicht zu der Bushaltestelle! Sein ganzer Kopf war mit Schuldgefühlen gefüllt und liessen ihn einfach nicht los.
    "So, niemand, ausser Susanne, Hotte und Dieter wissen, dass wir hier sind! Das sollte eigentlich auch so bleiben!" Ben nickte und setzte sich sofort auf die bequem aussehende Couch. "Du solltest dich hinlegen!", empfahl Semir besorgt und Ben nickte. "Also Oliver", begann er stockend und wies auf die längliche Tasche, die Semir immer noch trug, "dort drin ist mein Keyboard. Du kannst damit spielen, so oft du willst. Semir hat genügend Batterien eingepackt!" Semir hielt, zum Beweis, eine Plastiktüten mit den Energiegebern auf. "Und wenn du für dich alleine spielen willst, haben wir einen Kopfhörer noch eingepackt!" Oliver nickte dankend und Ben richtete sich zitternd auf, nahm seine Tasche und verschwand in dem Zimmer.


    Semir legte die Taschen ab und Oliver begann zu schluchzen. Die dicken Tränen kullerten über seine Wangen. Semir setzte sich neben ihn und legte einen Arm um den Jungen. Er liess ihn gewähren. "Du machst dir Vorwürfe nicht wahr?" Oliver nickte heftig und schniefte laut. "Das ist doch nicht deine Schuld Kleiner, du hast das Richtige getan!" Olivers Augen funkelte. Er nahm seinen Block hervor und schrieb schnell was darauf. "Na sicher! Deshalb hat Ben nun so schmerzen!" Semir nahm sanft den Block und legte ihn auf den Tisch. "Ben ist ein loyaler Kerl Oliver", begann Semir mit sanfter Stimme und drückte den Jungen an sich, "wenn Ben mal jemanden gern hat, lässt er ihn niemals alleine! So kurz die Zeit auch sein mag, in der man sich kennt!" Oliver schmiegte sich an Semir. Ben vertraute diesem Deutschtürken, also konnte er ihm auch vertrauen. Er zeigte zum Zimmer, wo Ben war, dann auf sich und formte dann ein Herz. "Ja, ich denke er mag dich! Glaub' mir!" Oliver lächelte leicht. Ach hätte er doch seine Stimme wieder. "Wollen wir mal sehen, wie's ihm geht?" Oliver sprang auf, rannte zu Bens Zimmer und sah seinen Freund im Bett liegen. Ben hatte eine Sporthose und ein T-shirt an. Die Decke war kaum über den Körper geworfen. "Ich wusste doch dass er K.O. ist!" grummelte Semir und sah, wie Oliver auf das Bett zuging, Ben richtig zudeckte und ihm einen Kuss auf die Wange gab.

    6.


    Semir stand auf dem Basketballparkplatz und hatte sich mit jungen Straftätern ein wenig angefreundet. Es waren insgesamt drei in der Zahl. Markus, ein Mann von 20 Jahren, hatte aus Verzweiflung und Geldnot eine Tankstelle überfallen. Inzwischen machte er aber ein Fernstudium und war in psycholigischer Behandlung. Der Zweite war Steffen, 25 Jahre alt. Hatte in Notwehr seine Freundin erschossen. Der letzte hiess Simon, 23 Jahre alt. Ein kleiner Räuber, der eine kleine Tochter hatte.
    Mit ihnen zusammen spielte Semir eine Runde Baskeltball, nachdem man sich ausgetauscht hatte. Die Jungs waren froh, jemand vernünftiges gefunden zu haben, da andere ihre Meinung nicht akzeptierten. Sie waren sich ihrer Tat reuig. Und jeder zeigte dies auf seine andere Art.
    Das Spiel war eine Freude, Semir konnte für kurze Zeit seine Sorgen vergessen. Doch dann kam er. Tayfun! In seinem Gesicht ein diabolisches Lächeln. Semir hatte den Jungs von Tayfun erzählt, so stellten sich diese schützend vor ihm, da alle eine beachtliche Grösse über 1.90 hatten. "Keinen Schritt weiter!", mahnte Markus mit seiner tiefen Stimme und verschränkte die Arme. "Was denn?" fragte Tayfun gespielt beleidigt. "Ich möchte nur mit meinem alten Jugendfreund ein paar Worte ausstauschen!" Semir drängte sich zwischen den Jungs durch. "Ich mach das schon!" beruhigte er sie und lächelte gequält. "Lass mich einfach bitte in Ruhe okay?" versuchte er friedlich und Tayfun lächelte. "Ich soll dich in Ruhe lassen?" wiederholte er und Semir nickte. "Mir ist die Situation genau so unangenehm wie mir!" Tayfun packte Semir und dieser Spürte, wie etwas spitzes in seine Seite eindrang. "Du hast keine Ahnung Semir Gerkhan! Mein geliebter Hain!"


