Beiträge von Elvira

    Semir und Paul kamen zur Raststätte zurück, wo Jenny dabei war die anderen Geiseln zu befragen. Sie drehte sich zu ihn um und sah ihn gequält lächelnd an. „Und, was sagen sie?“ wollte er wissen. „Nicht viel. Die Geisel, die mitgenommen wurde, heißt Nadine Strohm, 22 Jahre alt, Studentin. Sie wollte mit ihrer Freundin Saskia Wehner, die ebenfalls unter den Geiseln war, in Urlaub fliegen.“ Sie wies auf einejunge Frau, die nicht weit von ihnen auf einer Bank saß. Semir und auch Paul sahen kurz hin. „Okay, was ist denn mit einer Täterbeschreibung?“ hakte Paul nach. „Negativ. Die Täter waren alle maskiert. Sie haben ihre Masken nicht runtergenommen.“ Jenny zog etwas ratlos die Schultern hoch. Semir nickte nachdenklich und sah sich um. „Die Täter müssen doch mit einem Auto hier angekommen sein. Die Raststätte und der Parkplatz werden hier doch sicher videoüberwacht. Was ist damit?“ Jenny nickte. „Der Betreiber sollte gleich hier auftauchen und uns die Aufzeichnungen zeigen können.“ bestätigte sie. „Okay Jenny. Gute Arbeit. Ihr solltet die Leute alle nach Hause schicken. Wenn alle weg sind, sollte nur noch das Täterfahrzeug hier stehen.“ legte er fest. Jenny sah Fin kurz an, der sich nun zu ihnen gesellte. „Also ich habe die Leute in der Tankstelle durch. Keiner hat was gesehen oder gehört. Was ist eigentlich mit dem Typen, der das Video gemacht hat?“ erinnerte Fin und wandte sich Jenny zu. „Der hat gefilmt, als alles schon passiert ist. Das Handy habe ich einkassiert.“ Semir sah sie an. „Zeig mir mal die Aufnahmen!“ forderte er sie auf und schon zog sie das fremde Handy aus der Tasche und ließ die Aufnahme ablaufen. Tatsächlich lieferte das Video keine neuen Erkenntnisse. „Okay, lösch das Video und dann kann er sein Handy zurückbekommen.“ befahl Semir nachdenklich, doch nun schüttelte Jenny den Kopf. „Der hat mich beleidigt! Der kann sich das auf dem Revier abholen!“ knurrte sie. Semir atmete durch und sah sie streng an. „Jenny, gib ihm das Handy zurück, wenn er noch hier ist. Wir sind doch nicht im Kindergarten. Die Beleidigung kannst du ja vermerken.“ bat er sie eindringlich. Seine junge Kollegin schmollte zwar etwas, kam dem Befehl aber nach.

    Jenny sah den jungen Mann an, dem das Handy gehörte. „Das Video ist gelöscht! Die Beleidigung wird geahndet. Sie werden darüber noch Bescheid erhalten.“ Sie wollte gehen, doch der junge Mann hüstelte etwas. „Würden Sie meine Entschuldigung annehmen? Ich wollte Sie nicht beleidigen. Ich war einfach nur sauer, weil Sie mir das Filmen verboten haben.“ versuchte er. Jenny lächelte kühl und atmete tief durch. „Tut mir leid, aber ich habe auch meine Vorschriften, die ich einhalten muss. Das hätten Sie sich früher überlegen müssen. Sie können jetzt gehen.“ Der Mann verschwand und fuhr nur wenig später vom Parkplatz. Semir kam mit Paul zu ihr. „Und war es jetzt so schwer?“ Jenny atmete tief durch. „Ich habe übrigens mit einer Frau Dorothea Müller gesprochen, das ist die Kassiererin aus dem Restaurant. Sie hat den stillen Alarm ausgelöst.“ erklärte sie ohne auf die Bemerkung von Semir einzugehen. „Okay, kann sie mehr sagen?“ wollte er wissen. „Sie ist eine sehr gute Beobachterin, denn sie hat bemerkt, dass sich die Räuber nach ihrer Meinung etwas untypisch verhalten haben.“ erklärte Jenny. „Aha!“ gab Semir von sich. Jenny lächelte leicht. Dieses „Aha“ von ihm hörte sich immer wieder so an, als wäre er völlig erstaunt über die Äußerungen. „Am besten unterhaltet ihr euch mit ihr. Sie ist gerade auf der Toilette.“ Semir nickte. „Das werden wir. Was ist mit der Spusi? Sind die im Restaurant schon durch?“ „Hartmut hat sich umgesehen, aber er sagt, dass es kaum auswertbare oder brauchbare Spuren geben wird. Tausende von Fingerabdrücken, die sich nicht so einfach auswerten lassen, weil ja etliche Gäste dort im Restaurant waren und wir keinen ausschließen können.“ erklärte sie. Semir sah eine ältere Frau auf sich zukommen. „Ist sie das?“ fragte er Jenny ohne sie anzusehen. „Ja, das ist Dorothea Müller.“ bestätigte die junge Polizistin. Er wandte sich an Paul. „Sprich du doch mal bitte mit der Frau Wehner.“ bat er seinen Partner und ging der Frau entgegen. „Frau Müller?“ fragte er, als er bei ihr war und sie nickte. „Mein Name ist Semir Gerkhan von der Kripo Autobahn. Ich hätte ein paar Fragen an Sie.“ Dorothea lächelte. Sie gingen zu einer der Banken, die hier auf dem großen Parkplatz standen.

    Hans Stoffers legte den Brief in eine Plastiktüte. „Kannst du dir vorstellen, was der Erpresser damit meint?“ fragte er den Landesjustizminister. Dieser nickte leicht. „Ich habe gedacht, dass es längst vergessen ist.“ gab er leise von sich. Hans Stoffers sah ihn an. „Herbert, ich kann dir nur helfen, wenn du mir alles sagst. Wir werden dein Telefon anzapfen und so eine Fangschaltung für den Erpresser legen. Wenn der Kerl Lösegeld fordert, dann müssen wir in der Lage sein, den Anruf zurück verfolgen zu können. Bist du damit einverstanden?“ Der Landesjustizminister sah ihn an und nickte. „Was ist mit meinen Telefonen zuhause?“ wollte er wissen. „Die werden auch überwacht. Also, was meint der Erpresser damit, dass du deine Schuld zugibst? Welche Schuld? Du musst mir alles erzählen!“ forderte Stoffers den Landesjustizminister auf. Herbert Strohm atmete tief durch. „Das Ganze ist schon 16 Jahre her. Damals gab es einen kleinen Kampf zwischen mir und Helmut Luggert, der eigentlich Landesjustizminister werden sollte. Es kam im November 2001 zu einer Explosion an einer Tankstelle. Helmut Luggert war in diesem Augenblick dort und die Explosion war stärker, als eigentlich geplant. Ich wollte ihm doch nur einen Denkzettel verpassen, weil er mir zuvor übel mitgespielt hatte. Ich wollte doch nicht, dass jemand zu Schaden kommt. Schon gar nicht, dass jemand stirbt! Das musst du mir glauben, Hans. Ich wollte das nicht. Ich wollte nie jemanden schaden.“ versuchte der Landesjustizminister den Polizisten zu überzeugen. „Sie dürfen Nadine nichts antun. Sie hat doch nichts damit zu tun. Ihr müsst sie finden! Bitte, mein Leben ist mir egal und wenn der Täter will, dass ich von einem Zug überrollt werde, dann führe ich das aus, aber Nadine darf nichts passieren.“ Hans Stoffers legte ihm die Hand auf die Schultern. „Du musst die Nerven behalten. Der Erpresser schreibt du sollst deine Schuld zugeben. Welche Schuld meint er?“ Er beobachtete den Mann genau und spürte, dass dieser etwas verbarg. „Ich habe damals einen jungen Mann angeheuert, der sich ein bisschen Geld verdienen wollte. Ich habe ihm beauftragt, einen kleinen Unfall zu organisieren. Der Junge hat es zu gut gemeint und für diese verdammte Explosion gesorgt. Ich habe echt gedacht, dass die Sache nach einer so langen Zeit ausgestanden ist.“ Bevor Stoffers hinterfragen konnte, was genau passierte, klopfte es an der Tür und die Oberstaatsanwältin kam herein. Dr. Strohm sah sie an und Stoffers brachte sie auf den aktuellen Stand.

    Isolde Maria Schrankmann sah den Landesjustizminister an. „Sie wissen also wer hinter dieser Entführung steckt?“ wollte sie von ihm wissen. Dieser wies auf seine Besucherecke und sie setzten sich hin. „Ich weiß es nicht, aber ich habe eine Vermutung. Bei dieser Explosion kamen 5 Menschen ums Leben. Darunter mein ärgster Konkurrent, was die Stellung als Justizminister angeht. Helmut Luggert.“ Er machte eine Pause. Stoffers und Schrankmann sahen sich an. „Herr Dr. Strohm, haben Sie etwas mit dieser Explosion zu tun?“ Dr. Strohm nickte ergeben. „Ja, ich war darin verstrickt. Aber ich wollte nie, dass unbeteiligte Menschen umkommen! Ich wollte doch nur diesen Posten. Aber es ist alles anders gekommen. Ich werde für alles geradestehen. Ich werde die Strafe dafür gern in Kauf nehmen. Aber meiner Tochter darf nichts passieren. Bitte helfen Sie mir.“ Schrankmann sah den Landesjustizminister kühl an. „In wie weit waren Sie darin verstrickt? Haben Sie die Zapfsäule manipuliert?“ hakte sie nach. Dr. Strohm schüttelte den Kopf. „Nein, ich war es nicht. Ich habe gar nicht das technische Wissen dafür.“ Stoffers atmete tief durch. „Du sagtest mir eben, dass du jemanden gekauft hast. Wer ist es und wo können wir ihn finden?“ Herbert Strohm sah ihn an. „Er hieß Markus Schmidt und kam bei der Explosion selbst ums Leben.“ Stoffers rief beim LKA an und erfuhr von einem seiner Kollegen, dass der Fall mit der Tankstelle zu den Akten gelegt wurde, da der Täter ebenfalls bei der Explosion umgekommen war. Beweise gab es allerdings nicht dafür. „Also ist der Fall nicht wirklich geklärt?“ fragte er per Telefon und beendete nur wenig später das Gespräch. Er klärte die Oberstaatsanwältin über den Stand auf. „Gut, der Brief geht zunächst zur kriminaltechnischen Untersuchung. Vielleicht finden wir irgendwelche Spuren drauf. Und danach wird er den ermittelnden Beamten der Autobahnpolizei übergeben.“ Stoffers schluckte. „Ich würde den Fall gern bearbeiten. Herr Dr. Strohm ist ein guter Freund und …“ erklärte er, doch Schrankmann schüttelte den Kopf. „Sie sind aus diesem Grund befangen. Ich werde den Fall auf die Kollegen der Autobahnpolizei übertragen. Sie werden hier auf Dr. Strohm aufpassen und vor Ort alles organisieren. Fangschaltung beim Telefon, Überwachung des Geländes und Sie werden den Minister von Dummheiten abhalten!“ legte Schrankmann fest. Sie sah den Minister an. „Sie werden sicher verstehen, dass der Fall von damals aufgerollt wird. Wenn Sie wirklich damit zu tun haben, dann werden Sie auch zur Rechenschaft gezogen. Weder Sie noch Herr Stoffers werden der Presse, die sicher noch auflaufen wird, etwas sagen!“ Ihre Stimme klang kalt und gnadenlos. Sie stand auf und verließ das Büro des Ministers um zur Autobahnpolizei zu fahren.

