Ich denke, da hier eine bestimmte Szene beschrieben wird und ein Stunt-Koordinator Aussagen trifft, dass es jetzt zu 100 % sicher ist, dass Keller wieder André Fux spielt.
Gott sei Dank.
Ich denke, da hier eine bestimmte Szene beschrieben wird und ein Stunt-Koordinator Aussagen trifft, dass es jetzt zu 100 % sicher ist, dass Keller wieder André Fux spielt.
Gott sei Dank.
Die Bewährung? Mit Henning Baum?
Mark hat sogar noch seine Mallorca-Lederjacke an
Ich bin gespannt wie mein Hosengummi wie sie Andrés Rückkehr erklären.
Campino deins sollte aus "Taxi 541" sein.
Japs... damals noch guter Humor.
Meins ist aus der letzten André-Staffel.
Kevin's Wagen - 12:00 Uhr
Kevin und Erwin hatten ihre Arbeit am Tatort abgeschlossen. Die Spurensicherung war noch vor Ort, und setzte ihre Arbeit fort, abschliessende Ergebnisse würde man eh erst am nächsten Tag bekommen. Fakt war, dass der Mord nur kurze Zeit vorher passiert war, denn die Temperatur der Leiche war noch recht hoch, und auch sonst gab es keine Anzeichen eintretender Leichenstarre oder Flecken. "Zu dumm, das gerade niemand auf dem Parkplatz war.", murrte der dicklicke Kommisar auf dem Beifahrersitz und Kevin nickte stumm. Beide Kommisare waren auf dem Weg zu Timos Elternhaus, um dort die Ermittlungen aufzunehmen. "Das war also der Polizist, mit dem du deinen letzten Einsatz hattest?", fragte Erwin dann etwas spöttisch, als Kevin den Wagen an einer roten Ampel anhielt. Man musste kein Psychologe sein, um herauszuhören dass weder Erwin die Frage positiv meinte, noch das Kevin gewillt war ausführlich zu antworten. Über die Lippen des jungen Polizisten kam nur ein knappes "Ja", und Kevins Körperhaltung deutete auf Ablehnung hin, denn er hatte den Ellbogen an die Kante des Seitenfensters gestemmt und den Kopf auf die abgewinkelte Hand gelegt... die Ohren möglichst weit weg von Erwin. Der allerdings ließ erstmal nicht locker. "Halt dich am besten von ihm fern. Du weißt ja, wo das hingeführt hat." Nun bewegte Kevin den Kopf und drehte ihn mit kaltem Blick in Richtung Erwin. Währenddessen knipste sich das gelbe Licht der Ampel zusätzlich zum roten Licht an. "Was hat das mit Semir zu tun? Er und die Chefin haben mich aus der Scheisse geholt." Ein kurzer verächtliches Lachen war Erwins Antwort und Kevin presste die Backenzähne aufeinander. Das Signal zum Losfahren leuchtete auf, und Erwins einzige Antwort auf Kevins Reaktion war ein kurzes provozierendes: "Es ist Grün." Kevin sah langsam wieder nach vorne, und ließ sich Zeit damit, wieder loszufahren.
Timo Kressner's Elternhaus - 12:10 Uhr
Kevin musste auf der gegenüberliegenden Straßenseite anhalten, denn der Gehweg vor der Adresse, die sie aus ihrem Präsidium bekommen hatten, war bereits belegt. Ein großer weiß-roter Kastenwagen mit bekanntem Blaulicht, und ein, in gleichen Farben lackiert und beklebter Kombi mit der Aufschrift "Notarzt" parkten vor dem Anwesen. "Na super...", seufzte Kevin, als er die Zündung abstellte und den Schlüssel aus dem Schlüsselloch zog. "Wollen mal sehen, was los ist.", meinte Erwin und schälte sich unter leichtem Stöhnen aus dem Auto. Die völlig ungleichen Kommisare, Erwin in Stoffhose, Krawatte, Strickweste und weiter Anzugjacke und Kevin in leicht verschlissener Jeans, Kapuzenweste und Lederjacke, betraten langsam den Gehweg und schauten durch die offene Tür des Hauses. Sofort wurde Kevin von der stickigen und bedrückende Atmosphäre des Hauses berührt, obwohl er nur an der Schwelle zum Flur stand. "Hallo, was machen sie hier?", hörten sie eine Stimme hinter sich, und Kevin drehte sich als erstes um. Ein Krankenhelfer, der offenbar gerade einen zweiten Arztkoffer aus dem Notarztwagen holte, stand hinter ihnen. Dann drehte sich auch Erwin um, und zog sofort seinen Ausweis: "Poltz, Mordkommision. Wir wollten die Bewohner dieses Hauses vernehmen." Kevin blieb erstmal unerwähnt, zeigte aber dennoch stumm auch seinen Dienstausweis. Ein kurzer Blick des Krankenpflegers über die Plastikkärtchen wurde von einem ebenfalls stummen Nicken begleitet. "Das wird schwierig. Die Dame hat einen absoluten Nervenzusammenbruch inklusive Kreislaufkollaps. Da wird keine Befragung möglich sein. Darf ich?" Ohne eine Antwort abzuwarten drängte sich der Helfer an den beiden Kommisaren vorbei ins Haus, die dem Mann dann auch ins Wohnzimmer folgten. Als sie eintraten sahen auch sie die Bescherung. Die Dame lag neben ihrem Fernsehsessel am Boden, zwei Helfer und der Notarzt um sie herum. Eine Kanüle war schon gelegt, der Tropf schon in der Hand eines Helfers, und die Frau wurde gerade transportfähig gemacht. Kevin und Erwin ernteten einen ärgerlichen Blick des Notarztes als sie hereinkamen, doch der Pfleger sorgte sofort für Klarheit: "Schon okay, sind Polizisten." Ein kurzes Nicken des Notarztes, und sofort galt alle Konzentration wieder der alten Frau am Boden, die nur leise vor sich hinwimmerte. Erwin erkannte ihm Hintergrund einen der ihm bekannten Notfallseelsorger und trat auf den Mann zu: "Wie kommen sie denn hierher? Wer hat sie gerufen?" Der Kommisar klang nicht freundlich, aber bestimmt und überrascht. "Die Kripo Autobahn hat mich beordert, zur Überbringung einer Todesnachricht.", antwortete der Notfallseelsorger wahrheitsgemäß und ahnte nicht, dass er mit dieser Antwort gerade die Stimmung des dicken Kommisars in den Keller beförderte. Kevin dagegen konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. "Und was haben die hier zu suchen?? Na warte...", polterte der bärtige Mann und wurde sofort vom Notarzt zur Ruhe aufgefordert. Wortlos stapfte Erwin wieder aus dem Haus, eine Befragung wäre wohl sowohl überflüssig als auch im Moment eh nicht möglich. Kevin sah seinem Kollegen nach und schüttelte nur den Kopf, bedankte sich bei dem Notfallseelsorger und folgte dann ins Freie.
