Beiträge von Campino

    Dienststelle - 08:00 Uhr

    "Mensch Dieter... was soll ich denn damit?" Hotte Herzberger sah seinen Streifenkollegen Bonrath vorwurfsvoll an, hob die Arme leicht nach oben und ließ sie dann wieder fallen. Er konnte sich winden und zwängen, wie er wollte, konnte die Luft anhalten... es nutzte nichts. "Wem soll denn diese blöde Weste passen? Du weißt doch, dass ich XXL brauche." Bonrath wiederrum rechtfertigte sich: "Ich hab dem Kollegen an der Kleiderkammer auch XXL gesagt." Der lange Polizist nahm den Karton, aus dem Hotte seine Weste herausgenommen hatte, und tippte mit dem Finger auf sein geklebtes Schild. "Siehst du. X-X-L!" Sein dicker Kollege zwängte sich umständlich aus der Weste wieder heraus. "Also das ist definitiv M.", sagte er vorwurfsvoll und hielt Bonrath das Schildchen der Weste unter die Nase. "Die passt vielleicht Jenny, aber nicht mir." Dabei lächelte und zwinkerte er zu der jungen Kollegin herrüber, die das Geplänkel zwischen den beiden Männern amüsiert beobachtete, aber mit ihrem Lächeln leicht verträumt wirkte. Bonrath hatte alle Hände voll zu tun, nach weiteren Schachteln zu suchen. "Vielleicht haben die was vertauscht, und in einer M-Packung ist die XXL. Ach Hotte, würdest du nicht immer soviel Schnitzel essen, würde dir auch M passen."

    Mitten in der Diskussion kam Kevin in das Großraumbüro. "Guten Morgen.", sagte er lächelnd in Richtung Jenny, die ebenfalls mit einem Lächeln antwortete. An Bonraths Tisch, auf dem sich Schusssichere Westen und Kartons stapelten blieb er stehen. "Macht ihr ne Modenschau?", fragte er mit einem Blick auf das heillose Chaos vor sich. Während Herzberger schmunzelte, wirkte sein langer Kollege zusehends gestreßt. "Ja, was kann ich dafür wenn die in der Kleiderkammer die falschen Westen einpacken. Och Menschenskind, zieh halt nen dickeren Pulli an, dann passiert auch nix.", sagte der langjährige Streifenpolizist und ließ seine lange Gestalt resiginierend auf den Drehstuhl plumpsen. Kevin verschwand gerade ins Büro, als ein gähnender Ben zur Tür hereinkam, und ebenfalls in den Raum grüßte. "Oh cool. Modenschau?", fragte er interessiert bei Hotte und Bonrath nach. "Du willst uns doch veräppeln, oder?" fragte Zweitere, langsam die Geduld verlierend als Ben den exakten Scherz sagte, wie Kevin zuvor, unabhängig voneinander. "Na komm Dieter. Wir fahren zur Kleiderkammer und dann probieren wir die Westen dort an. Und so lange...", er nahm sich zwei Westen der Größe M und schob sich die eine vorne unters Hemd und vor seinen massigen Oberkörper, vollführte das auch mit der zweiten Weste von hinten und stopfte das Hemd wieder in die Hose "...muss das reichen."
    Nachdem die beiden Kollegen aufstanden und die Dienststelle verließen trat auch Ben zu Kevin ins Büro. "Morgen.", sagte er mit einem weiteren Gähnen und Kevin konnte deutlich die dunklen Augenringe im Gesicht seines Partners erkennen. "Großer Gott...", war dessen Antwort, versehen mit einem Grinsen. "Kaffee?" "Bloß nicht.", winkte Ben sofort ab, sonst würde der Teufelskreis von vorne losgehen. "Wie war dein Essen?", fragte der Polizist mit dem Wuschelkopf und ließ sich auf den Drehstuhl fallen, wo er sich die Augen rieb. "Nicht so anstrengend wie deine Nacht scheinbar." Der junge Mann kramte drei DIN A4-Blätter aus seiner Hosentasche und warf sie, zusammengefaltet, herüber zu Kevin. Der nahm die Blätter, faltete sie auf, und fand darauf gekritzelte Noten und Gitarrengriffe. "Kannste mal spielen, wenn du Lust hast.", war die Antwort des Absenders. Der Kommissar ließ seine Augen über die Blätter streifen und konnte die Melodie in keinster Weise erkennen... von keinem der drei Stücke. "Was ist das?", fragte er dann verständnislos. "Hab ich heute Nacht geschrieben." Kevin ließ die Blätter sinken und schaute auf, auf seinen Partner gegenüber. "Hast du nachts nichts Besseres zu tun? Schlafen zum Beispiel?", fragte er verständnislos. "Pfff. Mach das mal, wenn du das Gefühl hast, dass dich irgendein Irrer beobachtet." Ben klang übellaunig, wer sollte es ihm verdenken nach einer, beinahe durchgemachten Nacht... sieht man von anderthalb Stunden Dämmerschlaf mal ab. "Der es natürlich nur auf dich alleine abgesehen hat.", meinte Kevin sarkastisch um zu erinnern, dass Ben nicht der Einzige war, der vermutlich in der Schusslinie stand. Mehr als einen kurzen, eher verachtenden Blick hatte Ben für seinen Partner in diesem Moment nicht übrig.

    Kevin griff die Zeitung, die er heute morgen gekauft hatte und warf sie zu seinem Kollegen herüber. "Seite 3." Der schlug die Zeitung auf Seite 3 auf und blickte auf ein großflächiges Foto der Pressekonferenz, mit ihm und Kevin im Mittelpunkt. Die Chefin war nur zur Hälfte zu sehen und blickte gerade nicht in die Kamera. Selbst die Namen waren abgedruckt. "Fehlt nur noch unsere Adresse und wo wir zu Mittagessen gehen.", murrte er und setzte hinzu: "Das war ne scheiss Idee." Kevin blickte auf und seine Miene fror ein. Er beharrte niemals darauf, dass seine Ideen ausnahmslos gut waren, aber er konnte es nicht leiden, wenn jemand seine Idee als "scheisse" bezeichnet, wo er tags davor noch nicht die Stimme dagegen erhoben hat. "Komisch dass du gestern vor der Chefin den Mund nicht aufgebekommen hast, um sie als "Scheisse" zu bezeichnen.", meinte er angriffslustig und verkniff die Augen zu Schlitzen zusammen. Ben fuhr sich mit der Hand durch die Haare, die heute zersauster wirkten als sonst. Er war müde, er war schlecht gelaunt und das war eine schlechte Kombination um nun hitzige Diskussionen zu führen. "Ich hab dir gesagt, dass ich es für zu riskant halte." Bens Stimme wurde schon etwas lauter und aufgebrachter. "Riskant ist es auch mit 200 über die Autobahn zu fahren. Und? Machst du auch jeden Tag. Also was willst du denn jetzt von mir?" "Mann, ich hab die ganze Nacht nicht gepennt, ich dreh mich bei jedem Auto, das länger als zwei Abzweigungen hinter mir fährt, um seit gestern. Es war einfach ne blöde Idee, uns einer solchen Gefahr auszusetzen." "Ich will dir mal was sagen, mein Freund.", sagte Kevin nun auch aufgebracht, beinahe drohend und dabei erhob er sich von seinem Schreibtisch. Mittlerweile war die Auseinandersetzung so laut, dass Jenny von draussen durch die Glasscheiben ins Büro sah, und eine etwas sorgenvolle Miene aufgesetzt hatte. "Ich bin Polizist geworden, damit so wenig Menschen wie möglich das Drama mitmachen müssen, wenn ein geliebter Mensch umgebracht wurde. Wenn wir nur einen Menschen, nur EINEN MENSCHEN vor diesem Killer retten können, weil er auf uns schießt, statt auf einen Unschuldigen, dann hat sich die Gefahr gelohnt." Ben wollte sich nicht unterlegen fühlen, und erhob sich ebenfalls von seinem Schreibtisch und trat seinem Partner entgegen... auch wenn von Partnerschaft plötzlich nichts mehr zu spüren war. "Ich weiß selbst, dass man in unserem Job Risiken eingehen muss. Aber wenn ich über die Autobahn fahre, kann ich das Risiko halbwegs kontrollieren. Und dieses Risiko kann ich eben überhaupt GAR NICHT kontrollieren!" Geräuschvoll zog Kevin die Luft ein, bevor er erneut antwortete. Es regte ihn unglaublich auf, dass Ben auf einmal, weil er eine schlechte Nacht hatte, das Risiko plötzlich größer redete, als es war, und vorher nichts dagegen gesagt hatte. "Weißt du was? Dann nimm dir Urlaub und sperr dich zu Hause ein. Dann hast du absolut kalkuliertes Risiko." Dann drehte er sich um, nahm eine seiner Zigaretten vom Schreibtisch und ging zwei Schritte zur Tür. "Und jetzt kannst du mich mal", warf er Ben noch vor die Füße. "Du haust jetzt nicht ab!", rief der in dem Moment als die Tür kurz offenstand, dass es das komplette Großraumbüro hören konnte, und die Köpfe zu Kevin drehte. Ben sah sich in einer Führungsposition, da Semir nicht da war, aber er fühlte sich gerade gar nicht in solcher. Kevin jedenfalls ignorierte das Gehörte und verschwand im Flur, während sein Partner keine Anstalten machte ihm hinterher zu gehen und stattdessen die Glastür mit Wucht zu feuerte.

