Beiträge von Elvira

    Semir nahm das Handy der Zeugin und ließ sich die Handynummer zeigen. Er schrieb sich die Nummer ab und rannte zu Susanne. „Susanne! Erstell bitte ein Bewegungsprofil dieser Handynummer!“ forderte er und ging zurück zu Daniela Springfeld. „Danke, Sie haben vermutlich dem Mädchen das Leben gerettet.“ Daniela sah ihn nicht an. „Wissen Sie wie es ist, wenn man sein Kind zu Grabe trägt? Es spricht irgendwie gegen die Natur, wenn die Kinder vor den Eltern sterben. Das ist nicht gerecht. Hat dieser Dr. Strohm etwas mit dem Tod meiner Karina zu tun?“ Sie sah ihn nun wieder an. Semir senkte den Kopf. Wenn es nach ihm ging, hätte er es der Frau gesagt, doch er durfte es nicht. Er atmete tief durch. „Frau Springfeld, können Sie sich denken, wo Ihr Mann sich versteckt hat?“ Daniela Springfeld schüttelte den Kopf. „Nein. Ich weiß es wirklich nicht. Aber wenn er wirklich das Mädchen in seiner Gewalt hat, dann muss er für die Tat büßen. Egal was er auch macht, es bring uns unsere Karina nicht zurück. Ich habe meinen Frieden geschlossen und den Tod meiner Tochter akzeptiert. Bitte seien Sie bei der Urteilsfindung mit meinem Exmann gnädig. Er ist nicht böse, er ist krank.“ Semir senkte erneut den Kopf. „Ich urteile nicht, das ist dem Richter überlassen. Ich muss nur dafür sorgen, dass Ihr Exmann, wenn er der Täter ist, seiner Strafe zugeführt wird. Wenn sich Ihr Exmann bei Ihnen meldet, rufen Sie mich bitte an. Egal wann.“ lächelte er und gab ihr eine Visitenkarte von ihm. Daniela Springfeld nahm sie und verließ die Wache. Semir ging direkt zu Susanne. „Und?“ „Läuft noch. Du wirst ein wenig Geduld haben. Paul ist auch schon auf dem Rückweg.“ Der Hauptkommissar nickte und ging in sein Büro. Mittlerweile war es 13 Uhr und er verspürte Hunger. Bis das Profil und die Handyortung abgeschlossen war, konnte er nichts weiter tun und so beschloss er, sobald Paul da war, mit diesem essen zu gehen. Nach einer Weile kam dieser wieder ins Büro. Semir sah ihn an. „Und?“ wollte er von seinem Partner wissen. „Nichts, also die Frau von diesem Luggert, geht es nicht sehr gut. Ihre Tochter versorgt sie und die Brüder sind in Amerika. Hast du denn mehr herausgefunden? Was ist denn mit diesem Springfeld?“ Semir setzte sich. „Ich habe mich mit seiner Exfrau unterhalten. Auf dem Video der Raststätte ist er eindeutig zu sehen wie er ins Restaurant geht. Ich habe von seiner Exfrau die Handynummer bekommen und lasse gerade ein Bewegungsprofil erstellen.“ Paul zog seine Jacke aus und setzte sich. „Ja, gut möglich. Okay, wie wollen wir jetzt weitermachen?“ Semir sah ihn an. „Wenn ich das wüsste. Aber erst einmal werden wir uns was zu essen gönnen.“ stöhnte er leise.


    Daniela Springfeld fuhr von der PAST direkt nach Hause und legte ihre Tasche auf die kleine Kommode in ihrem Flur. Sie ging ins Wohnzimmer und sah auf das Bild von Karina. Sie nahm es und strich sanft darüber. „Mein Schatz. Ich glaube Papa hat da eine ganz üble Sache gemacht. Die Polizei sucht ihn, weil er wohl ein Mädchen entführt hat. Er hat diesen verrückten Plan immer noch nicht aufgegeben und sucht nach deinem Mörder. Ich habe große Angst um ihn. Ich glaube, ich liebe ihn immer noch. Karina, was kann ich tun? Wo soll ich ihn suchen? Wenn er dem Mädchen etwas antut, dann könnte ich es mir nie verzeihen.“ sagte sie leise und wünschte sich eine Antwort auf ihre Fragen zu finden. Sie setzte sich auf die Couch und dachte nach. Thomas war ein sehr eigensinniger Mann, der seinen Willen durchsetzen wollte und wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann führte er es bis zum Ende durch. Sie überlegte, wo er das Mädchen verstecken konnte. Es musste ein sehr ruhiges Gebiet sein. Eines wo man nicht hörten, wenn jemand um Hilfe rief. Vielleicht der alte Bauernhof! Der, den Thomas für Karina und sie kaufen wollte. Der lag in der Nähe von Nörvenich, nördlich der Bayerwerke. Das Haus war zwar nicht gerade modern, aber es war in sehr guten Schuss gewesen. Zumindest damals. Aber war der Bauernhof noch zu kaufen? War er nicht längst schon wieder bewohnt? Sie wusste es nicht. Sollte sie dem Polizisten diese Information geben? Wie konnte Thomas eine Unschuldige in diese Sache mit reinziehen? Aber warum nicht? Karina war auch unschuldig. Sie hatte damals auch nichts getan, als zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen zu sein. Sie griff ihr Handy und wählte ihren Exmann an. Doch auch nach mehrmaligem Klingeln ging er nicht ran. Sie hörte den Text der Mailbox. „Thomas, hier ist Daniela. Bitte Thomas, wenn du das Mädchen wirklich bei dir hast, lass sie gehen. Sie hat nichts mit dem Tod von Karina zu tun. Sie hat sich doch ihren Vater nicht ausgesucht. Bitte lass sie gehen und dann lass uns über alles reden. Bitte melde dich...“ sagte sie und beendete das Gespräch. Doch in Gedanken war ihr klar, dass Thomas sich nicht bei ihr melden würde, warum sollte er auch. Sie hatte ihn immer wieder abgewiesen und wollte nicht mit ihm sprechen. Sie hatte ihn auch im Stich gelassen. Sie hätte doch zu ihm halten sollen. Sie hätte ihm helfen sollen, die Trauer zu bewältigen.

    Semir musterte die Frau. Sie war jetzt 47, doch sie sah viel älter aus. Dicke Tränensäcke unter den Augen sagten ihm, dass sie viel durchmachen musste. „War der Tod von Karina der Grund für die Scheidung?“ Sie senkte den Kopf. „Wissen Sie, nach dem Tod meiner Tochter hat mein Mann Trost im Alkohol gesucht. Er wurde unerträglich und ich habe die Scheidung eingereicht. Ich habe ihm seitdem nicht mehr gesehen und will es auch nicht. Er hat mich im Stich gelassen. Er hat nicht gesehen, dass auch ich unter dem Tod von meiner Tochter litt.“ Es klang sehr entschlossen und auch verbittert. Semir fühlte sich unwohl und leckte sich nervös über die Lippen. „Ihre Tochter hieß Karina, nicht wahr?“ Daniela sah ihn an und gab ein leises „Ja“ von sich. „Frau Springfeld, ich kann mir vorstellen, dass es Ihnen sicher nicht leicht fällt darüber zu reden, aber wissen Sie, wo Ihr Mann am Freitag dem 18 Mai gewesen ist?“ Sie dachte nur kurz nach und schüttelte den Kopf. „Ich sagte Ihnen doch, dass ich ihn seit der Trennung nicht mehr gesehen habe!“ Er zuckte zusammen, denn die Stimme von Daniela Springfeld hörte sich wütend an. „Und wo waren Sie am 18. Mai gegen 11 Uhr?“ Jetzt atmete sie tief durch. „Ich war auf dem Weg in die Eifel. Ein Bekannter von mir feierte seinen 30. Geburtstag.“ gab sie gepresst von sich. „Kennen Sie Nadine Strohm?“ Der Polizist bemerkte, dass sie nachdachte, doch dann schüttelte sie den Kopf. „Nadine Strohm nicht, aber der Nachname kommt mir sehr bekannt vor. Hat sie etwas mit dem Landesjustizminister zu tun?“ wollte sie nun wissen. „Kennen Sie Dr. Herbert Strohm?“ hakte er sofort nach. Daniela Springfeld sah ihn an. „Der Name sagt mir etwas aber ich kenne ihn nicht persönlich.“ gab sie zu. „Sie hatten noch nie Kontakt mit Herrn Strohm?“ „Nein, aber Thomas hat ihn öfter erwähnt.“ Semir horchte auf. „In welchem Zusammenhang?“ hakte er deshalb sofort nach. Ein verächtliches Lachen kam von der Frau. „Wenn er wieder völlig am Boden zerstört und vom Alkohol benebelt war, hat er immer davon gesprochen, dass der für sein ganzes Unglück verantwortlich ist. Auch als ich mich von ihm getrennt habe, meinte er dauernd, dass dieser „Dr. Stroh-im-Kopf“, wie er den Mann abfällig nannte, an allem schuld sei. Dass Strohm sein Leben zerstört hat. Dass er ohne ihn ein besseres Leben führen könnte und so weiter. Und dass ohne diesen Mann unsere Tochter noch leben würde.“ Daniela Springfeld sah ihn an und er spürte, dass sie traurig wurde. „Wissen Sie, warum er Dr. Strohm für den Tod Ihrer Tochter verantwortlich gemacht hat?“ Daniela schüttelte den Kopf. „Nein, das weiß ich nicht. Seit er mit dem Trinken angefangen hat, habe ich gar keinen Zugang zu ihm bekommen. Er hat, wenn er überhaupt noch mit mir gesprochen hat, nur noch undeutlich und völlig zusammenhangloses Zeug gequatscht. Nur eben, dass dieser Mann für alles verantwortlich ist und dass er ihm zu Rede stellen will. Das hat er immer wieder gesagt.“ Semir überlegte sich seine nächste Frage. „Und hat er das getan?“ Daniela Springfeld sah ihn wieder an. „Das weiß ich nicht! Ich sagte doch, dass ich keinen Kontakt mehr zu ihm habe!“ Es hörte sich ein wenig gereizt an. Semir hielt ihren Blick stand und machte eine kurze Pause. „Denken Sie auch, dass Herr Dr. Strohm für den Tod Ihrer Tochter verantwortlich ist?“ Für die Zeugin schien nun ein Punkt erreicht zu sein, der die ganze Spannung abfallen ließ, denn Daniela Springfeld fing plötzlich an zu weinen. Semir gönnte ihr eine Pause und ließ sie von einer Polizeibeamtin zur Toilette bringen.


