Kerler’s Club – Ausgang – 20:00 Uhr
Mit einem mulmigen Gefühl waren die beiden Polizisten den Flur wieder entlang gegangen. Das Gehämmer der Musik wurde langsamer wieder klarer und lauter, es sprang die beiden Männer quasi an als sie die Tür zum Clubraum wieder öffneten. Die ganze Zeit rechnete Kevin damit, dass sich gleich von hinten zwei Kleiderschränke auf sie stürzten, doch nichts passierte. Völlig unbehelligt verließen sie den Club, die eisige Kälte der Nacht krallte sich sofort in die Haut ihrer Gesichter. Ben war schweigsam, aber er ging mit schnellen Schritten zielstrebig zum Dienstwagen. „Tut mir leid.“, meinte sein Kollege etwas zerknirscht. „Das lief nicht so, wie ich es geplant hatte.“ Kevin hatte gehofft, dass Kerler tatsächlich hinter André her war, und er ihn mit diesem Deal überzeugen hätte können. Ben allerdings war mit den Gedanken bereits woanders, als er die Fahrertür seines Wagens öffnete. „Komm!“, rief er und winkte den jungen Kollegen zu sich. Kevin blieb unschlüssig zwischen den beiden Dienstwagen stehen und schaute herüber. „Na los, komm!“, rief Ben erneut, schlug ungeduldig aufs Dach seines Wagens und ließ sich dann hereingleiten. ‚Was war denn jetzt los?‘, fragte sich der junge Polizist. Er wurde von der Arbeit endlich wieder abgelenkt, in solchen Momenten verschwendete er fast keine Gedanken an seine Schwester, Drogen oder Alkohol. Der Braschensand knirschte unter den Schuhen, als er zu Bens Wagen herüberging und auf der Beifahrerseite entstiegt.
„Was ist denn jetzt los?“, fragte er verwundert und neugierig, als Ben den Wagen startete. „Ich habe das Bild einer alten Industrieruine gesehen. In Kerlers Büro!“, meinte Ben und schwang Hoffnung in seiner Stimme mit. Kevin begann zu verstehen. „Du meinst, wenn dieses Gebäude Kerler gehört…“ „…dann finden wir dort auch Semir. Genau.“, beendete Ben Kevins Gedanken und fuhr rückwärts vom Parkplatz herunter. „Na dann, gib Gas!“, meinte der junge Polizist auf dem Beifahrersitz, als sein Kollege das Gaspedal durchdrückte und mit quietschenden Reifen davonraste.
„Aber verstehst du das? Warum will sich Kerler oder dieser Horn an Semir rächen?“, fragte Kevin, der die komplette Story von damals natürlich nicht kannte. Ben sah geradeaus in die Dunkelheit, und in seinem Kopf arbeitete es. Semir hatte ihm irgendwann viel darüber erzählt. Was Berger verbrochen hatte… Andrés vermeintlicher Tod… dass er Berger erschossen ha… Moment! Ben krachte mit aller Kraft auf die Bremse, die Reifen verbissen sich in den Asphalt und Kevin konnte das Trägheitsgesetz nur überwinden, in dem er sich mit den Händen am Armaturenbrett abstützte. „Bist du bescheuert?“, rutschte es empört aus Kevin heraus, als seine Arme sich wieder entspannten und er in den Sitz zurückfiel. „Semir hat damals Berger erschossen.“, meinte Ben mit großen Augen, als wäre ihm gerade der Stein der Weisen erschienen. „Entweder will Horn sich für Berger an Semir rächen…“, stammelte er und sein Blick bewegte sich langsam von Kevin weg, der zu ihm herüberschaute. „Oder?“, versuchte der ihm auf die Sprünge zu helfen. „Oder, Berger lebt…“, vollendete Ben seine Überlegungen. Kurze Stille erfüllte das Wageninnere, bis der junge Kommissar auf dem Beifahrersitz die Worte wieder fand. „Einer müsste das wissen…“, meinte er vielsagend.
Versteck – 20:45 Uhr
Der schlimmste Feind war die Zeit. Natürlich wünschte sich Semir nicht, dass jemand pausenlos auf ihn einprügelte, ihn beleidigte oder einer Folter unterziehe… aber wenn doch wenigstens jemand hier wäre. Wenn wenigstens Licht wäre. So hatte der türkische Polizist schnell das Gefühl für Zeit verloren. Seine Augen hatten sich zwar bereits an die Düsterheit gewöhnt, doch trotzdem war es so dunkel, dass er immer nur Schemen von etwas erkennen konnte. Lag da hinten in der Ecke ein Spaten, oder eine Hacke? Was stand da genau auf dem Regal? Wenn er sich doch nur irgendwie bewegen könne, doch die Fesseln, die sich immer mal wieder in sein Fleisch schnitten waren erbarmungslos. Seine Gedanken weilten längst nicht mehr bei den Verbrechern, bei André oder Carlos Berger… auf die restlichen Fragen bekam er hier im Versteck, alleine, sowieso keine Antworten. Er musste warten bis… was war das?
Semir saß auf einmal ganz starr, nachdem er gerade in einen kurzen Wipp-Rhythmus übergegangen ist. Er hatte etwas gehört. Ein leises Knarzen war zu seinem Ohr gedrungen, und entwickelte sich jetzt zum Trappeln. Kam da jemand? War vielleicht jemand im Raum. Semir drehte den Kopf so weit er konnte, doch so sehr er sich anstrengte, er konnte nichts erkennen. Jetzt war wieder Ruhe, die Muskeln entspannten sich, doch das Trippeln begann von neuem. Das konnte kein Mensch sein, die Schritte viel zu schnell und zu leise. Als Semir plötzlich einen Kontakt am Knöchel spürte, zog er reflexartig die Füße an. Ein leises Piepsen fand den Weg in seinen Gehörgang, und die Maus trippelte im Galopp wieder unter das Regal. „Oh Mann…“, seufzte Semir. Eine Maus hatte ihn aufgeschreckt und nervös gemacht. Darüber musste er, trotz seiner äusserst unangenehmen Situation, lachen.
Doch nur einige Minuten später hörte Semir schon wieder ein Geräusch, dass er vorher nicht hörte. Diesmal war das Knarzen nicht in seinem Raum, sondern über ihm. Diesmal war es deutlicher, viel langsamer, und hörte sich wie Schritte an. Der Polizist saß wieder atemlos da, und hörte genau hin.
Die Schritte waren langsam und vorsichtig, als tastete sich jemand durch die Dunkelheit. Manchmal hob die Person die Füße nicht ordentlich hoch, es schlurfte. War jemand hier? Vielleicht sogar Ben und Kevin? Oder André…? Oder aber kehrten die Typen zurück, doch warum schlichen die durch die obere Ebene. Sollte Semir rufen, damit sie ihn fanden… falls es jemand war, der ihn überhaupt suchte? Er presste die Zähne aufeinander, die Schritte schritten quer über seinen Kopf hinweg in Richtung der Tür, und damit des Flures. Hoffentlich lag am Ende des Flures die Treppe, dann war die Person, w er auch immer es war, zumindest auf dem richtigen Weg.
Beiträge von Campino
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Dann hast du uns wirklich gut auf´s Glatteis geführt.
Das ist schön, das war auch das Ziel
Es ist schön zu sehen, dass die Ideen ins Ziel treffen. Das mit diesem Alptraum ist mir zb erst ein paar Kapitel vorher eingefallen, als ich selbst grad im Auto durch die Dunkelheit gefahren bin :D. Das Finale der Geschichte (Action-Abschlussszene) dagegen habe ich schon seit April im Kopf.
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Und es würde mich echt interessieren, ob das wirklich so geplant war, oder ob wir Leser, mit unserem Entsetzen, Kevin nicht das Leben gerettet haben und er sonst doch tot wäre.
Es war von vorneherein geplant, dass Kevin nicht stirbt. Er ist meine eigene Figur, und ich hab noch die ein oder andere Story mit ihm vor.
das sollte bestimmt "gegen Semir austauschen"heissen
Jap, wird sofort verbessert!
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Kerlers Club 19:30 Uhr
Die Musik der tanzenden Frauen hämmerte dumpf nach, als sich die Tür zu einem langen Gang hinter Kevin und Ben schloß, die den Club von den weiteren Räumen abgrenzte. Kevins frecher Bluff hatte tatsächlich funktioniert. Die Dame hinter der Bar hatte nur ein kurzes Gespräch geführt am Telefon, bevor sie einfach irgendwelche Männer in die privaten Räume des Geschäftsführers entließ. Kerler gab sich zwar zunächst überrascht über den unangekündigten Besuch, ließ die beiden dann aber doch hereinbitten. Er wusste zwar, dass er André unter Kontrolle hatte, aber weitere Infos konnten ja nicht schaden… egal von wem sie kamen.