    Ich kann mich Simon auch nur anschließen, so sehr dass ich nicht viel wiederholen muss.

    Vor allem das Zusammenspiel von Alex und Semir, in den ruhigen Szenen hat mir sehr gut gefallen. Die Szene mit der Oper inklusive Verfolgungsjagd gehört für mich zu den Top-Szene aller Zeiten. Das Thema war völlig neu und sehr erfrischend.

    Aber einen Kritikpunkt habe ich dennoch: Leute, hört doch bitte auf die Autos so unrealistisch überschlagen zu lassen. Ich weiß, ich weiß, Cobra 11 ist nicht realistisch und soll es auch nicht sein. Aber Auto A fährt auf Auto B auf und plötzlich werden sie auf die Seite geworfen, das sieht einfach Kacke aus.
    Wenn ihr unbedingt überschlagende Autos reinmachen wollt, macht es wie früher. Lasst sie auf stehende Autos fahren und abheben, lasst sie über absenkende Leitplanken oder Rampen fliegen. Aber nicht dieses "Berühren" und plötzlich lieg ich auf dem Dach. Das war am Anfang und mit dem Autotransporter ganz extrem...

    Ansonsten kann ich nur sagen: Top top top. Alex gefällt mir immer besser, die Storys sind gut, da kann ich auch über die Wackelkamera hinwegsehen.

    Achja: Weiß jemand wie die Oper bzw das Lied daraus heisst??

    Ben's Wohnung - 22:30 Uhr

    Ben fühlte sich in irgendeiner Form aufgekratzt, unruhig, als er nach Hause kam. Er ging noch zum Sport, holte sich in der Innenstadt noch was zu essen, lief noch ein wenig durch die Gassen, doch überall blickte er sich um. Hatten sie denn Attentäter wütend gemacht? War er ihnen schon auf den Fersen? Ben's Zweifel an Kevins Strategie wuchsen von Minute zu Minute. Doch der hohe Kaffeekonsum an diesem Tag trug sicherlich einen Teil dazu bei, dass er sich nicht einfach ruhig vor die Glotze sitzen konnte, wie sonst.
    Weil er aber nicht wusste, was er tun sollte, und er sich allmählich auf den Straßen unsicher fühlte, kehrte er nach Hause zurück und legte sich für seine Verhältnisse früh ins Bett. Das Koffein in seinem Blut hielt ihn vom Schlafen ab, er warf sich im Bett herum, tat die Decke vom nackten Oberkörper als er zu schwitzen begann, tigerte zweimal durchs Schlafzimmer. "Mann mann... nie mehr 2 Kannen Kaffee am Tag.", murmelte er in sich hinein. "Lieber fällt mir im Büro der Kopf auf die Tastatur." Er ging von seinem Schlafzimmer mit nackten Füßen in die Küche wo er es mit einem alten Hausrezept versuchte... einer Tasse heißer Milch mit Honig, die schläfrig machen sollte. Doch gegen 2 Kannen Kaffee kam auch eine Tasse Milch nicht an, und so lag er wenig später wieder wach.

    Er wollte es sich nicht zugeben, aber es waren auch die Gedanken um den Attentäter, die ihn wach hielten. Es war keine Angst, aber es war eine latente Unsicherheit davor, morgen wieder in den Dienst zu gehen. Sollte er vielleicht doch besser die schusssichere Weste anziehen? Vielleicht war der Typ doch kein besonders guter Schütze, und die Treffer bei der Verfolgungsjagd waren Zufall? Ben malte sich allerlei Horror-Szenario aus, als er seinen Weg zur Arbeit und seinen Arbeitstag mit Kevin zusammen vor seinem inneren Auge vorbeiziehen ließ. Wo könnte der Täter auf sie lauern, wo könnte er zuschlagen? Die Pressekonferenz wurde am frühen Abend ausgestrahlt, in der morgigen Ausgabe aller großen Tageszeitungen würden Ben's und Kevin's Gesicht zu sehen sein. Saß der Typ heute abend vor dem Fernseher oder nicht?
    Ben schwang sich erneut aus dem Bett, sein Radiowecker blinkte unaufhörlich in Richtung Mitternacht. Der Polizist ging zum großen Fenster zur Straße, und sah herüber ins Nachbarhaus. Wenn der Typ dort nun stehen würde, hätte er einen optimalen Blick auf den Oberkörper und den Kopf, dachte er. Oder von einem Stockwerk höher. Oder vom dem Balkon da hi.... "Mensch, Ben... hör auf zu spinnen.", sagte der Polizist laut zu sich selbst. Gegenüber wohnte Rudi, und das schon seit Jahren. Der fuhr nie in Urlaub, hielt sich einen Dobermann und mindestens 3 verschiedene Alarmanlagen, wie er Ben mal stolz erzählte. Der rüstige Rentner sagte allen Einbrechern den Kampf an, und es wäre leichter in ein Gefängnis einzubrechen, als in der Haus von Rudi. Der junge Mann blickte über die erleuchtete Straße. In dieser Gegend hatten nur wenige Häuser Garagen, manche hatten Stellplätze, andere parkten die Autos an der Straße. Oft waren Leute zu Besuch, weshalb die Autos, die hier standen täglich wechselten, und man sich nie festlegen konnte, wem welches Auto nun wirklich gehört. Ein gelber alter Seat, ein schwarzer Porsche, ein schwarzer Audi, ein blauer Subaru, ein silberner Audi und ein dunkelroter Seat standen am Straßenrand aufgereiht. Die Kennzeichen konnte Ben nicht alle erkennen. Mit einer Hand fuhr er sich durch die Haare, schüttelte den Kopf und ließ sich wieder ins Bett fallen.
    Es dauerte nur einige Minuten, und die Paranoia holte ihn dann doch ein, so dass er aufstand, wieder zum Fenster ging und die Rolläden herunterließ... für den Fall, dass Rudis Dobermann heute nicht gut aufpassen würde...


    Jenny's Wohnung - 22:45 Uhr

    Der Film war nicht besonders spannend, auch wenn er lustig war und die beiden sehr oft zusammenlachten. Sie saßen zusammen auf der Couch, teilweise unterhielten sie sich auch während des Films, bis Jenny begann, ein wenig schläfrig zu werden.
    Irgendwann, sie konnte nicht genau sagen wann, spürte sie Kevins Arm auf ihren Schultern, legte ihren Kopf an und fühlte seinen Atem am Ohr. Sie genoß seine Nähe, und suchte die Berührung ihrerseits ebenfalls, in dem sie einen Arm um seinen Brustkorb schlang. Den Film blendete Jenny in diesem Moment völlig aus, sie genoß es einfach Kevin so nahe bei sich zu spüren und seine Zuneigung zu ihr zu fühlen. Über ein Jahr war sie nun Single nach einer mehr oder weniger glücklichen Beziehung, die aber letztlich vor allem an Jennys Beruf scheiterte. Sie hatte sich nie aktiv auf die Suche gemacht und bis auf einen kleinen Flirt mit dem Leiter der KTU, Hartmut, war nichts mehr herum gekommen. Nun lag sie nach längerer Zeit wieder in den Armen eines Mannes, spürte seine Wärme und nach kurzer Zeit auf seine Lippen auf ihren. Glücksgefühle durchströmten sie, und die Frage nach dem "Ist das richtig" schüttelte sie ganz locker von sich ab... zu intensiv und zu prickelnd war das Gefühl, sich auf einen geheimnisvollen Mann einzulassen, denn sie seit ein paar Tagen kannte, wusste dass er eine kriminelle Vergangenheit hatte aber jetzt auf der richtigen Seite des Gesetzes stand.
    Die Kollegen würden sich zwar das Maul verreißen, Ben vermutlich als aller Erstes mit seinen Sprüchen, aber das war der jungen Frau in diesem Moment egal. Sie spürte in sich ein Verlangen nach dem jungen Mann, als sie seine Hände auf ihrem schlanken Körper spürte...