    Daniela spritzte sich Wasser ins Gesicht und trocknete sich ab. Sie sah durch den Spiegel in ihre verweinten Augen. „Hör das denn nie auf?“ stöhnte sie leise und atmete tief durch. Was hatte ihr Exmann nun schon wieder gemacht? Sollte er die Drohung, sich an diesen Strohm zu rächen, wirklich durchgeführt haben? Daniela atmete tief durch und verließ den Toilettenraum wieder. Die junge Polizeibeamtin sah sie an. „Geht es wieder?“ fragte sie besorgt und sie nickte. Sie wurde zurück in den Raum gebracht, wo der Polizist noch auf sie wartete. Auch er sah sie besorgt an. „Frau Springfeld, geht es wieder?“ fragte auch er. „Ja, entschuldigen Sie bitte, aber es ist immer noch sehr aufreibend und die Erinnerungen sind nicht einfach.“ erklärte sie. „Das verstehe ich. Denken Sie, Sie können mir noch ein paar Fragen beantworten?“ Sie nickte nur und er schaltete das Aufnahmegerät wieder ein. „Frau Springfeld, ich kann mir vorstellen, wie schwer es ist, über den Tod Ihrer Tochter zu sprechen. Ich selbst habe drei Töchter und kann mir nichts Schlimmeres vorstellen, als dass ihnen etwas zustoßen könnte. Doch auch Herr Dr. Strohm hat eine Tochter, deren Aufenthaltsort ihm und uns unbekannt ist und wir wollen alles menschenmögliche dafür tun, dass sie wiedergefunden wird. Und deshalb müssen Sie uns helfen und uns alles mitteilen, was uns dabei helfen kann, sie zu finden. Deshalb bitte noch einmal; Wer, denken Sie ist für den Unfalltod Ihrer Tochter verantwortlich?“ Daniela atmete tief durch. „Ich weiß es nicht. Die Ermittlungen der Polizei haben damals ja nichts ergeben. Sie ging davon aus, dass der Verantwortliche bei der Explosion selbst umgekommen ist. Die Ermittlungen wurden eingestellt.“ Der Polizist stöhnte leise auf. „Frau Springfeld, bitte überlegen Sie jetzt genau. Können Sie uns irgendwas mitteilen, was uns zu dem derzeitigen Aufenthaltsort Ihres Mannes führen könnte?“ Daniela sah den Mann an. Seine Fragen fingen an zu nerven und sie spürte, wie nahe ihr die Sache noch ging. „Ich weiß nicht, ob es Ihnen weiterhilft, aber er hat versucht mich Gestern anzurufen.“ sagte sie leise. „Wie? Er hat Sie angerufen? Sie haben doch eben gesagt, dass Sie ihn seit der Scheidung nicht mehr gesprochen haben!“ fauchte der Polizist los und sie zuckte zusammen. Sie sah ihn erschrocken an und wieder stiegen die Tränen auf. Der Mann atmete tief durch. „Entschuldigung, das war nicht so gemeint. Bitte helfen Sie uns, Frau Springfeld.“ Daniela nickte wieder. „Ich habe ihn seitdem nicht mehr gesehen oder mit ihm gesprochen. Das Gespräch habe ich weggedrückt. Ich wollte nicht mit ihm reden. Er hat mehrfach versucht mich zu erreichen, auch wenn es mich nervte, habe ich die Nummer nie gesperrt. Und auch gestern war es so. Ich habe nicht weiter darüber nachgedacht und wenn ich gewusst hätte, dass er etwas vorgehabt hatte, dann hätte ich ihn nicht davon abhalten können.“ Der Polizist sah sie ernst an. „Haben Sie seine Handynummer?“ Daniela holte ihr Handy hervor und reichte es ihm.

    Paul kam am Haus von Familie Luggert an und stieg aus. Er klingelte und eine ca. 30jährige Frau öffnete die Tür. „Ja bitte?“ fragte sie skeptisch. „Paul Renner, Kripo Autobahn. Es geht um Ihren Vater… Helmut Luggert.“ Die Frau sah ihn erstaunt an. „Mein Vater ist seit 16 Jahren tot.“ Paul nickte. „Das ist mir bekannt. Es ist aber sehr gut möglich, dass der Tod mit einem aktuellen Entführungsfall zusammenhängt und ich hätte ein paar Fragen an Sie und auch an Ihre Mutter.“Die Frau sah ihn misstrauisch an. „Haben Sie einen Ausweis?“ Paul nickte und zeigte seinen Ausweis. „Welche Dienststelle?“ kam die nächste Fragen. Er ahnte schon weshalb die Frau danach fragte und gab die Rufnummer bekannt. Die Tür schloss sich und nur fünf Minuten später öffnete sie sich wieder. „Entschuldigen Sie mein Misstrauen, aber meine Mutter wurde vor vier Tagen von einem falschen Polizisten überfallen. Hier im Haus und deshalb …“ Paul sah die Frau an. „Schon gut. Man kann auch nicht vorsichtig genug sein. Darf ich reinkommen?“ Die Frau nickte. „Ja natürlich. Wir gehen am besten ins Wohnzimmer. Gehen Sie doch einfach geradeaus.“ bat die sie ihn und gab die Tür frei. Paul betrat das Wohnzimmer und sah auf der Terrasse eine Frau im Rollstuhl sitzen. Er drehte sich zu der Frau um, die ihn eingelassen hat. „Wie geht es Ihrer Mutter, Frau Luggert?“ „Mein Name ist Meyer. Ivonne Meyer, ich bin verheiratet und wohne mit meinem Mann und meiner Tochter hier bei meiner Mutter, die aufgrund von Multiple Sklerose nicht in der Lage ist, selbst für sich zu sorgen. Wir wollen sie aber in kein Pflegeheim geben und versorgen sie in ihren eigenen vier Wänden.“ erklärte Ivonne. „Das tut mir wirklich sehr leid. Frau Meyer, wie schon gesagt geht es um den Vorfall wo Ihr Vater den Tod fand. Was wissen Sie darüber?“ Ivonne sah ihn an. „Nicht sehr viel. Ich war damals ja noch Kind. Mein Vater war Politiker und sollte eigentlich Landesjustizminister werden, so hat meine Mutter mir das erzählt. Damals war sie noch gesund. Sie sagte mir, dass er auf dem Weg zu seinem Büro noch tanken wollte und durch eine Explosion an der Tankstelle getötet wurde. Warum fragen Sie das? Was für ein Entführungsfall meinen Sie?“ Paul lächelte leicht. „Sagt Ihnen der Name Strohm etwas? Dr. Herbert Strohm?“ Ivonne nickte. „Ja, der Name ist mir geläufig. Das war ein Konkurrent meines Vaters. Herr Strohm hat den Job bekommen, den mein Vater einnehmen sollte. Hat er was mit dieser Explosion zu tun?“ Paul atmete tief durch. „Hegen Sie oder einer Ihrer Geschwister einen Groll gegen Herrn Strohm?“ Jetzt lachte Ivonne auf. „Wie kommen Sie denn darauf?“ Paul sah sie ernst an. „Beantworten Sie bitte meine Frage.“ Ivonne Meyer atmete tief durch. „Nein! Ich hege keinen Groll gegen Herrn Strohm, denn ich kenne diesen Herrn nicht persönlich. Und meine Brüder sind in Amerika.“ Es klang ehrlich und Paul nickte leicht. „Okay, danke Ihnen für Ihre Mithilfe. Wie geht es Ihrer Mutter sonst? Hat sie den Tod ihres Mannes verkraftet?“ Yvonne sah aus dem Fenster auf ihre Mutter. „Es gibt gute und schlechte Tage. Ihre Krankheit ist, wie Sie sicher wissen, nicht heilbar und führt unweigerlich zum Tod. Aber bis dahin, wird sie ein schönes Leben haben.“ Paul stand auf und verabschiedete sich.


    Daniela Springfeld betrat mit einem mulmigen Gefühl die Polizeiwache und sah sich suchend um. Eine blonde Frau am Schreibtisch sah sie freundlich an und so ging sie zu ihr. „Mein Name ist Daniela Springfeld, ich soll hier zu einer Zeugenaussage kommen.“ erklärte sie. „Ja, einen Augenblick bitte. Nehmen Sie doch vorn Platz.“ bat die Sekretärin und Daniela nickte leicht. Sie sah sich um und bemerkte eine Bank, die am Eingang stand und setzte sich hin. Nervös sah sie sich um. Was wollte die Polizei denn von ihr? Sie war sich weder einer Schuld bewusst, noch hatte sie irgendwas gesehen, was sie bezeugen konnte oder musste. Sie war so in Gedanken, dass sie gar nicht bemerkte, wie ein Mann auf sie zutrat. „Frau Springfeld?“ hörte sie und zuckte zusammen. „Ja?“ fragte sie und sah ihn an. „Guten Tag, mein Name ist Semir Gerkhan. Würden Sie bitte mit mir kommen?“ lächelte der Mann freundlich und sie nickte. Sie folgte ihm in einen kleinen Raum. „Bitte nehmen Sie doch Platz!“ bat er sie. Daniela setzte sich und sah den Mann ängstlich an. „Ich weiß gar nicht was ich hier soll?“ erklärte sie leise. Der Polizist setzte sich ihr gegenüber. „Frau Springfeld, bevor ich Sie vernehmen, muss ich Sie belehren, dass Sie die Aussage verweigern können, wenn Sie damit einen Familienangehörigen oder sich selbst belasten. Ich mache Sie aber auch darauf aufmerksam, dass es Ihre Pflicht ist, der Polizei zu helfen, Straftaten aufzudecken. Sollten Sie wissentlich Informationen zurückhalten, welche einem Straftatverdächtigen hilft sich der Strafverfolgung zu entziehen, machen Sie sich der Begünstigung nach §257 StGB schuldig, die verfolgt wird. Haben Sie alles verstanden?“Daniela nickte. „Geben Sie mir bitte Ihre persönlichen Daten an!“ forderte der Polizist. Daniela atmete tief durch. „Mein Name ist Daniela Springfeld, geb. Dieper und ich wohne in der Hoppelrather Straße 11 in 50737 Köln.“ fing sie an. „Haben Sie einen Ausweis?“ wollte der Polizist nun wissen und sie holte ihren Ausweis hervor. Semir Gerkhan schrieb sich die Ausweisnummer auf und gab ihn lächelnd zurück. Daniela steckte ihn wieder ein. Sie erzählte ihm, dass sie in Köln geboren war und zuletzt als Filialleiterin einer großen Drogeriekette gearbeitet hatte, die insolvent wurde. Außerdem berichtete sie, dass sie eine Umschulung zur Kosmetikerin durchführen sollte, dies aber nicht getan und sich arbeitssuchend gemeldet hatte. Der Polizist ließ ein Aufnahmegerät mitlaufen, während sie sprach. „Wollen Sie mir nicht endlich sagen, worum es geht?“ fragte sie. „Dazu wollte ich gerade kommen. Kennen Sie Thomas Springfeld?“ Daniela nickte. „Das ist mein Exmann.“ „Wann haben Sie denn zuletzt mit ihm gesprochen?“ Daniela musste nachdenken. „Das ist schon ewig her. Ich war von 1979 bis 2003 mit ihm verheiratet. Die Ehe wurde, auf meinen Wunsch hin, geschieden.“

    Auch diese Folge war fast mein Geschmack. Allerdings dachte ich erst, es wird wieder so albern wie der Pilot als ich Semir mit seiner Bemalung sah. Es war doch mehr als ungläubig, dass er das zum Dienstbeginn nicht gesehen hatte. Man merkt doch, wenn man etwas im Gesicht hat. Stattdessen spielt er den Clown für den Jungen im Auto, der das ebenfalls nicht lustig fand. Zum Glück war die Folge dann aber doch ernster, als gedacht.