Erwin wartete schon am Auto und sein Gesicht drängte zur Eile. "Na komm schon.", motzte er in Kevins Richtung, dessen Gang sich aber um nichts beschleunigte. "Wo willst du jetzt hin?", fragte Kevin mehr aus Zweckmäßigkeit denn aus Interesse. "Wohin schon? Zur Autobahnpolizei! Den zwei Hilfspolizisten mach ich Feuer.", redete sich Erwin auf Betriebstemperatur und ließ sich in den Beifahrersitz fallen. Die Federungen des Autos ächzten und Kevin seufzte, als er ums Auto herumging um auf die Fahrerseite zu gelangen. "Was soll das bringen? Die beiden machen nur ihre Arbeit.", widersprach Kevin, als er sich ebenfalls ins Auto setzte. "FALSCH!", unterbrach Erwin ihn gereizt. "Sie machen UNSERE Arbeit." Kevin verdrehte die Augen, legte den ersten Gang ein und fuhr los. "Bei der Polizei gibt es feste Zuständigkeitsbereiche. Das wirst du auch noch lernen.", erklärte Erwin, als würde ein Lehrer zu einem Schüler sprechen. "Das weiß ich selbst. Aber hier ist doch noch gar nicht geklärt, in welchen Zuständigkeitsbereich der Mord fällt." sagte nun wiederrum der "Schüler" zu seinem Nebenmann. "War es ein Mord, oder war es kein Mord?", beharrte Erwin auf seine Richtigkeit. "Und wo passierte der Mord? Auf der Autobahn." Kevin ließ nicht locker, doch Erwin Poltz beendete das Gespräch auf seine Weise. "Hör endlich auf zu diskutieren. Ich stehe dienstlich gesehen über dir, und bin sowas wie dein Vorgesetzter, also tust du was ich sage.", wurde er nun hörbar lauter. Die Gedanken, die Kevin im Kopf umher gingen, ließ er unausgesprochen, doch das kostete ihn einiges an Überwindung.
Chefin: "Kriegen sie die Tür auf?"
André: "Na klar!"
Chefin: "Nein, aber so dass man sie hinterher wieder verschliessen kann."
Ben und Semir sind wirklich die größten Kindsköppe, wenn sie sich Sorgen machen. Aber da hat Ben nochmal richtig Glück gehabt, dass er in einen anscheinend guten Krankenhaus ist, und die Schwestern gleich reagiert haben.
Mal sehen was den beiden jetzt noch so einfällt, wenn sie zusammenliegen.
Nein, Yon hat recht. Das ist ein Fehler, der Tote heisst Timo. Wird sofort berichtigt, vielen Dank! Mea culpa!