    Mit einem Schreck wurde sie wach... sie sah blickte in den schrägen Fernseher, wo die Komödie lief. Für einen kurzen Moment musste Jenny sich orientieren, wo sie war und was gerade passiert war. Sie hatte geträumt, sie lag auf ihrer Couch, beinahe zusammengerollt wie ein Kätzchen, die Beine an den Leib gezogen, und den Kopf auf einem recht harten Kissen... nein Moment. Das Kissen an ihrem Ohr fühlte sich an wie Jeansstoff, und es bog am Ende der Couch nach unten ab... Jenny lag mit ihrem Kopf auf Kevins Oberschenkel, der neben ihr saß. Sie bewegte sich etwas, und vermied es, schnell und ruckhaft aufzustehen. "Bist du wach?", fragte eine ihr wohl bekannte Stimme über ihr. Langsam richtete sich Jenny auf, sie dachte nach an welchem Punkt sie eingeschlafen war, und was vorher passiert war. Hatte er sie geküsst... hatte er den Arm um sie gelegt?
    Je wacher sie wurde, desto klarer wurde ihr, dass so gut wie alles ein Traum war. Sie hatten gegessen, den Film geguckt, sich noch unterhalten, und ab der Mitte des Filmes war sie eingeschlafen. "Ich wollte dich nicht wecken.", meinte Kevin, der das Ende des Films abwarten wollte, bevor er Jenny wach machte. Es war ihm nicht unangenehm, als ihr langsam immer wieder die Augen zufielen, und sie sich irgendwann, wie selbstverständlich neben ihm zusammenrollte und den Kopf auf seinen Oberschenkel legte. Einmal erwischte er sich dabei, wie er ihren Kopf tätschelte, was ihn beinahe erschrak. Oft war Janine genauso neben ihm eingeschlafen, daran musste er in dem Moment denken. "Oh tut mir leid... ich wollte nicht einschlafen.", sagte Jenny etwas benommen und rieb sich ein wenig die Augen, obwohl sie nur eine halbe Stunde geschlafen hatte. Sie fühlte sich jedoch völlig schlapp, und setzte sich wieder aufrecht neben den jungen Polizisten, der die Fernbedienung nahm und auf "Stop" drückte. "Es ist besser, wenn du ins Bett gehst. Ich bin auch müde.", sagte er lächelnd und erhob sich. Jenny war ihm dankbar, sie hatte Sehnsucht nach ihrem Bett, vor allem der Traum hatte sie verwirrt, aber sie wollte Kevin auch nicht rausschmeißen.

    An der Tür verabschiedeten sich die beiden mit einem Kuss auf die Wange und wünschten sich eine "Gute Nacht." Kevin ging zu seinem Wagen und fuhr zurück in seine Wohnung, die er mit Kalle teilte. Er fühlte sich gut, Jenny und er lagen auf einer Wellenlänge und es war ein schöner Abend.
    Unterwegs hielt er immer die Augen offen, ob jemand ihm folgte, doch jedes Auto das hinter ihm fuhr, bog zwei Gelegenheiten später wieder ab. Als er zu Hause an kam und ein paar Schritte noch bis zur Tür ging, vernahm er plötzlich ein Geräusch hinter sich. Es klang wie ein Kratzen, und der junge Polizist verharrte kurz mit dem Schlüssel in der Hand an der Tür. Für einen Moment spannten sich alle Muskeln in seinem Körper, und als er sich ruckartig umdrehte, verscheuchte er eine Katze, die gerade auf Mäusefang war. Der Kommissar schüttelte den Kopf, vernahm die absolut leere Straße und ging ins Haus.

    Dienststelle - 18:00 Uhr

    Es war ungewöhnlich für Ben und Kevin in einer schusssicheren Weste den normalen Dienst zu absolvieren. Bei einer größeren Unfallaufnahme am späten Nachmittag kamen sie nicht nur wegen der Vollsperrung im Feierabendverkehr ordentlich ins Schwitzen. Vor allem war es unangenehm, denn sie mussten die Weste direkt auf der Haut unter den T-Shirts anziehen, was diese natürlich etwas zu klein erscheinen ließ. Es sollte aus der Öffentlichkeit her nicht auffallen, um Befürchtungen zu vermeiden oder den Attentäter zu ermutigen auf den Kopf zu zielen.
    Nach einer Stunde Arbeit auf der Autobahn hatte Kevin die Nase voll und warf seine Weste in den hinteren Mitfahrerraum des BMW. "Die Chefin hat sie nicht alle. Der Typ ist so ein Schütze, wenn der sichergehen will, schießt der uns eh in den Kopf, oder die Eier ab.", raunte er Ben zu, der Kevins Beispiel sofort folgte, und sich ebenfalls der Schussweste entledigte.

    Als sie beide von dem Einsatz ins Büro zurückkamen, und die Schussweste in der Hand hatten, wurden sie mit einem misstrauischen Blick aus dem Büro der Chefin bedacht. Man musste kein Prophet oder Hellseher sein um zu wissen, dass die beiden eigensinnigen Polizisten die klare Regelung der Chefin nicht befolgt hatten. Sie hatte nach der Pressekonferenz angeordnet, dass jeder Beamte der Dienststelle, die in der Zeitung genannt wurde, ab jetzt eine Schutzweste zu tragen hatte, sobald er die Dienststelle verlässt.
    "Was hast du heute abend noch vor?", fragte Ben gegen 18 Uhr, als sie sich beide zum Feierabend auf den Weg nach draussen machten, und er Lust verspürte mit Kevin noch etwas zu unternehmen. Doch der hatte andere Pläne. "Ich geh heute abend essen.", meinte er vielsagend lächelnd. "Oha...", lachte Ben und wusste schon direkt, wohin oder zumindest mit wem Kevin den Abend verbringen würde. "Danke für die Warnung, dann halte ich ab morgen Abstand von Jenny... nicht dass ich mir was einfange.", scherzte er lachend, und auch Kevin musste grinsen. "Du kannst dir auch gerne gleich hier was einfangen.", witzelte der junge Polizist und hob drohend den Arm. Ein wenig mulmig war ihm trotzdem zu Mute, war er heute nicht bei Jessy im Gefängnis... und das obwohl sie gestern zum ersten Mal mit ihm geredet hatte. Aber er hatte seiner Kollegin versprochen zu kommen, die extra früher Schluß gemacht hatte, um noch einkaufen zu gehen. So verabschiedeten sich die beiden, und fuhren erstmal nach Hause.


    Jenny's Wohnung - 18:45 Uhr

    Frisch geduscht und in frischen Kleidern hatte Kevin die Wohnung verlassen und war in den BMW gestiegen. Er freute sich auf einen gemütlichen Abend mit Jenny, die er gut leiden konnte und die er gerne noch näher kennenlernen wollte. Eindeutige Absichten hatte er jedoch nicht, für ihn war es ein Treffen auf freundschaftlicher Basis... erstmal. Wer könnte schon in die Zukunft blicken.
    Auf dem Weg zu Jennys Haus fiel Kevin ein schwarzer Audi im Rückspiegel auf, der nach kurzer Zeit nicht mehr aus dem Rückspiegel des BMW verschwinden wollte. Allerdings hielt er soweit Abstand, dass der junge Mann kein Gesicht des Fahrers genau erkennen konnte. Ach, er sah vermutlich schon Gespenster und ließ sich von der Nervosität, die in der Dienststelle ein wenig herrschte anstecken. Als er vor Jennys Wohnung parkte, gab der Audi Gas und fuhr an Kevin vorbei... zu schnell um etwas zu erkennen, doch richtig geachtet hatte er eh nicht mehr drauf.

    Jenny wohnte in einem Drei-Parteien-Haus in einer ruhigen Vorstadtgegend. Es war ein schöner Altbau, der allerdings komplett saniert wurde und von innen eine schöne Kombination aus alter Architektur und moderner Einrichtung war. Die Decken waren sehr hoch, sie hatte Sitzaussparungen in manchen Fenstern, und alles war sehr hell und freundlich. Die beiden begrüßten sich an der Wohnungstür mit einem leichten Kuss auf die Wange, und Jenny bat ihren Kollegen herein. "Schön hast du es hier.", meinte Kevin anerkennend, als er durch die 3 Zimmer der Wohnung ging und erinnerte sich daran, wie er noch vor einigen Monaten gehaust hat... in einem Wohnblock, trostlos, quasi im Ghetto. Hier war alles sehr hell und freundlich, die Sonne schien durch die Fenster und auf dem Echtholzboden konnte man jeden Fußtritt hören. Auch die Küche war sehr modern, in die sie jetzt beide gingen, wo man erstmal mit einem Glas Bier miteinander anstieß. "Ich hab uns ein paar DVDs besorgt. Magst du lieber Action oder Komödien?", meinte Jenny grinsend. "Da ich auf der Arbeit Action genug habe, würde ich die Komödie bevorzugen.", sagte Kevin lächelnd und nahm einen Schluck aus seinem Glas. Jenny wandte sich dann wieder an die Arbeitsplatte und meinte: "Hilfst du mir beim Kochen?" Der Polizist ließ sich nicht zweimal bitten und übernahm das Schneiden der Zwiebeln und der Tomaten, während Jenny sich um die Nudeln kümmerte.