    Der Umgang mit Kindern liegt dem Semir. Es war doch schon eine recht traurige Geschichte, die diesmal gespielt wurde. Kinderhandel. Leider auch in der Realität hin und wieder auftretend. Paul wurde ja direkt eifersüchtig, als Jenny Blumen bekommt. Und Jenny treibt es auf die Spitze. Die Idee von Semir, mit Kim Krüger gemeinsam Kinder zu adoptieren gut. Aber natürlich sind Jenny und Paul da viel besser zu geeignet. Und so zwingen, ein Ehepaar zu spielen, hatten die Beiden ja nicht. Aber die Antworten bei dem Frage-Antwort-Spiel und das Triezen der Beiden hat mir schon ein wenig gefallen.

    Ich dachte auch erst, dass diese ganze Aktion schief gelaufen ist, als der Vermittler Paul das Geld zurückgab. Aber das war ja dann doch nicht so. Die Reaktion von Semir, als er den Vermittler da vernahm, fand ich etwas übertrieben. So reagiert ein Polizist einfach nicht. Und dann das in der Wohnung. Warum haut der Typ ab, nur, weil ein paar Kabel am Boden liegen? Das könnte doch auch mal vorkommen in so einer Wohnung. Das dann doch die Dame vom Jugendamt hinter der ganzen Sache steckte, war für mich schon überraschend.

    Ein paar Lacher konnte ich mir allerdings nicht verkneifen. Besonders als Paul die Menstruationstasse von Jenny in den Händen hielt.

    Alles in Allem unterhielt mich die Folge gut, dennoch wäre ein wenig mehr Autobahn und vor allem Fälle an der Autobahn nicht verkehrt. Und auch diesmal wieder, keine nervende Dana, kein Finn.

    Aber was soll das, dass Jenny zum FBI wechselt?

    Paul hielt seinen Partner zurück. „Semir! Das bringt doch nichts! Wir sollten uns eher mit Springfeld beschäftigen. Dr. Strohm wird uns sicher nicht entkommen. Hans Stoffers ist doch da.“ Semir sah ihn an. „Ja, und falls du es nicht mitbekommen hast, das ist ein Freund von Dr. Strohm. Denkst du, dass er Job und Privat trennen kann? Wenn er mit Strohm verschwindet, dann…“ Paul hob die Hände. „Semir, ich denke nicht, dass Stoffers sich dem nicht bewusst ist. Aber wir müssen das Mädchen finden. Wir sollten seine Frau zu uns bringen lassen und sie vernehmen. Komm, trink einen Kaffee und beruhige dich. Ich bin genauso sauer auf diesen Kerl, aber das Mädchen ist wichtiger.“ redete er auf seinen Partner ein. Semir atmete tief durch. „Okay … Okay… Vielleicht hat Susanne auch noch etwas über die anderen Angehörigen der Opfer.“ Er stieg wieder aus und ging mit Paul ins Büro. Susanne sah sie an. „Der Wagen von Beyer wurde gefunden aber von ihm fehlt jede Spur. Das Fahrzeug ist ausgebrannt im Sandwerk von Horrem gefunden worden.“ Paul stöhnte leise auf. „Okay, das war ja klar, dass der Kerl untertaucht. Was ist mit den Anderen?“ Susanne zog die Schultern hoch. „Also ich habe die Bilder, die wir von dem Besitzer bekommen habe, durch die Erkennung laufen lassen. Keine Übereinstimmung. Aber die Bilder sind auch ziemlich schlecht. Ich habe aber Informationen über die anderen Opfer und deren Angehörige.“ Semir nickte. „Also, Helmut Luggert hinterließ eine Frau und drei Kinder im Alter von 25 – 30 Jahre. Seine Frau sitzt wegen Multiple Sklerose im Rollstuhl und wird von den Kindern versorgt. Rosemarie Helmes hatte keine Angehörigen mehr und bei Markus Schmidt verhält es ebenfalls so. Dieser hat seine Eltern im Alter von acht Jahren bei einem Unfall verloren. Er galt als schwer erziehbar und wurde im Heim groß. Michael Beckmanns Eltern habe ich, genau wie die Mutter von Karina Springfeld, für morgen Vormittag vorgeladen. Herr Springfeld ist leider nicht erreichbar. Ich habe mir aber die Daten schon mal eingeholt. Hier! Und jetzt solltet ihr auch mal eine Pause einlegen.“ Semir nickte und nahm den Zettel. „Gute Arbeit.“ lobte er die Sekretärin. Nachdenklich setzte Semir sich auf seinen Stuhl und starrte in den Raum. „Hey, alles gut?“ wollte Paul wissen und sein Partner schüttelte den Kopf. „Ich kann es einfach nicht begreifen. Warum schickt er diesen Schmidt das Geld auf das Konto, wenn er doch tot ist. Ich meine, Strohm kann das Geld doch erst überwiesen haben, als die Tankstelle in die Luft geflogen ist. Er wusste doch, das Schmidt schon tot war. Warum schickt er dennoch Geld auf das Konto und woher wusste er, welches Konto der Mann hat?“ Paul zog die Schultern hoch. „Nun, vielleicht gibt es da eine Verbindung. Ich meine, es könnte doch sein, dass die Beiden sich kennen. Jetzt lass uns mal für ein paar Stunden die Augen zumachen und uns ausruhen.“ Schlug er vor. Semir war damit einverstanden. Sie fuhren jedoch nicht nach Hause, sondern legten sich im Bereitschaftsraum auf die Couch.


    19.05.2017

    Nachdem Susanne die Beiden um sieben geweckt und mit Frühstück versorgt hatte, saßen die Hauptkommissare in ihrem Büro und ließen den gestrigen Tag noch einmal Revue passieren. Doch sie wurden von Susanne unterbrochen. „Die Eltern von Michael Beckmann sind da.“ Semir stand auf. „Danke Susanne. Ich komme.“ Er verschwand nur wenig später in einem der Verhörräume und saß einer älteren Frau gegenüber, die ihn fragend ansah. Ehe er etwas sagen konnte, ergriff sie das Wort. „Ich dachte, ich könnte endlich damit abschließen. Es ist doch schon grausam genug. Warum wird der Fall jetzt wieder aufgerollt?“ Semir erwiderte ihren Blick. „Frau Beckmann, ich kann Ihnen keine Einzelheiten nennen, aber es scheint, dass dieser Vorfall von 2001 in einem aktuellen Entführungsfall von Bedeutung ist. Es geht hier um das Leben eines unschuldigen Menschen.“ Monika nickte. „Mein Sohn war damals gerade auf dem Weg zur Entbindung seines ersten Kindes. Er hat sich so gefreut und eigentlich wolle ich mit ihm fahren, aber mein Mann war noch nicht da. Er ist los und wollte nur noch eben tanken. Wer hätte denn ahnen können, das er Opfer eines feigen Anschlags wurde? Diese verdammten Terroristen wissen doch gar nicht, was sie anrichten mit ihren feigen Taten!“ Semir sah zu Boden. „Das tut mir sehr leid. Es ist immer schlimm, wenn man Angehörige verliert. Frau Beckmann, wissen Sie wer hinter dieser Tat steckte? Haben Sie irgendwelche Informationen darüber bekommen?“ Die Frau schüttelte den Kopf. „Damals wurde der Fall nicht aufgeklärt. Leider muss ich sagen. Das einzige was die Polizei vermutete war, dass der Mann, der diese Explosion herbeigeführt hat, selbst umgekommen ist. Für die Polizei war der Fall zu den Akten gelegt worden und der Täter für uns tot. Unser Sohn war ein Zufallsopfer, der einfach zur falschen Zeit am falschen Ort war. Es ist in der Tat sehr schwer gewesen, aber er lebt in unserem Enkel weiter.“ Semir nickte. „Ihre Schwiegertochter ist über den Tod weg?“Monika Beckmann lachte verbittert auf. „Es ist 16 Jahre her. Warum sollte sie jetzt Probleme damit bekommen.“ Sie zog ein Bild aus dem Portemonnaie und zeigte es Semir. „Das ist Nikolaus unser Enkel. Er sieht aus wie Michael in jungen Jahren. Er kam drei Stunden nach diesem „Unfall“ zur Welt. Unser ganzer Stolz und er will Polizist werden. Mit anderen Worten, der Tod von Michael ist tragisch, aber wir haben ihn verarbeitet.“ Semir bedankte sich bei der Frau und holte sich nun Christian Beckmann herein. Auch ihm stellte er die Frage, ob er den Tod seines Sohnes verkraftet und verarbeitet hatte. Im Anschluss war die Witwe und deren Sohn dran. Semir kam genau wie Paul zu dem Entschluss, dass die Familie nicht hinter der Entführung stecken konnten. Wieder in ihrem Büro sah Paul seinen Partner an. „Was machen wir jetzt?“ Semir sah auf die Uhr. „Ich erwarte noch Frau Springfeld zur Vernehmung. Du könntest ja zu den Angehörigen von Helmut Luggert fahren und befragen.“ schlug Semir vor. Paul war einverstanden und ließ sich von Susanne die Adresse geben.