Timo Kressner’s Elternhaus – 11:30 Uhr
Andrea hatte über Funk die Adresse von Timo’s Mutter übermittelt. Timo’s Vater war bereits seit dessen 7ten Lebensjahr tot. Außerdem war es auffällig, dass Timo erst seit 3 Wochen in Köln gemeldet war und vorher entweder ohne festen Wohnsitz oder außerhalb Deutschlands lebte. Semir und Ben hielten an der genannten Adresse an und drückten auf den Klingelknopf. Das kleine Häuschen war recht alt und sah von außen baufällig aus. Eine grauhaarige alte Frau öffnete die Tür, und sah die beiden Polizisten verwirrt an. „Ja bitte?“, fragte sie recht freundlich, machte aber einen unsicheren Eindruck: „Guten Tag, mein Name ist Semir Gerkhan, das ist mein Kollege Ben Jäger, wir sind von der Polizei.“, stellte sich Semir vor, und beide zeigten ihren Dienstausweis. Als die Frau das Wort „Polizei“ hörte, wurde ihr Gesichtsausdruck noch ein wenig unsicherer. „Es geht um ihren Sohn Timo Kressner. Sie sind doch Martha Kressner, oder?“ Ein unsicheres leichtes Nicken war die Antwort auf Semirs Frage. „Dürften wir vielleicht kurz reinkommen?“. Wortlos machte die ältere Frau den Weg frei für die beiden Kommissare, und die setzten langsam einen Schritt vor den nächsten in den dunklen, muffig riechenden Flur. Das Haus war typisch eingerichtet für ein Haus aus den 50er Jahren, dunkle Tapeten, alte abgewohnte Möbel und altmodische Lampen. „Bitte“, hörten sie die müde wirkende Stimme der Frau hinter sich, die damit andeutete, dass die beiden Kommissare doch bitte ins Wohnzimmer vorgehen sollten. Auch hier bedrückte die Atmosphäre die Stimmung, die Rolläden waren halb herunter, es war stickig, und der Staub lag auf der dunkelgründen Coachgarnitur aus den 60er Jahren. Schlurfend ging die Frau zurück auf ihren Fernsehsessel, und Ben sah Semir wiederrum unsicher an. Die Übermittlung einer Todesnachricht war immer ein schwerer Gang, aber diese eigenartig bedrückende Stimmung in diesem Haus zusammen mit dieser Frau machte die ganze Sache noch unangenehmer. „Tja, Frau Kressner, wir kommen leider in einer sehr traurigen Angelegenheit… Wir haben heute Morgen ihren Sohn, Timo, tot aufgefunden.“ Der müde Blick der Frau ging langsam von dem alten Röhrenfernseher weg zu Ben und Semir. Nur einige Sekunden hielten die Augen stand, dann wanderten sie zurück. Ansonsten kam keine Reaktion der älteren Frau. Es war, bis auf das Gedudel eine Gameshow, die im Fernseher lief, eine gespenstische Stille, und Ben spürte die Unbehaglichkeit in seinem Bauch. „Haben sie verstanden, was wir gesagt haben, Frau Kressner?“, fragte Semir, der sich ebenfalls unwohl fühlte. Manchmal war es ihm lieber, die Angehörigen fingen an zu weinen, oder zu schreien, oder zeigten überhaupt eine Reaktion. Diese Reaktion aber überforderte sogar Semir ein wenig. Auf seine Frage nickte die alte Frau, und ein schwaches „Ja“, kam über ihre Lippen. Die Augen wiederrum bewegten sich nicht vom Fernseher weg.
Ben gab Semir ein wortloses Zeichen, dass er sich ein wenig in der Wohnung umsehen würde und trat aus dem Raum. Er ging langsam in die Küche, wo es weniger stickig, dafür aber unangenehm nach Essensresten roch. Offenbar war die alte Frau völlig hilflos mit sich selbst, vielleicht auch krank. Semir versuchte währenddessen, der Frau vielleicht doch einige Worte zu entlocken. „Ich muss ihnen leider noch ein paar Fragen stellen.“, begann er vorsichtig, und hoffte auf eine Reaktion. „Wann haben sie ihren Sohn denn das letzte Mal gesehen?“ Wieder schienen sich nur die Augen zu bewegen, die vom Fernseher weg in eine undefinierbar Richtung verschwanden. Die Hände, die die Frau auf die Sofalehnen gelegt hatte, sowie ihr restlicher Körper reagierte kaum. „Vor 20 Jahren.“, war ihre leise und knappe Antwort. Offenbar hatte der Mann sein Heim als Jugendlicher früh verlassen, und sich seither nicht mehr blicken lassen. Semir runzelte kurz die Stirn. „Wissen sie denn, wo er die ganze Zeit über gelebt hatte?“ hakte er dann weiter nach, doch die Reaktion fiel erneut sehr spärlich aus. Nur ein stummes Kopfschütteln war die Antwort. Ben dagegen kam aus der Küche zurück und hielt Semir eine kleine Plastikschachtel unter die Nase. „Escitalopram“, murmelte Semir leise und Ben nickte. „Wird bei Depressionen verschrieben.“ Als beide Kommissare von der Schachtel aufblickten lag Mitleid in ihren Gesichtern. Die Augen der Frau waren wieder auf den Fernseher gerichtet. „Hier werden wir nichts erfahren, Ben. Der hat sich seit 20 Jahren hier nicht gemeldet.“, murmelte Semir leise und sprach dann mit fester, lauterer Stimme zu der Frau. „Sollen wir einen Polizei-Seelsorger zu ihnen schicken, Frau Kressner?“ Es war Semirs Pflicht bei Todesnachrichten an enge Angehörige diese Frage zu stellen, auch wenn er bei Frau Kressner eher weniger damit rechnete, dass er benötigt würde. Doch bei dieser Frage zeigte die Frau etwas mehr Reaktion. Ihr Kopf bewegte sich und schaute herüber zu den beiden Kommissaren. Die Unbehaglichkeit wuchs bei Ben und Semir, als der Frau langsam ein wenig die Gesichtszüge entglitten und die Augen sich mit Tränen füllten. „Mein Sohn ist tot… mein Sohn ist tot.“, begann sie plötzlich herzzereißend zu jammern und ließ ihren Tränen freien Lauf. Ohne jede Hemmungen weinte sie laut, schluchzte und zitterte. Ben zog sofort sein Handy um den Polizei-Seelsorger herein zu bitten, den man vorher bereits verständigte und der, wie üblich, erst mal im Auto vor dem Haus wartete. Beide Männer überzog es bei dem Anblick der wimmernden und weinenden alten Frau mit Gänsehaut. Nicht weil sie den Tod ihres Jungen beweinte, sondern ob ihres brutalen Wandels vom lethargischen Desinteresse zur abgrundtiefen Traurigkeit. Eindeutig handelte es sich hier um eine arme schwer kranke Frau, und obwohl man ihr gerne helfen wollte, waren Semir und Ben einfach nur froh, als sie wieder im Auto saßen, und ohne ein Wort zu wechseln zurück zur PAST fuhren.