    Als sie später beim Essen saßen, spürten beide, dass sie auf einer ähnlichen Wellenlänge lagen, obwohl sie vom Wesen her doch grundverschieden waren. Jenny, der man die Lebenslust oft vom Gesicht sofort ablesen konnte, die gerne redete aber nie jemanden zuquatschte und sehr unternehmungslustig war, und auf der anderen Seite der schweigsame Kevin, der auch mal den Tag damit zubringen konnte, aus dem Fenster zu schauen oder einfach nur auf der Couch zu liegen, der oft aussah als hätte er gerade keine Lust auf irgendwas. Aber sie unterhielten sich zusammen, sie lachten auch zusammen, und es tat Kevin sehr gut mal wieder in weiblicher Gesellschaft völlig ungezwungen zu sein. "Lebst du hier eigentlich alleine?", fragte er dann irgendwann, als sie gerade fertig waren mit essen, aber noch zusammen am Tisch saßen. Jenny nickte, dachte kurz nach als würde sie kurz überlegen, darauf ausführlicher zu antworten. "Ich habe die Wohnung zwar mit meinem Ex-Freund gemietet, aber der ist vor über einem Jahr ausgezogen." Kevin nickte, und unterließ weitere Fragen dazu. Es ging ihn nichts an, und er wäre der Letzte der zu privaten Themen unangenehme Fragen stellen würde. Selbst die Frage des Alleinlebens war eher aus Verwunderung über die Größe der Wohnung für eine alleinlebende Person entstanden. "Und du?", war dann die Gegenfrage von Jenny, die es wiederum interessierte, ob es noch jemanden an Kevins Seite gab, und innerlich erst mal enttäuscht auf den ersten Teil der Antwort reagierte. "Ja, ich lebe mit jemandem zusammen.", sagte er und fügte nach einer Pause hinzu. "Mit einem Transvestit-Künstler." Nun schaute Jenny ein wenig verwirrt und verwundert drein, denn mit dieser Antwort hatte sie nicht gerechnet. Kevin musste lachen, die Reaktion kannte er nur alzu gut. "Kalle ist früher in dem Club meines Vaters aufgetreten. Sie hat mich quasi... großgezogen."
    Jetzt verstand Jenny, und es machte diesen Mann noch ein Stückchen geheimnisvoller, als er eh schon war. Sie wollte völlig unwissend wirken, obwohl sie schon das ein oder andere von ihm wusste. "Und... deine Mutter?", fragte sie ein wenig vorsichtig, ein Teil den sie noch nicht kannte, und sie wollte es vermeiden irgendwelche Wunden aufzubrechen. "Meine Mutter kenne ich nicht. Mein Vater hat sich geweigert etwas davon zu erzählen. Ich hab zwar mal Nachforschungen angestellt, aber nie was rausgefunden." Nach einer kurzen Pause sah er kurz aus dem Fenster. "Mein Vater war damals noch ein Zuhälter, mittlerweile besitzt er zwei Nachtclubs. Ich schätze mal, dass ich das 'Produkt' eines Unfalls zwischen ihm und einer Prostituierten bin. Gekümmert hat er sich jedenfalls nie. Weder um mich, noch um meine Schwester."

    Jenny fuhr sich durch die Haare, und hörte Kevin still zu, und spürte dass sie so ein wenig Zugang fand zu ihm. Sie erinnerte sich an Hottes Worte, dass es dauern würde, bis er Vertrauen zu jemandem fasste. Sie hätte gerne auch nach seiner Schwester gefragt, ungezwungen, unwissend... doch sie unterließ es. Etwas hielt die junge Frau davon ab, und sie wurde darin bestätigt, als Kevin meinte, dass er das Abräumen des Tisches übernehmen würde. Er hatte die Tür ein wenig geöffnet, Jenny durfte mal einen Blick hinter seine Fassade wagen... doch das war dann auch genug. Bei einer weiteren Frage hatte sie die Befürchtung, der Abend würde nicht so schön verlaufen, wie sie es sich vorgestellt hatte. Aber eines wusste sie... vieles war offenbar in Kevins Leben nicht so gelaufen, wie es hätte können. Der Gedanke kam ihr, während sie den Mann beobachtete, als er in der Küche die Spülmaschine einräumte, und sich danach mit ihr zusammen aufs Sofa fallen ließ.

    Vielen Dank. Ich versuche mir beim Schreiben die Szene im Kopf immer vorzustellen und dementsprechend alles zu beschreiben was mir einfällt. Wobei ich denke, dass da noch viel mehr gehen würde.

    Dienststelle - 15:00 Uhr

    Es war ein anstrengender Tag für alle Beamten auf der Autobahndienststelle. Die Telefone klingelten, seit bekannt wurde, dass es eine Pressekonferenz geben würde, die ersten Pressevertreter trudelten bereits ein und Ben ging im Büro auf und ab. "Was bist du denn so nervös.", meinte Kevin, der recht entspannt in seinem Stuhl hing und durchs Fenster nach draussen sah. Er hatte sich eine Zigarette hinters Ohr geklemmt und wollte gleich nochmal kurz vor die Tür. "Ich hab sowas halt noch nie gemacht. Das hat sonst immer Semir oder die Chefin gemacht.", meinte sein Partner und fuhr sich durch die Haare. Es hatte etwas von einem Auftritt vor Publikum, bei dem man allerdings keinen auswendig gelernten Text vortragen musste, sondern sich Fragen, meist bohrend provokanten Fragen einiger Journalisten stellen musste, die von Polizeiarbeit keine Ahnung hatten. "Na und?", meinte der junge Polizist im Stuhl, den das Ganze nicht sonderlich nervös zu machen schien. "Wir haben alles besprochen, und genauso werden wir es auch sagen. Keine Panik." Er zwinkerte Ben zu, der nur etwas müde lächelte.
    Hotte und Dieter hatten draussen zwei Tische zusammengeschoben, auf den jetzt zwei Fernsehsender ihr Equipment wie Mikros und Kameras aufbauten. Ben ordente nochmal seine Karteikärtchen, als die Chefin mit schnellen Schritten ins Büro kam. "Meine Herren, es geht los." Ohne eine Antwort zu erwarten schritt sie wieder hinaus und richtete einige Worte an die Pressevertreter. "Ach scheisse...", murmelte Kevin, den eigentlich wollte er nochmal vor die Tür eine rauchen. "Mach dir die Zigarette vom Ohr.", ermahnte ihn Ben, als sie beide aufstanden, um raus ins Großraumbüro zu gehen. "Was du nicht sagst."

    Die Journalisten standen bereit, Kevin, Ben und Anna Engelhardt saßen nebeneinander an den aufgereihten Tischen und blickten in einige Kameras. Eine der Kameramänner gab das Signal zur Aufnahme. Zur Not könnte man die Aufnahmen auch wiederholen, denn die Konferenz würde nicht live übertragen werden, sagte ein Aufnahmeleiter des Fernsehsenders, und Ben atmete kurz durch. Würde er sich verhaspeln, wäre das nicht so schlimm.
    "Wie ist ihr derzeitiger Ermittlungsstand?", war die erste Frage, zu der Ben sich, wie abgesprochen äusserte. "Zum genauen Stand der Ermittlungen können wir, auch aus Respekt vor den Opfern und ihrer Privatsphäre nicht viel sagen. Was wir sagen können ist, dass wir einen... ähm... einen engen Kreis an Verdächtigen haben." Die Polizisten hatten sich abgesprochen und beschlossen, den Attentäter unter Druck zu setzen und zu provozieren, eine direkte Konfrontation. Sie wollten die Polizei als den Feind des Attentäters darstellen, in der Hoffnung, dass er von zivilen Opfern absehe. "Was tun sie um die Bevölkerung zu schützen." "Momentan werden alle Rastplätze im Umkreis von 50km mit hoher Intensität angefahren und überwacht.", antwortete Kevin knapper, als man es bei Konferenzen gewöhnt war, weshalb eine kurze Pause entstand, bis die nächste Frage gestellt wurde. "Denken sie, das reicht um die Bevölkerung zu beschützen?" "Davon gehen wir aus." Es schien als hätte sich Kevin seinen arroganten Schutzwall aufgebaut, den seine Stimme klang monoton und beinahe ohne Betonung. Das brauchte er, um selbst souverän und unangreifbar zu wirken. "Denken sie, dass der Attentäter psychisch krank ist?" Kevin räusperte sich kurz, bevor er zur Antwort ansetzte: "Der Attentäter ist vor allem eines. Feige! Er vermeidet Konfrontation, er schießt aus fahrenden Autos um sofort die Flucht zu ergreifen. Über das Motiv gibt es noch keine konkreten Hinweise, aber sicher ist: Wir jagen einen äusserst feigen Mörder." Er blickte abwechselnd in die Kameras, hin und wieder herüber zur Chefin, die still neben ihm saß und die Hände gefaltet hatte. Sie war erstaunt über die souveräne Vorstellung ihrer beiden Beamten in der Situation... denn auch wenn sowohl Ben als auch Kevin schon einige Jahre Polizei-Erfahrung hatten... sie waren immer noch junge Beamte und hatten nicht die Erfahrung eines Semirs oder Herzbergers.