Ben war etwas mulmig zu Mute, als die beiden Polizisten vor der Tür standen und hereingebeten wurden. Keine Security, keine Gorillas die die beiden abtasteten… in Kerlers Büro saß nur Kerler selbst hinterm Schreibtisch, vor dem zwei Stühle standen, das Fenster war abgedunkelt, obwohl es draussen sowieso bereits stockdunkel war. Auf der Couch, die etwas abseits stand, saß ein etwas jüngerer Mann, vielleicht in Kevins Alter. Er sah markant aus, trug schwarze Lederhosen und hatte ein Piercing an der Augenbraue, über der schwarz gefärbte Haare hingen. Man hätte ihn ein wenig für einen neumodischen Gothic-Rock-Sänger halten können, der die beiden Polizisten, besonders aber Kevin argewöhnisch betrachtete. Kevin belegte ihn nur kurz mit einem Blick, bevor die beiden Polizisten sich auf die Stühle setzten, auf die Kerler gebeten hatte. „Nun, meine Herren… was können sie für mich tun?“, fragte er mit einem leicht umspielten Lächeln um die Mundwinkel. Sein Gesichtszüge waren erst entglitten, als Kevin und Ben in den Raum traten, doch der Gangster behielt sich im Griff. Natürlich hatte er die zwei erkannt… es waren die beiden Autobahnbullen, die er mit Hilfe der beiden kleinen Sch.lampen schon fast im Sack hatte, bis André und dieser Gerkhan dazwischen kamen. Unwohlsein breitete sich in Kerlers Magengegend aus… die beiden waren nicht wegen des Überfalls hier. ‚Ganz ruhig, Stefan‘, bedachte er sich selbst. ‚Solange du den anderen Bullen hast, werden die nach deiner Pfeife tanzen.‘
Ben sah kurz zu Kevin rüber, der sich im Stuhl zurückgelehnt hatte und das rechte Bein über dem linken kreuzte. Kevin war in seinem Element, er war die Ruhe selbst, keine Anzeichen von Angespanntheit, während sein Kollege Ben ein wenig nach vorne gebeugt und stocksteif auf dem Stuhl saß. Er machte sich unglaubliche Sorgen um Semir, und wollte den Typ am liebsten am Kragen packen und Informationen aus ihm rausprügeln. Kevin begann zu reden, schließlich war es seine Idee, einfach hier ins Büro zu latschen. „Wir möchten ihnen ein Geschäft vorschlagen.“, meinte der Polizist ganz ruhig, und der stille Beobachter auf der Couch registrierte sofort, dass sich die beiden Polizisten nicht ganz einig waren. Bei Kevins Satz schnellte Bens Blick in Richtung seines Partners… was hatte Kevin bloß vor? Kerler nickte unmerklich. „Ein Geschäft?“ Sein Gegenüber nickte, während er aus seiner Manteltasche eine Zigarette fischte, und diese ansteckte. Kerler schob Kevin über den Schreibtisch einen Aschenbecher hin, was dieser aber ignorierte indem er die erste Asche auf den Boden fallen ließ. Ben enpfand die Stimmung zum Schneiden eng, den Kerlers Augen verengten sich ein wenig. „Sie haben etwas, was wir wieder haben wollen, und wir haben im Gegenzug etwas, was sie gerne haben wollen.“, sagte Kevin, bevor er nochmal tief an der Zigarette inhalierte. Sein Gegenüber schaute Kevin durch den blauen Dunst an, den Kopf auf die gefalteten Hände ein wenig gestützt. Kevin wollte André gegen Semir austauschen… oder zumindest mal diesen Austausch vortäuschen. Beide gingen davon aus, dass Kerler es in erster Linie auf André abgesehen hatte. Ben war einerseits empört, dass sein Kollege, immerhin ein Polizist, um Menschenleben verhandelte. Doch in erster Linie kam es Semir zu Gute… doch Ben war nicht überzeugt, dass André zu ihrer Seite gehörte. Er rutschte nervös auf dem Stuhl hin und her. „Und woher wollen sie wissen, dass sie etwas haben, woran ich interessiert bin?“ Der Blickkontakt zwischen Kevin und Kerler war dick wie ein Schiffstau, und nichts hätte ihn unterbrechen können. Es war, als ob einer der beiden tot umgefallen wäre, wenn jemand die Augen gesenkt hätte. „Ein Mitarbeiter ist kein guter Mitarbeiter, wenn er zur Gegenseite überläuft.“, half Kevin dem Mann hinterm Schreibtisch auf die Sprünge und machte somit deutlich, dass die Polizei bereits mehr wusste als der Verbrecher sich vorstellte. Ben wurde klar, dass Kevin solche Verhandlungen nicht zum ersten Mal führte und sein Gemütszustand besserte sich nicht… im Gegenteil. Sein Kollege spielte mit dem Feuer.
Der Polizist schaute sich im Raum um, und sein Blick fiel zunächst an einige Bilder an der Wand, dann auf den Kerl auf der Ledercouch. Der Blick aus den blau-weißen Augen fast gruselig, den er hebte sich von den pechschwarzen Haaren, die über sein Gesicht hingen ab. Doch der Blick galt nicht Ben, er war durchgängig auf Kevin gerichtet, was Ben noch mehr beunruhigte.
Kerler grinste. „Sie denken also wirklich, ich wäre hinter André Fux her?“ Nun war es Kevin, dem etwas mulmig wurde. Bluffte Kerler? Oder war er tatsächlich nicht hinter André her? Der Mann hinter dem Schreibtisch erhob sich lächelnd und überheblich, und schlenderte um den Schreibtisch herum, bis er neben Kevins Stuhl stand. Er sagte leise, aber überdeutlich: „Ich bin an ihrem Deal nicht interessiert. Ich habe was ich möchte, und sie haben nichts… gar nichts.“ Kevin biss sich innerlich auf die Zunge, er hatte sich verzockt. Ein Deal wäre ganz einfach gewesen, man hätte André überredet und dann zugeschlagen. Wollten die Gangster wirklich Semir? Warum, weshalb? Ben krallte die Hände in die Lehnen des Stuhls und sah nun zu Kerler, der vielleicht noch einen Meter von ihm weg stand. „Was wollen sie von Semir?“, fragte er knurrend und Kevin senkte den Blick. Kerler grinste nun überlegen. „Das weiß ihr Partner ganz genau… und sein ehemaliger Partner André Fux… weiß es auch.“ Ben’s Atem wurde schneller. „Und wenn nicht, werden wir Herrn Gerkhan zeitnah dran erinnern.“
Das war zuviel für Ben. Wie von der Tarantel gestochen sprang der Polizist auf, packte Kerler am Kragen und drückte ihn gegen eine Wand. „Ich mach sie fertig, wenn sie mir nicht sofort sagen, wo sie Semir versteckt haben!!“, brüllte Ben Kerler ins Gesicht. Kevin musste zurückrücken, damit Ben nicht über ihn fiel und der seltsame Kerl auf der Couch machte überhaupt keine Anstalten seinem Chef zu helfen. „Selbst wenn sie mit der gesamten Kavallerie anrücken… sie werden ihm nicht helfen können. Er hat sich vor 14 Jahren mit den falschen Leuten angelegt.“, sagte Kerler seelenruhig und Bens Blut begann zu kochen. Er fühlte sich hilflos, machtlos und er wusste dass es nichts bringen würde, und es nur zu Semirs Schaden sein würde, wenn er Kerler jetzt verprügelte. Er war in Vorteil, er hatte Semir irgendwo versteckt… und er und Kevin hatten nichts… gar nichts. Er spürte Kevins Hand auf seiner Schulter, der leise sagte: „Komm, wir gehen.“ Bens Verstand befahl, dass der den Kragen losließ, auf wenn sein Herz zur Attacke blies… doch Ben hörte auf den Verstand.
Kurz bevor die beiden Polizisten an der Tür waren, hörten sie Kerlers Stimme, der sie sich kurz nochmal umdrehten. „Merken sie sich eins: Es ist ungesund, die Höhle des Löwen zu betreten… wenn man weder Waffen hat um den Löwen zu töten, noch Argumente die den Löwen überzeugen, sie am Leben zu lassen.“ Wenn Blicke töten könnten, hätte Ben Kerler in diesem Moment umgebracht. -
‚Atmen! Du musst atmen!!‘ Kevins Gedanken überschlugen sich, sein Puls raste, und nackte Angst stieg in seinem Inneren auf. Seine Kehle war wie zugeschnürt, mühsam versuchte er Luft in seine Lungen zu ziehen. Mit den Händen griff er um seinen Hals, als würde es etwas bringen, das Blut zurückzuhalten. Um ihn herum war alles schwarz, bis auf das kleine leuchtende Licht, dass durch seine Lider drang… Licht?