    Semir spürte das feuerheisse Blut von der Brustseite über den Bauch zu den Beinen fliessen. Seine Knie gaben nach und er fiel zu Boden. Markus schrie sofort nach Hilfe und die Anderen Beiden hatten sich Tayfun und sein Begleiter gekrallt. Semir presste seine Hand auf die Wunde und biss auf die Zähne. Wächter rannten auf Tayfun zu und nahmen ihn fest. "Ab in die Zelle mit dir! Dein Richter wird sich freuen!" Doch anstatt entrüstet zu reagieren, drehte sich Tayfun noch einmal um und grinste Semir an. "Welcome in hell!" sagte er noch bevor er verschwand. "Semir zeig her!" befahl Markus und Semir beugte sich nach hinten. Tayfun hatte ihn nicht lebensgefährlich verletzt. Aber schwer. Er sollte leiden. "Komm' ich bring dich in die Krankenstation!" Da Semir um einiges leichter und kleiner war, konnte Markus ihn leicht heben und auf dem Arm in die Krankenstation bringen. Der Arzt sah Semir an und fragte ihn, wie dies geschehen war. "Eindeutig ein Messerstich", teilte Markus noch mit und schlug gegen die Wand. "Das hätte ich sehen sollen!" Semir schüttelte mit dem Kopf und musste sich auf Befehl des Arztes auf das Bett legen. Als er die Wunde berührte schrie der Deutschtürke kurz auf. "Ich werde bitten, Sie zu Markus Zellenabteilung zu bringen. Noch sind Sie in Untersuchungshaft Herr Gerkhan! Und kein Schwerverbrecher!" Markus nickte zustimmend. "Ich werde dafür sorgen, dass Tayfun oder sonst noch wer dich angreifen werden kann!"

    "Wie heisst du eigentlich mit Vornamen?", wollte Ben wissen und Merkel errötete. "Doch nicht Angela?" scherzte der Ältere und sie schüttelte mit dem Kopf. "Ich heisse Samira", sagte sie dann ein wenig beschämt und Ben lächelte. "Das ist doch ein wunderschöner Name. Bedeutet er nicht "Die Unterhalterin"?" Sie nickte. "Ich komme aus einer Musikerfamilie. Mein Vater ist Sänger, meine Mutter eine Violinistin im Orchester." Nun war Bens neugierde geweckt. Jemand der Musik spielte! "Was spielst du?" Samira zuckte mit den Achseln. "Nur Gitarre, Schlagzeug, Klavier und Geige!" Ben zog eine Augenbraue hoch. "Nur?" fragte er nochmals nach und sie lächelte leicht. "Na ja, ich singe meistens. Ich wollte zu einer Band aber, anscheinend bin ich zu schlecht!" "Das kann ich mir kaum vorstellen!" meinte Ben aufmunternd und sie betraten den Abschnitt der Lemuren. "Ist King Julian auch da?" fragte Ben, der ein riesen Fan des Films "Madagascar" war. Samira lächelte. Irgendwas hatte dieser Mann an sich. Noch nie hatte sie mit einem Fremden so viele Wörter getauscht. Dieses warme Lächeln. Es hatte so was anziehendes. Und Coco mochte ihn. Noch immer sass er auf der Schulter des Mannes und blieb still darauf. "Kommst du?" Sie nickte und holte aus einem Schrank Bananen und sonstige Früchte. "Frühstück!" rief sie und pfiff mit den Fingern. Sofort kamen die Äffchen mit dem geringelten Schwanz herunter und versammelten sich in einer Reihe vor Samira. "Du hast die ja richtig im Griff!" Samira sah Ben an. "Hör' mal. Ich mag solche Formalitäten nicht. Ich bin einfach Ben und du bist für mich Samira!" "Damit kann ich leben", meinte sie und wieder war sie erstaunt! Selbst Coco schien sie mit grossen Augen anzusehen.


    "Also, du musst nur den Apfelschnitz hinhalten. Der Rest passiert von alleine!" Ben tat wie ihm befohlen und einer der Lemuren trat hervor. Brav nahm er den Schnitz und verzog sich in den Baum. "Erstaunlich!" Samira lächelte stolz. "Ich habe bereits schon mehr Verantwortung als jeder andere Praktikant hier. 2010, wenn ich mit meinem Studium fertig bin, werde ich hier als Tierärztin fungieren!" Ben staunte nicht schlecht. "Dann musst du wenigstens nicht mehr Sucher. Hast du denn da keine Neider?" Samira zuckte mit den Achseln. "Solche Dinge prallen an mir ab weisst du. Mein Vater wollte, dass ich zu seiner Band komme, meine Mutter wollte dass ich mein Geigenspiel so perfektioniere, dass ich ins Orchester kommen kann. Was hab' ich gemacht? Studiere Tiermedizin!" "Da hast du sicher einen riesigen Anschiss gekriegt oder?" Samira lachte auf und die Lemuren zuckten ein wenig zusammen. "Anschiss ist noch milde ausgedrückt!" erwiderte sie dann bedrückt und Ben konnte sie nur zu gut verstehen. Bis vor der Hochzeit seiner Schwester, hatte sein Vater seinen Beruf auch nicht akzeptiert. Es musste erst wirklich so eine Tragik geschehen, dass er ihn annahm. "Aber du bist glücklich nicht wahr?" Samira nickte. "Die Tiere sind meine Freunde, sie akzeptieren mich so wie ich bin!" Ben lächelte. "Ich akzeptiere dich auch so wie du bist!" Seine Stimme war warm. Zu warm! Steigerte er sich etwa gerade in etwas falsches hinein? Er durfte nie vergessen, dass dies ein Undercoverauftrag war.