    Für einen kurzen Moment herrschte Stille, es klickte und blitzte hier und da auf, weil einige Fotos geschossen wurden. "Glauben sie an ein Rachemotiv." "Nein, momentan ist das auszuschließen. Die Opfer haben nichts miteinander zu tun und stehen in keinem Zusammenhang zueinander.", antwortete Ben nach kurzem Blick auf seinen Zettel, bevor er seinen Blick wieder in die Kamera wendete, während sein Partner durchweg den ein oder anderen Journalisten anschaute, was diesen wiederrum hin und wieder etwas aus dem Konzept brachte. "Wie lange wird es dauern, bis sie den Attentäter dingfest gemacht haben." Ben schaute unverständlich zu Kevin und wollte den Journalisten bereits für eine solch dämliche Frage rüffeln, doch Kevin kam ihm zuvor. Für ihn war es eine gute Gelegenheit, den Gangster nochmals zu provozieren, allerdings ließ die Aussage auch Anna Engelhardt ein wenig verwirrt zurück. "Lange wird es nicht dauern. Der Attentäter hat bereits Fehler gemacht, und er wird weitere machen. Wir sind ihm bereits sehr dicht auf den Fersen.", lehnte sich der junge Polizist weit aus dem Fenster.
    Anna Engelhardt gab dann noch an die Presse, dass sich die Bevölkerung bis auf weiteres vorsichtig auf Rastplätzen bewegen solle, und auf vorbeifahrende Autos besonders achten soll, trotz Polizeipräsenz an den Raststätten. Dann war die Pressekonferenz vorbei, die Kameras wurden abgeschaltet und die Mikros wieder abgebaut. Hotte und Bonrath stellten die Tische zurück an den Platz und Ben atmete im Büro einmal tief durch.

    "Ätzend. Du sitzt da, wie vor einer Gerichtsverhandlung.", meinte er und man merkte dass er sich bei dem Interview sichtlich unwohl fühlte. "War doch alles okay.", meinte Kevin beiläufig, doch Anna Engelhardt war nicht komplett glücklich, als sie ins Büro kam. "Sie haben sich recht weit aus dem Fenster gelehnt, dass es nicht mehr lange dauern würde, den Attentäter zu fassen.", sagte sie kritisch zu Kevin. Sie war zwar mittlerweile in gewisser Weise von seinen Fähigkeiten als Polizist überzeugt, aber wurde mit dem unkonventionellen Cop nicht warm. "Wir haben gesagt, dass wir den Kerl provozieren müssen. Und so haben wir das getan. Er weiß nicht, wie dicht wir ihm sind. Aber er weiß, dass wir schon hinter ihm her waren. Er wird uns jetzt als Feind ansehen, das war das Ziel.", argumentierte Kevin, doch er löste damit noch mehr Unbehagen bei Anna Engelhardt aus. Einerseits war es gut zu wissen, dass der Attentäter nun eher weniger auf Unbteiligte schießen würde, doch andererseits war die Angst groß, dass es einen ihrer Leute erwischen könnte. "Und das bereitet mir Bauchschmerzen, Herr Peters. Wir geben quasi unsere Leute zum Abschuss frei.", sagte sie deutlich. "Ich weiß. Aber uns bleibt nichts anderes übrig. Dafür sind wir Polizisten. Wir müssen den Kerl jetzt eben bei der nächsten Gelegenheit erwischen... er darf uns nicht wieder durch die Lappen gehen." Ben hörte dem Gespräch interessiert zu, doch musste zugeben, dass ihm auch nicht ganz wohl dabei war, nun eine potentielle Zielscheibe zu sein... vor allem weil neben Kevin nun auch sein Gesicht in der Zeitung und im Fernsehen von dem Attentäter zu sehen ist...

    Zumindest rechtlich gesehen ist es "in Ordnung" und ein "Entschuldigender Notstand."

    Wiki-Auszug:

    "Anders als die Rechtfertigungsgründe, bleibt beim entschuldigenden Notstand (§ 35 StGB) die tatbestandsmäßige Handlung selbst rechtswidrig. Die persönliche Vorwerfbarkeit (Schuldvorwurf) wird jedoch soweit herabgesetzt, sodass von einer Bestrafung abgesehen wird (Entschuldigungsgrund).

    Hier ist zu beachten, dass die schützenswerten Rechtsgüter lediglich
    Leib, Leben und Freiheit sind. Freiheit ist hier im Sinne der
    Fortbewegungsfreiheit gemeint und schließt die Handlungsfreiheit nicht
    mit ein.

    Der zu schützende Personenkreis ist auf den Täter, seine Angehörigen (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 StGB) sowie ihm sonst nahestehende Personen begrenzt. Im Übrigen muss die Notstandshandlung erforderlich sein.

    Des Weiteren darf der Täter keine Pflicht zur Hinnahme der Gefahr
    haben (sog. Gefahrtragungspflicht). Diese Pflicht zur Duldung liegt etwa
    vor, wenn der Täter die Gefahr selbst verursacht hat oder in einem
    besonderen Rechtsverhältnis steht (z.B. Soldaten gemäß § 6 WStG).

    Schließlich muss als subjektives Element ein Rettungswille gegeben
    sein, was bedeutet, dass der Täter in Kenntnis und auf Grund der
    Notstandslage handelt."

    Playa del Inglés - 13:00 Uhr

    Semir wurde von André wieder vor dem Hotel abgesetzt. Etwas schweren Herzens hatte der Polizist seinen Freund wieder fahren lassen, denn einen kleinen Funken Misstrauen hegte er noch in sich. Würde André fliehen? Würde er alles hier aufgeben, seine Arbeit, seine Freundin.... nein, das würde er nicht. Seine Reaktion auf die Fotos hatte Semir beruhigt und darin bestärkt, ihm zu helfen. Auch wenn er noch nicht wusste, wie.
    André sagte etwas davon, Dinge erledigen zu müssen, bevor er wieder aufbrach. "Melde dich so schnell wie es geht. Sag mir, was du vorhast.", redete der Polizist auf ihn ein, und der Mann, der in den letzten Stunden um Jahre gealtert war, nickte.

    Semir kam die Sonne draussen heisser, und die Eingangshalle des Hotels kühler vor als vorher. Er ging durch den Garten in Richtung Pool, doch dort konnte er seine Frau und seine Kinder erstmal nicht finden. Auf dem Zimmer warf er den Umschlag mit den Bildern aufs Bett, warf sich zwei Hände voll Wasser ins Gesicht und fuhr sich mit der nassen Hand über den Kopf. Danach ging er ruhigen Schrittes wieder hinaus, zur Promenade und blickte von dort auf den Strand herab. Dort, zwischen einer Menge Handtücher und Liegen konnte er seine beiden Töchter und seine Frau erkennen. Eine Menge Stufen nach unten waren zu bewältigen, bis Semirs Füße den aufgeheizten Sand am Strand berührten, er die Wellen hörten und das Salz in der Luft schmecken konnte. Er stapfte an Sonnenanbetern vorbei, bis er seine Familie erreichte. Zusammen bauten sie gerade eine Sandburg, und Ayla quiekte vergnügt, als sie mit einem Eimer Wasser vom Meer zurückgelaufen kam, um den Burggraben zu füllen. Doch das Wasser verschwand schnell wieder im heißen Sand. "Hallo Schatz.", wurde er von seiner Frau gegrüßt, die in ihrer Sonnenbrille genau gegen den hellen Planeten schaute und blinzeln musste. Semir lächelte, ein wenig gequält und ließ sich sofort von seinen sandigen Töchtern umarmen. "Papa, du musst unbedingt mit uns ins Wasser gehen, ja?", quakte die Jüngste sofort drauf los und zog Semir am Arm. "Lasst Papa sich doch erstmal hinsetzen. Ihr wolltet ihn doch nachher noch einbuddeln, oder?", meinte Andrea zwinkernd. "Auja! Papa, dürfen wir dich nachher einbuddeln?", fragte Lilly sofort mit strahlendem Gesicht und brach in Jubel aus, als Semir nickte. Ayla ergriff seine Schwester sofort am Arm. "Komm, wir gehen schon mal ein Loch buddeln.", rief sie und zog ihre Schwester ein wenig abseits mit, wo wenig Leute lagen und sie niemanden störten.