Mit einem Ruck riss der junge Kommissar die Augen auf, fuhr mit dem Kopf von der Schreibtischplatte und blinzelte in die kleine Lampe auf Semirs Tisch. Er atmete hastig, sog sich Luft in die Lunge, als wäre er gerade auf einem weiten tiefen Tauchgang gewesen. Hektisch sich umblickend erkannte er durch die Glasscheibe hinter sich noch einige Kollegen. Er muss eingeschlafen sein und hatte seinen bisher heftigsten und realsten Alptraum erlebt. Er spürte seine schweißbenetzte Stirn, sein Atem beruhigte sich und der Polizist stützte die Arme auf die Tischplatte, um das Gesicht laut ausatmend in die Hände sinken zu lassen. „Wann hört das endlich auf…“, flüsterte er zu sich selbst. Er war es leid.Nur einen Moment später klingelte Kevins Handy. Ein kurzer Blick auf das kleine flache Gerät ließ Bens Nummer erkennen. Kevin atmete kurz durch, nahm ab und meldete sich mit normaler Stimme. „Kevin, hier ist Ben. Wir müssen uns treffen… Semir ist verschwunden.“ Kevin war einen Moment wie vom Donner gerührt. „Was sagst du? Verschwunden?“, fragte er verwirrt. „Er hatte doch eine SMS geschrieben.“, setzte er noch schnell hinzu. „Ich weiß, das verstehe ich ja auch nicht. Aber er ist nicht nach Hause gefahren, nachdem er mit André zusammen war. Und ehrlich gesagt…“, Ben verstummte. Er wusste ja, dass Kevin und André eine kurze gemeinsame Vergangenheit hatten, und war sich nicht sicher, ob Kevin im Bezug auf André genau wie Semir nicht etwa ein wenig befangen war. Kevin hatte sich beim Wort „Verschwunden“ bereits aus dem Sitz erhoben und die Jacke in die freie Hand genommen. Doch jetzt stockte er seine Bewegungen genau wie Ben seinen Redefluss. „Was?“, fragte er um seinen Kollegen wieder zum Reden zu bringen. „Ehrlich gesagt habe ich das Gefühl, André steht auf der falschen Seite.“ Kevin atmete nochmal durch, doch auf Bens Verdacht antwortete er erst mal nicht. „Wo treffen wir uns?“ „Industriestraße 23, dort ist der Club von Kerler. Dort war Semir heute Nachmittag mit André, und ich glaube dort haben sie sich auch getrennt.“, antwortete Ben, der bereits auf dem Weg war. „Okay, ich bin gleich da.“, meinte Kevin und verließ bereits die Dienststelle und steckte das Handy in die Hose. Der junge Polizist schwang sich in den SUV und startete den Motor. Wie in Trance blieb er sitzen, fuhr keinen Millimeter. Das Rasseln des Dieselmotors war das Einzige was er hörte, und mit einem Ruck drehte er sich nach hinten um… Nichts. Kein maskierter Typ mit einem Messer sass hinter ihm, und lauerte auf eine gute Gelegenheit. Langsam drehte sich Kevin wieder nach vorne, legte beide Hände aufs Lenkrad und atmete tief durch. „Reiß dich zusammen.“, murmelte er, und fuhr los.
Über die dunkle Autobahn kam Kevin schnell vorwärts. Trotzdem hatte er Zeit, sich ausgiebig Gedanken zu machen… und natürlich Sorgen um Semir. Auch war er ganz froh, dass er man nicht über seine Schwester nachdachte, oder über den beängstigenden Traum von vorhin. Deshalb brauchte Kevin seinen Job so sehr. Er lenkte ihn ganz gut ab, er hielt ihn über Wasser. Wenn er nicht gerade mit solch einem Szenario wie heute Mittag in der WG konfrontiert wurde, konnte er seine Gedanken im Polizeidienst unterordnen und ganz gut aushalten. So kreisten seine Gedanken jetzt um seinen ehemaligen Trainer André. War es wirklich möglich, dass sich ein Mann verändert, so sehr dass er sogar seinen ehemals besten Freund verrät und in die Hände von Kidnappern treibt? Doch genauso wie André selbst und Ben konnte Kevin das Puzzle nicht sinnvoll zusammensetzen. Die Typen wollten doch André selbst, und nicht Semir… und wenn der nur Lockvogel sein soll, dann konnte André doch nichts mit der Entführung zu tun haben.
Fragen um Fragen stürmten durch Kevins Gedanken und fanden zu keinem erfolgreichen zufriedenstellenden Ergebnis, als er von der Autobahn abfuhr. Wahrscheinlich würden sich erst Antworten ergeben, wenn sie André wiederfanden.Vor Kerlers Club – 19:00 Uhr
Ben saß in seinem dunklen Wagen, rieb die kalten Hände aneinander und fühlte sich alles andere als wohl. Er machte sich Sorgen um seinen besten Freund Semir, und Zweifel im Hinblick auf André nagten tief an ihm. Semir hatte ihm vertraut, so war es Bens Eindruck gewesen. Konnte er es ihm verübeln? Wohl kaum. Es war eine Ausnahmesituation, das Auftauchen eines Freundes nach 14 Jahren, der von jedem für tot gehalten wurde. Das steckt man nicht einfach so weg, das verbucht man nicht unter „Kommt schon mal vor.“ Sie mussten Antworten finden… Antworten auf die Fragen, was die Typen überhaupt wollen… wen sie wollen und wer half ihnen?
Ben bemerkte, wie der SUV ihrer Dienststelle auf den Parkplatz rollte und stieg aus. Kevin hatte sich tatsächlich beeilt und war schnell gekommen. Der junge Polizist, in seinem schwarzen Mantel, stieg ebenfalls aus, als Ben fast schon an seinem Wagen angelangt war. „Warum sagst du mir nicht, wenn du einen Verdacht hast?“, war das erste, was Kevin in Bens Richtung sagte, bezogen darauf dass Ben eben auf der Dienststelle das Weite suchte… mit einer fadenscheinigen Begründung. „Ich wollte erst mal alleine mit André sprechen.“, wich Ben aus und fuhr sich mit einer Hand durch die Haare. Kevin nickte, und beließ es dabei, er war niemand der in solchen Fällen auf Erklärungen pochte, den er wusste dass er selbst zu emotionalen Handlungen neigte. Ben war ihm deswegen auch dankbar, dass er gleich auf ihr Vorhaben zu sprechen kam: „Gehen wir erst offiziell rein, oder direkt inoffiziell?“, fragte er, während die beiden sich zum Eingang des Clubs hinbewegten. „Erst offiziell.“, meinte Ben und ging am Türsteher des Clubs vorbei, der keinerlei Anstalten machte, die beiden Männer aufzuhalten. Innerhalb des Clubs war die Technomusik aufgedreht, zu der sich einige hübsche Girls an Stangen hin und her räkelten. Männer mit Bier oder anderen alkoholischen Drinks saßen in Sitzgruppen, oder direkt an der Tanzfläche und wollten soviel wie möglich von den Frauen sehen. Die beiden jungen Männer, die aber nun durchs Lokal gingen und sich ans Tresen saßen, interessierten sich kaum für die Tänzerinnen. „Was darf’s denn für euch beide sein?“, fragte die hübsch anzusehende Barkeeperin in Richtung der beiden Männer. Als Ben gerade dabei war, Luft zu holen um sich eine Cola zu bestellen, da sie im Dienst waren, kam Kevin ihm zuvor: „Cola-Whiskey.“ Dafür erntete er einen erstmal perplexen Blick von Ben, der dann ein wenig stammelte: „Ein… ein Bier.“ Die Frau nickte und machte sich sofort daran, ein Bier für den Polizisten zu zapfen. „Bist du wahnsinnig? Wir sind im Dienst!“, zischte Ben leise in Kevins Richtung. „Genau, und wenn wir anfangen Limo und Sprudel zu trinken, zwei Männer die zusammen in einen Stripclub gehen, weiß es auch jeder.“, meinte Kevin, während er sich im Club ein wenig umsah, Ausschau hielt nach Leuten die er kannte. Doch zunächst fiel ihm niemand auf. Ben wollte noch etwas erwidern, doch die Barkeeperin war schnell und stellte die beiden Getränke auf das Tresen, während sie besonders Kevin mit einem lasziven Blick bedachte. Der junge Cop antwortete mit einem spitzbübischen Grinsen, bevor er Ben zuprostete und einen eiskalten Schluck des bittersüßen Drinks nahm.Er lehnte sich ein wenig zu Ben rüber und kämpfte mit der Stimme gegen die Musik an: „Solche Typen kriegst du mit freundlichem Fragen sowieso nicht.“, meinte er. „Und was willst du stattdessen machen?“, meinte Ben, der ebenfalls einen tiefen Schluck aus dem Glas nahm und seinen Kollegen fragend ansah. Der presste nur die Lippen ein wenig zusammen und nahm dann die hübsche Barkeeperin ins Visier. „Frech sein.“, meinte er lächelnd und winkte die Frau zu sich. „Hey? Ist der Chef schon im Büro? Er erwartet uns doch.“, meinte der junge Polizist. Die Frau schien zuerst ein wenig perplex zu sein, hatte ihr Chef doch keinen Besuch angekündigt. Im Büro war er allerdings trotzdem und im ersten Affekt nickte sie. „Ja… aber er hat…“, begann sie unsicher, doch Kevin kam ihr zuvor: „Uns nicht angekündigt? Wir sind auch nicht angekündigt, aber wir haben was wichtiges zu besprechen. Es geht um…“, einen kurzen Moment blickte er rüber zu Ben, und sein Lächeln wurde zu einem überlegenen Grinsen. „Sagen sie ihm, es geht um André Fux.“
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Ja, bin ich.