    Thomas Springfeld schaltete um acht den Fernseher ein und wartete auf die Berichterstattung. „… und nun meine Damen und Herren schalten wir aus aktuellem Anlass zum Kölner Hauptbahnhof, wo Landesjustizminister Dr. Herbert Strohm eine Ansprache hielt. Unser Reporter Michael Worms ist vor Ort. Michael, hörst du mich?“ Die Sprecherin wandte sich nach rechts und dort erschien das Bild des Reporters. „Ja, ich höre dich, Jennifer. Wir wurden von einem anonymen Anrufer informiert, heute hier um 20 Uhr am Bahnhof in Köln zu stehen, genauer gesagt am Gleis eins, um eine Ansprache zu hören, die helfen kann, ein Verbrechen welches vor 16 Jahren passierte, lösen zu können. Vor wenigen Augenblicken trat der Landesjustizminister Dr. Herbert Strohm auf das Gleis und zog so die Aufmerksamkeit auf sich. Was er von sich gab, lässt einen sehr erschrecken, denn Dr. Herbert Strohm gab zu, an dieser Straftat beteiligt zu sein. Hier seine Ansprache!“ Das Bild änderte sich und er sah den Mörder seiner Tochter. Mit großem Genuss nahm er die Worte, die der Politiker von sich gab, auf. Doch es war nicht das, was er hören wollte. Nun erschien wieder der Reporter. „… leider war Dr. Herbert Strohm nicht gewillt uns im Anschluss eine Erklärung abzugeben, was es mit dieser Ansprache auf sich hat. Es scheint ganz so, als sei seine Tochter in den Händen von Erpressern, doch das konnte bisher nicht bestätigt werden, da die Polizei keine Auskunft gibt.“ endete der Reporter. „Danke für die Informationen. Meine Damen und Herren, wie Sie gehört haben, sprach der Landesjustizminister über eine Straftat, die bereits 16 Jahre zurückliegt. Wir haben nun noch Dominique Frensch, die vor dem Haus des Ministers auf eine Erklärung wartet, die in einer knappen Stunde erfolgen soll. Wir halten Sie auf dem Laufenden. Nun kommen wir zum Sport mit Thomas Hengstbach.“ erklärte die Nachrichtensprecherin. Thomas schaltete den Fernseher wieder aus und setzte sich auf die Couch. Enttäuscht genehmigte er sich einen Schluck aus der Flasche und griff sein Handy. Nur wenig später wählte er die Nummer, die er von Nadine erhalten hatte. Als Strohm sich meldete, lachte er leise. „Du hast das Spiel nicht verstanden. Du hast gelogen! Du bist zu feige, deinen Fehler zuzugeben! Du hast deine Tochter gerade zum Tode verurteilt.“ Er beendete das Gespräch und schaltete das Handy aus.


    Semir und Paul fuhren wieder ins Büro und wurden dort von Hartmut empfangen. „Hi Jungs! Ich habe mir die Videoaufnahmen von damals vorgenommen und herausgefunden, dass diese manipuliert wurden.“ Semir sah ihn erstaunt an. „Wie?“ fragte er. Hartmut holte sein Tablet hervor und rief Bilder auf. „Ich habe hier einige Szenen mal im Stand festgehalten. Man sieht eindeutig wie eine der Zapfsäulen von einem Mann manipuliert wurde und es deshalb zur Detonation kam. Das aber nur, wenn du die Aufnahmen sehr langsam laufen lässt. Hier! Auf diesem Bild ist zwar der junge Mann an der Zapfsäule und macht da irgendwas, aber es war noch ein weiterer Mann an der Säule, der die Manipulation ebenfalls durchgeführt haben könnte. So und nun das Video!“ Hartmut ließ die Aufnahme ablaufen, die die Kamera von damals aufgenommen hatte. „Die Qualität ist natürlich nicht mit der von heute zu vergleichen, aber ich denke du wirst es dennoch sehen.“ Semir nickte und starrte wie gebannt auf das Gerät. Und dann stutzte er. „Da fehlt doch was!“ stieß er aus und Hartmut schlug ihm anerkennend auf die Schulter. „Genau! Auf diesen Aufnahmen fehlen genau 11 Sekunden.“ erklärte er. „Und auf diesen Bildern ist der wahre Täter zu sehen?“ fragte Semir nach. „Ganz genau. Ich weiß auch, wer es ist!“ Nun sah Semir ihn erwartungsvoll an, doch Hartmut schwieg. „Ja wer?“ forderte der Hauptkommissar den Techniker auf und dieser zog ein Bild hervor. „Dieser Mann hier!“ erklärte er und tippte auf das Bild. Semir sah hin und erkannte Dr. Herbert Strohm. „Dann hat er den Anschlag selbst durchgeführt?“ stieß er aus. „So ist es! Dieser Mann hat die Manipulation durchgeführt. Der junge Mann hier, war wohl an der Tankstelle, das habe ich auf andere Bilder gesehen, aber er scheint nichts mit diesem Anschlag zu tun zu haben. Er war genau wie die anderen ein Zufallsopfer. Wie du ja auf den Aufnahmen gesehen hast, zeigt eines der Aufnahmen ihn in der Nähe der Zapfsäule, aber… die Zeitangabe macht genau hier einen Sprung von 11 Sekunden.“ Semir setzte sich hin und dachte nach. „Dann hat Strohm gelogen. Er selbst hat diese Explosion herbeigeführt.“ murmelte er. Susanne kam rein. „Ich habe hier den Mitschnitt der Erklärung von Dr. Strohm. Wollt ihr euch das ansehen?“ Paul nickte und ließ sich die Aufnahmen zeigen. Auch Semir sah hin und hörte, dass Strohm nur eine Teilschuld eingestehen wollte. „Der Mann lässt seine Tochter für seinen Fehler über die Klinge springen!“ stieß er wütend aus und griff seine Jacke. „Wo willst du hin?“ rief Paul ihm nach und folgte ihm direkt. Bevor Semir in seinen Wagen steigen konnte, hielt er ihn fest. „Hey, komm mal runter! Wo willst du hin?“ „Ich fahre jetzt zu Dr. Saubermann und werde ihn mit dem Hinweis konfrontieren!“ knurrte Semir wütend.

    Semir und Paul kamen an der Wohnadresse von Thomas Springfeld an und klingelten wenig später an dessen Tür. Doch auch nach mehrmaligem Klingeln öffnete niemand. Semir sah Paul an. „Hörst du auch die Schreie?“ Paul stutze. „Welche Schreie?“ fragte er. „Na die Hilfeschreie aus der Wohnung.“ grinste Semir und jetzt verstand Paul. „Ach so, ja! Jetzt wo du es sagst, eindeutig Hilfeschreie.“ Der türkische Hauptkommissar hockte sich hin und zog den Dietrich aus der Hemdtasche. Er brauchte nicht lange, bis es klickte und die Tür sich öffnen ließ. Sie betraten die Wohnung und sahen sich um. Sofort fielen ihnen die Unordnung auf. Es lagen Whiskyflaschen und Pizzakartons auf dem Boden. Zigarettenstummel lagen auf der Couch und auf dem Tisch. Die Aschenbecher quollen über und Tassen, die halb leer waren, standen in der Küche herum. „Tja, hier ist er nicht. Aber Alkohol scheint wirklich sein treuer Begleiter sein. Das was hier an leeren Flaschen herumliegt, ist mein Drei-Jahres-Bedarf.“ gab Semir zu verstehen. Paul ging in ein weiteres Zimmer und rief nur wenig später nach ihm. Als Semir bei ihm war, musste er schlucken. Das ganze Zimmer war mit Bildern von Dr. Herbert Strohm tapeziert. Zeitungsausschnitte, Tatortfotos und auch Bilder einer jungen Frau. „Ob das Nadine ist?“ wollte Paul wissen. Semir nahm eines der Bilder und drehte es um. „Nein, das ist Karina Springfeld.“ sagte er leise. Paul sah ihn an. „Okay, dann scheinen wir unseren Täter zu haben. Die Frage ist nur, wo ist er jetzt?“ Sein Partner zog die Schultern hoch. „Sehen wir uns mal in den Unterlagen um. Vielleicht finden wir da etwas, das uns hilft.“ schlug er vor. Sie gingen ins Wohnzimmer zurück und durchsuchten die Schränke und Schubladen, doch sie fanden nichts, was ihnen half, die Geisel zu finden. „Okay, lassen wir die Spurensicherung kommen und alles einsammeln.“ befahl Semir und fuhr mit Paul zurück zur PAST. „Okay, Springfeld hat scheinbar jeden Zeitungsartikel von Strohm gesammelt. Wenn ich das richtig gesehen habe, seit diesem Vorfall an der Tankstelle.“ erinnerte Semir sich und sah auf die Uhr. Es war 19:30 Uhr und die Zeit spielte eindeutig gegen sie.


    Dr. Herbert Strohm stellte sich wie von dem Erpresser gefordert um 20 Uhr mit einem Strauß Rosen auf Gleis 1 und sah in die Kamera von mehreren Sendern. „Aufnahme!“ rief einer von den Kameramännern und Dr. Herbert Strohm atmete tief ein. „Ich bin Landesjustizminister Dr. Herbert Strohm und möchte Folgendes sagen. Vor 16 Jahren war ich sehr ehrgeizig und mir war eigentlich jedes Mittel Recht, einen Mitbewerber aus den Verkehr zu ziehen. So funktioniert die Politik. Durch meine passive Unterstützung wurden fünf Menschen in den Tod gerissen. Mein Mitbewerber und der Attentäter gehörten zu diesem Kreis. Leider auch drei Personen, die mit der Sache nie etwas zu tun gehabt haben. Ich bedauere was passiert ist, doch ich kann es nicht ändern. Den Angehörigen der Opfer bitte ich um Entschuldigung. Ich kann Ihren Schmerz verstehen und werde jede Strafe akzeptieren, die mir in einem ordentlichen Gerichtsverfahren auferlegt werden. Und nun wende ich mich an den Erpresser, der meine Tochter in seiner Gewalt hat. Sie haben, was Sie wollten. Ich habe meine Schuld eingestanden und ich werde auch die Strafe dafür tragen. Aber ich bitte Sie, lassen Sie meine Tochter frei. Sie hat nichts mit der Sache zu tun, denn zum Zeitpunkt des Attentats war sie gerade 6 Jahre alt. Wenn Sie wirklich nur Gerechtigkeit haben wollen, dann haben Sie sie jetzt. Ich bitte Sie jetzt als Vater. Bitte lassen Sie meine Tochter gehen. Bitte…“ Er machte ein Zeichen, dass er fertig war und die Kameramänner beendeten die Aufnahme. Nun kam Stoffers zu ihm. „Herbert, lass uns verschwinden! Wir werden keine Fragen beantworten!“ Dr. Herbert Strohm nickte und folgte dem Polizisten. „Du weißt, dass ich dich jetzt festnehmen muss, oder?“ Wieder nickte Strohm. „Ich muss dich belehren, dass alles was du jetzt tust oder sagst, gegen dich verwendet werden kann.“ Wieder kam ein Nicken. Sie gingen den Bahnsteig entlang und Strohm warf den Strauß Rosen in den Müllkorb. Er wusste, dass seine Karriere vorbei war. Die Reporter werden sich auf ihn stürzen und ihn zerreißen. Völlig in Gedanken stieg er in den Dienstwagen seines Freundes ein und schnallte sich an. „Was denkst du, wird mein Urteil sein?“ fragte er leise und Hans Stoffers sah ihn an. „Das kann ich nicht sagen, Herbert. Das obliegt dem Richter.“ wich er aus. Strohm lachte leise und verzweifelt auf. „Mein Leben ist vorbei. Die Presse zerreißt mich. Mein Job wird jetzt erledigt sein und meine Frau? Wenn sie das erfährt wird sie sich scheiden lassen. Was Nadine von mir halten wird, ist auch ungewiss. Gott, warum habe ich das damals nur gemacht?“ stöhnte er.