    Andrea stand aus dem Sand auf und setzte sich neben Semir auf die Liege. "Na, wie ist es gelaufen?" Semir wog den Kopf hin und her, und suchte nach den richtigen Worten. "Eigentlich besser als gedacht... er hats recht ruhig aufgenommen. Er ist nicht wütend geworden... eher fassungslos..." Er pausierte kurz und schaute aufs Meer hinaus. "Und er hat es nicht abgestritten... er hat es wirklich getan." Auch für Andrea war das ein schwerer Schlag, jedoch wusste sie ja, dass er gezwungen wurde. "Hat er war gesagt, dass er gezwungen wurde?" Semir nickte. "Ja. Er hat das auch Kevin erzählt." Andrea dachte nach, und lag ihren Arm um die Schultern ihres Mannes. Das Kreischen, Schreien und Lachen in ihrer Umgebung blendeten sie für einen Moment aus, und beobachteten ihre beiden Kinder beim Sandbuddeln. So gegensätzlich konnten Gedanken sein, heile Welt vor ihren Augen und Düsterheit in ihren Köpfen. "Warum hat er es dir damals nicht erzählt?", fragte Andrea nach einigen Minuten Stille zwischen dem Ehepaar. "Er wusste nicht wie ich reagiere... er hatte Angst, ich würde ihn verhaften.", meinte ihr Mann und es klang ein wenig spöttisch. "Naja, was hättest du getan? Ihr habt euch 14 Jahre nicht gesehen... und du hast ihm selbst nicht sofort wieder vertraut." Andrea nahm André in Schutz, sie dachte ein wenig rationaler und Semir musste ihr Recht geben. Er hätte es vermutlich nicht anders getan.
    Er legte seiner Frau eine Hand auf den Oberschenkel und sah sie an. "Ich habe André meine Hilfe angeboten. Ich habe ihm gesagt, er solle MIR beweisen, dass er gezwungen wurde." Andrea hörte Semir genau zu und sah ihn währenddessen fest an. "Es kann also sein, dass ich nochmal mit ihm nach Mallorca fliege. Er hat zwar noch nichts gesagt, aber ich kann es mir gut vorstellen." Er schaute etwas bange in das Gesicht seiner Frau, die zwar nicht begeistert aussah, aber nickte. Sie wusste von vorneherein, dass dies kein normaler Urlaub werden sollte, und so nickte sie tapfer. Semir war für ihr Verständniss unendlich dankbar, und nahm seine Frau fest in den Arm. Er genoß ihre Nähe und ihre Unterstützung. So war er schon wieder etwas besser gelaunt, als Semirs Töchter angesprungen kamen und stolz verkündeten, dass das Loch nun fertig zum Befüllen wäre.

    Büro - 12:45 Uhr

    Ben stieß mit der Glaskanne leicht an den Rand der Kaffeetasse, dass es klirrte. Während Kevin sich nach draußen verzogen hat, um eine Zigarette zu rauchen, schenkte sich Ben bereits die vierte Tasse Kaffee ein, um gegen die rebellierende Müdigkeit zu kämpfen. Seit vorgestern lag er nachts wach, und schlief immer nur in Halbstunden-Abschnitte, bevor er aus dem Schlaf schreckte und das Gefühl hatte, jemand hätte ihn in ein Korsett gezwängt. Sein Atem ging schwer, er schwitzte und er hatte das Gefühl, sich nicht richtig bewegen zu können. Nach der ersten Nacht tat er es als "schlechte Nacht gehabt" ab, als es von gestern auf heute morgen allerdings wieder vorkam, begann er sich Gedanken zu machen. Die Fahrt mit dem Aufzug, diese aufkommende Panik seiner Platzangst schien ihm mehr zu schaffen zu machen, als er zugeben wollte. Mehrmals schwankten seine Träume zwischen dunklem Aufzug und dunklem Sarg...
    Er pustete in die dampfende Kaffeetasse, der Kaffee war kohlrabenschwarz und ungesüßt, obwohl Ben normalerweise "Weichei-Kaffee", wie Hotte es immer sagte, mit Milch und Zucker bevorzugte. Aber heute wollte er auf alles, was das Koffein beeinträchtigte, verzichten. Kevin konnte er keinen Vorwurf machen, der wusste ja nichts von seiner Phobie. Er hätte einfach klipp und klar sagen sollen, nicht mit dem Aufzug zu fahren, statt erstmal den Helden zu spielen und erst, als es sich nicht mehr vermeiden ließ, mit der Wahrheit rauszurücken.

    Das Büro kam Ben enger und kleiner vor, als sonst. Manchmal fragte er sich, ob Semir es bemerkte, dass er die Rollos nicht mehr herunterließ, auch wenn die Sonne direkt ins Büro schien, und dass er nervöser war, wenn sie in der Dunkelheit im Auto saßen. Ohne das Gefühl von Fenstern kam ihm der Innenraum immer beengender vor, als früher. Er nahm einen Schluck des bitteren Koffeintrunks und versuchte sich abzulenken, während er nach Kevin Ausschau hielt. Dieser kam gerade zur Tür hinein, blickte in das Büro der Chefin, die in einem Telefonat vertieft war. Immerhin, das würde die Pause noch ein wenig hinauszögern, bevor sie weitere Dinge zur Pressekonferenz besprechen werden. Der junge Polizist kam mit schnellen Schritten ins Büro und verschloß die Tür hinter sich. "Hoffentlich dauert das noch länger.", meinte er genervt, denn er war kein Freund von langen Besprechungen. Ein Blick auf seinen Partner verriet ihm sofort, dass dieser gerade nicht die beste Laune hatte. "Ist alles in Ordnung?", fragte Kevin ein wenig besorgt, doch Ben winkte nur ab. "Schlecht geschlafen.", war seine lapidare Ausrede für seine leichten Ränder unter den Augen und seinen heutigen Kaffeekonsum. Kevin zog nur ein wenig die Augenbrauen nach oben, fragte aber nicht mehr nach. Wenn Ben ihm etwas erzählen wollen würde, würde er es von selbst tun. Er wusste von sich selbst, dass er nicht gern Dinge erzählte, die niemanden etwas angingen und froh war, wenn niemand nachfragte.

    Ein kurzes Klingeln und darauffolgendes Surren kündigte ein neues Fax an, dass gerade aus dem Gerät ausgespuckt wurde. Fast schon schreckhaft griff Ben danach, als wolle er unbedingt verhindern, dass Kevin den ersten Blick darauf wirft, doch das war eher unabsichtlich und seiner momentanen Müdigkeit geschuldet. Hartmuts Bericht des gefundenen SUVs, der wie befürchtet, sehr mager ausfiel. Ben war um die Ablenkung dankbar, als er das Stück Papier aus dem Gerät zog und studierte, während sein Partner wartete, bis aus dem Mund des Mannes verwertbare Informationen kamen. "Und?", half er ihm nach einigen Minuten auf die Sprünge. "Kaugummi.", war die kurze missverständliche Antwort von der anderen Seite. "Ich will kein Kaugummi, ich will wissen was in dem Bericht steht." Ben legte das Blatt nieder und verdrehte die Augen. "Och Mann. Kaugummipapier haben sie gefunden, sonst nix. Hier...", und warf seinem jungen Kollegen den Bericht herüber. Auch Kevin ließ die Augen schnell über das Blatt fliegen, doch ausser einem zusammengeknüllten Stück Kaugummipapier war nichts, was auffällig war. Dummerweise konnte man an dem Papier keinerlei DNA oder Fingerabdrücke finden. "Dieses rote Zimtkaugummi gibt es nicht mehr oft.", meinte Kevin etwas gedankenverloren. "Ja, dann verhaften wir alle, die rotes Zimtkaugummi kaufen.", war die sarkastische Antwort von Ben, der sich mit den Händen durch Augen und Haare fuhr. "Das sollte man. Die schmecken nämlich beschissen, und jeder der das kaut kann nicht ganz dicht sein." Kevin grinste zu Ben herüber, der ebenfalls kurz auflachte. Der junge Polizist war nach dem kurzen Gespräch mit Jenny gut gelaunt, und schaffte es auch Ben ein wenig hoch zu ziehen.