    Auch Ben sass aufrecht in seinem Bett da er, vor lauter Schmerzen, nicht schlafen konnte und sich so notgedrungen in eine Lektüre vertieft hatte. Er nahm seine Waffe und ging an Olivers Zimmer vorbei, und hielt einen Zeigefinger vor dem Mund, als Oliver aufspringen wollte. "Du bleibst hier", flüsterte Ben und Oliver nickte brav. Er setzte sich wieder aufs Bett und zog die Beine an die Brust.
    Ben lief den langen Gang entlang und stellte sich neben seine Wohnungstür. Jemand machte sich an seinem Schloss zu schaffen, das hörte er genau. Seine Hände spannten sich und der Finger glitt zum Abzug. War es vielleicht der Kerl, der auch in die Wohnung eingebrochen war? Wenn ja, wusste dieser sicher auch, wie man eine Tür aufbrach und zwar im grossen Stil, so dass die Kette auch zerbersten würde. Und das machte ihm Angst. "Komm schon", hörte er eine dunkle Stimme und tatsächlich. Die Tür öffnete sich einen Spalt und Ben wich ein wenig von der Tür zurück. Er zog sein Handy hervor und schrieb im Eiltempo Semir eine SMS. Wenn ihm jemand helfen könnte, dann er.
    Die Tür war einen Spalt weit offen, als die Kette ihren Dienst verrichtete. "Scheisse", stiess die dunkle Stimme hervor und Ben hörte wie sie ausholte. Nun war es soweit, nun würde er kommen! Ben hielt die Waffe in Anschlag. Ein schrecklicher Schmerz durchzog seine Seite doch Ben versuchte sie zu ignorieren. Einfach ignorieren, der Junge war wichtiger! Er musste ihn beschützen.


    Die Tür brach auf, das Glied der Kette zerbrochen. Ein stämmiger Mann stand vor Ben und sah ihn mit grossen Augen an. "Sieh' mal einer an", grummelte er und Ben hielt die Waffe bereit. "Raus", stiess er nur hervor doch der Mann lächelte. "Damit machen Sie mir keine Angst", sagte er arrogant und Ben stand dagegen. "Sollten Sie aber. Mit dem kann ich nämlich sehr gut umgehen. Ein paar vor ihnen haben es schon ausprobiert, wollen Sie sie besuchen gehen? Ist nur um die Ecke, bei den Würmern!" Doch anstatt entrüstet zu reagieren hob der Mann nur die Schultern. "Wie Sie meinen." Ben sah nicht, wie der Mann einen Glasaschenbecher, seit Ben mit Annelie zusammen war hatte er einen bereit, packte und warf. Das Accesoir traf Ben direkt in die Seite und dieser schrie auf. Seine Beine knickten ein und er fiel zu Boden. Die Waffe glitt aus den Händen und rutschte ein-zwei Meter von Ben weg. Er wollte, zitternd und voller Pein, zu der Pistole rüberrobben, als der Mann ihm das Knie an die Stirn donnerte. Ben wurde schwarz vor Augen. Das letzte was er sah waren zwei kleine nackte Füsse, dann hörte er einen Schuss, Semirs Schrei und Getrampel. "Verdammte Scheisse!" Semir sah nur noch wie der Mann wegrannte. Er sah aber auch, wie Oliver sich über Ben beugte und zu weinen begann. "Ben!"

    Auch ich fand die Folge toll - allerdings nicht die Beste, aber eine davon. 8/10 Punkte!! :thumbup:


    Wie schon oft erwähnt, finde ich auch den Jungen genial! Deutschland mangelts in Sachen Schauspiel garantiert nicht an Nachwuchs!
    Auch toll fand ich diverse Anspielungen, wie zum Beispiel eben der ET-Fingerzeig. Super war, dass Hartmut mal einer zentrale Rolle ind er Folge bekam ich sag nur: "Karottenpower!"
    Semirs und Bens Neckereien waren wie immer zum Schiessen! :D :D


    Also, mir gefiel sie! :)