    Paul warf sich auf den Beifahrersitz. „Scheiß Politiker! Die halten sich für was Besseres und es gibt vermutlich keinen, der nicht Dreck am Stecken hat.“ fauchte er wütend. Semir sah ihn an und grinste leicht. „Nun, ich hatte mal einen Fall und da sagte mir die Person, die wir geschützt haben, dass alle Politiker die größten Verbrecher sind. Oder so ähnlich. Aber ich gebe dir Recht, als der Kerl mir da drinnen von diesem Vorfall erzählt hat, hatte ich stark mit der Wut zu kämpfen, aber wir sind Polizisten und uns obliegt es nicht über die Schuld zu richten. Dafür haben wir die Gerichte und die Richter. Wichtig ist es, dass Leben dieser Nadine zu retten. Ich hoffe Susanne hat schon was herausgefunden.“ Paul nickte und schnallte sich an. Semir wollte losfahren, als Stoffers am Wagen erschien. Paul ließ die Scheibe runter. „Ich kann mich für die Worte von Dr. Strohm nur entschuldigen. Sie müssen ihn auch verstehen, denn für ihn steht eine Menge auf dem Spiel.“ versuchte er zu erklären, doch Semir sah ihn nur kühl an. „Wenn ihm seine Tochter wirklich wichtiger ist als politische Karriere, dann sollte er sich überlegen, wen er sich zum Feind macht. Wir wissen bisher nichts über diesen Mann, der seine Tochter in seiner Gewalt hat. Aber wir werden der Spur nachgehen.“ legte er fest. Stoffers sah ihn erstaunt an. „Dann wollten Sie den Fall gar nicht abgeben?“ Semir sah grinsend zu Paul. „Habe ich davon was gesagt?“ Paul schüttelte den Kopf. Semir sah Stoffers an. „Sie bleiben hier! Mein Kollege und ich werden sehen, was wir über diese Sache herausbekommen und auch wer Springfeld ist.“ legte er fest und der Mann vom LKA nickte. Er trat zurück und Semir gab Gas. In der PAST ging er schnurstracks zu Susanne, die ihm auch schon eine Akte hinhielt. „Der Fall ist damals als unerledigt zu den Akten gelegt worden, obwohl man den Täter unter den Toten vermutete.“ fing Susanne an und Semir stutzte. „Wieso das denn?“ fragte er. „Also, am 24. November 2001 kam es zu einer Verpuffung an der Aral-Tankstelle am Militärring 131 in Köln. Bei dieser Verpuffung wurden fünf Menschen getötet. Karina Springfeld, 22 Jahre – Helmut Luggert, 56 Jahre – Rosemarie Helmes, 76 Jahre – Markus Schmidt, 33 Jahre und Michael Beckmann, 34 Jahre.“ las Susanne vor und Semir sah Paul an. „Verpuffung? Dieser Strohm sprach doch von einer Explosion.“ korrigierte er. Susanne lächelte. „Nun, es war schon eine Explosion. Ich denke mal, dass es ein Schreibfehler in der Akte ist. Die Tankstelle wurde extrem beschädigt und mehrere Monate geschlossen“ stellte sie richtig. „Okay Susanne, versuch doch mal bitte alles über diesen Springfeld herauszufinden.“ bat Semir sie.


    Semir zog Paul ins Büro. „Okay, damals gab es 5 Tote. Strohm vermutet, dass es Springfeld ist, der seine 22jährige Tochter bei dieser Explosion verloren hat. Diese Vermutung ist mir allerdings schleierhaft. Ich meine, es könnte jeder Angehörige von den Opfern sein, aber er hat nur Springfeld genannt.“ Paul nickte nachdenklich und wollte gerade antworten, als Susanne eintrat. „Ich habe interessante Dinge über Springfeld herausgefunden. Er hat damals einen Privatdetektiv engagiert, da er nicht daran glaubte, dass der Mann, der von der Polizei als Täter gehalten wurde, wirklich allein gearbeitet hat. Der Privatdetektiv hat herausgefunden, dass Markus Schmidt eine Menge Geld auf dem Konto hatte. Und zwar von Dr. Herbert Strohm. Für Springfeld war also Strohm der Drahtzieher. Der Detektiv fand ebenfalls heraus, dass einer der getöteten Opfer der Gegenspieler von Strohm war, denn eigentlich war Helmut Luggert für die Stelle vorgesehen.“ berichtete sie. Semir nickte. „Das hat uns Dr. Strohm bereits erzählt.“ Susanne sah ihn an. „Das mag sein, aber ich bezweifle das Dr. Strohm auch erzählt hat, dass er von Springfeld massiv belästigt wurde. Er hat sogar eine Bannmeile gegen den Mann verhängen lassen. Durch den Verlust seiner Tochter versankt Thomas Springfeld immer weiter im Alkohol, was im Nachhinein auch seine Ehe zerstörte. Auch der Job wurde ihm gekündigt.“ Semir stöhnte leise auf. „Und jetzt gibt er Strohm an allem die Schuld und lässt dessen Tochter dafür büßen. Es ist doch noch gar nicht sicher, dass er Nadine wirklich gehen lässt, wenn Strohm seine Schuld zugegeben hat.“ Paul setzte sich gerade hin. „Du denkst nicht, dass er fair spielt?“ Semir zog die Schultern hoch. „Ich weiß es nicht, aber diese Dorothea Müller sagte, dass er darauf bedacht war, niemanden zu schaden.“ Paul stöhnte auf. „Ich weiß nicht. Verdammt, die Zeit drängt. Es ist zu spät um eine fingierte Pressemeldung rauszugeben und ich glaube nicht, dass der Täter sich vertrösten lässt.“ gab er zu bedenken. Semir stand auf und sah aus dem Fenster. „Das denke ich auch nicht. Eines ist aber sicher, Dr. Strohm kann einpacken. Die Presse wird diesen Fall sicher breittreten. Für die ist das ein gefundenes Fressen. Susanne, hat die Fahndung nach dem Mercedes schon etwas ergeben?“ Die Sekretärin schüttelte den Kopf. „Bisher ist Beyer nicht zuhause aufgetaucht. Es stehen aber zwei Beamte vor dessen Wohnung.“ Semir nahm einen Schluck von seinem Kaffee und stellte die Tasse wieder auf den Tisch. „Danke Susanne. Wir sollen mal zu diesem Springfeld fahren. Hast du die Adresse?“ „Natürlich hier!“ Die Sekretärin reichte ihm einen Zettel und die Beiden verschwanden.

    Als Semir und Paul bei Strohm eintrafen bekamen sie noch mit, dass er Kontakt mit seiner Tochter hatte. Er sah sie mit Tränen in den Augen an. „Er hat aufgelegt! Er hat einfach aufgelegt!“ gab er von sich und ließ sich in den Sessel fallen. „Konnten Sie die Stimme erkennen?“ wollte Semir sofort wissen und der Politiker dachte angestrengt nach. „Sie kam mir bekannt vor. Aber ich weiß nicht, wer er ist!“ Semir sah zum Kollegen vom LKA. „Frau Schrankmann sagte mir, dass der Entführer von Ihnen verlangt, Ihre Schuld einzugestehen. Welche Schuld meint der Erpresser damit?“ fragte er mit kühler Stimme. Dr. Herbert Strohm stieß verachtend Luft aus. „Woher soll ich das denn wissen?“ fauchte er. „Herbert, bitte. Wir kommen nicht damit weiter. Erzähle ihnen, was du auch mir erzählt hast. Bitte.“ warf Stoffers ein. Semir bemerkte den flehenden Blick von dem Politiker. „Wenn ich die Forderung erfülle, dann bin ich geliefert, Hans. Das ist dir doch auch bekannt! Ich kann doch nicht alles wegwerfen!“ Hans Stoffers sah zu Semir und Paul. „Herbert, der Erpresser droht damit, Nadine zu töten! Willst du sie dafür büßen lassen? Du hast mir doch auch schon alles erzählt.“ Wieder stöhnte der Politiker auf. „Ich will es nicht öffentlich machen. Finden Sie den Kerl und zwar vor 20 Uhr!“ fauchte er Semir und Paul an. Paul, der bisher geschwiegen hatte räusperte sich. „Was genau sollen Sie denn zugeben?“ fragte er und Semir sah ihn erwartungsvoll an. Strohm zuckte mit den Schultern. „Ich war damals nicht der Einzige, der den Job wollte. Helmut Luggert stand ebenfalls zur Wahl und hatte die besseren Chancen, weil er mich in den Dreck gezogen hat. Ich wollte mit allen Mitteln verhindern, dass er den Job bekommt. Aber ich habe nie, ich betone NIE gewollt, das Unschuldige in Gefahr geraten. Das müssen Sie mir glauben!“ beteuerte er. Semir nickte. „Was genau ist denn damals passiert?“ Strohm erzählte, was in seinen Augen passiert war und Semir sah kurz zu Paul. „Sie haben also diesen Schmidt für diesen Anschlag bezahlt?“ Dr. Strohm sah ihn an. „So würde ich das nicht sagen. Es war mehr eine Entschädigung, weil sein Auto ja auch beschädigt werden konnte.“ wich er aus. Paul lachte auf. „Entschädigung? Wieviel haben Sie ihm gezahlt?“ fragte er nach. „70.000 DM…“ antwortete Strohm leise. „Herr Strohm, ich denke Ihnen ist klar, dass wir den Fall von damals wieder aufrollen. Sollte dann herauskommen, dass Sie Schuld an dem Tod von fünf Menschen tragen, dann werden Sie zur Rechenschaft gezogen. Mord verjährt nie und ich denke, das wissen Sie.“


    Dr. Herbert Strohm nickte leicht. „Natürlich weiß ich das. Es war doch keine Absicht. Ich wollte doch nicht, dass außer Helmut Luggert jemand zu Schaden kommt. Es ist passiert und ich würde alles geben, wenn ich es rückgängig machen könnte. Hören Sie, meine Tochter war damals gerade sechs Jahre alt. Sie hat doch nichts damit zu tun. Was soll ich machen? Wenn ich die Forderung erfülle, dann bin ich geliefert und wandere für immer ins Gefängnis. Und wenn ich mich weigere, dann verliere ich meine Tochter.“ Semir sah Paul an und wandte sich dann wieder an Strohm. „Dr. Strohm, ich kann Sie nicht zwingen, die Forderungen zu erfüllen, aber der Täter scheint genau zu wissen, wie er seinen Willen durchsetzen kann. Selbst wenn Sie es nicht tun, sind wir verpflichtet Sie zu verhaften. Nur Sie können ihrer Tochter das Leben retten.“ Dr. Herbert Strohm nickte. „Ich weiß. Ich bedauere das ja auch. Aber ich kann doch nicht meine Karriere aufs Spiel setzen nur, weil so ein Säufer mir droht, meine Tochter zu töten!“ Semir stutzte. „Warum Säufer?“ hakte er sofort nach und Dr. Strohm suchte angestrengt nach Worten. „Das kann nur der Säufer gewesen sein! Dieser Springfeld! Der nervt mich schon die ganze Zeit. Warum stehen SIE noch hier? Ich habe Ihnen doch den Namen genannt! Sehen Sie zu, dass Sie diesen Kerl schnappen und meine Tochter finden!“ Semir sah ihn etwas erstaunt an. „Haben Sie Beweise, dass es der Mann war?“ Der Politiker nickte. „Ich habe seine Stimme erkannt! Er war es eindeutig!“ Bisher hielt Stoffers sich zurück, doch auch er schien den Widerspruch bemerkt zu haben. „Herbert, du hast eben doch gesagt, dass du dir nicht sicher bist. Warum jetzt?“ Doch Strohm sah ihn nicht an, sondern wandte sich an Semir und Paul. „Sorgen Sie dafür, dass der Kerl mir nicht mehr droht und bringen Sie mir meine Tochter zurück! Und Sie sollten sich anstrengen, denn wenn Sie versagen und der Kerl entkommt, dann werde ich dafür sorgen, dass Sie aus dem Polizeidienst entfernt werden!“ Semir stand auf und nickte Paul zu, der nicht wusste, was er vorhatte. „Wo wollen Sie denn hin?“ fragte Strohm erstaunt. Semir sah ihn mit einem eisigen Blick an. „Herr Dr. Strohm, Sie denken in Ihrer Position können Sie sich alles erlauben, aber ich lasse mir ganz sicher nicht drohen! Ich kann Ihnen nur anraten, genau zu überlegen, wen Sie sich zum Feind machen. Sie treffen die Entscheidung. Wenn Sie wollen, das wir Ihnen helfen, dann unterlassen Sie diese Machtspiele! Einen schönen Abend noch.“ Er winkte Paul mit dem Kopf zu und verließ das Haus.