    Nadine saß im Wagen und versuchte sich die Angst, die sie hatte, nicht anmerken zu lassen. Die Räuber hatten mittlerweile ihre Masken runter und sie erkannte den Mann aus dem Reisebüro. „Sie?“ fragte sie leise. Thomas sah sie an, sagte jedoch nichts. „Was wollen Sie von mir?“ versuchte sie herauszufinden. Auch jetzt schwieg Thomas. „Achim! Fahr den nächsten Rastplatz raus. Ich habe da einen Fluchtwagen für euch.“ befahl er. Sein Freund sah ihn erstaunt durch den Rückspiegel an. „Ich dachte, wir trennen uns in Bonn?“ Thomas grinste. „Ich habe alle Eventualitäten berücksichtigt. Dieser Wagen wird mir noch ein wenig dienen, aber die Bullen werden ihn bereits zur Fahndung ausgeschrieben haben. Ihr seid fertig.“ Achim befolgte den Befehl. „Was ist eigentlich mit meinem Wagen an der Tankstelle? Wenn die Bullen feststellen, dass der Wagen später noch dort steht, kommen die mir schnell auf die Schliche!“ mahnte Leo. Thomas sah ihn an. „Dann holt ihn nachher ab. Der Fluchtwagen von euch ist ordnungsgemäß zugelassen. Er läuft auf dem Namen meiner Frau.“ grinste er. Achim hielt an und alle stiegen aus. Thomas hielt seine Geisel am Arm. „Bitte lassen Sie mich doch gehen. Die Polizei ist doch weg und ich werde niemandem etwas sagen, das verspreche ich Ihnen. Bitte...“ flehte sie weinend. Thomas sah sie kalt an. „Nein!“ knurrte er und drängte sie zum Kofferraum des Focus. „Rein mit dir!“ forderte er sie auf. Sie sah ihn geschockt an und ging zwei Schritte zurück. Sofort packte Thomas wieder zu. „Nein! Bitte, ich … ich habe Klaustrophobie! Ich kann nicht in engen Räumen sein. Bitte zwingen Sie mich nicht. Bitte…“ flehte sie und sträubte sich gegen den Druck von ihm. Thomas erinnerte sich jetzt wieder, dass er seiner Tochter versprochen hatte, ihr nichts zu tun. Er schloss den Kofferraum und wies auf die hintere Tür. „Okay, setzt dich nach hinten!“ Sie nickte erleichtert und setzte sich in den Fokus. „Was wollen Sie denn von mir? Ich habe Ihnen doch nichts getan. Lassen Sie mich doch gehen, bitte.“ Thomas lachte leise. „Ich will gar nichts von dir. Ich will was von deinem Vater.“ gab er von sich und schlug die Tür zu. Er verschloss den Wagen und ging zu seinen Freunden, die mittlerweile im weißen Toyota saßen. „Danke für eure Hilfe. Ich wünsche ein angenehmes Leben.“ verabschiedete er sich und schon gab Achim, der am Steuer saß, Gas. Thomas setzte sich in den Fokus und startete den Wagen. Durch den Rückspiegel sah er auf seine Geisel, die tief durchatmete. „Sie wollen Lösegeld, nicht wahr? Wie viel wollen Sie haben? Mein Vater zahlt jeden Preis.“ versprach sie mit gepresster Stimme. „Nein Nadine, es geht mir nicht um Geld. Es geht um Gerechtigkeit. Aber das kannst du vermutlich nicht verstehen. Dein Vater ist nur Minister geworden, weil er dafür fünf Menschen getötet hat oder aber hat töten lassen. Egal wie man es dreht. Es war Mord. Unter den Opfern war auch Karina, meine Tochter. Sie war so alt wie du jetzt. Sie musste sterben, weil dein Vater nicht verlieren konnte.“ Er sah, dass die junge Frau stutzte. „Sie müssen ihn verwechseln. Es ist sicher nur ein Irrtum.“ gab sie verzweifelt von sich. Thomas lachte auf. „Das ist ganz sicher kein Irrtum. Ich habe 16 Jahre gewartet um endlich Gerechtigkeit zu erhalten. Ich werde dir alles erzählen, wenn du es hören willst, aber erst einmal werde ich uns ein schönes Plätzchen suchen.“ Er fuhr wieder auf die Autobahn und sah immer wieder sah in den Rückspiegel, doch er konnte keinen Verfolger entdecken. Nach guten zwanzig Minuten bog er auf die Landstraße und weitere zehn Minuten auf einen Feldweg ab. Die Fahrt zwischen den Feldern dauerte nicht mehr lange und er hielt vor einem halb verfallenen Bauernhof. Seine Geisel sah sich um. „Was ist das denn? Hier ist doch alles dreckig und kaputt!“ stieß sie aus. Thomas lachte höhnisch. „Ja, es ist schon sonderbar, wie normale Leute leben, nicht wahr?“ gab er zurück und hielt an.

    Thomas ging um den Wagen herum und wollte die hintere Tür öffnen und Nadine rausholen, doch diese stieß die Tür so heftig auf, dass er sie gegen die Beine bekam. Durch den scharfen Schmerz geschockt ging er in die Knie. Als er hochsah, bekam er die Tür mit voller Wucht gegen den Kopf und blieb für einen Moment liegen. Diese Zeit nutzte seine Geisel und rannte weg. Thomas quälte sich auf die Beine und nahm die Verfolgung auf. Er hatte Nadine gegenüber, den Vorteil, die Gegend zu kennen und setzte dem Mädchen nach. Nach wenigen Augenblicken hatte er sie eingeholt und riss sie zu Boden. Nadine schrie und wehrte sich. Er schlug ihr hart in den Rücken und durch diesen Schlag auf die Wirbelsäule spürte Nadine ein Taubheitsgefühl in den Beinen. Schnell packte er ihren Zopf und zerrte sie hoch. Sie weinte, ihre Hände gingen nach oben auf ihren Kopf und sie versuchte verzweifelt den Zug an ihren Haaren zu mindern. Als sie das Haus erreicht hatten, stieß Thomas das Mädchen heftig von sich. Sie stolperte und fiel über die Türschwelle. Schnell kroch sie aus seiner Reichweite und sah ihn ängstlich an. Thomas setzte nach, zerrte sie hoch und stieß sie zur Kellertreppe. Bevor es nach unten ging, drückte er sie gegen die Wand. Er hielt seinen Zeigefinger dicht vor ihrem Gesicht. „Du wirst jetzt ganz friedlich sein, ist das klar? Ich habe meiner Tochter versprochen, dir nichts zu tun, aber wenn du nicht spurst, dann werde ich das Versprechen brechen. Hast du mich verstanden?“ Nadine hatte die Augen geschlossen und nickte ergeben. „Runter mit dir!“ Er drehte sie in Richtung Treppe und sie ging langsam die Stufen runter. Hier unten stank es sehr muffig und sie rümpfte die Nase. Es waren mehrere Türen zu sehen. „Bleib stehen!“ kam der Befehl, als Nadine an einer der Türen vorbeiging. Sie führt den Befehl aus und drehte sich langsam zu ihrem Peiniger um. Dieser öffnete die Tür und sah sie drohend an. „Rein da!“ forderte er sie auf. Sie drückte sich an ihm vorbei. Durch ein verdrecktes Fenster drang nur spärlich Licht herein, doch es reichte um ihr zu zeigen, dass es vergittert war.

    Semir sah den Geiselnehmer an. „Lassen Sie den Schlüssel stecken und verschwinden Sie wieder!“ forderte dieser den Polizisten auf. Semir ging ein paar Schritte rückwärts und blieb wieder stehen. „Ich mache Ihnen einen Vorschlag! Lassen Sie die Frau gehen und nehmen Sie mich als Geisel!“ bot er an, doch der Geiselnehmer lachte höhnisch auf. „Die junge Dame hat sich bereit erklärt, uns zu begleiten. Verschwinden Sie jetzt!“ kam fauchend zurück. Langsam ging Semir zurück und versuchte mit der Geisel Blickkontakt aufzunehmen, doch diese schien völlig apathisch. „Hören Sie! Sie brauche die Frau doch gar nicht! Lassen Sie sie und die anderen Geiseln gehen!“ versuchte er weiter. Der Mann nahm kurz die Waffe vom Kopf der Geisel, zielte auf Semir und drückte ab. Die Kugel schlug dicht bei dem Polizisten in den Asphalt und er sprang ein Stück zurück. „Okay!! Bleiben Sie ganz ruhig! Ich gehe!“ stieß er aus und ging rückwärts zu Paul zurück. Der Mann zog die Geisel wieder ins Restaurant und es vergingen ein paar Minuten, bis er mit seinen Komplizen wieder herauskam. Jeder von ihnen hatte eine Geisel vor sich und bedrohte sie. Semir blieb stehen und sah, wie die Männer nach und nach in den Focus stiegen. Drei von ihnen ließen die Geisel zurück, doch der Vierte zog die junge Frau, die Semir eben schon gesehen hatte, auf die Rückbank und presste ihr die Waffe an den Kopf. Vollbesetzt raste der Wagen auf Semir zu. Er sprang im letzten Augenblick zur Seite, rollte sich über den Asphalt ab und erhob sich wenig später fluchend. Der Wagen verschwand auf die Autobahn. Semir sah den Fluchtwagen hinterher und zuckte zusammen, als es neben ihm hupte. Sofort riss er die Tür des BMWs auf und rief den Kollegen zu, sich um die Geiseln zu kümmern. Er selbst ließ sich auf den Beifahrersitz fallen. Während Paul Gas gab, griff er seine Sachen von der Rückbank und zog sich an. „Lass dich nicht abhängen!“ mahnte er seinen Partner. „Nur keine Sorge, ich kann auch einen Bleifuß haben. Alles okay?“ Semir nickte schweigend. Der Geiselnehmer raste in einem hohen Tempo und in einer riskanten Fahrweise über die Straße. Eines der Fahrzeuge, die vor ihnen fuhren, wurde von dem Geiselnehmer so geschnitten, das der Fahrer die Kontrolle über den Wagen verlor und sich querstellte. Die nachfolgenden Fahrzeuge wichen teilweise aus und es wunderte den Polizisten nicht, dass es zu Auffahrunfällen kam. „Scheiße!!“ stieß Semir aus und forderte Rettungskräfte über Funk an. Der Fahrer des Fluchtwagens fuhr immer riskanter und es kam, wie es kommen musste. Ein Fahrzeug geriet so außer Kontrolle, dass es sich an der Leitplanke mehrfach überschlug und auf dem Dach liegenblieb. Rauch stieg auf. „Paul! Lass ihn! Wir haben das Kennzeichen. Wenn wir ihn jagen, dann gibt es nur noch ein Unglück!“ befahl Semir seinem Partner. Paul konnte dem nur zustimmen. Semir griff zum Mikro. „Cobra 11 an Zentrale! Wir brechen die Verfolgung des Täterfahrzeuges ab! Fahndung nach einem schwarzen Ford Focus mit dem amtlichen Kennzeichen NE – AZ 9931! Achtung die Täter sind bewaffnet und haben eine weibliche Geisel dabei! Die Frau ist ca. 20 Jahre alt. Wir fahren zurück zum Rastplatz und werden die Zeugen dort vernehmen! Cobra 11 Ende!“ Er warf das Mikro einfach in den Fußraum und ließ ein wütendes „Scheiße!“ von sich hören. Paul fuhr von der Autobahn ab.