    Oliver drehte das Foto um und las die Schrift. Mit schöner Schrift wurde dahinten geschrieben: Annelie & Ich an Joshuas Hochzeit. Also war seine Vermutung richtig. Aber es war nicht Bens Hochzeit. Sie schien entweder eine gute, oder seine derzeitige Freundin zu sein. "Du bist ein neugieriger, kleiner Fuchs", hörte er von hinten und sah, wie Ben noch immer auf dem Sofa lag. Die Augen jedoch aufgeschlagen und ein Lächeln auf dem Gesicht. Mit verständlicher Zeichensprache fragte Oliver Ben, ob dies seine Freundin sei. Ben nickte und setzte sich mit verzogenem Gesicht auf. "Bring mir doch mal das dünne, weisse Fotoalbum im Bücherregal." Oliver tat wie ihm befohlen und zog das Buch aus dem Regal. Mit leichten Schritten ging er auf Ben zu und gab es ihm in die Hand. Ben zeigte ihm die Frontseite. Ein Gruppenfoto von der Hochzeit. "Also", er wies auf das Brautpaar, "der jünglich aussehende Typ mit dem langen Haar ist Joshua. Die Frau mit dem blondem Haar und den asiatischen Gesichtszügen ist seine Frau, Yao." Oliver konnte jedoch den Blick nicht von Annelie nehmen. Die Frau hatte langes, schwarzes, fransiges Haar mit blonden Strähnen, eine sportliche Figur und ein breites Lächeln. Sie wirkte tough, aber gleichzeitig nett und hilfsbereit. Er sah sich im Raum um, nichts deutete darauf hin, dass hier auch eine Frau lebte. "Wir leben nicht zusammen", sagte Ben und lächelte, als Oliver ihn mit hochrotem Kopf ansah, "sie wohnt zurzeit noch in der Schweiz. Sie muss ihre Wohnung kündigen und alte Arbeiten erledigen. Dann zieht sie nach Bonn." Oliver lächelte und formte mit seinen Finger ein grosses Herz. "Ja ich habe sie wirklich lieb", bestätigte Ben und beide sahen auf, als sein Telefon klingelte.


    Semir wartete und schliesslich wurde abgenommen. "Semir, was gibt's?" fragte Ben direkt und Semir holte tief Luft. "Es wurde eingebrochen, in Olivers Wohnung!" Ben sah zu Oliver, der wieder zum Fernseher tappste und sich Roadrunner ansah. "Irgendwelche Spuren?" fragte er nach doch Semir lachte auf. "Auf den Täter nicht. Aber ich weiss was er vorhat!" Bedrückt sah er auf das zerstochene Bild von Oliver. "Er will den Kleinen! Für dich wird's zu gefährlich Ben! Du bist angeschlagen! Ich lasse Oliver in eine geheime Wohnung bringen!" Ben brauchte keine zwei Minuten über seine Antwort nachzudenken. "Nein Semir. Ich habe gesagt ich passe auf den Jungen auf! Und ich halte mich daran! Hartmut hat das schliesslich auch geschafft!" Es wurde aufgehängt. Semir zischte kurz und verstaute das Handy wieder in die Tasche. Er hätte es eigentlich wissen sollte. Was Ben anfängt, führt er auch zuende! Ansonsten hätte er schliesslich nicht zu Semir gehalten, als sie Kalvus jagten.
    "Ich hoffe, du weisst was du tust Ben!" flüsterte Semir nur leise und ging auf seinen BMW zu.


    Karl befand sich in einem Gebäude, das sich gegenüber dem Appartementhaus befand, wo Ben wohnte. Gespannt beobachtete er die Beiden. Anscheinend war der Bulle angeschlagen. Er hatte Mühe, sich zu bewegen. Und das konnte sein Vorteil sein. Es musste die Gelegenheit der Nacht nutzen, um sich den Jungen schnappen zu können. Es musste einfach passieren, das Kind war ein Dorn im Auge. Jedesmal wenn er es erblickte, sah er den geschockten Gesichtsausdruck. Ein Kind konnte noch nicht fassen, wieso man einen Menschen tötete. Es wusste nicht, wie ihn das mit Freude erfüllt hatte. Und das würde ihm wieder geschehen, wenn er den Jungen erledigen würde. Zusammen mit diesem Bulle, der ihm in die Quere kam.

    5.