    Nadine aß langsam. Sie spürte, dass sie Zweifel bekam was ihren Vater anging. Konnte es wirklich so sein, dass ihr Vater, den sie so verehrte, einen Menschen getötet hatte? Wenn ja, warum? Hatte er wirklich dafür gesorgt, dass eine Tankstelle in die Luft flog? Sie musste es wissen. „Was hat mein Vater denn getan? Was ist mit Karina passiert?“ Der Mann atmete tief durch. „Damals war es ein grauer Tag und wie ich schon sagte, wollte Karina in die Berge fahren. Ich war selbst nicht an der Tankstelle aber ich habe von Carlos, das war der Freund von Karina, erfahren, was passiert ist. Karina kam aus dem Verkaufsraum und wollte zu ihren Wagen. Er ist ausgestiegen und wollte ihr die Tür öffnen, doch Karina schaffte es nicht mehr zu ihrem Wagen. Nach wenigen Schritten kam es zu einer Explosion. Karina war sehr dicht dran und wurde durch die Druckwelle vier Meter hoch durch die Luft geschleudert und kam auf dem Parkplatz zu liegen. Der Arzt, der sie untersuchte, konnte nur ihren Tod feststellen. Bei der Obduktion kam heraus, dass sie keinen heilen Knochen mehr in ihrem Körper hatte. Die Rippen haben sich in ihr Herz gebohrt. Ich habe auf einer sehr grausamen Art und Weise das Liebste verloren.“ Die Stimme wurde immer weinerlicher und auch Nadine ließ diese Geschichte nicht kalt. Sie machte sie betroffen, doch noch immer verstand sie den Zusammenhang nicht. „Es tut mir leid, was Ihnen passiert ist. Wirklich, aber was hat das mit meinem Vater zu tun?“ Der Mann wischte sich Tränen weg und atmete tief durch. „Neben meiner Tochter starben noch vier weitere Personen. Darunter soll angeblich auch der Täter gewesen sein, aber ich weiß, dass es dein Vater war, der die Tankstelle in die Luft gejagt hat. Er selbst!“ Nadine sah zu Boden. „Aber, wenn die Polizei doch den Täter ermittelt hat, dann kann mein Vater es doch nicht getan haben.“ Der Mann schüttelte heftig den Kopf. „Nein! Ich weiß, dass es dein Vater war. Er hat den Verdacht auf Markus Schmidt gelegt, aber das war nur ein Opfer. Genau wie alle anderen, die dabei starben! Die Polizei hat die Ermittlungen eingestellt, weil dein Vater zum Minister ernannt werden sollte. Er hat die Stellung aber nur bekommen, weil er seinen Konkurrenten Helmut Luggert getötet hat! Luggert war der eigentliche Grund, weshalb es überhaupt zur Detonation kam. Dein Vater wollte den Job und hat jedes Mittel genutzt, damit er ihn bekommt.“

    De junge Frau sah ihren Entführer skeptisch an. „Sie wollen mir sagen, dass mein Vater durch einen Mord an seine Ministerstelle gekommen ist?“ fragte sie nach. Der Mann nickte. „Das ist doch absurd! Das kann gar nicht sein! Ich glaube das nicht!“ stieß sie aus. „Ich habe sehr oft darum gebeten, dass dein Vater seine Schuld zugibt, aber er hat mich ausgelacht. Und als du bei mir im Reisebüro warst, da wusste ich, dass die Zeit gekommen war. Es wiederholte sich alles. Du bist 22, du willst mit deiner Freundin verreisen. Genau wie meine Karina. Nadine knetete die Hände und sah zu Boden. „Es ist wirklich sehr grausam und traurig, was Ihnen passiert ist. Aber denken Sie, dass Sie etwas daran ändern, wenn Sie mich töten? Karina wird nie wieder zurückkommen. Lassen Sie mich gehen und wir finden gemeinsam einen Weg, dass mein Vater, wenn er wirklich getötet hat, bestraft wird. Wie heißen Sie?“ Jetzt lachte der Mann auf. „Ich bin Thomas. Und ich werde dich nicht töten. Du bist nur mein Druckmittel. Ich will dich nicht verletzen, ich will, dass er endlich seine Schuld zugibt. Dein Vater denkt er ist unantastbar, weil er in der Politik ist aber ich werde ihm das Gegenteil beweisen. Er hat einen Fehler gemacht und er muss dafür geradestehen! Am 24.11.2001 wurde mein Leben durch ihm zerstört und heute am 19.05.2017 das deines Vaters. Meine Ehe zerbrach über diese Trauer, denn meine Frau konnte es nicht ertragen, dass ich in den Alkohol flüchtete. Die Ehe deiner Eltern wird an den Taten deines Vaters zerbrechen. Ich habe deinen Vater damals angerufen und gesagt, dass ich weiß, dass er es war. Er lachte nur und bot mir 50.000 Euro an, wenn ich schweige und die Sache auf sich beruhen lasse. Aber ich kann das nicht! Das bin ich meiner Karina schuldig. Ihr sinnloser Tod muss bestraft werden!“ Jetzt atmete Nadine tief durch. Sie musste ihre nächsten Worte genau überlegen, denn sie wollte den Mann nicht reizen. „die Polizei wird Sie suchen, Thomas. Sie werden Sie finden und dann werden Sie hart bestraft.“ Der Blick des Mannes veränderte sich. Er schloss kurz die Augen und schüttelte den Kopf. „Nur keine Sorge. Man wird mich nicht einsperren, denn ich werde nicht mehr leben, wenn die Polizei auf meine Spur kommt. Wenn dein Vater seine Schuld zugegeben hat, dann kannst du gehen. Mir ist ein anderer Weg bestimmt. Meine Karina wartet auf mich. Ich will nicht mehr ohne sie leben und sie versteht mich.“ gab er melancholisch von sich. Nadine sah ihn erschrocken an. „Sie wollen sich umbringen? Thomas, das Leben kann doch weitergehen! Ich glaube nicht, das Karina will, dass Sie sterben! Was bringt Ihnen dann die Wahrheit meines Vaters? Sie können doch lernen, mit diesem Verlust zurecht zu kommen. Ich kann Ihnen helfen!“ versuchte sie, doch Thomas schüttelte den Kopf. „Für mich gibt es kein Glück mehr, Nadine. Ich will zu meine Karina. Sie ist mein Leben und ohne sie will ich nicht leben. Ich habe mich jetzt schon 16 Jahre gequält. Jetzt ist Schluss!“ Er stand auf und nahm das leere Tablett. Nadine sah ihm nach. „Lassen Sie die Tür auf?“ fragte sie leise.

    Die gestrige Folge hat sehr gut abgeschnitten. Sie erreichte 16,3% Marktanteil und damit 1,4 Punkte mehr als der Pilotfilm letzter Woche. Insgesamt sahen diesmal 2,98 Mio. die Folge. Bei den 14- bis 49-jährigen legte Cobra zu. 1,56 Mio waren in dieser Woche und das auch mehr als letzte Woche.

    Quelle: Quotenmeter.de

    Thomas saß im Wohnzimmer und genehmigte sich einen Drink. Er musste sich erst einmal beruhigen, bevor der dem Mädchen im Keller etwas zu essen brachte. Nach einem zweiten Drink war es soweit. Er ging in die Küche und während er die Brote belegte dachte er darüber nach, wie er weiter verfahren würde. Um halb fünf durfte Nadine ihren Vater anrufen und ein Lebenszeichen von sich geben. Und dann wollte er seine Forderung stellen. Er hatte die Presse mit einem anonymen Anruf bereits auf das Ereignis, welches heute Abend auf dem Hauptbahnhof in Köln passierte, aufmerksam gemacht. Er wusste das sich die Reporter wie die Aasgeier auf diese Story stürzen würde. Er nahm ein Tablett auf das er die Brote legte, griff noch eine Flasche Wasser und ging in den Keller. Das Licht im Raum, wo Nadine saß, konnte er von außen anmachen. Nur wenig später stand er im Raum und sah, das Nadine Strohm am Boden kauerte, die Beine angezogen hatte und sie umklammerte. Sie sah ihn ängstlich an. Er bemerkte, dass sie geweint hatte. „Bitte lassen Sie mich doch gehen. Bitte! Ich habe Ihnen doch nichts getan.“ flehte sie leise. Thomas stellte das Tablett und die Flasche auf den kleinen Tisch. „Tut mir leid, aber ich kann dich noch nicht gehen lassen, Nadine. Komm und iss!“ forderte er sie auf und wies auf das Tablett. Nadine stand auf und kam zögerlich näher. „Setz dich!“ forderte er auf und wies auf den Hocker. „Es tut mir leid, dass ich eben so ausgerastet bin. Ich war sehr wütend über deine Flucht.“ entschuldigte er sich und setzte sich auf den zweiten Hocker. „Was wollen Sie genau von meinem Vater?“ fragte sie leise und er sah auf die Uhr. „Gib mir die Handynummer deines Vaters!“ Nadine nannte sie ihm. Nur wenig später hörte er die Stimme des Mannes am Telefon. Er reichte Nadine das Handy. „Du hast eine Minute!“ mahnte er kühl. Nadine nahm das Gerät. „Papa?“ fragte sie zögerlich und fing an zu weinen. „Nadine! Schatz! Wie geht es dir? Wo bist du?“ hörte er ihren Vater fragen und sofort griff er wieder das Handy. „Gib deine Schuld zu! Die Presse wird am Bahnhof stehen!“ forderte er und beendete das Gespräch ohne auf die Antwort zu warten. Er sah das Mädchen an. „Du hast mich gefragt, was ich von deinem Vater will. Möchtest du hören, was er getan hat?“