Die Quoten sind keineswegs katastrophal schlecht. Katastrophal schlecht ist eine Quote wenn sie deutlich unter dem Senderschnitt liegt. "Der Lehrer" beweist das aktuell sehr gut.
Was ich gar nicht verstehen kann.. ich hab mir gestern abend mal wieder nen Ast gelacht
Ansonsten stimme ich dir zu!
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Ich sehs halt anders.
Diese Friede-Freude-Eierkuchen - Enden gehen mir einfach auf die Nerven. War bei "Tödliche Wahl" sowie in "Auferstehung" schon so. Hier hätte man es deutlich anders, besser lösen können.
Vor allem gibt es nun ein abruptes, nicht nachvollziehbares Ende. Ich würde mich zb in der nächsten Staffel fragen, warum Semir nicht mal mit Ben telefoniert, ihn trifft, mit ihm über den neuen Partner spricht usw. Glaube nämlich nicht, dass sowas vorkommt.
Deswegen wäre ein Schnitt, ein Vertrauensbruch und somit das Zerbrechen der Freundschaft a) nachvollziehbarer für Ben's Abschied, b) nachvollziehbarer für den weiteren Verlauf der Serie und c) einfach mal was anderes gewesen als sonst immer.
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Ich fand dieses sehr versöhnliche Ende mit Friede-Freude-Eierkuchen irgendwie wieder mal daneben... da Nina noch mit Ben zusammen ist, und die Freundschaft zu Semir intakt hätte es an sich gar keinen Grund gegeben, dass Ben seinen Beruf hinschmeißt... das wirkt völlig unrealistisch und unausgegoren. Dafür dass Ben eine Affäre und eine richtige Beziehung durch Mord bereits verloren hat wären das viel schlimmere Schicksalsschläge gewesen, um den Job hinzuschmeißen.
Nina hätte nicht unbedingt sterben müssen, aber Semir und Ben hätten nicht im Guten auseinandergehen dürfen. Es hätte ein richtiger Schnitt, ein richtiger Cut in ihrer Freundschaft sein müssen, ein Vertrauensbruch, damit Bens Kündigung realistisch und nachvollziehbar erscheint. Und der Anfang des Vertrauensbruch hätte man bereits bei "Tödliche Wahl" legen können, und diese Backgroundstory die ganze Staffel fortsetzen. Schade... so ist es ein Ende wie viele am Ende einer Folge... nichts besonderes, nur dass Ben eben nicht mehr kommt.
Das hat man also mal wieder völlig vermurkst.
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Nach der heutigen FB-Ankündigung der letzten Folge, folgende FB-Kommentare... und das sind in der Tat Kommentare in Folge, ohne zu suchen:
"das könnt ihr doch nicht machen,ich liebe die folgen mit den beiden.ohne Tom sehe ich es nicht mehr an.hasse immer dieses weckseln."
"Schade sehr sogar wenn ich an seinen Ersatz denke der geht mal gar nicht was habt ihr da bloß gedacht so einen ausdruckslosen Hafensänger zu verpflichten :((("
"wer ist denn dann eig semirs neuer partner?? so toll wie ben is er 100000x ned."
"Die Folgen mit Ben Jäger waren toll, hab's nur wegen Tom Beck geguckt"
"heut schau ich zum letzten mal der neue sieht mega langweilig aus"
"wird alarm für cobra 11 sehr uninteressant machen!"
" mein Gott er geht nun mal kann man nichts ändern er war super aber das war Thom Kranich auch war bisher immer geil die Serie und wird das auch bleiben mit Vinzenz Kiefer " (Kommentar eines Mannes )
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Also muss im nächsten Kapitel dringend wieder Kevin vorkommen. Denn der muss jetzt langsam aus seinem Alptraum erwachen. Der schreckt jetzt gerade hoch. Egal, ob am Schreibtisch oder im Auto. Er schreckt hoch. Hast du gehört, Campino? ER SCHRECKT HOCH!!!!! -
Semir’s Haus 18:30 Uhr
Andrea hatte sich auf der Coach in eine Wolldecke eingewickelt. Sie fror, trotz dass der Kamin brannte, und obwohl der Fernseher lief, nahm sie ihn nicht wahr. Sie hörte wie weit entfernt die Stimme des Reporters eines langweiligen Frühabend-Magazins, sie hörte das Getrappel und Geplapper der kleinen Lilly, die im oberen Stockwerk mit ihrer großen Schwester Aida spielte. Es war ein Alptraum… ein Alptraum der sich so noch nie zugetragen hatte. Es kam zwar schon öfters vor, dass Semir in Schwierigkeiten geriet, aber nie ist er einfach spurlos von der Bildfläche verschwunden, ohne Anhaltspunkt, ohne triftigen Grund. Die Sekretärin der Dienststelle war natürlich über die Entwicklungen des Falles komplett informiert, doch auch sie ging die ganze Zeit davon aus, dass André derjenige war, der ins Visier dieser Verbrecher geraten war. Warum hatten sie jetzt Semir gekidnappt? Und wenn sie es wegen André gemacht haben, warum meldeten sie sich nicht? Und welches Geheimnis verbarg André?
Andreas Kopf brannte, so viele Gedanken machten sich breit, mit denen sie nicht zurechtkam. Sie zog die Decke fester um ihren Körper und hörte Lilly laut lachen. Zumindest bekamen die Kinder nichts von der bedrückenden Stimmung ihrer Mutter mit, und dachten dass Papa einfach mal wieder später nach Hause kommt… wie es so oft passierte.Als es an der Tür klingelte, schreckte Andrea hoch. War es Semir? Ben? Hatte er Neuigkeiten? Ihr Herz raste, alles konnte sie erwarten. Vom absoluten Glücksfall, dass Semir mit Ben wohlbehalten vor der Tür stand, oder aber dass Ben alleine da stand… ohne Semir, und trotzdem einer schlimmen Nachricht. Andrea wischte sich die halbgetrockneten Tränen aus den Augen, und ging mit schnellen Schritten zur Tür. Sie öffnete sie erst einen Spalt, dann weiter als sie ein bekanntes Gesicht vor sich sah, das sich im Schein der Eingangslampe zeigte. „André?? Was machst du denn hier??“, fragte Andrea mit völlig perplexen Gesichtsausdruck. Sie hatte mit allem gerechnet… aber nicht mit dem Mann, der vielleicht mit Semirs Verschwinden zu tun hatte. „Darf ich kurz reinkommen?“, fragte er mit seiner bekannten knarzigen Stimme. Im ersten Affekt wollte Andrea ihn anschreien, den ehemaligen Kollegen am Kragen packen und ihn nicht mehr loslassen, bis er sagt, wo sie Semir versteckt halten. Doch Andrés Gesichtsausdruck, der müde wirkte, machte nicht den Eindruck, als hätte er alles unter Kontrolle… nein, er sah mehr als besorgt aus. Trotzdem rutschte die Frage über die Lippen, nicht aggressiv, sondern eher flehend: „Wo ist Semir?“ André schaute kurz zur Seite und atmete hörbar den Kondensrauch aus. „Ich weiß es nicht, Andrea… ich weiß es wirklich nicht.“ Andrea konnte sich nicht helfen… sie glaubte André. 14 Jahre waren vergangen, es war so schwer alles zu begreifen, aber noch schwerer war es vorstellbar, dass André sich so gewandelt hatte. Die Sekretärin ging zur Seite und ließ André den Vortritt. Hinter ihm schloss sie die Tür wieder, und bot André einen Platz auf der Couch. Der großgewachsene Mann erinnerte sich sofort an gestern Abend, an das Gespräch mit Semir, an seinen Ausrutscher gegenüber seinem Freund. André rieb die Hände zusammen, die Arme auf die Beine gestützt, als Andrea ihn ansah… wartend, was er zu sagen hatte. „Andrea, ich wollte dir nur sagen, dass ich nichts mit Semirs Verschwinden zu tun habe… das musst du mir glauben. Ich habe gehört, dass du Ben angerufen hast… da war er gerade bei mir.“ Andrea sah den Mann, der 14 Jahre vom Team verschollen war, mit leicht geröteten Augen an. Wenn Andrea traurig war, sah ihr Gesicht einige Jahre älter aus… genauso wie André, wenn er sich Sorgen machte. Sie nickte leicht… etwas in ihr schenkte André Vertrauen, auch wenn es sehr schwer fiel. Warum aber sollte er extra hierher kommen, wenn er etwas damit zu tun hatte?