    Hartmut sah auf, als in der späten Abenddämmerung Jan und Ben zusammen das Hauptgebäude der KTU kamen und sein Büro betraten. Es herrschte eine bedrückende Stille, die die dickliche Luft im Raum noch verstärkte. Hartmut nahm eine grosse Beweiskiste hervor und stellte sie auf seinem Schreibtisch. „Danke dass du uns hilfst“, durchbrach Ben als Erster das Schweigen. Es klang kühl und emotionslos, doch Hartmut schätzte die Worte sehr. Er wusste, dass sein junger Kollege versuchte, jegliche Emotion abzuschalten um sein feuriges Temperament nicht zu Semir Verhängnis zu machen. „Ist doch selbstverständlich! Wir reden von Semir. Dem loyalsten und aufopferndsten Kollegen den ich kenne. Auch wenn er mich manchmal ignoriert, aber er steht immer zu einem. Egal was für einen Mist man baut. Und so einer soll eine junge Frau getötet haben?“ Jan zuckte mit den Achseln. „Berthold behauptet es“, erwiderte er und Hartmut stöhnte. „Berthold! Der Typ hat keine Ahnung. Wenn der mit seiner Behauptung richtig liegt, ziehe ich BH und Tanga an und renne so durch die KTU!“ Ben rümpfte die Nase und wies auf die Beweisebox. „Hast du was gefunden?“ Hartmut seufzte und hob den Deckel ab. „Nichts Brauchbares! Aber etwas kommt mir suspekt vor.“ Er holte aus der Box eine Beweistüte mit dem Messer. „Den Fingerabdrücken, die eindeutig von Semir stammen, zufolge, soll Semir mit links zugestochen haben.“ Jan zog ein verwirrtes Gesicht, wollte zum Sprechen ansetzten doch Ben kam ihm zuvor. „Semir ist Rechtshänder!“ sagte er enthusiastisch und wollte schon Hoffnung keimen, als Hartmut ihn wieder auf den harten Boden der Tatsache zurückholte. „Ich habe mit dem zuständigen Staatsanwalt, der Semir ebenfalls kennt, gesprochen. Vor dem Gericht prallt diese Tatsache ab. Semir hätte sich ja umschulen lassen können!“ Niedergeschlagen musste Ben zustimmen. Er verschränkte die Arme und pustete sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Sonst noch?“ Hartmuts Mundwinkel zogen bei Jans Kommentar nach unten. „Rein gar nichts! Das ist es ja! Ich habe alles durchsucht, einen auf Speedy Gonzales gemacht aber, ich stiess nur gegen eine unendlich, hohe Steinmauer!“ Jan legte eine Hand auf Hartmuts Schulter. „Du schaffst das, wir vertrauen dir!“ Hartmut nickte dankend und griff in seine Schreibtischschublade. „Es ist zwar super verboten aber, der Doc hat mir Kopien seiner Untersuchung geschickt!“ Er überreichte Ben das Papier.


    Ben las es durch. „Todesursache war ganz klar in die Brust. Sie war schon tot, als sie in den Rhein gestossen wurde.“ Jan erhaschte einen kurzen Blick. „Keine Abwehrverletzungen. Jedoch schwache Spuren von Chloroform gefunden!“ Seine Augen weiteten sich. „Sie schlief, als sie getötet wurde!“, sprach Hartmut Jans Gedanken aus und dieser nickte. „Kurz, ein direkter Stich ins Herz, sie hat vielleicht schon nicht mehr den Stich gespürt!“ Jan seufzte. „Ben, da ist noch was“, bei Hartmuts dunkler Stimme verkrampfte sich Bens Magen, „Tayfun ist in der selben Zellengemeinschaft wie Semir. Sein „Zimmer“ befindet sich nur drei Zellen weiter!“ Bens Augen weiteten sich. „Ach du Scheisse.“ Jan blickte die Beiden abwechselnd an. „Kann mir mal jemand sagen, wer Tayfun ist?“ Ben begann Jan zu erzählen, was genau geschehen war. Tayfun war Anführer einer Gang im Kölner Kiez, tötete einen Verräter und wollte Semir das Leben zur Hölle machen. Doch schliesslich war es der Deutschtürke selbst, der Tayfun vor dem Tod rettete. „Das ist wirklich ein Problem“, murmelte Jan und Ben pfiff kurz durch die Nase. „Und zwar ein Grosses!“ Hartmut traute sich kaum, doch tat er es dann doch. „Kalvus ist auch dort drin!“ „Bitte?“ Bens Stimme überschlug sich fast und Jan musste sich die Ohren zuhalten, um nicht einen Hörsturz zu erleiden. „Scheisse, dass ist gar nicht gut! Chris Mörder! Der wird Semir die Hölle heiss machen!“ Wieder erzählte er Jan, wer die Person genau war. „Wir sollten im Gefängnis anrufen!“ Hartmut winkte ab. „Hab‘ ich versucht! Keine Chance. In den Augen der Wächter ist Semir nur noch ein Gefangener, der seine Suppe selber auslöffeln soll.“


    Oliver begann bitterlich zu weinen und schüttelte immer wieder mit dem Kopf. Bitte, flehte er, bitte, ich will diese Bilder nicht mehr in meinem Kopf haben! Ben sah, wie der Junge immer wieder mit dem Kopf schüttelte und packte seine Hände. "Ist gut", versuchte er mit ruhiger Stimme doch Oliver beruhigte sich nur langsam. "Oli, bitte." Der Junge atmete kurz durch und sah Ben tief in die Augen. Dann schüttelte er noch einmal mit dem Kopf. Ich kann es dir noch nicht sagen, wollte er damit zeigen und Ben schien zu begreifen. "Schon gut, tut mir leid wenn ich dich gedrängt haben sollte." Oliver winkte ab und nahm seinen Schreibblock. "Spiel mir was von Beethoven vor!" schrieb er darauf und Ben sah ihn fragend an. "Mein Vater hasste Beethoven!" schrieb Oliver erklärend und Ben zuckte mit den Achseln. "Ich kann dir höchstens die Mondscheinsonate den ersten Part vorspielen." Ehrlich gab Ben zu, dass er schon lange keine Klassik mehr auf dem Klavier gespielt habe. Oliver nickte begeistert. Mondscheinsonate ist toll! Bitte, Ben , bitte spiel!
    Ben lockerte noch einmal die Finger und mit einer gar Leichtigkeit berührten die Finger die Tasten. Die traurigen Klänge des Stückes erreichten Olivers Ohren und er konnte nicht anders. Er musste sich an Ben lehnen. Die Bewegungen mitbekommen. Und Ben liess in Gewähren. Er mochte den Kleinen. Er wusste nicht warum - aber er tat es einfach. Bens Finger hoben sich kaum von den Tasten. Er war beinahe eins mit dem Klavier geworden. Schon lange hatte er dieses Stück nicht gespielt, da es mit grauenhaften Erinnerungen verbunden war. Er musste es als frisch Erwachsener an der Beerdigung seiner Mutter spielen. Doch nun, als Oliver neben ihm sass, waren diese Erinnerungen wie gelöscht.
    Als Ben fertig war, klatschte Oliver begeistert in die Hände. Er lächelte breit, vermied es aber, Ben zu umarmen da er Angst hatte, dem Mann noch mehr Schmerzen zuzufügen. "Hast du Hunger?" fragte Ben und Oliver rieb sich den Bauch. Und wie! Ben bereitete Pasta mit Tomatensosse vor. Das mochte jedes Kind und Oliver bestätigte dies. Ben richtete seinen Esstisch her und sah Oliver neugierig an. "Du kannst die Gebärdensprache oder?" Oliver nickte und ahnte, was auf ihn zu kam. "Du ahnst sicher was ich meine, wie zeigt man "ich heisse Ben"?" Oliver richtete sich auf und deutete Ben an, dass er es nun zeigen würde.