    Isolde Maria Schrankmann wollte gerade die Akten auf ihrem Tisch durchsehen als ihr Telefon klingelte. „Schrankmann!“ meldete sie sich wirsch. „Stoffers hier, LKA Düsseldorf. Frau Oberstaatsanwältin, wir haben die Information erhalten, dass die Tochter des Landesjustizministers entführt wurde.“ „Ach ja? Und wer hat das gesagt?“ fragte sie schnippisch. „Der Landesjustizminister selbst. Er hat mich vor fünf Minuten kontaktiert und mir den Inhalt des Erpresserbriefes vorgelesen. Ich werde umgehend ins Ministerium fahren!“ Schrankmann atmete tief durch. „Ich werde ebenfalls kommen. Wir treffen uns im Ministerium. Es werden keine Informationen an die Presse weitergegeben! Nehmen Sie alles mit, damit wir eine Fangschaltung einrichten können!“ forderte sie und beendete das Gespräch. Sie stand auf und wollte gerade das Büro verlassen, als sie mit Andrea Schäfer zusammenstieß. „Andrea, ich bin für die nächsten Stunden nicht erreichbar! Sagen Sie alle Termine ab!“ forderte sie sie auf. „Was soll ich den Leuten als Grund nennen?“ wollte Andrea wissen. „Dringende Umstände zwingen mich dazu!“ rief Schrankmann und verschwand. Sie fuhr mit dem Fahrstuhl in die Tiefgarage und nur wenig später mit ihrem Mercedes durch Köln und anschließend auf die Autobahn in Richtung Bonn. Sie brauchte fast eine Stunde, denn der Verkehr war extrem. Sie hatte das Radio an und genau in diesem Augenblick kamen die Verkehrsnachrichten. „Aufgrund einer Vollsperrung der A 57 wegen eines Großeinsatzes der Polizei, werden die Autofahrer gebeten, auf die Landstraßen auszuweichen.“ gab der Sprecher zu verstehen und Schrankmann drückte den Freisprechknopf ihres Handys. Sie wählte die Staatsanwaltschaft an. „Andrea, können Sie mir bitte herausfinden, um was für ein Polizeieinsatz es sich auf der A 57 handelt?“ bat sie ihre Sekretärin und erfuhr nur fünf Minuten später von der Geiselnahme an der Raststätte „Nievenheim Ost“, sowie von der Flucht der Täter und den Abbruch der Verfolgung. Sie ließ auch nicht aus, dass es bereits zu Karambolagen kam. „Ich wage gar nicht zu fragen, wer den Fall bearbeitet.“ stöhnte sie ins Telefon. Andrea Schäfer gab ihr die Antwort und Schrankmann schloss nur für einen kurzen Augenblick die Augen.

    Die Einschaltquoten sprechen für Komik, wie wir sie gestern gesehen haben. :(

    Ganze 14,9 Prozent Marktanteil und lt. Quotenmeter Primetime-Sieg. 1,43 Mio zuschauer in der Gruppe der 14 - 49jährigen und damit höher als in der Herbststaffel 2016

    Insgesamt kam man auf 9,3 Prozent und 2,69 Mio. Zuschauer. Was lt. Quotenmeter Alarm für cobra 11 zu erfolgreichsten Primetime-Angebot bei den privaten Anbietern machte.


    Somit scheint das Konzept was RTL vorlegt, richtig zu sein.

    Quelle: Quotenmeter

    Tja da fährt man im Urlaub und was trifft man? Cobra 11 Fans. Also noch einmal die Folge in geselliger Runde geschaut, doch auch jetzt hat sie mir nicht wirklich gefallen. Diesmal war es aber klar, woran es lag.

    Die abgedroschenen Ossi-Anspielungen, DDR, Stasi und alles was dazu gehört. Das muss ich nicht haben. Genausowenig wie FKK und Witzfiguren. Leider hat die Folge alles aufgeboten, was es hier gab. Die DDR ist wieder da, diesmal für ganz Deutschland. Was für ein Mumpitz.

    Okay, was die Eltern von Andrea damals gemacht haben, hat man ja nie erfahren. Aber das ist echt so unglaubwürdig gewesen. Peggy Lukac als Margot Schäfer und Henry van Lyck als Hans Hubert in der Folge „Für immer und ewig“ waren glaubwürdiger als Rüdiger Joswig und Christine Schmidt Schaller.

    Es gab in dieser Folge ungemein viele Ungereimtheiten. Angefangen mit den Fahrzeugen die sich ohne ersichtlichen Grund überschlagen. Gangster, die auf flüchtende Menschen schießen, die ohne Deckung einfach so über die Straße laufen, ohne auch nur eine Kugel abbekommen. Eine Atomrakete aus Chile. Semir sieht aus, wie der kubanischer Staatsmann Fidelito, der rein zufällig ein guter Freund von diesem Ronny war, der diesen aber nicht als falschen Freund erkannte.
    Eine Dana, die einen mit ihrem Verhalten einfach nur nervt. Eine Jenny, die nichts unternimmt und Dana mal bei Paul in die Schranken weist. Irgendwie hoffe ich ja noch, dass Semir mal was von Danas Avancen mitbekommt und ein Machtwort spricht. Aber das wird wohl nicht passieren.

    In dieser Folge muss ich sagen, hat Paul mich überzeugt. Sein Verhalten gegenüber Dana war gut. Hartmut war wie immer der Helfer in der Not und was Kim Krüger angeht, die plötzlich Dinge kann, die man ihr überhaupt nicht zutraut.

    Semir sah seinen Partner an und schüttelte tadelnd den Kopf. „Das musst du auch noch lernen.“ Paul zog die Schultern hoch. „Wir wollen eine Telefonnummer!“ ertönte es aus der Richtung des Restaurants. Paul grinste leicht und nickte seinen Partner zu. „Funktioniert doch.“ Semir rollte leicht die Augen. „Gib ihm meine Handynummer. Den Rest mache ich.“ legte er fest. Paul führte den Befehl aus und gab via Megaphon die Handynummer durch. „Jetzt kennen alle, die in der näheren Umgebung sind, deine Nummer.“ meinte er zu Semir und schon klingelte das Handy seines Partners. Semir meldete sich. „Hier spricht Hauptkommissar Semir Gerkhan von der Kripo Autobahn. Mit wem spreche ich?“„Das ist egal! Ich bekomme in fünfzehn Minuten einen schnellen Wagen vor die Tür gestellt! Keine Sender oder sonstige Tricks! Sie, Gerken werden den Wagen vor die Tür stellen! Sie werden nur die Unterhose tragen, sonst nichts! Wenn Sie sich weigern, werde ich eines der Kinder hier erschießen!“ forderte der Anrufer. „Hören Sie, das …. Hallo? Hallo?!“ Semir ließ das Handy sinken. „Okay, die wollen einen Wagen und ich soll ihn vor die Tür stellen.“ erklärte er nachdenklich. Paul sah ihn erstaunt an. „Und sonst nichts? Kein Geld? Gar nichts?“ Semir schüttelte den Kopf. „Also ich habe schon einiges erlebt, aber irgendwas stimmt hier nicht.“ murmelte Paul. Semir kniff die Augen zusammen. „Ja, da ist was faul. Aber solange er die Geiseln hat, sind uns die Hände gebunden.“ Paul sah zum Restaurant. „Was willst du jetzt tun?“ Sein Partner atmete tief durch. „Wir erfüllen die Forderung und hängen uns ran. Wenn die erstmal aus dem Restaurant sind und wir die Geiseln sicher haben, ist mir wohler.“ Jenny tippte ihn an. „Die Zeit läuft! Wir sollten ihn einen Wagen hinstellen, der eh schon hier ist. Das wäre auf jeden Fall besser, als wenn wir die erst hinhalten.“ schlug sie vor. Dieser Idee stimmte der türkische Hauptkommissar zu. „Du hast Recht.“ Paul sah sich um und entdeckte einen Ford Fokus. „Nimm den da! Der Besitzer sollte sich ja hier irgendwo befinden.“ Jenny sah kurz zu Fin. „Wir gehen in den Verkaufsraum der Tankstelle. Blöd wäre nur, wenn der Besitzer im Restaurant ist.“ meinte sie nachdenklich. „Findet es raus!“ forderte Semir und die Beiden verschwanden. Nur zehn Minuten später war sie wieder da und hob einen Schlüssel hoch. Semir nahm ihn und fing an, sich wie gefordert auszuziehen. „Zum Glück ist es nicht mehr Winter.“ meinte er noch und stieg in den Fokus. Im Schritttempo fuhr er vor das Restaurant, stieg aus und öffnete alle Türen. „Ihr Wagen ist da!!“ rief er laut und vernehmlich in Richtung Restaurant und tatsächlich ging die Tür auf. Ein maskierter Mann kam heraus und presste eine junge Frau an sich. Die Waffe hielt er ihr an die Schläfe. Semir hob die Hände und stellte sich so hin, dass der Mann ihn sehen konnte.

    Dr. Herbert Strohm griff zum Telefon, als es klingelte. „Strohm!“ bellte er in den Hörer. „Herr Minister, wir haben in der Poststelle eine auffällige Sendung erhalten. Sie ist an Sie persönlich adressiert, aber wir haben keinen Absender.“ hörte er und stöhnte leise auf. „Haben Sie ihn geöffnet?“ wollte er von dem Anrufer wissen. „Nein! Natürlich nicht. Wir untersuchen ihn gerade auf verdächtige Inhalte.“ Es hörte sich etwas empört an. „Okay, wenn Sie nichts feststellen können, dann öffnen Sie ihn in einem gesicherten Raum. Nicht das da irgendwie ein Erreger drin ist. Sorgen Sie für die notwendige Sicherheit!“ forderte Strohm und legte auf. Es dauerte gute fünfzehn Minuten, bis der Mann ihn erneut anrief. „Der Brief hat keine gefährlichen Inhalte. Lediglich ein Brief.“ verkündete er. „Dann lassen Sie ihn hochbringen!“ befahl Strohm und wartete darauf, dass seine Sekretärin ihn den geheimnisvollen Brief überreichte. „Danke Annette.“ lächelte er sie an. Er nahm sich Einweghandschuhe, die er immer im Schreibtisch liegen hatte und zog sie an. Dann nahm er den Brief aus dem Umschlag. Er faltete ihn auseinander und las. Mit jeder Zeile die er las, wurde er blasser. Der Inhalt des Briefes war eindeutig:

    Tote sprechen nicht, doch Überlebende wissen von Ihrer Schuld, Herr Strohm!
    Auf keinen Fall sollten Sie die Polizei über die Entführung informieren!
    Noch lebt Ihre Tochter! Ja! Sie lesen richtig! Wir haben Ihre Tochter!!!
    Kaufen Sie einen Bund Rosen und stellen Sie sich heute um 20:00 Uhr auf Gleis 1 am Hauptbahnhof!
    Stellen Sie sich auf weitere Benachrichtigungen unsererseits ein, kooperieren Sie!
    Tun Sie es nicht, geben wir Ihnen mit:
    Einen geliebten Menschen zu verlieren, bedeutet großen Schmerz!
    Lieben Sie Ihre Tochter?
    Leugnen Sie nicht Ihre Schuld und geben Sie Ihre Verstrickung zu!
    Es liegt jetzt in Ihrer Hand!