„Ben hatte geschrieben, dass du ihm irgendetwas verheimlichst…“, sagte sie mit leiser, aber fester Stimme. André bewegte den Kopf hin und her, schaute mehrmals in andere Richtungen… „Nein, ich verheimliche euch nichts. Kerler hat versucht Semir gegen mich aufzuhetzen. Er hat behauptet, er hätte von den Jahren etwas Schwerwiegendes in der Hand, aber das kann nicht sein.“ Andrea hielt den Blick fest aufrecht auf André gerichtete, der, was schon damals typisch für ihn war, nur schwer anderen Leuten in die Augen blicken konnte. Andrea wusste, dass dies bei ihrem ehemaligen Kollegen kein Ausdruck dafür war, dass er gerade log. „Was hast du in den Jahren getan?“, fragte sie ruhig, und spürte trotz der Angst um Semir, dass sie gerade vielleicht in der Lage war, noch ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen, was André und seine Vergangenheit umgab. „Ich war erst Türsteher in einem von Bergers, bzw nach Bergers Tod Horns Club. Dann mal Personenschützer für wichtige Kunden, Bewacher bei Geldübergaben. Fahrer bei Geldübergaben. Ich habe die Dinge geduldet, aber ich habe sie nicht durchgeführt, verstehst du?“ Andrea spürte, wie unwohl ihr war. André hatte Dinge getan, gegen die er früher gekämpft hatte, sein Leben riskiert hatte. „Warum?“ Ein kleines einfaches Wort, dass Semir bisher nie an André gestellt hatte. André atmete aus, als müsse er selbst überlegen. „Horn ließ mir keine Wahl… ich wusste sofort zu Beginn, wie viele Leute er hat, wie mächtig er ist. Bergers Imperium war ungleich größer, als wir damals gedacht haben. Egal wo ich hin geflohen wäre, er hätte mich ausfindig gemacht, und hätte mich getötet.“ Es war ungewöhnlich, André so reden zu hören. Eine Schwäche hätte er sich damals nie zugestanden. „Nach einem halben Jahr war die Arbeit…“, André stockte kurz, es fiel ihm offenbar selbst schwer es zu sagen „.. sie war okay. Ich wollte nicht mehr zurück.“ Obwohl Andrea innerlich ein wenig fassungslos war, blieb sie äußerlich doch ganz ruhig auf der Coach. „Und Semir?“, fragte sie wieder kurz, aber mit Wirkung, den André senkte erneut den Blick. „Ich… Ich habe gehofft dass er mich schnell vergisst. Das war ein Fehler.“, gab er mit leiser Stimme zu. Andrea bekam eine Gänsehaut, es war eine gespenstische Situation diese Art von Geständnis von André zu hören. Sie glaubte dem Mann, der ihr gegenüber saß.
„Warum hast du Ben nicht geholfen, als er bei dir war?“, fragte sie dann plötzlich. „Er glaubt mir nicht.“, war Andrés kurze Antwort. Andreas Kopf bewegte sich langsam hin und her während sie sprach: „André, Ben kennt dich nicht. Was erwartest du? Er und Semir haben vieles durchgemacht. Er würde sein Leben für Semir riskieren… genauso wie du dein Leben für Semir riskiert hast, und wie er sein Leben für dich riskiert hat vor 14 Jahren.“ Diesmal schaffte es André dem eindringlichen Blick von Andrea stand zu halten, und ihre „Predigt“ wirkte. „Bitte, hilf Ben. Hilf ihm Semir zu finden.“, sagte sie ein wenig flehender als vorher, aber immer noch sicher und sie spürte, wie die Tränen wieder versuchten sich nach oben zu drücken. „Du hast recht, Andrea… danke.“, sagte André leise und rutschte über das Sofa an Andrea heran, um sie in den Arm zu nehmen. Die Sekretärin schlang ihre Arme dankbar um die breiten Schultern des Mannes, mit dem sie 4 Jahre lang zusammengearbeitet hatte, als sie gerade bei der Autobahnpolizei anfing, und über den sie 14 Jahre lang dachte, er wäre im Mittelmeer ertrunken. „Ich werde Semir finden.“, sagte er leise, als sie die Umarmung lösten, und setzte ein wenig leiser hinzu: „Auch ohne Waffe.“
Andrea blickte zu ihm auf und erhob sich ebenfalls. „Warte einen Moment.“, sagte sie und verschwand für einige Minuten im Keller. Sie holte einen versteckten Schlüssel, und sperrte einen kleinen, unter der Treppe versteckten Wandtresor auf, wo wichtige Dokumente, Bargeld und Semirs private Waffe und Munition lagen. Es war ein kleiner silberner Trommelrevolver mit schwarzem Griff. Andrea ergriff die Waffe und sperrte den Tresor sorgfältig wieder zu. André wartete bereits im Flur auf Semirs Frau, als sie zu ihm kam und den Revolver in die Hand drückte. Sie drückte dabei Andrés Hand in ihre und sagte leise: „Das ist die Waffe, mit der Semir Berger erschossen hatte, um dir zu helfen.“ Andrés Mund blieb leicht offen, und mit seinen erstaunten blauen Augen senkte er den Blick auf den kleinen Trommelrevolver in seiner linken Hand. Stille erfüllte für kurze Zeit den Hausflur und Andrés Emotionen fuhren Achterbahn. „Hat Semir dir erzählt, dass er seinen Job hinschmeißen wollte nach Mallorca?“, fragte Andrea unvermittelt und Andrés erstaunter Gesichtsausdruck traf nun Andrea. „Was?“, fragte er perplex. Die Sekretärin fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und nickte: „Er hat sich die Schuld gegeben, für das was passiert ist. Weil er dich nicht aufgehalten hatte… weil er nicht früher geschossen hatte… und weil er dich im Wasser nicht mehr gefunden hatte.“ Andrés Herz wollte zerspringen. Nicht nur, dass Semir Andrés Grab auch nach 14 Jahren noch gepflegt hatte, sondern auch dass sich der türkische Polizist so sehr die Mitschuld an seinem vermeintlichen Tod gab, berührte den Mann, der von seinen damaligen Kollegen gerne mal als recht „emotionslos“ beschrieben wurde. Hätte er das gewusst, er wäre wohl niemals 14 Jahre auf Mallorca geblieben und gehofft, dass Semir ihn vergisst. Worte für eine Antwort fand er keine, er steckte den Revolver nach hinten in den Hosenbund und ließ die Winterjacke darüber gleiten. „Ich werde alles dafür tun, dir Semir zurück zu bringen… das verspreche ich dir!“ -
Keller – 18:00 Uhr
Semir hatte schon nach kurzer Zeit sein Gefühl für die Zeit verloren. Wie lange saß er nun schon da unten drin? Eine Stunde, zwei Stunden, vier Stunden? Wie lange war es her, dass Kerler ihn hier wieder alleine gelassen hatte, und die Tür verriegelt hatte… und Semir somit mit seinen Gedanken allein gelassen hatte.