    Ich = auf sich zeigen
    heisse= Mit gestrecktem Zeigefinger und Daumen über die Brust streichen
    B= Eine vier Zeigen
    E= eine lockere Faust bilden und die Fingerseite zeigen
    N= Mit ausgestreckten Mitterl und Zeigefinger nach unten zeigen


    Ben machte es begeistert nach. "So?" fragte er und Oliver klatschte mit den Händen. "Wie lange hattest du gebraucht das zu lernen?" Oliver zuckte mit den Achseln und zeigte eine zwei. "Zwei Jahre?" Er nickte. Ben pfiff erstaunt. "Habe ich schon gedacht", meinte er dann jedoch und lächelte. "Na ja, zwei Jahre werden wir hier nicht zusammen verbringen. Für mich ist es wichtig, dass du mich noch hören kannst!" Oliver packte seinen Notizblock und schrieb: Für mich besonders! Damit ich dein schönes Klavierspiel hören kann! Ben errötete. "So gut bin ich nun auch wieder nicht. In deinem Alter, war ich viel schlechter weil ich zu faul zum üben war." Oliver zog eine Augenbraue hoch. Das kann ich nicht glauben, wollte er damit zeigen und Ben lächelte. "Du kannst es mir aber glauben! Ich war ein faules Stück! Wirklich faul! Mein Vater wollte schon mit dem Massstab auf mich los!" Olivers Augen rissen sich auf. "War ein Scherz", meinte Ben dann und hielt sich kurz an der Seite. "Du solltest dich hinlegen", schrieb Oliver und wies auf die Couch. "Lieb aber ich muss noch die Küche machen", sagte Ben leise und wies auf das dreckige Geschirr. Oliver protzte mit seinen dünnen Kinderarmen. Ich kann das auch!, deutete er damit an, sprang vom Stuhl und sammelte die Teller ein. Mit einem belehrendem Blick wies er auf die Couch. "Okay okay Chef, ich leg mich ja hin!" lachte Ben und tat wie ihm befohlen.

    Pass ma up Tina, wenn du Ben jetzt sterben lässt dann


    ...
    ...
    ...


    fang ich an zu flennen wie ein Baby!!! ;( ;( ;(


    Oh so gemein an einer solche Stelle aufzuhören, ich bin ansonsten Fan von solchen Cliffhangern aber dieser, ich werde diese Nacht kaum schlafen können! Du bist schuld wenn ich morgen im Kurs einpenne! :D :D :D


    Kleiner Scherz. Spannend angefangen, wenn das in diesem Tempo geht. Holla die Waldfee, dann wird Baldrian mein liebster Begleiter sein! XD

    Ben begleitete Semir und die Familie ins Präsidium, immer noch in leicht gebückter Haltung. Die Schmerzen waren ins Unerträgliche gestiegen. Er wollte, nun einsichtig, der Krüger das Arztzeugnis bringen und zugleich sehen, was Semir nun vorhatte.
    "Das geschah als sie den Jungen beschützen wollte?" fragte Krüger mit hochgezogener Augenbraue und Ben wies aprubt zur Tür, was er aber schnell wieder bereute. Nun sah auch die skeptische Krüger den Schmerz in den Augen. "Schon gut ich glaube es! Herr Gerkhan wird sich die Sache mit Bonrath und Herzberger ansehen. Sie bleiben Zuhause, ist das klar!" Ben nickte. Die Schmerzen reichten ihm als Belehrung. "Frau Krüger, ich habe noch eine Idee bezüglich des Jungen!" Die Chefin setzte sich vornehm auf ihren Stuhl und kreuzte die Beine. Sie schwieg. "Der Junge ist in grosser Gefahr. Er hat die Tat gesehen und die Tatsache dass er stumm ist und der Täter brutal ist, lässt mich aufhorchen!" Krüger zog eine Augenbraue hoch, liess aber jeglichen Kommentar im Raum stehen. "Die arme Frau ist alleinerziehend, total am Finanzminimum und übermüdet. Mir kam die Idee, dass ich solange für den Jungen sorge. Die Frau müssen wir in Sicherheit bringen. Getrennt ist sicher!" Krügers Gesicht wurde auf einmal ernst. Ein gutes Zeichen bei ihr. Sie dachte ernsthaft über die Idee nach.