    Er legte den Brief auf den Tisch und starrte wenige Minuten darauf. Doch dann erwachte er aus der Starre und rief beim LKA an. Er ließ sich dort mit einem guten Freund verbinden. „Hans! Die haben meine Tochter! Meine Tochter ist entführt worden! Ich brauche Hilfe!“ gab er dem Beamten zu verstehen, der versprach umgehend ins Ministerium zu kommen. Herbert Strohm ließ sich auf seinen Stuhl fallen und las erneut die Zeilen.

    Jenny sah, wie der Mann und das kleine Mädchen wieder im Restaurant verschwanden. „Scheiße“ stieß sie leise aus. Sie sah sich suchend nach Fin um und entdeckte einen jungen Mann, der die ganze Situation und auch sie filmte. Erst glaubte sie nicht, was sie dort sah, doch dann ging sie mit energischen Schritten auf ihn zu und griff nach seinem Handy. „Das Handy ist eingezogen! Gehen Sie jetzt umgehend zur Tankstelle und lassen sich von den Kollegen in Sicherheit bringen!“ forderte sie ihn auf, doch der junge Mann bewegte sich nicht und grinste nur. Jenny sah ihn wütend an. „Hören Sie schlecht? Verschwinden Sie oder es folgt ein Bußgeld in einer sehr schmerzhaften Höhe, das kann ich Ihnen versprechen! Sie behindern die Polizeiarbeit!“ Erst jetzt folgte der junge Mann dem Befehl. „Blöde Tussi!“ knurrte er. „Beamtenbeleidigung ist auch strafbar! Kollege, nimm seine Daten auf!“ rief sie einem Kollegen zu, der den jungen Mann sofort festhielt. Fin kam zu ihr zurück. „Scheiße! Ich habe denen extra gesagt, sie sollen nicht am Restaurant vorbeifahren, aber die haben mich nicht ernst genommen. Wie willst du jetzt vorgehen?“ Jenny zog die Schultern hoch. „Ganz ehrlich? Ich weiß es nicht. Ich habe noch nie eine Geiselnahme gehabt.“ Fin sah zum Restaurant. „Ich auch noch nicht.“ Jenny bemerkte, dass sie von einem der Räuber beobachtet wurden. „Ich habe keine Ahnung, wie viele Geiseln die da drin haben. Vielleicht sollte ich die Leute davon überzeugen, dass sie keine Chance haben? Das macht man doch so, oder?“ Fin zog die Schultern hoch. „Versuch es.“ Jenny griff zum Mikrofon und schaltete die Außenlautsprecher an. „Hier spricht die Polizei! Das Restaurant ist umstellt! Sie haben keine Chance zu entkommen! Legen Sie die Waffen ab und verlassen Sie alle das Restaurant!“ forderte sie auf und versuchte der Stimme Eindruck zu verleihen. „Du kannst eine tote Geisel bekommen, Bulle! Das ist alles!“ gab einer der Geiselnehmer von sich. Jenny fluchte verhalten. „Okay, bewahren Sie die Ruhe! Was fordern Sie?“ wollte sie nun wissen. „Das sag ich dir noch, Baby!“ kam zurück. Jenny warf das Mikro auf den Sitz. „Versuch du mal, Semir und Paul zu erreichen! Die sollen sofort herkommen.“ bat sie Fin und der führte diesen Befehl umgehend aus.

    Semir und Paul fuhren gerade auf den Parkplatz der PAST und wollten aussteigen, als das Handy von ihm klingelte. Gleichzeitig wurden sie über Funk gerufen. Semir griff sein Handy. „Ja?“ fragte er nur. „Fin hier! Semir wir haben eine Geiselnahme an der Raststätte Nievenheim Ost!“ Paul hatte das Mikro gegriffen und bekam den Einsatzbefehl, umgehend zur Raststätte zu fahren. Semir zog die Tür wieder zu und startete den Motor, trat das Gaspedal durch und Paul schaltete Blaulicht und Sirene an. Die anderen Verkehrsteilnehmer machten ihm sofort Platz und so konnte Semir schnell zum Einsatzort gelangen. Kollegen hatten den Tatort bereits abgesperrt und die Zivilisten, die an der Tankstelle waren, evakuiert. Sie stiegen aus und er hob seinen Ausweis, als ein Kollege zu ihm kam. „Hallo Semir, Jenny ist da vorn und erwartet dich schon sehnsüchtig.“ „Danke Martin.“ Gemeinsam gingen sie zu Jenny, die am Einsatzwagen lehnte. „Gut, dass ihr da seid. Also, wir haben noch keine Angaben, wie viele Geiseln sich dort im Restaurant befinden. Ich habe Hartmut bereits hier im Einsatzbus und der versucht gerade die Kamera im Restaurant anzuzapfen.“ Semir sah sie lobend an. „Sehr gute Idee. Hast du sonst noch etwas? Was fordern sie? Wie viele Täter haben wir?“ Jenny zog die Schultern hoch. „Bisher noch gar nichts. Die wollen nur, dass wir verschwinden.“ erklärte sie. „Okay, schauen wir mal, wie weit Hartmut ist.“ Sie gingen in den Bus, wo Hartmut sie begrüßte. „Ich habe den Kanal gefunden. Wir können aber nur Bilder sehen. Es gibt keinen Ton.“ erklärte der Techniker. „Sehr gut. Okay, zeig mal was du hast.“ Gemeinsam schauten sie auf den kleinen Monitor. „Okay, ich sehe vier Täter und alle sind bewaffnet.“ murmelte Semir. Jenny sah ihn kurz an. „Schau mal Semir, da sind zwei Kinder!“ stieß Paul aus und wies auf die rechte Ecke des Monitors, wo er zwei Mädchen sah, die etwas sechs oder sieben waren. Dicht an die Mutter gedrängt. „Drei … vier … fünf … also ich zählte neun Personen neben den Tätern. Außerdem zwei … nein vier Personen in identischer Kleidung, die Angestellten. Also insgesamt 13 Geiseln.“ gab Semir leise von sich. „Wer hat eigentlich den Alarm ausgelöst?“ Er sah Jenny an. „War stiller Alarm.“ gab sie von sich. Paul sah auf die Uhr. „Okay, wir haben es gerade halb zehn. Die können doch noch gar nicht so viel in der Kasse haben, dass sich ein Überfall lohnt.“ Semir sah weiterhin auf den Monitor. „Ja, aber irgendwas müssen die vorhaben. Alex, du wirst dich erstmal zurückhalten. Vielleicht können wir sie überzeugen aufzugeben.“ wandte er sich an den Einsatzleiter des SEKs. Dieser hob kurz die Hand und zog sich zurück. „Okay, wir sollten auf jeden Fall versuchen Kontakt aufzunehmen, um zu erfahren, was sie wollen.“ legte Semir nun fest und verließ den Einsatzbus. Paul folgte ihm und kaum hatte Semir das Megaphon gegriffen, zog Paul es ihm aus der Hand. „Ich mach das mal.“ grinste er und schaltete das Gerät ein. „Hier sprich Hauptkommissar Paul Renner! Was fordern Sie für die Freilassung der Geiseln?“ wollte er wissen.

    Thomas Springfeld sah auf die verängstigten Gesichter der sich im Restaurant aufhaltenden Gäste. „Wenn ihr alles macht, was wir sagen, wird euch nichts passieren! Wir wollen nur unsere Reisekasse ein wenig auffüllen!“ ertönte von einem seiner Komplizen. Er nickte Achim zu und sah wie dieser an die Kasse trat. Die Kassiererin packte das Geld in die Tüte. Thomas wusste genau, dass es sicher nur wenige Hundert Euro waren, die jetzt in der Kasse lagen, doch er wusste, dass seine Freunde den Tresor, der sich sicher im Büro befand, leeren würde. Die Jungs waren froh über jeden Euro mehr in der Tasche. Sein Freund kam zu ihm und sah auf dem Weg in die Tasche. „Knappe 4.000 Euro, wenn ich richtig schätze. Und jetzt?“ fragte er. Thomas wies mit dem Kopf auf einen Nebenraum. „Wir werden alle im Nebenraum einsperren. Da ist kein Fenster. Nur Nadine Strohm wird uns begleiten. Wir hauen ab und trennen uns dann in Bonn. Danach werde ich dafür sorgen, dass ihr Vater seine Schuld zugibt und nachdem ich ihr erzählt habe, was er getan hat, kann sie gehen.“ erklärte Thomas. Er sah das Fred am Fenster stand und plötzlich die Waffe hochriss und schoss. Sofort war er bei ihm. „Spinnst du?“ fauchte er ihn an. „Die Bullen! Draußen sind die Bullen!“ gab Fred von sich. Thomas sah aus dem Fenster. „Fuck! Wieso sind die hier?“ wollte er wissen, doch weder Fred noch Achim oder Leo konnten ihm darauf eine Antwort geben. „Habt ihr alle Handys eingesammelt?“ wollte er von seinen Komplizen wissen. Fred und Leo sahen sich an. „Wir werden jeden noch mal durchsuchen!“ knurrte Fred und ging direkt auf die Geiseln zu, die nun an der einen Wand am Boden saßen. Thomas atmete tief durch. „Okay, unsere Anwesenheit wird sich etwas verlängern. Jemand hat die Polizei informiert und die werden wir jetzt überzeugen müssen, uns gehen zu lassen. Bewahren Sie bitte weiter Ruhe und geben Sie die Handys, die sich noch bei Ihnen befinden, freiwillig raus! Derjenige, der die Bullen informiert hat, trägt die Schuld, dass Sie noch nicht gehen dürfen.“ verkündete er und ging auf eine Mutter zu, die mit ihren ca. 6jährigen Kindern am Boden kauerte. Mit einem harten Griff zog er eines der Zwillinge hoch, das sofort anfing zu weinen. „Bitte, lassen Sie meine Tochter in Ruhe…bitte…“ flehte die Mutter.

    Achim kam zu Thomas. Er sah mit kaltem Blick auf das Mädchen, welches herzzerreißend weinte. „Halt deine Klappe!“ fauchte er das Mädchen an und tatsächlich verstummt es, wenn auch nur für wenige Augenblicke. „Was hast du jetzt vor?“ wollte Achim von ihm wissen. „Die Bullen werden den ganzen Rastplatz absperren! Die werden uns nicht gehen lassen. Wir müssen ihnen jetzt die bösen Jungs vorspielen. Pass auf! Ich werde mit der Kleinen jetzt zur Tür gehen und die Verhandlungen mit den Bullen aufnehmen. Wir werden einen Fluchtwagen und freies Geleit fordern. Als Geisel wird die Kleine von Strohm mitgenommen. Nur sie! Die Bullen werden sich vermutlich an den Fluchtwagen hängen, aber bevor wir unser Ziel erreicht haben, werden wir sie abgeschüttelt haben und dann trennen sich die Wege.“ erklärte Thomas seinen Plan. Sein Freund nickte nachdenklich. „Und du denkst die Bullen spielen mit? Die werden den Fluchtwagen mit einem Sender versehen und dann brauchen die dir gar nicht folgen.“ Thomas Springfeld grinste unter seiner Maske. „Nur keine Sorge, ich werde dafür sorgen, dass sie es nicht tun.“ Wieder folgte ein Nicken seines Freundes. „Ich vertraue dir. Aber sollte ich wegen dieser Scheiße wieder in den Knast gehen, dann bist du auf keinem Flecken der Erde sicher, das verspreche ich dir.“ Thomas sah seinen Freund an und schlug ihm auf die Schulter. „Danach wird mich keiner mehr finden, das glaube mir. Niemand…“ Er zog das Mädchen, das immer noch weinte, zur Tür und dabei versuchte er so sanft wie möglich zu sein, denn er wollte dem kleinen Kind nichts tun. „Hey, Ihr Bullen! Wir haben Geiseln! Haut ab!“ schrie er laut und als er Schüsse abgab, schrien die Leute im Restaurant panisch auf. Die Mutter der kleinen Geisel weinte hysterisch. Nur wenig später stieß er das Mädchen wieder in die Arme der Mutter, die ihn völlig verängstigt ansah.