Semir war niemand, der schnell in Panik verfiel, und so versuchte er auch jetzt erst mal in Ruhe seine Gedanken zu ordnen. Die Typen hatten eben die Gelegenheit, André zu schnappen, stattdessen hatten sie ihn geschnappt. Dafür erörterte er zwei Möglichkeiten: Entweder wollten sie André damit noch mehr unter Druck setzen, oder aber… sie waren gar nicht hinter André her. Sondern hinter ihm selbst. Aber welchen Sinn ergab das? Was hatte Semir mit Kerler zu tun? Und hatte André… bei diesem Gedanken stockte Semir kurz der Atem… hatte André den Kerlen etwa geholfen? Steckte er mit ihnen unter einer Decke? Schließlich war es Andrés Idee, dass sie zu Kerler in das Bordell fuhren. Und Kerler konnte davon ausgehen, dass der türkische Kommissar André auf diese ominösen Straftaten seitens seines Freundes ansprechen würde. „Oh Gott…“, hauchte Semir und sah betrübt zu Boden. Sollte er sich so in seinem Freund getäuscht haben? Konnte ein Mensch wie André in 14 Jahren so sehr die Seiten wechseln, dass er Semir ans Messer liefern würde. Der Polizist fand darauf erst einmal keine Antwort.Doch Semir dachte nochmal zurück zu dem Grund, warum Kerler ihn statt André verschleppt hatte. Er dachte die Hierachie höher… Horn, Berger? War diese Andeutung von Kerler wirklich, dass Berger noch lebt. Wollte er Rache? Oder wollte Horn Rache für Bergers Tod. Die Polizisten hatten damals das genaue Verhältnis zwischen Berger und Horn nie erörtert, Horn war Bergers Türsteher in einem Nobel-Bordell. Doch dass Horn Bergers Geschäfte nun übernommen hatte, würde eher dafür sprechen dass deren Verhältnis enger war, als sie annahmen. Das machte Sinn. Wie ein Puzzle setzte sich jeder Gedanke in Semirs Kopf zu einem großen Bild zusammen, und trotzdem fußte alles nur auf Vermutungen und Spekulationen. Antworten würde er erst bekommen, wenn er hier raus käme. Seine Hände schliefen dauernd an, und seine Füße taten weh. Er hoffte, dass Ben schnellstmöglich merkt, dass etwas nicht stimmt, und dass er zusammen mit Kevin versucht, ihn zu finden. Ben hatte Semir nie im Stich gelassen, auf ihn konnte er sich verlassen.
Bei diesem Gedanken wurde der türkische Polizist plötzlich traurig. Auf Ben konnte er sich bisher immer verlassen… vor 14 Jahren hätte er das Gleiche über André gesagt.Die Zeit verging weiter, aber Semir konnte keinerlei Stimmen hören, der ganze Raum war gehüllt in Schweigen. Ein Zustand der schwer erträglich war, wenn man gefesselt auf einem Stuhl saß, und momentan keinerlei Ausweg aus dieser Situation sah. Semir blieb alleine mit seinen Gedanken.
Dienststelle – 18:15 Uhr
Kevin hatte noch einige Zeit über den Akten gebrütet, Protokolle durchgelesen, die er im Laufe der Jahre schon mindestens hundert Mal gelesen hatte. Immer wieder war bei ihm die Befürchtung, er hätte irgendetwas übersehen, etwas was wichtig wäre. Doch wie auch vorher schloss er die Akten mit einem Kopfschütteln, knipste die Tischlampe aus und stand auf. Der junge Polizist schlüpfte in seinen Mantel und verabschiedete sich von den wenigen Kollegen, die den Nachtdienst der Dienststelle übernahmen. Hotte war ebenfalls bereits auf dem Nachhauseweg.
Nach Hause wollte Kevin eigentlich gar nicht, als er in den BMW stieg, der für ihn reserviert war. Er startete den Motor und fuhr auf die Autobahn, jedoch nur um sofort wieder abzufahren Richtung Innenstadt und Industriegebiet. Kevin wusste gar nicht wo er hinwollte, er fuhr einfach ziellos durch die Gegend, in Gedanken teilweise bei seiner Schwester und bei Semir. Machte Ben sich einfach zu viel Sorgen? Bei ihm selbst kam es schon mal vor, dass er nachts nicht nach Hause kam… allerdings hatte Kevin auch niemand, der auf ihn warten würde. Bei Semir war das natürlich anders. Aber warum sollte jemand Semir entführen? Es ergab keinen Sinn… doch Kevin war teilweise in Gedanken zu viel mit anderen Dingen beschäftigt, als dass er auf seine eigenen Theorien einen Wert gab. Er schüttelte den Kopf während der Fahrt und merkte, dass er sich mit seiner Ortskenntnis im Industriegebiet wohl selbst überschätzt hatte. „An dieser Einfahrt bin ich doch schon dreimal vorbeigefahren.“, murmelte er missmutig und drehte den Wagen um. Doch die Straßen, die nur schlecht beleuchtet waren, waren ihm plötzlich vollkommen unbekannt, und der junge Polizist hatte das Gefühl, im Kreis herum zu fahren.Kevin fuhr rechts ran, um das Navigationsgerät aus dem Handschuhfach zu nehmen, doch kaum hatte er den Wagen angehalten, und den Motor ausgeschaltet, spürte er auf einmal den Atem eines Mannes hinter sich. Schneller als der Polizist sich bewegen konnte schlang sich plötzlich ein kräftiger Arm um Kevins Oberkörper, während der andere Arm eine kalte Klinge an seinen Kehlkopf legte. „Keine Bewegung!“, zischte eine Stimme hinter ihm und Kevins Atem beschleunigte sich. Er kannte die Stimme… er konnte sie nicht zuordnen, aber er kannte sie. Seine Augen wanderten zum Rückspiegel, doch er konnte auf dem hinteren Sitz im Dunkeln niemanden erkennen. „Wer bist du?“, fragte er mit fester Stimme, sein Kehlkopf stieß beim Reden immer wieder gegen den eiskalten Stahl. Die Stimme schien zu lächeln, als hätte sie auf diese Frage gewartet. „Ich bin der Dämon, den du schon seit 11 Jahren verfolgst.“, antwortete sie und Kevin hatte das Gefühl, man würde ihm den Boden unterm Hintern wegziehen, als würde sich die ganze Welt anfangen zu drehen. Und jetzt konnte er nichts tun, er konnte sich nicht bewegen, er konnte unmöglich nach hinten greifen, ohne dass der Kerl ihn töten würde. Er spürte, wie sich die Klinge fester an seine Haut drückte, sein Kehlkopf sprang beim Schlucken auf und ab und dem Typ schien diese Situation zu gefallen. „Und jetzt hast du mich gefunden.“, sprach die Stimme hinter ihm weiter während Kevin hörbar aus der Nase ausatmete. „Warum?“, fragte der junge Polizist, der die Lichter der Straße aus der Frontscheibe sehend nur noch als verschwommenes Etwas wahrnehmen konnte. Er war zum Zerreißen gespannt auf die Antwort, dass Messer schnürte ihm zusammen mit der Erregung beinahe die Luft ab weshalb sein Atem immer schneller ging.
„Das…“, begann die Stimme mit teuflischem Klang in der Stimme „… wirst du nie erfahren.“ Für einen kurzen Moment erkannte Kevin im Spiegel ein Gesicht… zu kurz um es sich einzuprägen als der Fremde das Messer mit einer geübten und wahnsinnig schnellen Bewegung durch Kevins Kehle zog. Der junge Polizist spürte einen Brennen, das ihm kurz bis ins Mark drang, er spürte wie sein Bemühen, Luft zu holen scheiterte, und nahm noch war, wie ein roter Strahl aus seiner Kehle gegen die Frontscheibe des BMWs spritzte. Seine Hand fuhr in einem Reflex an den Hals, bevor alles um Kevin herum schwarz wurde.
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Im nächsten Teil gehts mit Semir weiter
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Boxclub – 17:30 Uhr
Ben hielt gerade seinen Dienstwagen vor dem ehemaligen Boxclub von André, als dieser zu Fuß über den Gehweg schritt. Eine Ahnung, nur den Hauch einer Idee kam dem Polizisten im Büro der Chefin… es stimmte etwas nicht. Es war ein natürliches Bauchgefühl, er konnte es nicht erklären, aber nach all den Jahren hatte Ben so etwas wie einen siebten Sinn entwickelt, wenn Semir in Schwierigkeiten steckte. Semir schrieb nicht einfach SMS, er rief Ben an wenn es etwas Wichtiges gab. Und diese SMS war etwas wichtiges. Sie war nicht einfach nur eine kleine Info am Rande, die man wieder vergessen konnte, so etwas wie dass er morgen dran war mit Frühstück kaufen oder um Ben daran zu erinnern, dass sein Schreibtisch mal wieder wie Sau aussehe. Nein, diese SMS war wichtiger. Semir hatte Streit mit André, und seitdem war Semir verschwunden. Ben widerstrebte es, André zu verdächtigen, doch vertrauen konnte er ihm einfach nicht.
Mit einem mäßigen Knall fiel die Autotür ins Schloss als der Polizist den Wagen verließ und auf die andere Straßenseite wechselte. André hob gerade den Kopf und schaute überrascht, als er Ben entdeckte. Seine Augen wirkten müde, und sein Gesicht etwas älter als er wirklich war, mit seinen 48 Jahren. „Semir ist heute nicht zurückgekommen.“, sagte Ben ohne ein Wort der Begrüßung. Seine Stimme war fest, doch sein Ton erst mal ohne Vorwurf. André fuhren die Worte in den Magen, wie ein Blitz, doch davon ließ er sich erst mal nichts anmerken. „Vielleicht ist er noch unterwegs.“, wich er der Aussage von Ben aus und drehte sich zur Tür um sie aufzusperren. „Er hat geschrieben, dass er gleich ins Büro kommt… heute nachmittag.“, gab Ben zur Antwort und zwang damit André erneut, ihn anzusehen. „Gut, aber warum kommst du damit zu mir, was hab ich damit zu tun?“, fragte er und fuchtelte, wie es für André fast schon typisch war, ein wenig mit den Händen in der Gegend herum. Auch war sein Tonfall nicht unbedingt ruhig, eher gereizt. Das Gespräch mit Semir, vor allem dessen Satz „Du bist mir so fremd“ steckte der großgewachsene Ex-Kommissar nicht einfach so weg… auch wenn er nach außen immer recht emotionslos wirkte.