    "Das machst du gut Oliver", lobte Semir den Jungen und Oliver "sprach" immer wieder mit seiner Mutter per Zeichensprache. Ein klares Bild wurde deutlich. Aber leider, ein Allerweltsgesicht. "Herr Gerkhan?" Semir sah Frau Hoffmann an. "Ist mein Sohn denn jetzt nicht in Gefahr?" Ihre Stimme zitterte und ängstlich. Semir konnte nur nicken. In diesem Moment kam Ben herein. Den letzten Teil hatte er noch mitgekriegt. In seiner Begleitung, die Frau Krüger. Sie teilte Bens Idee den Anderen mit. Und obwohl Hoffmann ihren Sohn umklammerte, nickte sie. "Was meinst du Oliver?" fragte sie und Oliver sah zu Ben. Wieder fuchtelten seine Hände und Hoffmann atmete tief durch, dann musste sie kurz lachen. Ben sah sie verwirrt an. "Er fragt ob Sie ein Klavier haben!" Ben nickte immer noch irritiert. "Dann ist es in Ordnung, so schwer es mir auch fällt aber", sie lächelte Oliver an, "ich glaube, er hat in Ihnen eine Vertrauensperson gefunden! Sie haben ihn beschützt Herr Jäger. Ich vertraue Ihnen!" Ben nickte dankend und Semir sah ihn mit Bedenken an. "Bist du sicher dass du es schaffst?" Ben rollte mit den Augen. "Semir ich habe zwar 'ne kaputte Seite aber ich bin nicht tot!" meinte Ben etwas forsch und Semir seufzte. "Sollte aber was sein, ruf mich bitte an!" Ben nickte lächelnd. "Ja Paps", scherzte Ben und sah Frau Hoffmann an. "Wollen wir?" Sie nickte und ging mit Ben aus dem Büro. Semir folgte ihnen. Irgendjemand musste ja auch noch auf Frau Hoffmann aufpassen.


    Sie fuhr mit ihnen zusammen in ihre Wohnung, wo sie für Oliver das nötigste einpackten. Ben liess sich informieren, ob Oliver gegen irgendetwas allergisch war. Hoffmann schüttelte mit dem Kopf. "Seine einzige Schwäche ist wirklich seine Stummheit." "Das können wir wirklich regeln, nicht wahr?" Oliver nickte heftig auf Bens Kommentar. Bei ihm fühlte er sich sicher. Alles würde gut werden.
    "Dann trennen wir uns", meinte Semir nun und sah Ben eindringend an. "Bitte pass auf den Jungen und auf dich auf!" Da diesmal keinen Jux in der Stimme war, nickte Ben stumm und nahm den Jungen bei der Hand. "So, ich hoffe du magst Pasta!" Oliver nickte und zusammen gingen sie zu Bens Dienstwagen, da ja seiner streikte. Sie fuhren zu Bens Arpartement. "Okay, du kannst dir, bis ich alles eingerichtet habe, einen Cartoon reinziehen. Du findest entweder sicher was im TV, oder ich habe eine ganze Roadrunnerreihe!" Oliver nickte begeistert und rannte Bens Finger nach in das Wohnzimmer. Kinder - egal wie anders sie waren, bewegte Bilder, alles war vergessen!
    Ben ging in das Gästezimmer und suchte eine einigermassen Kinderfreundliche Bettdecke und einen Bettbezug heraus. Alles langsam, da das Mittel noch nicht begonnen hatte zu wirken. Er wollte noch die Decke aufschütteln. Eine falsche Bewegung. Er stiess einen spitzen Schrei und beugte sich nach vorne. "Scheisse", stiess er hervor und hörte ein rasches Getrampel.