    Dorothea Müller sah auf die Mädchen, die fröhlich lachend zur Kasse kam. „Na, da habt ihr ja richtig gute Laune.“ meinte sie. „Ja, wir fliegen heute in Urlaub. Ab in den Süden nach Thailand.“ erklärte die junge blonde Frau. „Oh, das klingt gut. Sonne pur.“ Sie gab die Preise in die Kasse ein. „Macht dann 23,80 €.“ Die junge Frau zog ihre Kreditkarte hervor und Dorothea nahm sie. Doch bevor sie den Zahlungsvorgang erledigen konnte, ging plötzlich ein Aufschrei durch das Restaurant und die Gespräche wurden eingestellt. Für einen winzigen Augenblick war es so still, dass man die sprichwörtliche Stecknadel hätte fallen hören können. Nadine stutzte und drehte sich langsam um. Im Restaurant standen vier vermummte und bewaffnete Männer, die die Türen versperrten. „Das ist ein Überfall! Keiner bewegt sich! Wenn alle tun, was wir wollen, dann kann es ein sehr schöner Tag werden!“ mahnte einer der Männer. Dorothea schob unmerklich ihre Hand unter den kleinen Kassentisch und suchte blind nach einem Knopf und drückte ihn. Sie wusste genau, dass jetzt in der nahegelegenen Polizeistation ein Notrufsignal einging. Einer der maskierten Männer kam auf sie zu. Schnell zog sie ihre Hand zurück und sah den Mann ängstlich an. „Los! Alles Geld hier rein!“ forderte er sie auf und gab ihr eine Plastiktüte. Dorothea nickte und führte den Befehl ohne Gegenwehr aus. Geld konnte man ersetzen, gegen solche Dinge war man versichert, aber das Leben war nicht zu ersetzen. Sie hatte keine Lust sich eine Kugel einzufangen oder gar zu sterben. Und das würde, das wusste sie, auch ihr Chef so sehen. Sie reichte die Tüte zurück. In Gedanken hatte sie das Geld gezählt. Es waren vielleicht gerade mal 380 Euro in der Kasse. Das würde ganz sicher nicht reichen, um die vier Räuber zu befriedigen. Der Mann sah sie wütend an. „Wo ist der Safe?“ fauchte er. Dorothea schluckte. Der Mann wusste scheinbar Bescheid. Die Nachteinnahmen waren noch im Tresor und das wussten nur sie und der Chef. „Im Büro…“ gab sie leise von sich. „Los! Aufmachen und das Geld hier rein!“ Die Angestellte schluckte und erhob sich langsam. Sie ging vor dem Räuber her und öffnete nur wenig später den Tresor. Hier lagen knappe 3200 Euro drin. Sie packte alles in die Tüte und sah den Mann an. „Das ist alles…“ sagte sie leise und reichte ihm die Tasche. Zu ihrer Verwunderung sah der Mann nicht einmal in die Tüte, sondern packte die Beute und nahm sie mit zu seinen Komplizen. Irgendwie hatte sich Dorothea einen Überfall anders vorgestellt. Sie hatte das Gefühl, dass es diesen Räubern nicht ums Geld ging. Doch warum sollte man sonst ein Restaurant überfallen? Wie lange würde es dauern, bis die Polizei hier ist und wie werden die Räuber reagieren, wenn sie die Polizei bemerken?

    Semir und Paul fuhren auf Streife, während Jenny sich einen Kaffee aus der Küche holte. Doch gerade als sie ihn auf ihren Schreibtisch stellte, kam Susanne zu ihr. „Jenny! Wir haben einen stillen Alarm aus dem „Serways“ Restaurant an der Raststätte „Nievenheim Ost!“ erklärte sie. Jenny sah sie an und stöhnte auf. „Wäre ja auch zu schön gewesen, wenn es mit einer zweiten Tasse geklappt hätte. Wissen wir genau, was passiert ist?“ Susanne schüttelte den Kopf. „Stiller Alarm“ wiederholte sie. Genau in diesem Augenblick kam Fin ins Büro. „Auf geht es Cowboy!“ sagte Jenny und zog ihn mit sich. „Was? Wohin?“ Jenny sah ihn an. „Rastplatz Nievenheim Ost. Komm, es geht um einen Überfall!“ Fin und sie verließen die PAST und fuhren mit Blaulicht und Sirene hin. Auf dem Rastplatz stellten sie fest, dass hier schon das Leben pulsierte. „Fin! Du wirst dafür sorgen, dass die Leute hier draußen verschwinden! Die Kollegen sollen Zu- und Abfahrten sperren! Keiner verlässt den Parkplatz ohne dass er kontrolliert wurde!“ gab Jenny strukturiert die Befehle und Fin nickte. Da sie zivil gekleidet war, würde es nicht auffallen, wenn sie in Richtung Restaurant ging und das tat sie nun. Sie beobachtete das Gebäude sehr genau und sah, dass sich die Gardine bewegte. Dann fuhr ein Streifenwagen an sie vorbei in Richtung Abfahrt. Jenny fluchte über das Verhalten der Kollegen und ahnte, dass es nun schwierig werden würde. Die Scheibe im Restaurant klirrte und plötzlich fielen Schüsse. Jenny duckte sich und rannte gebückt zur Treppe. Ihr stand lediglich die Steinbox der Mülltonne dicht beim Restaurant als Deckung zur Verfügung. Sie schloss die Augen und atmete tief durch. Die restlichen Besucher, die von Fin in Sicherheit gebracht werden sollten, liefen alle in Richtung Tankstelle und wurden von den Kollegen in Empfang genommen. Jenny sah kurz über den Rand und scheinbar schienen der oder die Räuber sie nicht zu sehen, denn die Waffen schwiegen. Vorsichtig schlich Jenny sich zum Dienstwagen zurück um Verstärkung zu rufen.

    Als Nadine an diesem Morgen die Augen aufschlug, bemerkte sie verwundert, dass ihre Freundin bereits aufgestanden war. Saskia wuselte in der Wohnung herum und sah sie nun freudig an. „Guten Morgen!“ trällerte sie. Nadine richtete sich auf. „Bist du krank?“ wollte sie von ihr wissen und Saskia lachte laut. „Nein! Der Urlaub beflügelt mich. Ich habe schon die Koffer im Auto und die Wohnung durchlüftet. Habe bereits geduscht und warte nur noch auf dich.“ erklärte sie. Jetzt stand Nadine auf und zog Saskia an sich. „Ich glaube, wir sollten öfter Urlaub machen.“ murmelte sie und küsste sie sanft. Nach einer Weile lösten sich die Frauen. „Geh duschen und dann ab zum Frühstücken!“ Sanft schlug Saskia ihr auf den Po. Nadine ging duschen und nach guten zehn Minuten war auch sie fertig. „Und?“ wollte sie von Saskia wissen, drehte sich in ihrem Outfit vor ihr und sah sie keck an. „Sehr schön. Aber du bist eh für mich die schönste Frau der Welt.“ lobte ihre Freundin. Nur wenig später ging es los. Nadine setzte sich ans Lenkrad und reichte ihrer Freundin den Umschlag mit den Bordkarten. „Eingecheckt haben wir schon via Internet. Wir setzen uns nach dem Frühstück einfach in die Lounge und warten auf den Aufruf.“ Saskia nahm den Umschlag. „Das spart uns dann doch die eine oder andere Minute ein.“ Nadine fuhr los. „Ja, dann haben wir Luft, falls wir doch in einen Stau geraten.“ Sie fuhr auf die A57. Bis zum Rasthof „Nievenheim Ost“ brauchte sie eine halbe Stunde. Saskia sah, während Nadine sich auf den Verkehr konzentrierte, in das Heft vom Reisebüro, um sich über die Begebenheiten auf Khao Lak zu informieren. Das Hotel lag direkt am Meer und wenn man der Broschüre glauben konnte, dann sah man von ihrem Zimmer aus auf die wunderschöne Bucht. Nur wenig später fuhr Nadine auf den Rastplatz und stoppte in der Nähe des Restaurants der Kette „Serways“. „So, dann lass uns frühstücken gehen. Ich brauche einen Kaffee!“ stöhnte sie, stieg aus und Saskia folgte ihr ins Restaurant. Sie suchten sich ein Frühstück aus und gingen zur Kasse.

    Thomas Springfeld saß um sechs bereits mit seinen Freunden Leo, Fred und Achim im Auto an der Raststätte Nievenheim Ost und warteten auf Nadine und Saskia. „Und was ist mit diesem Brief von dem du gesprochen hast?“ wollte Leo wissen. Thomas grinste ihn an. „Der wird Dr. Strohm um 11 Uhr vorgelegt werden.“ versprach er. Achim grunzte leicht und zog Waffen aus der Reisetasche hervor, die er an seine Komplizen verteilte. Thomas nahm seine Waffe und prüfte sie. „Okay, ich lege die Regeln fest. In der Kasse wird nicht viel drin sein, aber Leo hat bereits eure Belohnung von mir bekommen. Das könnt ihr euch dann mit der Beute teilen. Egal wie viele Personen dort drin sind, niemandem wird etwas passieren und wir werden von den Waffen nur Gebrauch machen, wenn es unbedingt notwendig ist. Ich werde mir die kleine Strohm schnappen und dann trennen sich unsere Wege.“ legte er fest. Leo sah ihn an. „Klingt gut aber woher weißt du, dass sie bei „Serways“ frühstücken werden?“ hakte er nach. Thomas lachte leise. „Das haben sie mir selbst gesagt.“ „Und was ist mit den Bullen? Ich meine, die werden ihre Handys haben und damit können die die Bullen anrufen!“ mahnte Achim. Thomas nickte. „Wir werden schnell handeln. Sobald wir im Restaurant sind, werden wir die Handys einsammeln. Ganz einfach. Du wirst sehen, die Bullen bekommen gar nichts mit.“ grinste er nur. Fred steckt sich die Waffe in den Hosenbund. „Und was bekommst du von der Beute aus dem Restaurant?“ Thomas sah ihn fest an. „Ich brauche nichts davon. Kein Geld, keine Beute, gar nichts.“ Fred lachte auf. „Ah ich verstehe, du wirst für die Kleine vermutlich auch Lösegeld fordern und damit ein schönes Leben führen, nicht wahr?“ Thomas schüttelte den Kopf. „Das Geld würde niemals sauber sein.“ erklärte er. Achim sah ihn an. „Dann werden wir wohl nicht viel Beute machen, oder?“ hakte er nun nach. „Es ist mir ehrlich gesagt egal. Ich will nur Nadine Strohm, mehr will ich nicht. Was ihr an Geld zusammenkratzen könnt, ist euer. Mir ist es egal wieviel es ist und vom wem ihr es nehmt, okay?“ Die Komplizen nickten. „Da ist sie!“ stieß Thomas aus, als der rote Golf auf den Parkplatz fuhr. Thomas sah auf die Uhr. Es war 09:20 Uhr. Die Mädchen stiegen aus und gingen ins Restaurant. Thomas und seine Komplizen folgten ihnen nach wenigen Minuten unauffällig.