„Er war mit dir als letztes zusammen, und hat mir dann diese SMS geschickt.“, sagte Ben resolut und nun auch ein wenig lauter. Andrés Verhalten war ihm viel zu gleichgültig, als würde es ihn nicht interessieren was passiert ist. Er griff in seine Jeans und hielt André das Handy vor die Nase, mit Semirs SMS im Bildschirm. Die Augen des Mannes huschten ein paar Mal hin und her, er las den Text und konnte daraus nichts Falsches lesen. Ja, sie hatten gestritten, und Kerler hatte etwas davon erwähnt, dass er etwas gegen André in der Hand habe. „Ja und?“, fragte er, als er den Text gelesen hatte. „Was ja und… was ist heute Nachmittag passiert?“, wollte der Kommissar mit dem Wuschelkopf von André wissen, und seine Tonlage gestaltete sich zunehmend unruhiger. „Gar nichts ist passiert, Mann. Wir sind zu Kerler ins Bordell gefahren und haben dort nichts rausbekommen.“ Nach diesem Satz drehte sich André erneut zur Tür hin, wurde nun jedoch nicht nur mit Worten, sondern auch mit einem beherzten Griff am Arm davon abgehalten durch die Tür zu gehen. „Und weiter? Was ist mit den Straftaten, was hat Kerler gegen dich in der Hand?“ André blickte Ben aus seinen müde wirkenden blauen Augen an. „Kein Wunder, dass Semir mir nicht glaubt.“, sagte er hämisch in Bens Richtung, und sofort wurde dem klar, was der Ursprung des Streits war. Semir vertraute André nicht mehr. Es standen Geheimnisse zwischen ihnen, mit denen André offenbar nicht rausrücken wollte… nicht rausrücken konnte. „Was denkst du, warum er dir nicht glaubt?“, fragte der Polizist und versuchte seine Stimme ruhig zu halten. Mittlerweile standen sich die beiden Männer am Eingang gegenüber und es schien wie ein kalter Krieg zwischen den zwei. Ben machte sich mittlerweile mächtig Sorgen um Semir und sein siebter Sinn schien wieder mal recht zu behalten. André jedoch verhielt sich weiter abweisend und tat kaum etwas, einen Verdacht gegen ihn zu entkräften. Hier war der ehemalige Polizist einfach stur, vor allem gegenüber Menschen, die er nicht kannte. Und Ben kannte er nun mal kaum bis gar nicht. „Das geht dich einen Scheißdreck an.“, warf er Ben vor die Füße.Doch Semirs Freund ließ nicht locker. Er presste zwar die Lippen zusammen und ballte die Hände zu Fäusten, doch er beherrschte sich. Zwar würde er sich durchaus gegen André wehren können, doch ganz vergessen hatte er dessen Tritt auf die Nieren nicht. „Wo warst du nach dem Gespräch?“, fragte er sein Gegenüber. „Ist das hier ein Verhör?“, war Andrés nichtssagende Antwort, die Ben noch ein bisschen weiter auf die Palme brachte. „Wenn du mir hier keine Antwort gibst, dann mach ich es zum Verhör, André!“, sagte er laut und überdeutlich, jedoch brachte er damit seinen verbalen Widersacher ebenfalls auf Temperatur: „Ich bin rumgelaufen, kapiert? Ich musste nachdenken!“ Ben lachte verächtlich… „Nachdenken…“ André zog arrogant die Mundwinkel nach unten und wendete sich mit einem leisen: „Leck mich doch am Arsch.“, erneut zur Tür, die er diesmal auch öffnete. Ben spürte eine hilflose Ohnmacht in sich aufspüren, er konnte André nichts nachweisen, dass er etwas mit dem Verschwinden von Semir zu tun hatte. „Ich verspreche dir, wenn du etwas mit Semirs Verschwinden zu tun hast, und Semir etwas passiert, dann…“, begann Ben drohend, doch das Klingeln seines Handys unterbrach ihn. Er schaute auf das Display, wo Semirs Privatnummer aufleuchtete. Hastig nahm er ab, doch das Erste was er hörte, war ein Schluchzen… „Andrea?“, fragte er sofort, den er wusste wer auf der anderen Seite der Leitung war. André blieb kurz im Aufgang stehen und schaute zurück zu Ben der sich auf die anderen Straßenseite entfernte. Die letzten Worte die er hören konnte, waren „Andrea, nun beruhig dich erstmal…“, dann fiel die Tür ins Schloß…
„Er ist immer noch nicht nach Hause gekommen… sowas macht er sonst nie, ausser er ist mit dir unterwegs, Ben.“, sagte Andrea mit leicht zittriger Stimme. Sie war bereits zu Hause, war im Büro schon unruhig gewesen und nun vollends aufgelöst. Vor allem heute, wo sie einen Familienabend im Kino geplant hatten, würde Semir sie niemals ohne Nachricht versetzen… eine Tatsache, die Ben jetzt erst bewusst wurde, und die die Kidnapper natürlich nicht wussten. Spätestens jetzt war Ben sich sicher, dass Semir etwas passiert sein musste. „Ich bin doch schon auf der Suche, Andrea… keine Angst, ich werde Semir finden. Soll ich bei dir vorbeikommen?“, fragte er fürsorglich und ließ sich in seinen Dienstwagen gleiten. „Nein… nein, Ben.“, sagte Andrea schon ein wenig beruhigter. Sie war Ben für seine Fürsorge dankbar, doch ihr war es lieber, wenn er sich bereits auf die Suche nach Semir machte, dem jetzt allerdings ein Gedanke kam. Er kannte André nicht… aber Andrea. „Andrea…“, begann er vorsichtig, und die zweifache Mutter horchte auf. „Könntest du dir vorstellen, dass André in der Lage wäre, etwas mit dem Verschwinden zu tun zu haben… also, glaubst du er könnte sich so sehr gegen Semir stellen?“ Die Frage traf Andrea wie ein Blitz und ihr Herzschlag setzte einen Moment aus. Sie war von Andrés so ergriffen gewesen, dass ein Teil der Familie zurückgekehrt war, dass sie dieser Gedanke schockierte, und erst mal keine Antwort einfiel. „Ben… ich… nein, das glaube ich nicht… das heißt… ich weiß nicht.“ Die Sekretärin konnte keinen klaren Gedanken fassen. Im ersten Affekt würde sie André so was nie zutrauen, doch sie kannte nur den André von vor 14 Jahren. „Ich weiß es nicht, Ben.“, sagte sie und ihr kamen erneut die Tränen hoch. „Wir müssen morgen endlich Antwort von dieser europaweiten Anfrage bekommen… ich glaube, André verschweigt uns etwas.“, sagte der Polizist, und drehte den Schlüssel des Autos im Zündschloß herum. „Mach dir keine Sorgen Andrea… ich werde Semir finden. Das verspreche ich dir.“
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Ist halt dann die Frage, wie lange man die gleichen unnötigen und zugleich dämlichen Comedy-Szenen noch bringen kann, ehe es Cobra 11 vollends damit bergab treibt.
Da die Mehrheit der Leute darauf steht, wird Cobra 11 damit nicht bergab gehen...Man sollte sich mal das Konzept der Serie "Der letzte Bulle" ansehen. Das ist ein Musterbeispiel wie man recht unbeschwert etwas Lustig rüberbringen kann, und die Kriminalfälle trotzdem ihre Ernsthaftigkeit behalten.
Achja... und exzellente Quoten haben die auch.
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Es ist doch leider so, dass das Publikum anspruchsloser geworden ist mit der Zeit.
Die Leute, die früher Cobra 11 geguckt und gefeiert haben sind größtenteils davon abgekommen, als die Serie immer unrealistischer geworden ist. Anspruchslosere kommen dazu, und fanden die Serie mit Comedy-Elementen und unrealistischen Fällen super.
Jetzt hat man erstmal einen kleinen Salto rückwärts geschlagen, Comedy-Elemente sind weg... aber das kommt halt eben nach draussen gar nicht rüber, weils nirgends erwähnt wird. Früher Fans, die nicht mehr gucken wissen nicht, dass sich was gebessert hat, und die neuen Fans mögen die Serie nicht mehr, weil sie ernster ist und Tom Beck demnächst weg.