Ben beugte sich über die Person, einen etwa 30-35jährigen Mann, und versuchte mit zwei Fingern am Hals den Puls zu fühlen. Aus zwei Brustwunden sickerte das Blut unaufhörlich, und die weißlich-fahle Gesichtsfarbe liess bereits befürchten, dass die beiden Autobahnpolizisten zu spät waren. „Verdammt.“ Der junge Cop sah auf, und bemerkte, dass Semir die Verfolgung überhaupt nicht aufgenommen hatte. Normalerweise war es zwischen den beiden üblich, dass sich einer um die Verletzen kümmerte, und der zweite den Flüchtigen, sofern es einen gab, verfolgte. Doch Semir sass immer noch auf dem Fahrersitz, bis Ben seinen Namen in aller Deutlichkeit herüberschmetterte: „SEMIR?? Schläfst du mit offenen Augen?“ Als hätte er ihn aufgeweckt, schreckte Semir hoch und sah in Richtung seines Kollegen. Jetzt war natürlich alles zu spät, der Wagen war weg. Der türkische Kommisar klappte den Mund wieder zu, legte beide Hände aufs Lenkrad, und atmete ganz tief durch. Du hast dich verguckt. Du hast ihn überhaupt nicht richtig erkannt. redete er sich immer wieder ein, und stieg langsam aus dem Fahrzeug, um sich zu Ben und der Leiche zu bewegen. Der wiederum rief mittlerweile über Handy Notarztwagen und Spurensicherung. Er war gerade fertig, als Semir sich nach unten beugte, um den Toten zu mustern. Langsam kam seine eigene Gesichtsfarbe zurück. „Was war denn plötzlich los?“, wollte Ben wissen. Seine Stimme klang in einer Mischung aus Ärger und Besorgnis. Semir fand zunächst nicht die richtigen Worte. „Ich… nichts.“, kam leicht stockend über seine Lippen. Als Ergebnis erntete er von Ben einen ungläubigen Blick, doch Semir wollte sofort ablenken und schaute in den Jackentaschen des Toten, ob er etwas nützliches finden konnte. Er hatte sich, er musste sich einfach verguckt haben, und deshalb sagte er Ben nicht, was er zuerst gesehen hatte. Ben gab sich damit natürlich nicht zufrieden. „Nach Nichts sah dein Gesicht und deine Reaktion aber nicht gerade aus.“, sagte er ohne Anstalten zu machen, Semir beim Durchsuchen zu helfen. „Es war aber nichts. Ich habe versucht den Fahrer zu erkennen, habe aber nichts gesehen.“, wurde Ben sofort abgebügelt, und sein türkischer Kollege zog eine Brieftasche aus der Innentasche des Mannes. „Und warum hast du den Wagen nicht verfolgt?“, stellte Ben nun die Frage, während Semir die Brieftasche aufschlug. „Der war doch direkt weg.“, war die erneut kurz gehaltene Antwort von Semir. Ben merkte, dass sein Kollege auf stur schaltete und beendete das Fragespiel mit einem Kopfschütteln. Er vertraute Semir, wahrscheinlich mehr als irgendeinem anderen Menschen auf der Welt, und er hoffte darauf, dass Semir mit der Sprache rausrücken würde, wenn es an der Zeit dafür war. „Wen haben wir hier?“, fragte er dann die nächste Frage, auf die er aber eine weitaus freundlichere Antwort bekam, denn Semir hatte bereits den Personalausweis des Toten in der Hand. „Timo Kressner, 37 Jahre alt, wohnt in Köln-Kalk.“, las Semir von dem Ausweis vor. Er betrachtete den Toten erneut, der eine bereits ältere verschlissene Jacke und eine schmutzig-schmuddelige Hose trug. „Von der Kleidung passt er in die Gegend.“, meinte Semir, der als Sohn eines Gastarbeiters selbst dort aufwuchs. Ben erhob sich währenddessen wieder in die Senkrechte und schaute sich um, während Semir sein Handy zückte. „Hallo, mein Schatz.“, begann er, wie üblich, das Gespräch mit Andrea. „Kannst du mal bitte den Namen Timo Kressner, wohnhaft in Köln-Kalk, durch den Computer jagen und mir alles auflisten, was du herausfinden kannst? Vor allem Familienangehörige, die müssten wir informieren.“ Andrea notierte sich den Namen und erkundigte sich, was denn nun am Rastplatz passiert sei. Semir berichtete nur kurz, dass man Kressner hier gefunden hatte, und dass ein Wagen geflohen sei. Ben spitzte seine Ohren ganz genau, aber auch gegenüber Andrea berichtete Semir nichts davon, was ihn so erschrocken hatte. Stattdessen fiel Ben ein Wagen am anderen Ende des Rastplatzes ins Auge. Es war der einzige Wagen auf dem gesamten Parkplatz. „Semir, das Auto da hinten könnte dem Toten gehören.“, meinte Ben als er sich in Richtung des Wagens in Bewegung setzte.
Es war ein alter hellblauer Ford Escort, an vielen Stellen verrostet, ein handlanger Riss in der Frontscheibe. Ben ging um den Wagen und murmelte zu sich selbst: „Über den TÜV wäre die Karre nicht mehr gekommen.“ Er beugte sich etwas nach vorne, um durch die Seitenscheiben zu sehen, konnte aber nicht viel erkennen, was ihm helfen könnte. Semir blieb bei der Leiche, bis die ersten Einsatzwagen eintrafen, der Krankenwagen folgend. Der türkische Polizist überließ den Helfern das Feld, während die uniformierten Kollegen den Tatort absperrten. Viel konnten die Medizinmänner aber nicht mehr ausrichten, ausser den Tod des Mannes feststellen.