    Eigentlich schaue ich ja nicht vor, aber da ich nächste Woche im Urlaub bin, habe ich es mal getan. Tja und was ich dann sehen musste, nee sorry. Das ist nicht die Cobra, die ich kenne und liebe. Schon die Eltern von Andrea fand ich nervig. Und dann diese Geschichte dahinter. Für mich war das mit der DDR auch überhaupt nicht lustig.

    Aber es gab auch Dinge die mir gefallen haben. Zum einen ist das Paul mit seinem Verhalten Dana gegenüber. Er wollte sie aus dem Hotelzimmer werden und ist dann selbst gegangen. Richtig so. Irgendwie hoffe ich sehr, dass Semir mal was davon mitbekommen, damit er Dana in die Schranken weist. Dieses Getue von ihr ist einfach nervig und an Jennys Stelle wäre ich ausgerastet. Aber die ist ja auffallend ruhig geblieben. Und dann Hartmut. Dank ihm konnte die Atombombe gefunden werden. Bei Finn muss ich sagen, wäre es mir nicht einmal aufgefallen, wenn er nicht dabei gewesen wäre.

    Die Hochzeit nun ja, war ziemlich kurz, die Geschenke entsprechend und das Dana den Brautstrauß fängt…Hätte man auch weglassen können. Mir wäre lieber gewesen, wenn Susanne ihn gefangen hätte, oder aber Jenny.

    Paul mit Bärtchen ….ja doch….gefällt mir. :D Schade, dass er ihn später abgenommen hat. Ich mag Oberlippenbärtchen. Auch wenn das nicht Ausschlaggebend ist.

    Ich trauere den Zeiten mit Alex Brandt nach. Das waren Folgen wo ich es kaum erwarten konnte, dass es wieder Donnerstag ist und man wusste, wie es weitergeht. Nun ja, RTL wollte es so, wie es ist und leider gilt auch hier „der Kunde ist König und was der Kunde will, wird gemacht“. Egal in welcher Branche man ist.

    Das ist zwar korrekt, aber ihr habt sie nicht befreit, das wäre gewesen, wenn die Gruppe in der Selbsteinschätzung korrekt platziert gewesen wäre. Das ist aber bei keiner Gruppe passiert. Nun ja, hier in der Story werdet ihr erfahren, wie die Geisel befreit wurde. :D

    Jenny, Paul und seine Eltern genossen den Gemüseauflauf. Klaus Renner erzählte Geschichten, an die er sich erinnerte und wurde mehrfach von Paul korrigiert, denn sein Vater vergaß viele Dinge zu erwähnen oder aber er verdrehte sie. Sie erinnerte sich, dass Paul mal erzählte, dass sein Vater Demenz hatte und vieles vergaß. Erst gegen Mitternacht beschlossen die Eltern nach Hause zu fahren. Paul brachte sie zur Tür und verabschiedete sie herzlich. Als er zu ihr zurückkam, lag Jenny auf der Couch und sah ihn müde lächelnd an. „Deine Eltern sind wirklich sehr nett, Paul.“ Dieser nickte und räumte den Tisch ab. „Ja, das sind sie. Mein Vater kämpft gegen diese verdammte Krankheit an und weiß doch, dass er sie nicht aufhalten kann. Irgendwann wird er den Kampf verlieren und dann nicht einmal mehr meine Mutter oder mich erkennen. Ich habe Angst vor diesem Augenblick.“ Er wusch die wenigen Teller schnell per Hand ab und setzte sich dann zu ihr. Sie legte ihren Kopf auf seinen Schoss und sah ihn an. „Das kann ich gut verstehen. Aber man darf die Hoffnung nicht aufgeben. Vielleicht gibt es irgendwann ein Medikament, dass deinem Vater hilft. Ich meine, die Forschung ist doch auch auf dem Gebiet schon sehr weit fortgeschritten und ich glaube gelesen zu haben, dass ein Medikament bei einer Maus die Demenz schon aufgehalten hat.“ Paul stöhnte leise auf. „Ich denke nicht, dass man eine Maus mit einem Menschen vergleichen kann. Die Maus hat sicher keinem erzählt, dass sie Demenz hat und es ist nur eine Mutmaßung der Forscher, dass es so etwas war.“ gab er seinen Bedenken bekannt. „Das ist natürlich möglich. Bekommt dein Vater eigentlich mit, dass es immer schlechter wird?“ Jetzt zuckte Paul mit den Schultern. „Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Ich hoffe aber nicht. Ich meine, stell dir mal vor, du würdest mitbekommen, wie du immer mehr vergisst. Wie deine ganzen Erinnerungen in ein schwarzes Loch fallen. Das muss einen auffressen.“ Jenny sah auf die Uhr. Paul bemerkte es und nahm die Weinflasche in die Hand. „Möchtest du noch ein Glas Wein?“ bot er an und Jenny nickte. „Dann habe ich schon zwei Gläser. Damit kann ich auch vergessen nach Hause zu fahren. Mit anderen Worten, ich nehme das Angebot an und schlafe bei dir. Mir reicht die Couch.“ Paul strich ihr sanft über den Kopf. „Klar, ich mache es mir hier bequem und du schläfst im Bett. Das ist schon in Ordnung.“ stimmte er zu. Jenny sah ihn an, zog sich an ihm hoch und küsste ihn. Paul hielt sie fest und erwiderte ihre Zärtlichkeiten. Wenig später lagen beide im Bett und gaben sich ihren Gefühlen hin. Einige Zeit später lagen beide glücklich und zufrieden nebeneinander und schliefen tief und fest.

    18.05.2017

    Jenny wachte am nächsten Morgen um sechs auf und sah sich zunächst verwirrt um. Neben ihr schlief Paul noch tief und fest. Langsam stand sie auf und war darauf bedacht, Paul nicht zu wecken, doch dieser schien einen leichten Schlaf zu haben. „Guten Morgen…“ murmelte er und sah sie mit einem Auge an. „Morgen.“ gab sie zurück, doch man hörte einen sonderbaren Ton. „Ist alles in Ordnung?“ hakte Paul sofort nach. Jenny sah ihn an. „Ich weiß es nicht. Ich weiß einfach nicht, was ich davon halten soll. Ich meine, wir sind Kollegen und sind jetzt schon zum zweiten Mal miteinander im Bett.“ Paul grinste leicht. „Mach dir doch keinen Kopf deswegen. Es ist doch alles gut. Jenny, warum sollen wir nicht zu unseren Gefühlen stehen. Ich liebe dich. Wirklich, ich liebe dich.“ Jenny stand auf und nahm ihre Sachen. „Paul, ich …“ sie lachte und suchte irgendwie verzweifelt nach Worten. „Gib doch einfach zu, dass du mich auch liebst. Das ist nicht so schwer.“ versuchte er sie zu überzeugen. Anstatt ihm zu antworten, legte sie sich wieder zu ihm und küsste sie ihn innig. Paul löste sich nach einer Weile und grinste. „Das ist auch eine Antwort.“ Jenny lachte auf. „Lass uns frühstücken und dann zur Arbeit. Nicht das Semir noch auf dumme Gedanken kommt und hier auftaucht. Ich will nicht, dass die Kollegen alles erfahren und Semir ist eine Tratschtante, das weißt du.“ mahnte sie und ging duschen. Während dessen deckte Paul den Frühstückstisch. Als Jenny zu ihm kam, lagen die Brötchen bereits im Ofen. „Achtest du darauf? Ich gehe nur eben duschen.“ bat er sie. Jenny nickte und wartete mit dem Frühstück auf ihn. Gemeinsam genossen sie das Rührei, die Brötchen und den duftenden Kaffee. Um acht fuhren sie los und als sie im Büro ankamen, sah Semir sie breit grinsend an. „Der denkt sich seinen Teil.“ stöhnte sie leise. „Lass ihm doch seinen Spaß.“ meinte Paul nur und wollte sie küssen doch Jenny zog sich zurück. „Okay, spielen wir noch ein wenig.“ murmelte er enttäuscht und ging zu Semir ins Büro. „Guten Morgen, Partner. Scheint ja eine schöne Nacht gewesen zu sein.“ grinste dieser ihn an. „Du bist neugieriger als eine Katze, weißt du das eigentlich? Aber ja, es war eine tolle Nacht. Und nun machen wir unseren Dienst und verlieren kein Wort mehr darüber!“

    Kurz nachdem Semir das Büro verlassen hatte, stand Paul auf und ging zu Jenny, die genau wie er und sein Partner viele Überstunden geschoben hatte. Sie packte gerade alles zusammen und freute sich auf ihren Feierabend. „Na?“ Jenny sah ihn an. „Na?“ lächelte sie. „Was machst du denn heute noch?“ versuchte er herauszufinden. Jenny stöhnte leise auf. „Ich werde jetzt nach Hause fahren und mich einfach nur auf die Couch legen.“ Paul trat von einem Bein auf das Andere. „Hättest du Lust mit mir zu essen?“ Sie sah ihn müde an. „Eigentlich bin ich zu müde aber ich habe auch Hunger. Wohin?“ Paul grinste leicht. „Zu mir. Ich kann dir was kochen.“ Jenny lächelte. „Okay, denkst du, du bekommst etwas Vegetarisches hin?“ Paul dachte kurz nach und nickte dann. „Klar, ich mache einen Gemüseauflauf. Saulecker, sag ich dir.“ Sie stand auf und nahm ihre Tasche. „Alles klar. Wie machen wir das mit dem Auto? Oder fahren wir mit zwei Autos?“ Sie sah ihn fragend an. „Du kannst bei mir übernachten. Ich penne auf der Couch.“ schlug er vor. Jenny sah ihn an und man bemerkte, dass es ihr unangenehm war. „Paul, das Thema hatten wir doch schon…“ fing sie an. Paul zog sie an sich. „Ich weiß, dass wir das Thema schon hatten. Das war doch schön, oder nicht? Außerdem sagte ich doch, dass du im Bett und ich auf der Couch schlafen werde.“ Jenny löste sich von ihm. „Paul, ich weiß nicht… ich meine, wir sind Kollegen. Ich habe einfach Angst, dass man über uns herzieht oder das einer von uns versetzt wird.“ versuchte sie sich raus zu reden. Paul sah sie mit traurigem Blick an. „Schade. Kann ich dich wirklich nicht überreden? Ich verspreche dir auch, dass ich nicht aufdringlich werde.“ Sie senkte den Kopf. „Ich werde es mir überlegen.“ versprach sie. „Gut und falls es nichts wird, fahren wir mit deinem Auto. Semir kann mich morgen dann abholen.“ schlug er weiter vor. Sie fuhren los und als sie am Boot ankamen sah er, dass seine Eltern vor der Tür standen. Etwas verlegen und leicht verwirrt wandte er sich an Jenny. „Ähm…das war nicht abgemacht.“ meinte er und stieg aus. „Papa? Mama? Was macht ihr denn hier?“ fragte er erstaunt. „Wir wollten dich mal wieder besuchen, Junge. Sonst bekommen wir dich ja nicht mehr zu sehen.“ Beklagte sich seine Mutter. Paul gab ihr einen Kuss auf die Wange. Dann wandte er sich an seinen Vater. „Wie geht es dir?“ wollte er von ihm wissen. „Geht so. Das Alter macht mir zu schaffen, aber so ist das halt, wenn man alt wird.“ Paul sah kurz zu seiner Mutter und lächelte dann seinen Vater an. Dieser sah Jenny skeptisch an und wandte sich an seinen Sohn. „Wer ist denn die bezaubernde Dame?“ wollte er wissen. Paul sah zu Jenny. „Das ist Jenny Dorn, meine Kollegin. Jenny, das sind meine Eltern.“ stellte er sie vor. Diese reichte den Eltern die Hand und murmelte etwas schüchtern ein leises „Hallo“.