Übrig bleiben die Hardcore-Fans wie wir... und das ist RTL zu wenig.
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Dienststelle 17:00 Uhr
Der Winter forderte die Sonne bereits früh auf, sich hinter den Horizont zu begeben. Es war bereits stockdunkel draußen, nachdem Ben so plötzlich die Dienststelle verlassen hatte. Kevin sass im Büro der Autobahnpolizisten, immer noch auf Semirs Platz. Er war in Gedanken versunken, hatte die Ellbogen auf den Schreibtisch gestützt und die Hände um den eigenen Hals gelegt. Hin und wieder fuhr er sich mit einer freien Hand durch seine strubbeligen Haare. Er fühlte die Gedanken, die ihn überfielen als er heute in die WG der beiden Frauen kam, die da lagen in ihrem eigenen Blut, mit aufgeschlitzten Kehlen. Könne er seinen Job überhaupt noch fortführen wenn er jedes Mal so zusammenbrechen würde? Es war tatsächlich der erste Mord den er auf diese Art und Weise in seinem Beruf sah, so war er von seiner Reaktion selbst überrascht gewesen, und trotzdem konnte er seitdem dieses Gefühl nicht verdrängen. Es war wie ein unsichtbarer Druck, ein Gürtel der sich um seine Brust schnürte und ihm die Luft abdrückte, das gleiche Gefühl das er empfand, nur deutlich schlimmer, als er im Krankenhaus lag nach der Attacke. Er hatte danach tagelange Alpträume und war dann über Monate schlaflos. Besserung kam erst, als er in seinem Leben einen Sinn fand mit seiner Polizeiarbeit, auch wenn es noch ständig Rückfälle gab… Rückfälle wie gestern abend oder heute nachmittag.
Kevin ergriff die Maus von Semirs PC und öffnete im Polizei-Netzwerk die Akte des damaligen Vorfalls. Seine blauen Augen zuckten über den Bildschirm, als er verschiedene Eintragungen lass, die von Kollegen gemacht worden sind. Die Akte war nicht geschlossen, da der Täter nie gefasst wurde, allerdings waren die letzten Eintragungen von 2011. „Mord/Totschlag an Janine Peters, versuchter Mord/Totschlag an Kevin Peters.“, stand dort als Kurznotiz. Kevins Hand zitterte leicht während er las. „Das Opfer Janine Peters wurde vor oder nach der Tat vergewaltigt.“, war dort zu lesen und der junge Polizist schluckte. Horst „Hotte“ Herzberger war gerade durch die Tür gekommen ins Büro, in seinen Händen eine Akte als sein Blick auf den Monitor von Semir fiel. Er wollte eigentlich sofort losreden, doch als er sah was sich Kevin ansah, blieb er stumm. Der Polizist schien den dicken Kollegen nicht zu bemerken und öffnete einen Karteireiter, auf dem die Bilder des Tatortes zu sehen waren. Bilder von Janine, wie sie im schmutzigen Dreck lag, blutüberströmt. Auch ein Bild vom Abtransport Kevins war dabei, der auf einer Trage lag, mit einem Schlauch im Mund und verschmutztem Gesicht. Hotte erkannte ihn sofort und erinnerte sich. Er hatte damals von diesem Mord gehört und hatte sich auch darüber erkundigt, als Kevin hier mit Semir in einem andere Mordfall ermittelt hatte. „Kevin?“, sagte er vorsichtig, und der junge Kommissar schien kurz aufzuschrecken, und der Mauszeiger suchte sofort das kleine „X“ am rechten oberen Bildrand, um die geöffneten Fenster zu schließen. „Oh… Hotte.“, sagte Kevin etwas überrascht, nur ein kurzer Blick auf den Kollegen werfend und sich danach sofort wieder abwendend. Es war eine stille Atmosphäre im Büro, in dem nur die Schreibtischlampe von Semir brannte und den Bereich um den Schreibtisch erhellte. Hotte sprach quasi ein wenig aus dem Dunkel, als er sich einen Stuhl nahm und zu Kevin setzte. „Es ist schwierig über so etwas hinweg zu kommen.“ Eine Frage, die eigentlich eine Aussage war, allerdings eine Antwort von Kevin erforderte. Der nickte und begriff sofort, dass Hotte über seine Vorgeschichte, zumindest was offiziell war, Bescheid wusste. Er fuhr sich mit der Zunge ein wenig über die Lippen, und suchte irgendwie nach Worten, um das Gefühl zu beschreiben, was er spürte wenn er an die damalige Nacht dachte, doch er fand nichts… jedoch vermittelte ihm Hotte durch seine Anwesenheit ein sehr seltsames Gefühl des Vertrauens. Ähnlich wie Ben, aber doch anders, vor allem weil Ben mit seinem (berechtigten) Misstrauen in Kevins Kopf negativ hängen geblieben war. „Wenn ich nur wüsste, wer ihr das angetan hat…“, sprach Kevin die zentrale Frage aus, die seit dieser Nacht in einem gefährlichen Teil seines Kopfes hing, über ihm schwebte wie ein Schwert. Herzberger sah Kevin mit ernstem Gesichtsausdruck an. „Und wenn du es wüsstest?“, fragte er und hatte so seine ganz eigenen Befürchtungen. Ein junger, instabiler Mensch wie Kevin, der sehr sensibel war und der sich wohl sehr viel aus seiner Vergangenheit machte, wäre wohl sehr anfällig auf Rachepläne, und damit lag Hotte wohl gar nicht so schlecht. Kevin’s Augen wurden kalt, und er blieb einer Antwort schuldig, nur seine Hand klammerte sich fest um die Maus unter der Handfläche und seine Lippen pressten sich aufeinander. Der erfahrene Polizist neben ihm konnte diese kleinen Gesten sehr gut deuten. „Rache ist niemals ein guter Wegbegleiter, Kevin.“, sagte er mit seiner ruhigen und vertrauenserweckenden Stimme. Kevin hörte ihn, reagierte aber nicht und suchte sich einen Bezugspunkt an der gegenüberliegenden Wand. „Wir sind Polizisten, weil wir das Gesetz vertreten. Du hast dich damals dafür entschieden, oder?“ Hotte versuchte ein wenig zu Kevin durchzudringen, seine Beweggründe zu erfahren oder ihm einfach nur einen guten Rat zu geben. Doch er fühlte, dass Kevins Mauer um seine Seele herum fast undurchdringbar war. „Was wirst du tun, wenn du den Kerl findest?“, wiederholte er die Frage nochmal ein wenig deutlicher und erreichte nun immerhin, dass Kevin den Kopf in Richtung Hotte drehte und den Blickkontakt zu ihm suchte. „Ich weiß es nicht…“, sagte Kevin fast resignierend, statt wirklich rachsüchtig oder polizeilich korrekt. Er wusste es tatsächlich nicht, wie er reagieren würde. Würde er ihn eiskalt abknallen? Würde er ihm die Knochen aus dem Leib prügeln? Oder würde er sich beherrschen können, dem Kerl Handschellen anlegen, und verhaften? Zumindest seine Alpträume, die er hatte, sprachen eine deutliche Sprache. So oft hatte er geträumt den Kerl mit der schwarzen Maske zu finden, ihn zu packen und ihm eigenhändig die Kehle durchzuschneiden, und jedes Mal spürte er eine unheimliche und beängstigende Befriedigung in sich aufsteigen um danach schweißgebadet aufzuwachen.
„Rache würde Janine nicht wieder lebendig machen, Kevin.“, sagte Hotte und legte Kevin eine Hand auf die Schulter. Der nickte bloß und dankte Hotte im Stillen für seine Worte, auch wenn sie in Kevins Seele nicht auf fruchtbaren Boden fallen würde.
Der dicke Polizist stand auf und legte die Akte, die er noch in der Hand hatte, auf den Tisch. „Danke Hotte…“, sagte Kevin und ihm gelang ein mühsames Lächeln, das Hotte wesentlich lockerer ebenfalls mit einem Lächeln erwiederte. -
"Aber mich, mich können Sie in Gefahr bringen?"
Tipp: Aus einer sehr guten Folge.Der Richter
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Sieht wirklich so aus, als würde Ben auf Nina schießen, als sie das Auto anzünden will, in dem Semir liegt.
Ich könnte mir übrigens vorstellen, dass aus der Folge selbst noch gar nicht ersichtlich wird, dass Ben hinschmeißt... dass es einen Cliffhanger gibt.
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Weitergelesen bis Kapitel 15.
Na, da haben sich ja ein paar Speizialisten gefunden, die die Geisel bei einem Unfall verlieren... oh Mann. Gute Idee eigentlich von Ben, den Chip rauszunehmen, aber leider sind die Gangster nicht so dumm wie sie aussehen.
Gute Kapitel, versuche immer bisschen aufzuholen beim Lesen.