    "Sag mal, wo bekommt der eigentlich seine Autos immer her?", warf er dann die Frage in den Raum. "Die beiden gefundenen waren geklaut." Ben sah herüber und betrachtete das nachdenkliche Gesicht seines Freundes, der sich im Stuhl zurücklehnte und die Arme vor der Brust verschränkte. "Findet immer grade dann ein Auto, wenn er eins braucht?" Wieder war es der Polizist mit dem Wuschelkopf, der kurz auflachte. "Du machst mir Spaß, du Mordermittler. Wir hatten hier mal einen Autodieb, der hat innerhalb von 5 Stunden 12 Autos auf Bestellung geklaut. Wunschfarbe, Ausstattung, Marke. Wir wissen bis heute nicht, wie der das geschafft hat. Ein Auto pro Tag ist nun wirklich keine Kunst."
    Kevin ließ der Gedanke an die geklauten Autos erstmal nicht los, als die Chefin von ihrem Telefonat zurückkam, und man die Besprechung fortsetzte. Er verschob es nach hinten, machte sich aber eine kleine Notiz auf einen Zettel.

    Dienststelle - 12:30 Uhr

    Das Mittagessen fiel für die Polizisten der Dienststelle diesmal aus... oder es fiel, im Falle von Hotte eben kleiner aus als sonst. Der dicke Polizist ließ sich von dem Streß nicht anstecken und bestand darauf um 12 Uhr seine Stulle auszupacken.
    Die Fahndung lief auf Hochtouren, der Geländewagen, der Ben und Kevin entkommen war, wurde auf einem Hinterhof gefunden... ohne jegliche verwertbare Spur. Der Typ war gründlich und schien nicht den kleinsten Fehler zu begehen. Hartmut arbeitete mit Hochdruck am Fundort, um seinen Kollegen schnellstmöglich irgendwelche Infos zu vermitteln. Kevin, Ben und die Chefin sprachen gemeinsam im Büro eine Pressekonferenz ab, die am Nachmittag stattfinden sollte. Anna Engelhardt hatte schweren Herzens dem Vorschlag des jungen Polizisten zugestimmt, die Aufmerksamkeit des Killers auf die Dienststelle zu lotsen. Kevin und Ben sollten bei der Pressekonferenz auftreten, damit auch ein Bild der beiden Ermittler in den Zeitungen abgedruckt werden würde. Gemeinsam wurden jetzt mögliche Fragen, und deren Antworten besprochen, sollte man den Kerl in Sicherheit wiegen, sollte man Druck machen, sollte man provozieren?

    Kevins Verlangen schrie nach einer Zigarette, und er schaffte es, die Chefin endlich zu einer kleinen Pause zu überreden. So schlüpfte er nach draussen vor die Tür, wo er sich einen Glimmstengel ansteckte. Auch Jenny begab sich nach draussen und lächelte dem jungen Polizisten zu. "Ziemlich stressig, das Ganze.", meinte sie mit Händen in den Hosentaschen und ließ sich auf dem Rand eines großen rechteckigen Blumenkübels nieder. Kevin nickte und blies den Rauch in entgegengesetzte Richtung aus. Er fühlte einen unbändigen Druck in sich, auch wenn die Arbeit ihn ablenkte und meist von zu vielen Gedanken abhielt. Er wollte doch heute eigentlich nochmal zu Jessy... aber das konnte er sich wohl abschminken. Er hatte gehofft, gegen Nachmittag kurz verduften zu können... doch die Pressekonferenz würde ihm einen Strich durch die Rechnung machen. "Glaubst du, das wird gefährlich wenn ihr die Aufmerksamkeit des Killers auf euch lenkt?", fragte die junge Polizistin in Kevins Gedanken hinein, der sich sofort wieder zu ihr drehte. "Ich weiß nicht ob er zwischen normalen Menschen und Polizisten unterscheidet.", sagte er und ließ die Zigarette in den Ascheneimer wandern, der neben ihnen stand. Weder wollte er zugeben, dass es gefährlich war und sich damit aufspielen, noch wollte er Jenny irgendwas vorlügen. Sie war clever genug zu wissen, dass es natürlich gefährlich werden konnte. "Das ist wirklich krass... jeder Mord hat doch normalerweise ein Motiv. Aber so ziellos... und wahllos.", sagte das Mädchen, ebenfalls ein wenig gedankenversunken, während sie den jungen Mann beobachtete. "Ja, das ist ungewöhnlich.", gab er zu und nahm sich einen Kaugummi in den Mund, um den Zigarettenatem sofort zu unterbinden, bevor er sich neben Jenny auf den Rand des Kübels saß.

    Der Polizist sah zu seiner Kollegin herüber und lächelte. "Wieso bist du eigentlich Polizistin geworden?" Jenny kicherte kurz auf, bevor sie antwortete. "Ich hatte früher einen Helferkomplex.", meinte sie lachend. "Und habe mir gedacht, dass ich den am ehesten bei der Polizei oder als Krankenschwester ausleben kann... und hab mich für den Polizeidienst entschieden." Kevin ließ sich von der Fröhlichkeit seiner Kollegin anstecken und lächelte ebenso, als sich die junge Frau an Hottes Worte über den Polizisten erinnerte. Dass er vorher ein anderer Mensch war, dass er von anderen Polizisten aufgrund seines äusseren nur schwer akzeptiert wurde, und dass jeder es unheimlich schwer hatte, hinter seine Fassade zu schauen. Das machte Jenny neugierig auf den Mann, der doch wahrlich ein wenig anders war, als die Kollegen, die sie auf anderen Dienststellen so kennen gelernt hatte. Natürlich lief dort niemand im jungen Alter mit Schlips und Anzug durch das Polizeirevier, aber Kevin wäre wohl eher als Verdächtiger, denn als Polizist vermutet worden. "Und du?", fragte sie in Neugier auf den scheinbar undurchdringbaren Mann, der nur ein wenig mit den Schultern zuckte. "Das hatte sich damals so ergeben."
    Es war eine nichtssagende Antwort, die die Worte von Hotte, man könne nicht hinter seine Fassade schauen, nur bestärkte. In Wahrheit ging er nach dem Mord an seiner Schwester zur Polizei, um solche Verbrechen zu verhindern. Aber über seine Schwester wollte er nicht reden. "Wie meinst du das?" Das Lächeln verlor sich etwas in Kevins Gesicht. "Es gab einiges was mich motiviert hat, Verbrechen zu verhindern.", wurde er zwar etwas deutlicher, aber nicht wirklich konkret. Jenny nickte, und gab sich erstmal zufrieden mit dieser Antwort, während sie die warme Mittagssonne auf ihrem ärmellosen Top, dass ihre Figur betonte, spürte.

    Ein wenig Unbehagen spürte sie, als sich ein Satz in ihrem Gehirn formte, und beinahe traute sie sich nicht ihn aus zu sprechen. "Du erzählst nicht gerne von dir, hm?" Kevin hielt den Blick zu ihr aufrecht, ohne den Kopf zu bewegen. Entweder hatte jemand etwas über ihn erzählt, oder Jenny hatte eine ausgeprägte Eigenschaft, charakterliche Züge eines Menschen zu erkennen. "Das ist richtig.", sagte er mit seiner leicht monotonen Stimmlage. "Schade...", antwortete die Polizistin und setzte mich einem frechen, aber sympathischen Grinsen hinzu: "Ich mag geheimnisvolle Kerle." Kevin fühlte sich durch den Satz einerseits geschmeichelt, andererseits aber auch etwas in die Enge getrieben. Trotzdem erwiederte er das Lächeln und stand dabei auf, weil er das Gefühl hatte, dass die Engelhardt ihn durch den Fleischwolf drehen würde, wenn er zu spät wieder hereinkam. "Tja.", meinte er. "Dann wäre es doch schade, wenn der Kerl sofort alle Geheimnisse sofort offen legen würde." Mit diesem Satz ließ der Polizist Jenny erstmal alleine, die ihrerseits ein Kribbeln verspürte, und Kevin hinterher sah. War das nun eine Aufforderung, die Geheimnisse nach und nach heraus zu finden?

    Ich möchte mal im Allgemeinen was zu dem Thema "Partner" schreiben.

    Also ich finde, ein echter Fan geht mit der Cobra und deswegen finde ich es schade, das hier immer noch die Ben Storys so hoch gelobt werden. Ich fand Ben auch klasse, aber ich würde den Ben Charakter nicht hinbekommen und habe mich deswegen gleich für Alex als Partner entschieden.

    Dazu wollte ich für meine Teil etwas sagen, warum ich weiterhin Ben als Semirs Partner nehme, und nicht Alex. Dafür gibts bei mir einen recht einfachen Grund, weil Alex und mein eigener Charakter Kevin sich einfach zu ähnlich sind. Teilweise könnte man meinen :D die Autoren hätten Alex ein wenig von meinem Chara abgeschrieben (was unter Garantie nicht so ist). Deswegen wäre es zwar einmal interessant, was passiert wenn die beiden aufeinander treffen würden, aber das wäre nicht harmonisch. Deswegen wird Ben in meinen Stories wohl weiterhin Semirs Partner geben dürfen.