    Gegen 20 Uhr fuhr Thomas Springfeld nach Frechen. Er hatte die beiden Frauen noch beobachtet, doch es kam nichts Interessantes heraus. Jetzt fuhr er allerdings nicht nach Hause, sondern zum Friedhof. Hier auf dieser schönen Anlage, etwas außerhalb von Frechen, hatte Karina ihre letzte Ruhestätte gefunden. An einem Automaten, der direkt am Eingang stand, holte er einen Strauß bunter Blumen und ging mit schweren Schritten an den Grabreihen entlang. Das Grab 147 lag in der Grabreihe A17. Als er es erreicht hatte, ging er in die Hocke, nahm die verwelkten Blumen aus der Vase und tat den frischen Strauß hinein. Sanft strich er über das auf dem Grabstein angebrachte Bild, welches eine junge blonde Frau zeigte. „Hey mein Engel. Morgenist es soweit. Jetzt weiß ich wie ich ihn dazu zwingen kann, seine Schuld zuzugeben. Ich werde ihm zeigen, dass ich nichts vergessen habe und dass er für seine Schuld die Strafe zu tragen hat. Morgenwird er erfahren, was es heißt, dass Liebste auf der Welt zu verlieren. Ich habe alles vorbereitet. Morgen wird er für deinen sinnlosen Tod bezahlen!“ sagte er leise und horchte. „Was? Ja, du hast ja Recht. Sie hat mir nichts getan, aber sie ist das einzige Mittel an ihn heran zu kommen. Sie ist mein Werkzeug, dass er endlich die Wahrheit sagt.“ Er sammelte einige Papierstücke vom Grab. „Nein, nein. Ich werde sie nicht töten. Das verspreche ich dir, Karina. Ihr wird nichts passieren. Aber sie wird erfahren, was er getan hat und dann wird sie ihn hassen. Er wird von seiner Frau verlassen, dann wird er alles verlieren, was er liebgewonnen hatte. Seinen Job! Ja, er wird auch seinen Job verlieren. Genau wie ich.“ Thomas lachte irre doch dann horchte er wieder. „Was sagst du? Oh nein! So einfach ist das nicht! Ich kann es nicht auf sich beruhen lassen. Wenn er nicht gewesen wäre, dann wärst du noch bei mir. Dann wäre Mama noch bei mir. Dann wäre alles gut.“ Er nahm einen Schluck aus der halbleeren Whiskyflasche und warf sie, als er sie geleert hatte einfach auf die Grünfläche. „Karina, du warst … nein, du bist mein Ein und Alles. Ich wollte sehen wie du heiratest! Ich wollte sehen, wie du mit deinem Carlos glücklich wirst. Wie du Kinder bekommst! Und jetzt? Was habe ich jetzt? Nichts!! Ich bin ein gebrochener Mann und er ist schuld daran. Soll ich dir ein Geheimnis verraten?“Er kicherte leise. „Ich werde bald zu dir kommen. Sobald alles erledigt ist, werde ich zu dir kommen meine geliebte Karina. Aber erst werde ich ihn zerstören.“ Wut war in der Stimme zu hören. Er stand auf und schwankte ein wenig. „Ich habe nur noch meine Erinnerungen an die schöne Zeit, als wir alle zusammen waren. Du, die Mama und ich. Wir waren so glücklich. Und jetzt ist nichts mehr da. Alles weg! Einfach alles weg! Also mein Engel, sobald ich alles erledigt habe, komme ich zu dir.“ versprach er und wankte zur Straße. Er stieg in sein Auto und fuhr konzentriert nach Haus. Alles ging gut und er parkte den Wagen direkt vor der Haustür. Durch den Alkohol stark benebelt, brauchte er eine Weile, um seine Tür zu öffnen. Doch dann endlich war er in seinem Reich. Er schloss die Tür und trat auf eine der leeren Pizzaboxen, die er einfach auf den Boden geworfen hatte. „T’schuldigung…“ lallte er und schwankte ins Wohnzimmer. Dort ließ er sich auf die Couch fallen und schloss die Augen.

    Thomas war den Frauen bis ins Restaurant gefolgt und hängte sich auch jetzt wieder an den Wagen, als sie abfuhren. In seinen Gedanken spielte er noch einmal alles durch. Dieses Mädchen war genauso alt wie Karina als sie sterben musste. Sterben, damit dieser Dr. Herbert Strohm beruflich Kariere machen konnte. Das niemand von seiner Schuld wusste, glaubte er nicht. Eher lag der Mantel der Verschwiegenheit über diese Tat, weil er in der Politik war. Dr. Herbert Strohm war sehr angesehen und saß sicher am längeren Hebel, wenn es darum ging der Strafverfolgung zu entgehen. Doch schon sehr bald würde dieser „Stroh im Kopf“ erfahren, was es heißt, mit einer schweren Schuld zu leben. Er, Thomas wusste, dass die Tage von diesem Saubermann gezählt waren. Bald musste Strohm eingestehen, einen großen Fehler gemacht zu haben. Einen Fehler, der 5 unschuldige Menschen das Leben kostete. Die Vergangenheit holte jeden irgendwann ein und da war auch Dr. Strohm nicht vor gefeit. Er malte sich aus, wie die Presse über diesen Mann herfiel und ihn sprichwörtlich zerriss. Die Staatsanwaltschaft und auch die Richter mussten seine Schuld sehen und ihn ins Gefängnis bringen. Dann war die Schuld gesühnt! Dann konnte er und auch Karina in Frieden ruhen. Er lachte leise und malte sich aus, wie die nächsten Tage ablaufen würden. Nadine Strohm wird nicht in Urlaub fliegen, so viel stand fest. Genau wie Karina war ihr ein anderer Weg bestimmt. Es wiederholt sich, sagte er leise. Jetzt kam es nur auf eine günstige Gelegenheit an. Und er musste seiner Tochter sagen, dass es bald soweit war, bald war ihr unsinniger Tod gerächt! Er war derjenige, der für Gerechtigkeit sorgen würde und dann ging er zu seiner Karina. Er wusste, dass sie schon auf ihn wartete. Der Golf fuhr von der Autobahn und hielt nur wenig später in einer sehr noblen Gegend von Düsseldorf. Das Haus, in dem die Wohnung der Frauen lag, war sehr nobel und hier schien der Geldadel zu leben. Erst überlegte er, die Frau aus der Wohnung zu holen, doch hier gab es mit Sicherheit eine private Security, die alle Häuser bewachten. Er musste es anders machen. Aber wie? Moment, diese Nadine Strohm sagte doch, dass sie morgen an der Raststätte Nievenheim Ost frühstücken und dann zum Flughafen wollten. Das hatte er im Restaurant mitbekommen. Das hieß, die einzige Möglichkeit, sich dem Mädchen habhaft zu werden, war die Raststätte!

    Für Semir und Paul endete der Tag heute ausnahmsweise schon um 18 Uhr. Sie waren fast 28Stunden im Dienst und wurden nun von Kim Krüger nach Hause geschickt. Natürlich hatte sie den letzten Fall erfolgreich gelöst und die Täter hinter Schloss und Riegel gebracht. Jetzt wollte Semir einfach nur nach Hause und ein paar Stunden Ruhe genießen. „Ab Montag haben wir Nachtschicht. Vielleicht ist es dann ruhiger.“ stöhnte er und Paul nickte nur. Semir bemerkte, dass sein Partner ständig durch die Scheibe auf Jenny starrte und lächelte. „Frag sie doch einfach, ob sie mit dir essen geht.“ schlug er vor und erhob sich. Paul nickte ihm zu und Semir verschwand. Nur wenig später war er auf dem Weg nach Hause und wieder einmal hatte er ein Versprechen, das er Andrea gegeben hatte, gebrochen. Als er zuhause ankam, begrüßten ihn die Kinder stürmisch und Andrea war gerade dabei den Tisch fürs Abendessen zu decken. Sie sah ihn tadelnd an. „Hallo Schatz. Wieder so ein langer Tag?“ fragte sie und ließ deutlich hören, was sie davon hielt. „Tut mir leid, aber ich war einfach nicht abkömmlich. Kommt nicht wieder vor, versprochen.“ gab er zurück und strich ihr sanft über die Wange. Sie stellte einen Teller mit dem Mittagessen in die Mikrowelle und setzte sich an den Tisch. „Semir, du versprichst mir schon seit Monaten, dass es nicht mehr vorkommt. Es ist schon wieder wie vor unserer Trennung. Du lebst nur für die Arbeit und vergisst dabei, dass du auch eine Familie hast.“ beklagte sie sich. Semir setzte sich neben ihr. „Ich weiß. Aber das ist nun mal mein Beruf. Ich meine, ich sitze ja nicht in irgendeinem Büro, wo ich pünktlich zum Feierabend den Bleistift auf den Schreibtisch lege und nach Hause fahren kann.“ verteidigte sich der Polizist. Andrea sah ihn an. „Das weiß ich doch. Dennoch hast du eine Familie. Hast du den Fall wenigstens abgeschlossen?“ Er nickte stolz. „Ja, ich habe den Täter und der sitzt jetzt in Untersuchungshaft.“ Andrea lächelte. „Sehr schön. Dann werden wir jetzt essen und den Abend hoffentlich ohne Störung genießen können?“ Semir holte sich das warme Essen aus der Mikrowelle. Andrea sah in die Runde und Dana nickte ihr unmerklich zu. „Übrigens, Ayda hat heute eine 1 in Mathe geschrieben. Sie war die Beste. Lilly und ihr bester Freund haben sich im Kindergarten gestritten und sie will nie wieder ein Wort mit ihm sprechen. Dana hat Bescheid von der Polizeischule. Im September fängt sie ihre Ausbildung an.“ berichtete sie ihm von dem Geschehen an ihrem Tag. Semir sah seine Kinder an. „Super! Dana, ich bin mächtig stolz auf dich und auch auf dich Ayda. Du bist wirklich sehr fleißig. Und Lilly, was hat denn Fred so böses gemacht? Soll ich ihn verhaften?“ wandte er sich an seine Jüngste. „Der hat mit der Lisa gesprochen! Und der weiß, dass ich die gar nicht mag.“ maulte die fünfjährige Lilly. Semir grinste leicht. Kind müsste man sein, da waren die Sorgen doch viel geringer, dachte er nur. Anschließend sah er Andrea an. „Wie lief es heute in der Staatsanwaltschaft?“ Sie stöhnte auf. „Frag lieber nicht. Schrankmann hatte heute wieder einen ihrer schlechten Tage und was das heißt, weißt du ja. Niemand kann etwas richtigmachen außer ihr und keiner versteht, dass sie das nicht akzeptieren kann. Das übliche Bla Bla.“