Keine 5 Minuten später hielt auch ein weißer Honda mit Blaulicht auf dem Dach am Tatort, und ein schlank, aber muskulös gebauter Mann stieg aus. Er war erst Ende 20, bereits Kommisar, was man ihm vom äusserlichen wohl nie angemerkt hätte. Seine abstehenden Haare, sein Ohrring und seine Lederjacke hätte ihn wohl eher in die Richtung eines jungen Rockstars abgeschoben, doch Kevin Peters war Polizist der Mordkommision, und Semir gut bekannt. Mit Kevin stieg ein älterer, übergewichtiger Mann aus, mit lichten Haaren und üppigen Bartwuchs. Ein Polizist auf der Zielgeraden der Karriere offenbar, nicht mehr allzu motiviert und nur noch darauf bedacht, die letzten 3 Dienstjahre möglichst ruhig über die Zeit zu bringen. Kevins meist ernst und melanchonische Miene, die zu seinem, nach aussen oft ruhigen und unantastbaren Wesen passte, hellte sich auf, als er Semir sah. Auch dem wurde ein Lächeln aufs Gesicht gebracht, waren doch seine Befürchtungen, die er gegenüber Ben vorhin im Auto aussprach unnötig. Die beiden Polizisten gaben sich die Hände. „Hi Semir.“, begrüßte Kevin seinen ehemaligen Kurzzeitpartner. „Hallo Kevin. Schön, dich wieder im Dienst zu sehen.“, gab ihm Semir zur Antwort, und äusserte seine wahren Gefühle in diesem Moment. Kevin war in seiner Jugend bereits durch Drogen auf der schiefen Bahn, und Semir konnte sich vorstellen, wie schnell jemand mal rückfällig werden konnte, wenn einem das tägliche Leben abhandenkommt. Ben kam gerade von dem Wagen zurück und begrüßte Kevin ebenfalls per Händedruck. „Habt ihr schon was gefunden?“, fragte Kevin dann in Richtung der beiden Autobahnkommisare, während langsam sein dickbäuchiger Kollege dazukam. „Der Tote heisst offenbar Timo Kressner und wohnt in Köln-Kalk. Wir wollten gerade zu seinen Angehörigen fahren, und…“, weiter kam Semir nicht, den Kevins Kommisarkollege, der auf den Namen Erwin Poltz hörte, unterbrach ihn. „Brauchen sie nicht. Ab jetzt übernehmen wir.“ Kevin, der mit dem Rücken zu Erwin stand, verdrehte genervt die Augen. Semir brauchte kein Gedankenleser zu sein, um herauszufinden dass Kevin nicht besonders gut mit seinem älteren Kollegen zurechtkam. Kevin hielt nichts von Autoritäten, und dieser Mann machte den Eindruck, als würde er seine Amtsüberlegenheit gerne nutzen. „Moment, der Mord passierte auf unserer Autobahn.“, hakte sich Ben, der ebenfalls nicht auf den Mund gefallen war, sofort ein. „Also ist das auch ein Fall für uns.“ Ein kalter Blick traf Ben Jäger und Erwin Poltz gab sofort Contra: „Lösen sie erst mal so viele Mordfälle wie ich, dann dürfen sie entscheiden wessen Fall das hier ist.“ Bevor Ben die Situation noch weiter hochschaukeln konnte, hob Semir beschwichtigend die Arme: „So, ist gut jetzt. Sie machen ihre Arbeit, wir machen unsere. Komm Ben.“ Dabei zog er Ben leicht am Arm und zwinkerte Kevin mit einem Lächeln kurz zu. Dies entlockte Kevin ebenfalls ein Lächeln, als hätte er dieses kleine Zeichen verstanden. Kurz bevor Semir und Ben am Dienstwagen ankamen, drehte sich der Kommisar noch einmal um. „Ach Kevin. Deine Kiste, die du in deiner alten Wohnung gefunden hast, steht immer noch unter meinem Schreibtisch. Du hast noch gar nicht reingesehen.“ Kevin antwortete Semir: „Stimmt. Ich heute nachmittag mal kurz vorbei.“
Danach steigen die beiden Polizisten ins Auto, und Ben ließ seiner Zunge gleich freien Lauf: „Hat der Typ jetzt gesagt: „Lösen sie erst mal so viele Mordfälle wie ich“, oder „Essen sie erst mal so viele Cheeseburger wie ich“ Aufgeblasener Wichtigtuer.“ Semir musste lächeln ob Bens Tatendrang diesen Fall selbst zu übernehmen. „Ganz ruhig, junger Padavan. Bevor die Chefin uns nicht abzieht machen wir ganz normal unseren Job.“
Obwohl ich ja noch ein bisschen Bedenken habe, dass ich gleich wieder gemeldet werde, wenn ich was Negatives oder gar was Ironisches schreibe, wage ich es jetzt einfach mal.
Keine Angst, das wird nicht passieren.
Danke für eure Feedbaclks
Hey ho,
Ich hab mich nun doch entschieden, meine Story direkt während dem Erstellen zu veröffentlichen. Hoffe, dass ich Zeit und Kreativität halten kann, dass ich regelmäßig was zum Posten habe.
Es ist eine Semir-Ben - Story, in der aber auch mein eigener Kommisar Kevin wieder mit von der Partie sein wird.
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Dienststelle – 10:00 Uhr
„Wenn hier nicht bald etwas passiert, melde ich mich bei der Eskimo-Polizei an.“ Semir’s Stimmung klang unterkühlt, und das passte exakt zu seinem Gemütszustand, und zu der Gemütslage der gesamten Dienststelle. Ausgerechnet in der ersten richtig kalten November-Woche streikte in der gesamten Autobahnpolizei die Heizung. Ben und Semir sassen in ihren Lederjacken im Büro, Andrea draussen im dicken Rollkragenpulli und die beiden Polizisten Dieter Bonrath und Horst „Hotte“ Herzberger hatten sich die grünen Strickpullover übers beige Hemd gezogen, inklusive schwarzer Lederjacke. Ben reagierte gewohnt locker auf Semirs Schimpferei: „Das käme von der Größe ja hin.“ „Witzig.“, gab sein türkischstämmiger Kollege zur Antwort. Er schaute auf den Parkplatz, und sah die ersten Schneeflocken im Wind tanzen. Kalt genug war es ja durchaus.