    Fand die Diskussion gerade interessant, sorry.

    Ich will mich nochmals für die Längen in meiner Story entschuldigen, und hoffe, dass ich damit keinen Leser verprelle oder verprellt habe.

    Ich merke bei der Story leider, dass mir manchmal die Kreativität fehlt und ich mich mit den Kapiteln schwerer tue, als vorher. Ich kann nur hoffen, dass man das beim Lesen nicht bemerkt. :( Denke, so ne Phase hat jeder Schreiber/in mal...

    Dünen - 10:30 Uhr

    Die Sonne brannte auf die Haut der beiden Männer, hinter mehreren großen Hügeln feinem Sand konnte man das Meer rauschen hören, wie es auf die Landzunge Maspalomas aufschlug. Andrés Augen blickten geschockt, beinahe fassungslos auf die DIN-A4 großen Hochglanzfotos, die seinen Mord zeigten. Immer wieder wechselte er zwischen den Fotos hin und her, hin und wieder blickte er auf Semir. Sein Freund aus alten Tagen litt, er stand André gegenüber und wartete, wie sein Ex-Partner reagierte, er gab ihm Zeit obwohl er sich hundeelend fühlte, André damit zu konfrontieren und ihm so ein bisschen das schöne Leben versaute... vorerst nur ein bisschen.
    Es dauerte einige Minuten, bis ein wenig Leben in die Schockstarre von André kam, als er langsam den Kopf schüttelte. "Mit den Bildern stimmt etwas nicht.", sagte er zu Semir, der sich schon denken könnte, was André damit meinte. Der Karatekämpfer machte zwei Schritte auf ihn zu und zeigte ihm eins der Bilder, tippte mit dem Finger auf einen Punkt in seinem Rücken. "Hier stand jemand. Ich wurde gezwungen. Mir hat jemand die Waffe ins Genick gedrückt. Ich wäre erschossen worden, wenn ich es nicht getan hätte." Seine Stimme zitterte ein wenig, sein Blick drückte so etwas wie Hilflosigkeit aus. Semir blickte ihm fest in die Augen, denn er spürte dass André Angst hatte, sein Freund würde ihm nicht glauben. "Das hast du Kevin auch erzählt, oder?" Er beobachtete Andrés Reaktion genau, der nach Luft schnappte. "Wer weiß alles von den Fotos." Semir leckte sich über die Lippen, und dachte einen Moment nach. Wie sollte er André einschätzen. Er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass sein Freund versuchen würde, ihm etwas anzutun... oder etwagigen Mitwissern. Nein, das würde er nicht, und trotzdem beschlich den Polizisten ein ungutes Gefühl hinsichtlich seiner Familie. "Nur wir vier.", sagte er mit fester Stimme. "Ben, Kevin, du und ich." Andrea ließ er absichtlich raus. Andrés Blick richtete sich wieder auf die Fotos, wieder kehrte Stille ein.

    "Ich hab es Kevin im Krankenhaus erzählt, weil er mir auch alles erzählt hat." Dann blickte er wieder zu Semir auf und gab somit im Gegenzug zu, ihm damals nicht alles erzählt zu haben... und diese Gewissheit traf Semir in diesem Moment mit voller Wucht. "Warum hast du es mir damals nicht erzählt?", fragte er vorwurfsvoll. "Ich habe dich mehrmals gefragt, was du da hinten in den Jahren getrieben hast. Kurierfahrten, Bodyguard und so weiter, hast du gesagt." Die Stimme des Polizisten war erregt, und André schaute nach unten in den Sand. Plötzlich wirkten seine Augen wieder müde, sein Blick wieder gequält wie damals. "Warum hast du mir nicht die Wahrheit erzählt? Warum hast du mir nicht vertraut?" Mit einem Ruck sah der großgewachsene Mann auf zu Semir: "Semir, wir haben uns 14 Jahre nicht gesehen!", warf er seinem Freund entgegen. "Woher will ich wissen, dass du mich nicht verhaftest? Ich habe dir doch erzählt, dass für mich nicht alles sofort so war wie früher. Woher sollte ich wissen, was für ein Mensch du geworden bist nach all den Jahren? Hätte ich dir da gleich sagen sollen 'Du, Semir ich hab jemanden auf Mallorca umgebracht?'" "Aber danach! Bevor du geflogen bist, hättest du es mir sagen müssen." Denn da war für beide klar, dass sie sich nicht geändert hatten... dass sie Freunde waren und blieben. "Und dann?", fragte André mit etwas ruhigerer Stimme als zuvor. "Hättest du mich fliegen lassen?" Die beiden Männer blickten sich fest an, doch Semirs entschlossener Gesichtsausdruch, denn er bei seinem Satz eben noch hatte, löste sich auf, denn er konnte die Frage nicht beantworten. Vermutlich nicht... vielleicht doch. Er hatte am Flughafen noch die Chance, André aufzuhalten, aber genauso hatte er die leichtere Chance, ihn fliegen zu lassen, die er dann auch ergriff. Hätte André ihn auf der Dienststelle kurz beiseite genommen, und gebeichtet.... Semir weiß nicht, wie er dann reagiert hätte. Für André war Semirs Schweigen aber eine eindeutige Antwort. Er atmete tief durch. "Ich habe gehofft, dass es nie rauskommt. Ich wollte unsere Freundschaft nicht damit belasten, und meinen Neuanfang.", sagte er ebenfalls wieder mit ruhigerer Stimme.

    Semir atmete ebenfalls geräuschvoll durch, und fuhr sich mit der Hand über die kurz geschorerenen Haare. "Wer war der Mann?", fragte er dann. André fuhr sich mit der Zunge kurz über die Lippen und schmeckte das Meersalz, das hier immer in der Luft lag. "Niemand, um den jemand trauern würde., falls du das meinst", meinte er kaltherzig und fing einen beinahe tadelnden Blick seines Freundes auf. "Ein Zwischenhändler des Prostituitonsrings. Er hat in die eigene Tasche gewirtschaftet und ausserdem eine Frau vergewaltigt. Er hatte weder Familie noch sonstige Verwandtschaft, die um ihn ernsthaft getrauert hätte." Nach einer kurzen Pause setzte er hinzu: "Auch wenn diese Tatsache die Tat nicht besser macht." Semir spürte, dass es André nicht leicht fiel daran zu denken. Entweder wurder er wirklich bedroht, oder er war ein exzellenter Schauspieler. Das Vertrauen in den Mann hatte einen Knacks bekommen, das spürte der Polizist ganz deutlich... und das merkte auch André. "Du glaubst mir nicht..." "André... was würdest du tun? Nachdem du damals nicht ehrlich zu mir warst?", sagte er ihm offen sein Misstrauen ins Gesicht, auch wenn er es eigentlich nicht wollte. Er wollte André glauben, aber er konnte nicht. "Warum hätte ich es aus freien Stücken Kevin erzählen sollen? Die Fotos müssen bearbeitet sein. Horn will mich im Knast sehen."

    Semir seufzte, er dachte kurz nach. Was soll er nur machen. Wenn sie beweisen können, dass er wirklich bedroht wurde, wäre es ein entschuldigender Notstand. Aber wollten sie wirklich das Risiko eingehen, vor Gericht zu gehen? "Beweis es mir.", sagte Semir kurz und knapp und sah zu André auf. Er schaute mit ernstem, festen Blick und einer Erwartung, darauf eine Antwort zu bekommen. "Irgendeiner von denen, die dabei waren, wird ja wohl aufzutreiben sein. Die können doch nicht alle in die Verschwörung gegen dich verwickelt sein... So viel Zeit kann Horn gar nicht geblieben sein." André sah auf das Foto und versuchte sich zu erinnern, wer bei dem Vorfall alles dabei war. "Ja... vielleicht...", murmelte er leise, bevor er stockte und wieder zu Semir aufsah. "Was soll das bringen? Das wird mir kein Richter glauben." Semir verzog keine Miene, als er sagte: "Ich habe von keinem Richter gesprochen. Ich habe gesagt, beweis es MIR!", wobei er das "Mir" besonders betonte. André verstand... Semir wollte Gewissheit darüber, dass André wirklich gezwungen wurde... dass sein Freund kein kaltblütiger Killer war, sondern in diesem Fall das Opfer. Ein gezwungener Mörder. Und der Ausdruck in der Stimme des Polizisten ließ André vermuten, dass Semir in keiner Weise die Absicht hatte, seinen Freund vor Gericht zu bringen... und dafür nickte er ihm dankbar zu.