    Ben stöhnte kurz vor Schmerz und sah den Jungen dann an. Die Augen weit aufgerissen und der Körper zitterte sichtlich. "Wilst du mich begleiten?" fragte Ben sanft und der Junge nickte. Hauptsache weg von hier, dachte er und hatte in Ben eine Art Schutz gefunden. Ben wartete auf die Reaktion des Notarztes ab. "Meinetwegen", murmelte dieser, "Sie stehen ja nicht unter Lebensgefahr." Aber der Junge, schoss Ben durch den Kopf, anders konnte er sich diese Reaktionen nicht erklären. "Ich weiss ja nicht mal wie du heisst", versuchte Ben ein Gespräch zu starten, wissend, dass der Junge nicht reden konnte. Oliver sah sich um. Etwas zu schreiben! Er brauchte etwas zu schreiben! Ben griff, mit verzogenem Gesicht, in seine Jackentasche und gab dem Jungen einen kleinen Notizblock und Stift in die Hand. Oliver kritzelte schnell seinen Namen hin und zeigte dies dann Ben. "Oliver. Schöner Name!" Der Junge zog eine Augenbraue hoch und schrieb hin: Ich hasse ihn! Ich kann Olli nicht ausstehen! Ben musste Grinsen. "Wie du meinst!" Der Krankenwagen bog in die Einfahrt und Ben ging, leicht gebeugt, zusammen mit Oliver in den Untersuchungsraum, der eine Röntgenmaschine besass. "Machen Sie sich bitte oben frei Herr Jäger", bat der Notarzt und Ben nickte. Er zog sich die Jeansjacke ab und streifte den Pullover ab. Und Oliver erstarrte. Bens rechte Seite hatte teilweise eine bläuliche Färbung angenommen. Besonders an einer Stelle, schien die Farbe beinahe schon in ein violet zu gleiten. Seine Augen rissen sich weit auf. "Es sieht schlimmer aus als es ist", versuchte Ben den Jungen zu beruhigen, wurde dann aber vom Arzt an die Platte gebeten, vor die sich Ben stellen sollte.
    "Und bitte still halten, Kleiner, du schaust besser weg, wegen den Strahlen!" Oliver nickte und drehte sich um. Es blitze drei Mal und der Arzt tippte ihn an. "So, der Spuk ist vorbei. Bitte setzten Sie sich Herr Jäger, ich werde dann mit den Bildern wieder kommen!"


    Ben betrachtete sich selbst im Spiegel. Schön sah das wirklich nicht aus. Die nächste Zeit über, konnte er den Ausgang in die Disco schon mal vergessen. Oliver setzte sich neben ihn und nahm Den Block wieder hervor. Es tut mir so leid, schrieb er und hielt dies Ben hin. "Wegen dem?" Ben zeigte auf das Dilema. Der Junge nickte. "Herrgott. Mach dir deswegen keine Sorgen! Lieber das, als dass ich dich hätte sterben lassen. Das hätte ich mir nicht verziehen!" Der Junge lächelte leicht und Ben sah ihn an. "Du solltest deine Mutter benachrichtigen!" Der Junge nickte, nahm sein Handy hervor und sah sich um. Kein Arzt in Sicht. Er tippte schnell eine SMS und sendete sie. "Aller Achtung!" Ben war über das Tipptempo erstaunt. Selbst er, ein regelmässiger SMSschreiber, war nicht so schnell. Oliver zuckte mit den Achseln. Für ihn, schien es nicht so besonders zu sein. "Oliver?" Er sah Ben an. "Du musst mir alles erzählen! Du musst doch was gesehen haben!" Oliver nickte leicht. Als er schreiben wollte, kam der Arzt mit den Röntgenbilder herein. "Es ist sogar schlimmer, als ich befürchtet habe", murmelte er und hängte die Bilder an das Licht. "Fünfte Rippe definitiv gebrochen, die sechste angebrochen!" Oliver verzog mitleidend das Gesicht. Ben müsste sich ein Lächeln ab. "Ich werde Ihnen einen Stützverband anlegen. Sie werden zirka drei Wochen schmerzen haben, das lässt sich nicht verhindern. Allerdings werde ich Ihnen ein schmerzhemmendes Mittel verschreiben." Ben nickte dankend und der Mann schritt zur Tat.


    In diesem Moment klopfte Semir an die Türe und der Arzt bat den Besucher herein. "Ah Herr Gerkhan", begrüsste der Arzt den Deutschtürken freundlich und Semir nickte zu Ben. "Wie steht's?" fragte er besorgt und der Arzt zuckte mit den Achseln. Er wiederholte die Diagnose und Semir seufzte. Oliver sah ihn an. "Das ist im übrigen Oli...AUA!" steiss Ben hervor und der Arzt hob entschuldigend die Arme. "Sorry, mein Fehler", fügte er seiner Geste hinzu und Semir ging auf den Jungen zu. "Du hast aber einen komischen Namen", scherzte er und Oliver lachte zum ersten Mal. Ein stilles Lachen, doch die Mundwinkel waren bis zu den Ohren hochgezogen. "Ich nehme an mein Partner wollte Oliver sagen", stellte Semir fest und Oliver nickte. "Er ist ein bisschen wehleidig weisst du." "Überhaupt nicht!" verteidigte sich Ben und Oliver konnte das Grinsen nicht mehr vom Gesicht kriegen. "Hast du deine Eltern benachrichtigt?" fragte Semir und Oliver kritzelte auf den Block, dass er seiner Mutter eine SMS geschrieben habe. "Sehr gut." Ben sah Semir nun mit dunklem Blick an. "Berthold?" fragte er nur knapp und Semir rollte mit den Augen. "Mürrisch und nervend wie immer! Der Doc hat ihm die Autotüre in den Bauch gejagt!" Ben grinste. "Is' nich'?" fragte er und Semir nickte.