Anna Engelhardt, die Leiterin der Autobahnpolizei, kam ihm langen Mantel und dicken Schal um den Hals aus ihrem ebenfalls eiskalten Zimmer durch das Büro. „Herzberger! Sie rufen jetzt nochmal diesen Heizungsbauer an, und sagen ihm: Wenn er in spätestens einer Stunde nicht hier ist, komme ich persönlich bei ihm vorbei. Und das darf er als Drohung auffassen.“, gab sie missmutig Anweisungen an ihre Beamte. Hotte, Autobahnpolizist durch und durch, nickte und griff sofort zum Telefon. Die Chefin setzte ihren Gang fort bis ins Büro von Semir und Ben. „Was machen sie noch hier, es ist Zeit für ihre Runde. Los, los, im Auto haben wenigstens SIE warm.“ Semir verdrehte die Augen ob der schlechten Laune seiner Chefin, die sich auch nicht besserte als Ben sagte: „Ja, soweit habe ich noch gar nicht gedacht.“ Und sofort aufstand. „Schön, wenn ich meinen Beamten bei den einfachsten Gedankengängen auf die Sprünge helfen muss.“, sinnierte die Chefin leicht gereizt und verschwand wieder in ihrem Büro. „Mann, die Kälte schlägt der ganz schön aufs Gemüt.“, raunte Semir zu Ben, während sie das Büro verliessen. Vorher drückte Semir seiner Frau Andrea noch einen Kuss auf die Wange. Egal wie kalt es im Büro war, Andrea war einfach froh endlich wieder zu arbeiten. Ayda in der Grundschule und Lilly im Kindergarten, endlich konnte die Sekretärin zumindest halbtags wieder ihrem gewohnten Job nachgehen.
Autobahn – 10:30 Uhr
Die Chefin hatte recht. Wenigstens im Auto war es warm. Semir drehte die Heizung in seinem silbernen BMW auf Anschlag, als die beiden ihre tägliche Autobahnroute abfuhren. Es war ein ruhiger Tag, alle Menschen schienen obgleich des ungewohnten kalten Wetters in einer Art Schockstarre zu sein. Es war, um diese Uhrzeit, sehr wenig Verkehr. „Hast du eigentlich nochmal etwas von Kevin gehört?“, fragte Ben in Richtung seines Partners. Kevin war ein Polizist der Mordkommision und war hatte Semir bei einem Mordfall unterstützt, als Ben auf einer Fortbildung war. Dabei hatte er eine Affäre mit der gesuchten Mörderin, die einem Rachefeldzug gegen ihn selbst zum Opfer fiel. Danach hatte Kevin sich vorerst vom Dienst freistellen lassen. Semir wiegte den Kopf hin und her. „Wir haben einmal telefoniert, als er erzählte dass er eine Auszeit nimmt. Mehr leider nicht.“ Semir dachte zurück an die damalige Horrornacht in der alten Gießerei. „Denkst du, dass er nochmal in den Polizeidienst zurückkehrt?“, hakte Ben nach. Wieder nur konnte Semir den Kopf hin und her wiegen und die Schultern zucken. „Ich weiß nicht. Ich hoffe es. Ich kenne Kevin jetzt natürlich nicht in- und auswendig, aber bei ihm hätte ich leichte Bedenken, dass er auf die schiefe Bahn geraten würde…“ Damit untertrieb Semir nicht. Kevin war vor seiner Polizeizeit als Jugendlicher mehrfach straffällig geworden wegen Drogenbesitz. Ausserdem hatte er seine früheren Kontakte zu Dealern und einigen Leuten im Rotlicht-Milieu nie abreissen lassen. In dem Mordfall, den Semir und Kevin bearbeiteten hatte dies geholfen. „Wie meinst du das?“, fragte Ben in Richtung Semir, der gerade antworten wollte, als das Funkgerät Andreas vertraute Stimme wiedergab: „Zentrale für Cobra 11“. Ben nahm das Funkgerät und meldete sich pflichtbewusst. Endlich rührte sich mal etwas: „Cobra 11 hört.“ „Schusswechsel auf einem Rastplatz bei Kilometer 33.“, gab die Sekretärin durch, und Semir trat sofort aufs Gas. „Wir übernehmen, Ende.“, gab sein Kollege Ben zur Antwort und schaltete die Blaulichtanlage in der Frontscheibe des BMWs an. Zum Glück war um diese Zeit der Berufsverkehr um diese Zeit bereits vorbei, und die Autobahn recht frei. Die beiden Autobahnpolizisten trafen gerade auf dem Rastplatz ein, als sich ein dunkelblauer BMW vom Rastplatz wegbewegt und schräg zu den beiden Polizisten in entgegengesetzter Richtung in ein Waldstück abbog. Semir schaute in die Richtung des Wagens, denn er hatte sich angewöhnt sofort konzentriert zum Fahrer zu schauen. Was er diesmal allerdings sah, ließ ihn den Atem stocken. Das KONNTE, das DURFTE nicht wahr sein. . Vor lauter Schock sah er dem Wagen hinterher, nahm in Gedanken sogar den Fuß vom Gas, bis er die Stimme seines Kollegen hörte. „Semir, halt an!!“ Im Gegensatz zu dem hatte Ben nämlich seine Konzentration nach vorne gerichtet, wo ein Mensch am Boden lag, und sich nicht rührte. Jetzt ergriff auch Semir wieder seine Konzentration, und sein Kopf schnellte wieder nach vorne, nur Sekundebruchteile danach stand der silberne BMW. Ben stürzte sofort aus dem Auto zur am Boden liegenden Person, die auf dem Rücken in einer Blutlache lag. Semir blieb wie angewurzelt im Wagen sitzen, schaute mit offenem Mund und völlig entgeistert in die Waldeinfahrt, wo der dunkelfarbene Wagen längst verschwunden war.