    Nadine senkte den Kopf. Ihr Entführer zog sich die Maske runter und sie sah sein ausgemergeltes Gesicht. Tiefe Falten und rot unterlaufene Augen sagten ihr, dass ihm der Alkohol nicht fremd war. Der Vater von Saskia war Alkoholiker und sah genauso aus, wenn er getrunken hatte. „Sagen Sie es mir!“ forderte sie ihn leise auf. Er atmete durch und nickte. „Okay, ich werde dir sagen, was damals passiert ist. Meine Tochter Karina war damals genauso alt wie du heute. Sie wollte genau wie du mit ihrem Freund in Urlaub fahren. In die Schweiz und ein paar Tage im Schnee genießen. Mehr wollte sie nicht. Alles war schon geplant. Sie wollte mit dem Auto fahren und ich Esel habe vergessen ihr das Auto zu betanken, wie ich es versprochen hatte. Nur deshalb musste sie an die Tankstelle fahren. Sie hat sich die Tankstelle ausgesucht, die dein Vater in die Luft gesprengt hat.“ Gab er leise von sich. Nadine schüttelte ungläubig den Kopf. „Was sagen Sie denn da? Das ist doch totaler Blödsinn! Mein Vater würde so etwas nie tun!“ verteidigte sie ihren Vater. Thomas lachte verächtlich auf. “Was weißt du denn schon? Dein Vater hat mein Leben zerstört! Erst hat er mir meine Karina genommen, dann ist meine Frau weg, mein Job weg! Ich will Gerechtigkeit!“ Nadine verzog das Gesicht. „Und deshalb haben Sie mich entführt? Denken Sie, dass das alles wieder ungeschehen macht? Karina wird nicht zurückkommen! Sie ist tot! Sie müssen es akzeptieren! Woher wussten Sie, dass ich auf der Raststätte frühstücken wollte? Was, wenn ich mit meiner Freundin einfach vorbeigefahren wäre?“ Der Mann grinste leicht. „1. Als ich deinen Namen las, da wusste ich, dass ich jetzt endlich die Chance hatte, deinen Vater zu einem Geständnis zwingen kann. Jetzt musste er die Wahrheit sagen! Ich bin euch gefolgt, als ihr aus dem Reisebüro seid. Und im Restaurant habe ich gehört, dass ihr dort frühstücken wolltet. 2. Wenn du vorbeigefahren wärst, dann hätte ich dich irgendwie auf dem Flughafen abgefangen. Ich hätte dich bekommen, so oder so! Iss jetzt! Du musst keine Angst haben, das Brot und auch das Wasser ist nicht vergiftet. Ich werde dir nichts tun. Du bist genauso hübsch wie meine Karina. Wirklich, du siehst ihr sehr ähnlich. Sie hatte auch blonde Haare und braune Augen.“ Nadine sah ihn skeptisch an. Sie glaubte nicht, dass der Mann sie gehen lassen würde, wenn alles so passierte, wie er es wollte und er schien ihre Gedanken zu erraten. „Nur keine Sorge, ich werde dir nichts tun. Ich habe es Karina versprochen. Es geht mir nur um die Wahrheit und dass der Schuldige seine Strafe bekommt.“

    Also diesmal fand ich den Fall sehr interessant. Was mir aber wesentlich mehr gefiel, es war ernster. Das komplette Gegenteil von letzter Woche.

    Was ich allerdings nicht verstehe, als Kim erklärte, sie würde jemanden kennen, lachte Semir so dämlich, dass es einfach nur genervt hatte. Warum sollte Kim nicht auch jemanden kennen, der einfach nur hilft. Scheinbar denkt unser Hauptkommissar aber nur an das eine.

    Diesmal erfuhr man wieder mehr über Paul. Mehr über seine Vergangenheit, mehr über seine Person und über seine Freunde. Dass sein Freund Louis wegen einer verschleppten Herzmuskelentzündung ein neues Herz bekommen soll, klang sehr ernst. Man erfuhr mehr über die Dummheiten, die Paul wohl gemacht hatte, als er auf der Polizeischule war. In dieser Folge konnte Daniel mich von seinen Fähigkeiten auch ernstere Rollen zu spielen, überzeugen. Als besorgter und gleichzeitig wütender Paul Renner, fand ich ihn heute sehr gut. Paul ist auf Alleingang und gerät natürlich in die Bredouille. Wie soll es auch anders sein. Doch in Semir hat er einen Partner, auf den er sich auch in solchen Situationen verlassen kann.

    Susanne sagt Semir Unterstützung zu, obwohl Kim Krüger es nicht will? Da fühlt man sich in alte Zeiten versetzt, als Andrea noch Sekretärin war. Wie oft hat sie gegen die Regeln verstoßen und den Helden geholfen. Das war auch etwas, das mir gefiel. Ich hoffe sehr, dass die „Stimme der Vernunft“ auch bald die Macher von Cobra und vor allem RTL erreicht. Cobra 11 ist eine Actionserie und keine Comedyserie! Heute war zum Glück wenig Comedy zu sehen.

    Jenny hatte heute mal eine besondere Rolle, zumindest in meinen Augen und da hat mich Katrin sehr überzeugt. Sie rettet Louis in letzter Sekunde vor dem Absturz, doch dann geht es dem Freund von Paul sehr schlecht. Ihre Sorge und auch ihre Gefühle kann sie sehr glaubhaft rüberbringen.

    In dieser Folge hat man wieder fast alle von der PAST gesehen. Andrea, Dana, Finn und Hartmut fehlten aber das tat diesmal keinen Abbruch. Obwohl man hätte Hartmut ruhig einbauen können. Und es war alles dabei. Ein wenig Action (Die Explosion am Ende fand ich richtig gut), Drama und Happyend.

    Die Autoren Brune/Frauenhoff, so finde ich jedenfalls, schreiben die besten Bücher, die es derzeit bei der Cobra gibt. Zumindest fällt mir keine lächerliche Folge ein, die die Beiden fabriziert haben.

    Zavelberg hat hier eine super Folge abgeliefert.

    Jetzt bin ich mal auf die Quoten gespannt und ich hoffe inständig, dass sie besser sind als letzte Woche.

    „Scheiße!!“ schrie Semir und blieb etwas außer Atem stehen. Er steckte seine Waffe wieder in den Halfter, denn der Mercedes war bereits zu weit entfernt. Paul griff zum Handy. „Susanne! Paul hier! Ich brauche einen Halter! Mercedes SLK, Kennzeichen: BM – LB 2063!“ forderte er die Sekretärin auf. „Moment! Der Wagen ist auf einen Leonhard Beyer angemeldet. Er wohnt in der Gorckenbacher Straße 7 in Kerpen!“ kam von der Sekretärin. „Liegt etwas gegen den Mann vor?“ hakte Paul nach. „Negativ. Ihr sollt übrigens umgehend zur Dienststelle kommen! Es gibt neue Erkenntnisse wegen der Geisel, diemitgenommen wurde und Schrankmann hat Sehnsucht nach euch.“ „Danke Susanne. Wir sind auf dem Weg.“ erklärte Paul und sah Semir an. „Schrankmann will uns sehen.“ Semir rollte mit den Augen. „Die hat mir heute auch noch gefehlt!“ knurrte der Deutschtürke und ging mit Paul zum Dienstwagen zurück. Während sie losfuhren, gab Paul den flüchtenden Wagen zur Fahndung raus. „Was denkst du? Wollen die Typen noch Lösegeld fordern?“ wollte er von seinem Partner wissen, während dieser sich auf den Verkehr konzentrierte. Semir zog die Schultern hoch. „Ich wüsste sonst nicht, warum die das Mädchen mitgenommen haben. Die Eltern haben Geld. Vielleicht haben sie ja auch schon mit dem Minister Kontakt aufgenommen und einen Erpresserbrief geschickt. Eine andere Möglichkeit wäre natürlich, dass sie das Mädchen irgendwo aussetzen und dann das Weite suchen. Die dritte Möglichkeit gefällt mir nicht und deshalb werde ich sie auch nicht aussprechen.“ Paul sah ihn kurz an. „Kann ich gut verstehen.“ Nur wenig später kamen sie am Parkplatz der Autobahnpolizei an. Sie betraten das Büro und gingen direkt zu Kim Krüger ins Büro. „Frau Krüger? Guten Tag Frau Schrankmann…“ begrüßte er mit einem säuerlichen Lächeln die Oberstaatsanwältin.

    „Herr Gerkhan, Herr Renner, ich will es kurz machen. Es geht um die Geiselnahme an der Raststätte und der Entführung von Nadine Strohm.“ erklärte Schrankmann. Semir nickte. „Wenn Sie darauf anspielen, warum wir die Verfolgung der Täter abgebrochen haben, dann…“ fing er an, doch als Schrankmann die Hand hob, schwieg er. „Es geht nur zum Teil darum. Warum und wieso es so ist, können Sie in Ihren Bericht schreiben. Jetzt geht es darum, dass mich Herr Strohm bzw. Herr Stoffers vom LKA informiert hat, dass seine Tochter Nadine entführt wurde. Das ist die Geisel, die die Täter aus dem Restaurant mitgenommen haben. Und da diese Dienststelle für die Angelegenheit zuständig ist, habe ich Frau Krüger den Fall übertragen. Sie wissen selbst, dass Frau Krüger nicht ermittelt und damit sind Sie die ermittelnden Beamten. Ich bitte Sie Stillschweigen über den Fall zu halten. Die Presse ist außen vor und wird nicht informiert. Der Fall ist mit entsprechender Diskretion zu behandeln.“ Semir sah zu Paul und dann zu Kim Krüger. „Okay, hat Herr Strohm bereits Kontakt mit den Entführern?“ Schrankmann nickte. „Er hat einen Erpresserbrief bekommen und der wird gerade in der KTU untersucht. Ich habe aber die Kopie des Schreibens hier. Dr. Strohm hat sich zudem eine Straftat bezichtigt, die bereits 16 Jahre zurückliegt. Dabei handelt es sich um eine ungeklärte Detonation der Aral Tankstelle in Köln. Die Akten lasse ich Ihnen noch heute zukommen.“ Semir nickte und nahm die Kopie des Erpresserbriefes an sich. Er las sich den Text durch und sah dann auf. „Hier steht kein Geldbetrag drin. Was hat der Minister mit dieser Straftat zu tun?“ wollte er von Schrankmann wissen. „Das ist mir noch nicht ganz klar. Damals sind 5 Personen zu Tode gekommen. Er hat mir nur gesagt, dass er darin verstrickt war.“ Semir sah nachdenklich in die Runde. „Okay, dann werden wir uns mit diesem ungelösten Fall beschäftigen. Wird Herr Strohm die Forderung erfüllen?“ hakte er nach. Schrankmann verschränkte die Arme vor der Brust und holte tief Luft. „Ja, er hat bereits einen Bund Rosen geordert. Wir warten nun auf die nächste Forderung, was er um 20 Uhr genau auf Gleis eins machen soll.“ Semir stand auf. „Dann sollten wir zu ihm fahren.“ legte er fest und verschwand mit Paul.