    Er lächelte sie an. „Natürlich, das kann es sein. Er steht sicher öfter in der Zeitung. Aber kommen wir zu dem Reisegutschein. Für diesen könnten Sie, was wir gerade im Angebot haben, nach Thailand. Genauer gesagt, Khao Lak, das ist ein Geheimtipp. Sie würden im Hotel Kantary Beach Villas wohnen. Von Ihrem Zimmer aus, haben Sie Blick auf ein tiefblaues Meer. Der Strand ist direkt vor der Tür und in dem Preis inbegriffen, ist eine Kanu-Tour durch die Hong Islands der Phang Nga Bucht. Natürlich ist auch eine Führung zu den Sehenswürdigkeiten, wie die Food Street in Bang Niang oder auch der Chong Fah Wasserfall oder den ruhigeren Sai Rung Fall. Außerdem gibt es Eintrittskarten zur Moo Moo Cabaret Show.“ Er sah Blondie an und diese wandte sich ihrer Freundin zu. „Was meinst du? Das hört sich doch ganz nach Traumurlaub an, oder?“ Die Freundin nickte und kicherte. „Das ist wie geschaffen für uns. Ich habe von dieser Show schon mal gehört. Andy war vor drei Jahren da und er schwärmt noch heute davon.“ Blondie wandte sich wieder Thomas zu und nickte. „Wir nehmen die Reise. Starten würden wir gern schon morgen, wenn es machbar ist.“ Thomas sah auf den PC und bestätigte den Reisetermin. „Dann brauche ich bitte Ihre Namen. Am besten geben Sie mir kurz Ihren Ausweis, dann kann ich alle erforderlichen Daten ablesen.“ bat er und Blondie schien keine Bedenken zu haben. Er gab die Daten ein und merkte sich vor allem die Adresse. Als er das Alter von Blondie sah, schluckte er. Sie war genauso alt, wie seine Tochter, als sie starb. Das war ein Wink des Schicksals. Da war sie! Seine Chance den Killer seiner Tochter endlich der Gerechtigkeit zuzuführen. Sie war der Schlüssel! Jetzt musste er nur aufpassen, dass er keinen Fehler machte. Er musste alles genau planen. Doch die Zeit drängte.

    Nadine Strohm bedankte sich bei dem Mann und verließ mit Saskia das Reisebüro. „So, dann auf zu den letzten Vorlesungen. Und danach gehen wir nach Mackes und essen dort eine Kleinigkeit, was meinst du?“ Saskia dachte nur kurz nach und stimmte zu. Sie fuhren zur Uni und lasen während der Vorlesung im Reisemagazin, welches ihnen der Mann gegeben hatte. Es war sehr interessant und sie freuten sich schon auf den Urlaub. Um 12:30 war die Vorlesung geschafft. „Ich habe echt großen Hunger. Irgendwie werden diese Vorlesungen auch immer länger und das Essen in der Mensa kannst du echt vergessen.“ stöhnte Saskia. Sie verließen die Uni und gingen zum nahegelegenen Fast-Food-Restaurant. Das Menü war schnell gewählt und sie suchten sich einen Tisch in der hintersten Ecke aus. „Ich freu mich schon wie Bolle auf den Urlaub. Was der Typ da erzählt hat, klang richtig toll. Der Flug geht um 12 Uhr. Das heißt, wir müssen spätestens um zehn am Flughafen sein.“ mahnte Nadine. Saskia stöhnte auf. Sie war ein Morgenmuffel wie er im Buche stand und hatte überhaupt keine Lust früh aufzustehen. „Das heißt ja, dass, wenn wir frühstücken wollen, schon um sechs aufstehen.“ meinte sie. Nadine lachte. „Das wirst du schon schaffen. Denk daran, dass der Flug sehr lang ist und du auch dann schlafen kannst. Wegen dem Frühstück, würde ich sagen, dass wir an der Raststätte Nievenheim Ost frühstücken. Dann haben wir keinen Stress und was noch besser ist, wir haben kein dreckiges Geschirr.“ schlug sie vor. Saskia biss in den Hamburger und nickte. „Jetzt kann man das eh nicht ändern. Aber damit eines klar ist, wir schlafen im Urlaub auch aus! Wir machen Party und wir genießen die Ruhe. Dieser Ausflug mit dem Kanu klang sehr gut. Ich freu mich schon drauf.“ Nadine lachte leise. „Oh ja, und dann diese besonderen Nächte in Bangkok. Die müssen einfach sein! Sag mal, bist du heute Nachmittag um vier bei der Vorlesung?“ fragte sie. „Nein, ich habe die letzten vier schon mitgemacht. Eine darf ich schwänzen. Und du?“ Saskia sah sie an. „Ich glaube, heute gehe ich auch nicht. Wir müssen ja noch packen. Ich habe übrigens schon mit Alex gesprochen. Er wird unsere Pflanzen und die Fische versorgen.“ Saskia nahm sich eine der Pommes und tunkte sie tief in den Ketschup. „Weißt du was ich irgendwie toll finde?“ wollte sie von Nadine wissen, die mit dem Kopf schüttelte. Saskia lachte leicht. „Deinen Vater! Ja, deinen Vater. Ich finde es sehr großzügig von ihm, dass er uns diese Reise spendiert hat.“ Nadine nickte. „Ja, er ist der beste Vater, den man sich vorstellen kann. Er hat es akzeptiert, dass ich nicht auf Männer stehe und er mag dich.“ Saskia bekam einen melancholischen Blick. „Ich wünschte, ich hätte auch so einen Vater. Ich meine, die Wohnung die wir uns teilen, kannst du dein Eigen nennen. Zum Abi hast du ein Auto bekommen und jetzt diese Reise. Mein Vater hatte nur abfällige Bemerkungen für mich, als ich ihm sagte, dass ich eine Frau liebe. Ich glaube, er wird es nie akzeptieren.“ Nadine senkte den Kopf. „Ach komm! Ich bin mir sicher, dass er dich liebt. Er muss lernen damit umzugehen und ich würde sagen, das werden wir nach dem Urlaub in Angriff nehmen.“ Sie strich ihrer Freundin sanft über das Gesicht und Saskia lächelte leicht. „Das klingt gut.“ Eine halbe Stunde später verließen sie das Restaurant und stiegen in Nadines roten Golf. Als sie abfuhren, bemerkten sie nicht, dass sie verfolgt wurden.

    Es dauerte fast sieben Monate bis er glaubte, Beweise für seine Theorie gefunden zu haben. Zu den Opfern gehörte auch ein angesehener Politiker, der, so schrieb die Zeitung, der angebliche Grund für die Detonation gewesen sein sollte. Er, Thomas, hielt die Mutmaßungen der Reporter für sehr glaubwürdig, denn dieser Politiker war für die Position des Landesjustizministers vorgesehen und konnte sich gegen seinen einzigen Konkurrenten durchsetzen. Doch kurz vor der amtlichen Ernennung, geschah dieses Unglück und der Politiker fand den Tod. Sein Konkurrent wurde anschließend zum Landesjustizminister ernannt und hatte somit sein Ziel erreicht. Thomas hatte versucht Dr. Herbert Strohm zur Rede zu stellen, doch man ließ ihn nicht vor. Strohm lehnte jede Stellungnahme ab und gab sein Bedauern über den schweren Verlust vor, doch Thomas glaubte ihm kein Wort. Auch versuchte er, die Polizei davon zu überzeugen, dass sie einem falschen Verdacht nachgingen, doch die Beamten hatten ihren Täter und wollten nicht weiter ermitteln. Aufgrund seiner Verbissenheit bemerkte er gar nicht, dass er seine Ehe aufs Spiel setzte. Und als Dr. Strohm sogar eine Bannmeile gegen ihn verhängte, ging sein Leben den Bach runter. Er trank immer mehr Alkohol um seinen Schmerz über den Verlust und über die Wut, dass der für ihn wahre Täter immer noch auf freiem Fuß war, zu bekämpfen. Er bemerkte nicht, dass seine Frau genauso unter dem Tod von Karina litt. Sie sprachen kein Wort mehr miteinander und lebten einfach nur in den Tag hinein. Irgendwann verlor er dann seinen Job und fand den Trost in seinem neuen flüssigen Freund. Dann kam die Scheidung und jetzt wurde er wach, doch es war zu spät. Er machte eine Entziehungskur, zog aus dem Haus aus und in eine Zwei-Zimmer-Wohnung ein, die ihm vom Sozialamt bewilligt wurde. In dieser Wohnung lief nun sein Leben ab. Leben? Lebte er noch? Nein, er existierte nur noch. Für ihn war das Leben schon lange vorbei. Ohne seine Karina konnte er nicht leben. Alles war verloren. Seine Tochter tot, seine Frau und sein Job weg. Ihm blieb nur der Alkohol, indem er seinen Schmerz und seine Trauer ertrank. Er wischte sich die Tränen weg, nahm sich die nächste Flasche und leerte sie fast in einem Zug. Dank dem Alkohol konnte er der Realität entfliehen, doch sie würde ihn spätestens morgen früh wieder eingeholt haben.

    Obwohl er viel zu viel getrunken hatte, stand er am nächsten Morgen pünktlich auf, um seinen Job in einem Reisebüro anzutreten. Eigentlich war er LKW-Fahrer und fühlte sich auf der Straße sehr wohl, doch durch seine Alkoholkrankheit wurde sein Führerschein schon zweimal eingezogen und schon beim letzten Mal hatte er ihn nur mit Mühe zurückbekommen. Seine Betreuerin beim Job-Center hielt es für eine super Idee, ihn nun in eine Umschulung zu stecken und einen Reiseverkehrskaufmann aus ihm zu machen. Anfangs war er zwar begeistert überhaupt eine Tätigkeit zu haben, aber er bemerkte schnell, dass dieser Job ihn langweilte. Anderen Leuten eine Reise aufschwatzen, von denen er gar keine Ahnung hatte, war nicht wirklich sein Ding. Dennoch führte er die Schulung durch. Nach vier Kaffees war er bereit und trat pünktlich seinen Dienst an. Jetzt hieß es auf Kundschaft zu warten und das konnte lange dauern. Ein Gutes hatte dieser Job allerdings. Wenn er hier auf der Arbeit war, dachte er nicht über sein Schicksal nach und kam ohne Alkohol aus. An diesem Morgen kamen zwei junge Frauen ins Büro und kicherten albern. Sie sahen sich verschiedene Magazine an und schienen sich nicht festlegen zu können. „Guten Morgen, die Damen.“ begrüßte er sie und wies auf die Stühle vor seinem Schreibtisch. Die Frauen setzten sich. „Guten Morgen. Wir würden gern einen Reisegutschein einlösen.“ erklärte die junge blonde Frau mit den braunen Augen. Thomas bemerkte, dass er eine gewisse Ähnlichkeit zu seiner Tochter entdeckte. Auch Karina hatte blonde Haare und braune Augen. „Wo soll es denn hingehen?“ Wieder wechselten die Frauen einen Blick. „Das wissen wir noch nicht. Es soll auf jeden Fall weit weg gehen.“ Er lächelte. „Haben Sie den Gutschein dabei? Dann kann ich sehen, wie weit weg Sie können.“ schlug er vor. Blondie suchte in ihrer Tasche und zog einen Umschlag hervor, den sie ihm reichte. Es war ein normaler Briefumschlag, der sogar noch frankiert und adressiert war. Als er den Empfänger sah, musste er schwer schlucken. „Sie sind Frau Strohm?“ wollte er zur Sicherheit wissen und Blondie nickte. „Der Name sagt mir etwas…“ murmelte er. „Oh wirklich? Na, vermutlich haben Sie schon von meinem Vater gehört. Er ist der Landesjustizminister von NRW.“ erklärte sie und ihm fuhr ein kalter Schauer den Rücken entlang