Meine Geschichte ist übrigens fertig und kann verschoben werden.
Das ist echte Partnerschaft, wenn der Partner seinen Freund am Stöhnen sofort erkennt
Tolle Story, ich versuche so oft es geht zu lesen. Und da ich extrem mies bin im Feedback schreiben, will ich dir nur kurz mein Kompliment hier hinterlassen.
Was wie ein unglaublicher Aussetzer aussieht, stellt sich als bitterböse Satire heraus, in einem Werbefilm für ""Thank you Third World"".
http://www.youtube.com/watch?v=2OQfZ4XP2Uw
Der Koch dürfte bekannt sein
Danke für dein Lob, ich hab deine Feedbacks sehr gerne gelesen. Danle dafür!
Ja ich schreibe an einer neuen, aber die werde ich wohl zuerst fertig schreiben, bevor ich sie poste, damit ich regelmäßig posten kann, und keine größeren Lücken habe.
Gießerei – 03:20 Uhr
Über dem Gelände der Gießerei lag das Blaulicht wie eine Bedrohung. Zwei Krankenwagen, ein halbes Dutzend Streifenwagen, die Semir nach den ersten Schüssen beordert hatte, standen vor dem Eingang der großen Halle, in der gerade eben zwei Menschen ums Leben gekommen waren.
Semir hatte seine ganze Erfahrung und Geduld aufbringen müssen, um den völlig aufgelösten Kevin von Lisa wegzubekommen. Der türkische Polizist, der selbst schon drei Partner verlor, sagte nicht viel, aber die wenigen Worte die er leise zu Kevin brachte, waren beruhigend. Die Ärzte nahmen bei Lisa und Scharker nur noch Routinekontrollen wahr, es war bei beiden kein Puls mehr fühlbar. Männer in schwarzen Anzügen traten in die Halle, trugen silberne Metallsärge um die beiden Leichen fortzubringen. Semir hatte Kevin am Arm gefasst, als würde er ihn führen. In Kevins Gesicht war keinerlei Gefühlsregung lesbar. Die Augen schauten in die Ferne ohne einen Ausdruck, das Blut an der Lippe durch den Kampf mit Scharker war getrocknet, seine Augen leicht gerötet. Semir „schleppte“ ihn erstmal zum Krankenwagen, wo ein Notarzt seinen glatten Durchschuss an der Schulter fachmännisch verarztete. Selbst als er die Wunde schmerzvoll desinfizierte kostete dass Kevin nur ein leichtes Zucken mit dem Mundwinkel, entstanden durch Schmerznerven. „Es ist meine Schuld.“, sagte er, als er wieder mit Semir alleine war. „Das darfst du nicht sagen, Kevin.“, ermahnte ihn Semir, der immer noch fürsorglich und ruhig sprach. „Du hast alles getan, um sie zu schützen. Du hast dein Leben riskiert.“ Kevin schien Semir nicht aktiv zuzuhören, obwohl er jedes Wort aufnahm. Eine Ohnmacht breitete sich in seiner Gefühlswelt aus, die Ohnmacht die Zeit nicht zurückdrehen zu können. „Nicht das…“, meinte er dann mit seltsam mechanischer Stimme. „Ich hätte auf dich hören sollen. Du hattest von Anfang an recht.“ Kevin, der neben Semir am Auto lehnte, sah einfach geradeaus, fixierte einen nicht definierten Punkt mit seinen Augen. Semir dagegen sah Kevin von der Seite an, und man merkte an seinem Gesichtsausdruck, dass ihm darauf keine Antwort einfiel, die Kevin helfen würde. In seinem tiefsten Inneren wusste Semir, dass Kevin Recht hatte. Hätte er Lisa verhaftet, nachdem sie ihm alles gestanden hatte, wäre sie noch am Leben. Vielleicht hätte sie dann sogar sofort die Sache mit Scharker gestanden. „Ich…“, begann Semir langsam, ohne den Blick von Kevin zu weichen, „Ich hätte vielleicht in deiner Situation auch so reagiert.“ Es war nicht einfach dahergesagt, Semir wusste dass einen Polizisten das Gefühl oft verleiten kann, die Augen vor den Tatsachen zu verschließen. Nun drehte auch Kevin den Kopf langsam in Semirs Richtung, in dessen braunen Augen er das Blaulicht sich spiegeln sah. Ein bitteres Lächeln kam über seine Lippen, als er fast tonlos sagte: „Liebe macht blind.“ Dann setzte sich der junge Polizist langsam in Bewegung, und entfernte sich zu Fuß von der Gießerei. Semir selbst war nun hilflos, und konnte sich nicht dazu durchringen, seinen Kollegen zurückzuhalten. Er vertraute Kevin soweit, dass er ihn alleine ließ.