    „Die ist ganz schön fertig.“ meinte Paul als die junge Frau mit Jenny und Fin abgefahren war. Semir nickte nachdenklich. „Wärst du doch auch.“ meinte er und sah wieder auf die Fahrzeuge, die hier auf dem Parkplatz standen. Zum einen der rote Golf von dem er wusste, dass es der Wagen der Geisel war und dieser ominöse Mercedes. „Was ist?“ fragte Paul, der Semirs Interesse an den Fahrzeugen bemerkte. „Der rote Wagen gehört Nadine Strohm. Aber der andere Wagen scheint herrenlos. Die anderen Geiseln und Passanten sind weg.“ murmelte Semir. „Okay, dann machen wir mal eine Halterabfrage“ schlug Paul vor und schrieb sich das Kennzeichen auf. Doch bevor er seine Abfrage durchführen konnte, kam ein dicker Mann von ca. 50 Jahren auf sie zu. „Mittenbach! Ich bin der Restaurantbesitzer!“ erklärte er und reichte Paul die Hand. „Ähm, ja… das ist gut. Das ist mein Kollege Gerkhan. Wir müssten die Videoaufzeichnungen von heute Morgen ansehen!“ Mittenbach sah ihn erstaunt an. „Was haben die Kerle mitgenommen?“ fragte er. „Nun, das gesamte Bargeld, wenn wir es richtig verstanden haben. Alles aus der Kasse und auch aus dem Tresor.“ mischte Semir sich nun ein. Der Mann winkte ab. „Okay, das kann man ersetzen. Ist jemand ernsthaft verletzt worden?“ Semir sah den Mann erstaunt an. Er hatte schon einige Überfälle erlebt, aber, dass ein Besitzer so einfach das Geld außer Acht ließ, kam nicht sehr oft vor. „Zum Glück nicht aber die Täter haben eine Geisel in ihrer Gewalt. Können Sie uns die Aufnahmen zeigen?“ bat der Deutschtürke nun. Mittenbach nickte. „Kommen Sie in mein Büro!“ bat er die Polizisten und sie betraten nur kurz darauf das Restaurant. Mittenbach schaltete in seinem Büro den Laptop an und öffnete die Aufzeichnungen der Videoüberwachung. „Ab welchem Zeitraum benötigen Sie denn Einsicht?“ fragte er nach. Semir und Paul sahen sich kurz an. „Also ab 9 Uhr heute Morgen, wäre nicht schlecht. Der Überfall selbst fand kurz vor halb zehn statt.“ bat Paul den Besitzer und dieser suchte die Aufnahmen heraus. „Okay, das ist die Aufnahme ab 8:45 Uhr“ erklärte er und drehte den Laptop so, dass Semir und auch Paul sich das Video ansehen konnten.

    Achim lenkte den Toyota auf den Parkplatz der Raststätte Nievenheim West, die durch eine Fußgängerbrücke mit der Raststätte Nievenheim Ost verbunden war. Er hielt an und sah Leo an. „Okay, geh über die Brücke und hol deinen Wagen weg, bevor die Bullen misstrauisch werden. Die Zufahrten sind sicher noch gesperrt, sonst hätte ich dich direkt hingebracht.“ forderte er seinen Freund auf und dieser stieg aus. Er beugte sich in das geöffnete Fenster und sah seine Freunde drohend an. „Wir treffen uns dann heute Abend um acht bei mir und teilen die Beute!“ befahl er. „Klar, um Acht bei dir.“ versprach Achim. Nur wenig später fuhr er ab und Leo machte sich auf den Weg zur Brücke. Nach guten zehn Minuten stand er auf dem Parkplatz der Raststätte Nievenheim Ost und sah sich aufmerksam um. Die Polizisten schienen kurz vor dem Abrücken zu sein. Jetzt nur nicht auffallen, dachte er und ging mit entschlossenen Schritten auf seinen Wagen zu, öffnete ihn und stieg ein. Er startete und fuhr los. Gerade als er Fahrt aufnahm, bemerkte er zwei Männer die aus dem Restaurant stürmte. Er erkannte in dem einen den Polizisten, der ihnen den Fluchtwagen vor die Tür gestellt hatte. Schnell beschleunigte er und kam der rettenden Ausfahrt immer näher, wo die Polizisten die Sperrböcke gerade abräumten. Plötzlich knallte es. Die Heckscheibe zersprang und Leo duckte sich. Scheiße, die schießen auf dich, dachte er nur und gab weiter Gas. Er raste weiter und er bemerkte, dass die Beamten die Sperrböcke gerade wieder aufstellten, doch er ließ sich dadurch nicht aufhalten. Er raste in voller Geschwindigkeit auf die Böcke zu und die Polizisten sprangen in letzter Sekunde zur Seite. Doch einer schaffte es nicht, sich rechtzeitig aus der Gefahrenzone zu bringen und er sah im Vorbeifahren, wie eine der Böcke den Polizisten traf und ihn zu Boden schleuderte. Er lachte leicht. Pech gehabt, dachte er und raste auf die Autobahn. Immer wieder sah er in den Rückspiegel, doch er konnte keinen Verfolger entdecken. Nur langsam entspannte er sich.

    So bevor ich die lange Reise nach Hause antrete, etwas für euch zum lesen.

    Dorothea sah den Polizisten an. „Meine Kollegin sagte mir, dass Ihnen etwas am Verhalten der Männer aufgefallen ist?“ „Ja, zum einen haben die sich nicht so verhalten, wie man es aus Krimis kennt. Die haben mir zwar das Geld aus der Kasse und aus dem Tresor genommen, aber sie haben nicht einmal gezählt, wieviel es ist. Ich meine, wenn die wirklich das Geld haben wollten, dann hätten die es doch gezählt. So sieht man das doch in den ganzen Krimis.“ berichtete sie und bemerkte, wie der Polizist etwas verzerrt lächelte. „Frau Müller, Sie können das Verhalten von Tätern in fiktiven Krimis und in der Realität nicht wirklich vergleichen. Können Sie mir noch etwas Anderes mitteilen?“ Wieder nickte sie. „Der eine der Täter, ich glaub es war der Anführer, schien sehr darauf bedacht zu sein, niemand zu schaden. Als einer der Komplizen schoss, ist er fast ausgerastet. Ich habe da Angst bekommen. Man weiß ja nie, was die in der nächsten Sekunde vorhaben. Und dann hat er eines der Zwillinge genommen und auch da kam es mir so vor, als würde er sehr fürsorglich mit der Kleinen umgehen. Ich meine, wenn er wirklich so böse wäre, dann hätte er doch auch das kleine Mädchen grober angepackt.“ Gerkhan sah sie an. „Das hilft mir nicht wirklich. Haben Sie noch andere Beobachtungen gemacht? Haben Sie bemerkt, dass sich die Männer besonders für die jetzige Geisel interessiert haben oder war sie Ihrer Meinung nach, willkürlich ausgesucht worden?“ Dorothea dachte nach. „Also ich habe das Gefühl gehabt, dass der Anführer sie sehr im Blick hatte. Nun ja, sie ist eine wunderschöne junge Frau und das reizt natürlich dann auch.“ Gerkhan stutzte. „Sie sind sich also sicher, dass es nicht willkürlich war?“ Dorothea schüttelte den Kopf. „Das denke ich nicht. Als die Räuber das Restaurant verlassen wollten, ging der Anführer sehr zielstrebig auf die junge Frau zu.“ Gerkhan stand auf. „Danke Frau Müller. Sie halten sich bitte zur Verfügung. Wenn wir noch Fragen haben, kommen wir auf Sie zu.“ verabschiedete er sich. Dorothea drücke für eine Weile fest seine Hand und sah, dass ein junger blonder Mann auf sie zukam. „Ich hoffe, Sie finden die junge Frau.“ sagte sie und verschwand.

    „Und?“ wollte Paul von Semir wissen. „Tja, unsere Frau Müller ist eine Krimiliebhaberin, die vieles mit den Krimis verbindet, die sie gelesen oder gesehen hat. Alles in Allem nicht wirklich hilfreich. Allerdings sagte sie mir, dass sie das Gefühl hatte, dass die Kerle die Geisel gezielt ausgewählt haben.“ Paul nickte nachdenklich. „Die Frage ist, was die von einer Studentin wollen. Was sagt denn Frau Wehner?“ hakte Semir nach. Sein Partner zog die Schultern hoch. „Die ist ganz schön durch den Wind. Sie hat mir aber gesagt, wer die Geisel ist.“ Semir sah ihn an. „Nadine Strohm, weiß ich. Sie ist Studentin und…“ „Und die Tochter des Landesjustizministers von NRW.“ unterbrach Paul ihn. Semir sah ihn erschrocken an. „Ach du Scheiße…“ stieß er aus. „Richtig. Du kannst dir vorstellen was das heißt, oder?“ Der Hauptkommissar nickte. „Das heißt absolute Verschwiegenheit der Presse gegenüber und Alarmstufe Rot. Konnte sie dir noch mehr sagen?“ Paul schüttelte den Kopf. „Nicht wirklich. Sie sagte genau wie die anderen, dass die Täter maskiert waren und sie große Angst hatten. Sie war natürlich auch darüber enttäuscht, dass wir ihre Freundin nicht mitgebracht haben.“ erklärte er. „Ich hätte es mir auch gern anders gewünscht. Okay, konnte sie nichts weiter darüber sagen?“ Paul sah zur jungen Frau, die nun zu ihm kam. „Das ist Frau Wehner.“ raunte er Semir zu. „Was passiert denn jetzt? Sie müssen Nadine helfen, bitte… Sie müssen sie finden!“ bat sie die Polizisten. Semir nickte entschlossen. „Das werden wir! Wir werden Ihnen Nadine zurückbringen. Sie können nach Hause fahren. Denken Sie, dass sie psychisch dazu in der Lage sind?“ Die junge Frau lächelte nervös. „Ich denke schon, aber ich bin mit Nadine gefahren und es ist ihr Auto. Sie hat noch die Schlüssel.“ Semir sah sich um. „Welcher Wagen gehört denn Ihrer Freundin?“ wollte er wissen, denn immer noch standen ein dunkler Mercedes und ein roter Golf in der Nähe des Restaurants. „Der rote Golf.“ erklärte sie. Semir sah sie wieder an. „Okay, die Kollegen können Sie nach Hause fahren.“ lächelte er und winkte Jenny und Fin zu sich. Er beauftragte sie, Saskia nach Hause zu bringen.