Semir nahm das Handy der Zeugin und ließ sich die Handynummer zeigen. Er schrieb sich die Nummer ab und rannte zu Susanne. „Susanne! Erstell bitte ein Bewegungsprofil dieser Handynummer!“ forderte er und ging zurück zu Daniela Springfeld. „Danke, Sie haben vermutlich dem Mädchen das Leben gerettet.“ Daniela sah ihn nicht an. „Wissen Sie wie es ist, wenn man sein Kind zu Grabe trägt? Es spricht irgendwie gegen die Natur, wenn die Kinder vor den Eltern sterben. Das ist nicht gerecht. Hat dieser Dr. Strohm etwas mit dem Tod meiner Karina zu tun?“ Sie sah ihn nun wieder an. Semir senkte den Kopf. Wenn es nach ihm ging, hätte er es der Frau gesagt, doch er durfte es nicht. Er atmete tief durch. „Frau Springfeld, können Sie sich denken, wo Ihr Mann sich versteckt hat?“ Daniela Springfeld schüttelte den Kopf. „Nein. Ich weiß es wirklich nicht. Aber wenn er wirklich das Mädchen in seiner Gewalt hat, dann muss er für die Tat büßen. Egal was er auch macht, es bring uns unsere Karina nicht zurück. Ich habe meinen Frieden geschlossen und den Tod meiner Tochter akzeptiert. Bitte seien Sie bei der Urteilsfindung mit meinem Exmann gnädig. Er ist nicht böse, er ist krank.“ Semir senkte erneut den Kopf. „Ich urteile nicht, das ist dem Richter überlassen. Ich muss nur dafür sorgen, dass Ihr Exmann, wenn er der Täter ist, seiner Strafe zugeführt wird. Wenn sich Ihr Exmann bei Ihnen meldet, rufen Sie mich bitte an. Egal wann.“ lächelte er und gab ihr eine Visitenkarte von ihm. Daniela Springfeld nahm sie und verließ die Wache. Semir ging direkt zu Susanne. „Und?“ „Läuft noch. Du wirst ein wenig Geduld haben. Paul ist auch schon auf dem Rückweg.“ Der Hauptkommissar nickte und ging in sein Büro. Mittlerweile war es 13 Uhr und er verspürte Hunger. Bis das Profil und die Handyortung abgeschlossen war, konnte er nichts weiter tun und so beschloss er, sobald Paul da war, mit diesem essen zu gehen. Nach einer Weile kam dieser wieder ins Büro. Semir sah ihn an. „Und?“ wollte er von seinem Partner wissen. „Nichts, also die Frau von diesem Luggert, geht es nicht sehr gut. Ihre Tochter versorgt sie und die Brüder sind in Amerika. Hast du denn mehr herausgefunden? Was ist denn mit diesem Springfeld?“ Semir setzte sich. „Ich habe mich mit seiner Exfrau unterhalten. Auf dem Video der Raststätte ist er eindeutig zu sehen wie er ins Restaurant geht. Ich habe von seiner Exfrau die Handynummer bekommen und lasse gerade ein Bewegungsprofil erstellen.“ Paul zog seine Jacke aus und setzte sich. „Ja, gut möglich. Okay, wie wollen wir jetzt weitermachen?“ Semir sah ihn an. „Wenn ich das wüsste. Aber erst einmal werden wir uns was zu essen gönnen.“ stöhnte er leise.
Daniela Springfeld fuhr von der PAST direkt nach Hause und legte ihre Tasche auf die kleine Kommode in ihrem Flur. Sie ging ins Wohnzimmer und sah auf das Bild von Karina. Sie nahm es und strich sanft darüber. „Mein Schatz. Ich glaube Papa hat da eine ganz üble Sache gemacht. Die Polizei sucht ihn, weil er wohl ein Mädchen entführt hat. Er hat diesen verrückten Plan immer noch nicht aufgegeben und sucht nach deinem Mörder. Ich habe große Angst um ihn. Ich glaube, ich liebe ihn immer noch. Karina, was kann ich tun? Wo soll ich ihn suchen? Wenn er dem Mädchen etwas antut, dann könnte ich es mir nie verzeihen.“ sagte sie leise und wünschte sich eine Antwort auf ihre Fragen zu finden. Sie setzte sich auf die Couch und dachte nach. Thomas war ein sehr eigensinniger Mann, der seinen Willen durchsetzen wollte und wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann führte er es bis zum Ende durch. Sie überlegte, wo er das Mädchen verstecken konnte. Es musste ein sehr ruhiges Gebiet sein. Eines wo man nicht hörten, wenn jemand um Hilfe rief. Vielleicht der alte Bauernhof! Der, den Thomas für Karina und sie kaufen wollte. Der lag in der Nähe von Nörvenich, nördlich der Bayerwerke. Das Haus war zwar nicht gerade modern, aber es war in sehr guten Schuss gewesen. Zumindest damals. Aber war der Bauernhof noch zu kaufen? War er nicht längst schon wieder bewohnt? Sie wusste es nicht. Sollte sie dem Polizisten diese Information geben? Wie konnte Thomas eine Unschuldige in diese Sache mit reinziehen? Aber warum nicht? Karina war auch unschuldig. Sie hatte damals auch nichts getan, als zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen zu sein. Sie griff ihr Handy und wählte ihren Exmann an. Doch auch nach mehrmaligem Klingeln ging er nicht ran. Sie hörte den Text der Mailbox. „Thomas, hier ist Daniela. Bitte Thomas, wenn du das Mädchen wirklich bei dir hast, lass sie gehen. Sie hat nichts mit dem Tod von Karina zu tun. Sie hat sich doch ihren Vater nicht ausgesucht. Bitte lass sie gehen und dann lass uns über alles reden. Bitte melde dich...“ sagte sie und beendete das Gespräch. Doch in Gedanken war ihr klar, dass Thomas sich nicht bei ihr melden würde, warum sollte er auch. Sie hatte ihn immer wieder abgewiesen und wollte nicht mit ihm sprechen. Sie hatte ihn auch im Stich gelassen. Sie hätte doch zu ihm halten sollen. Sie hätte ihm helfen sollen, die Trauer zu bewältigen.