Kevins Wohnung - 06:00 Uhr
Obwohl er genau wusste, dass er nicht schlafen würde können, hatte sich Kevin die schmutzigen Sachen ausgezogen, und sich ins Bett gelegt. Vorher hatte er sich mindestens dreimal Lisas Brief, der noch auf dem Bett lag, durchgelesen. Als er dann den Kopf aufs Kissen legte, stachen ihm tausende und abertausende Gedanken durch den Kopf. Was hatte er nur falsch gemacht, wo hatte er den Fehler gemacht… warum hatte er die Gefahr für Lisa so sehr unterschätzt. Oder war Lisa wirklich so überzeugend, dass auch andere die Gefahr übersehen hätten.
Zweimal nickte Kevin kurz ein, doch zweimal fuhr er aus dem unruhigen Schlaf mit einem Schrecken hoch. Lisa stand vor ihm, während im Hintergrund Scharker auftauchte. Kevin war gefesselt und konnte nichts tun, außer Zusehen, bis er wach wurde. Der Blick des jungen Cops fiel immer wieder auf seinen Wecker, doch dessen Minuten schienen im Stundentakt zu vergehen. Er hatte die Schnauze voll, als er letztendlich doch wieder aufstand, sich unter die eiskalte Dusche stellte, als er zum ersten Mal richtige Schmerzen von seiner Schussverletzung empfand.
Dienststelle 9:00 Uhr
Als Kevin an diesem Morgen auf die Dienststelle kam, sah man ihm den Schlafentzug deutlich an. Die Haare wilder als sonst, leichte Schatten unter den Augen und etwas blasser als normal, trat er zu Semir ins Büro. Sein Kurzzeit-Partner war bei Chefin Engelhardt im Büro, und Kevin nahm seine „7 Sachen“ aus dem Rollcontainer, und verstaute sie in einer Kiste. Der Mordfall war abgeschlossen, und Kevin kehrte zu seiner alten Dienststelle zurück. „Herr Peters, kommen sie bitte noch kurz herein.“, hörte er dann aus dem Hintergrund die Stimme der Chefin.
"Ich will mich bei ihnen bedanken, Herr Peters. Für ihre Mithilfe und Unterstützung zu dem Mordfall. In diesem Zuge möchte ich ihnen aber auch mein Beileid aussprechen.", sagte Engelhart, die von einem Dienstaufsichtsverfahren gegen Kevin abgesehen hatte. Seinem Vorgesetzten musste sie natürlich Meldung machen, allerdings verschwieg sie einige Details, wie die Affäre zwischen Lisa und Kevin und das Zurückhalten von Informationen großzügig. "Danke, Chefin", sagte Kevin und schüttelte ihr die Hand. Danach gab er auch Semir die Hand. "Danke für alles." Kevin tat der Abschied ein bisschen leid, hatte er sich doch mit Semir zusammengerauft. "Wir sehn uns bestimmt nochmal wieder", meinte Semir lächelnd. "Und wenn du mal in der Mordkommision kein Bock mehr hast, kommst du einfach so uns. Hier ist immer genug zu Arbeiten.", fügte er noch hinten an, und brachte Kevin damit zum Lächeln.
Friedhof - Zwei Tage später - 14:00 Uhr
Bei der Beerdigung von ihr waren nur wenige Leute. Einige Prostituierte aus dem Rotlicht-Viertel, unter anderem die ältere Bar-Dame. Auch Kevin war da, und wollte mit einem großen Blumenstrauss Abschied nehmen. Diesmal weinte er nicht, doch sprach sein Gesicht, das im Ausdruck sowieso immer etwas melanchonisch wirkte, Bände.
Als sich das Grüppchen Leute wieder verzogen hatte blieb Kevin lange allein vor dem Grab stehen. Er liess die ganze Geschichte an seinem inneren Auge vorbeiziehen. Die erste Begegnung, bei ihm zuhause, als sie ihm sagte, dass sie die Mörderin sei. Die Nacht in der Hütte, das erste Treffen mit Scharker und das Ende in der Gießerei. Kevin wurde aus seiner Tagträumerei gerissen als Semir sich ihm näherte. Er hatte auf der Dienststelle eher zufällig von der Beerdigung erfahren, und wollte Kevin noch einmal sehen. Sie begrüßten sich eher mit Blicken und einem Lächeln, als mit Worten. Semir kannte Kevins Gedanken, er wusste wie es ist an einem Grab zu stehen, und einen Menschen zu verlieren, weswegen er Kevins Gemütslage durchaus nachvollziehen konnte. Wie durch Gedankenübertragung drehten sich die beiden Polizisten vom Grab weg und gingen schweigend nebeneinander über den Friedhof Richtung Ausgang. „Liebe macht vielleicht blind.“, sagte Semir in die unendliche Stille hinein, „aber glaub mir: Mit dem Herzen wirst du jetzt noch besser sehen.“ Dabei sah er zu Kevin hinauf, der den Kopf leicht gesenkt hielt und auf den Erdboden schaute, während sie voranschritten. Ein leises Nicken ging bei ihm einher. „Und Lisa wird deinem Herzen dabei helfen, besser zu sehen.“, fügte Semir noch an, und wollte Kevin damit trösten. Kevin blieb stehen, und drehte sich zu Semir, der ebenfalls den Schritt unterbrach. In dem Gesicht des jungen Cops bildete sich diesmal kein bitteres, sondern ein hoffnungsvolleres leichtes Lächeln. „Danke Semir.“, waren seine ehrlichen Worte, und er nahm seinen Polizeikollegen kurz in den Arm.
ENDE!
Ui, danke für das Kompliment...
Was sind denn Schmonzetten?
Achja... in der alten Geschichte fehlt jetzt noch ein Teil... den werde ich aber nicht posten, sondern das Ende komplett neu schreiben. Mal sehen, ob der veränderte "Stil" auffällt, und ob ich anders schreibe als vor 7 Jahren.