Beiträge von Elvira

    Semir versuchte seine Atmung zu kontrollieren, doch der Druck, den Struck ausübte, ließ ihn leicht panisch werden. Seine Luft wurde immer knapper, doch dann kam der Mann wieder zur Besinnung und ließ ihn los. „Julian, bring ihn in unsere besonderen Räume.“ forderte er seinen Komplizen auf ohne ihn anzusehen. Er beugte sich zu Semir runter. „Morgen Abend wirst du durch die Straße der Schmerzen laufen. Ich werde dich als unreine Kraft bezichtigen und meine Anhänger werden dich strafen! Sie werden dich halb tot prügeln und ich werde genüsslich zusehen. Julian, bring ihn morgen Abend um neun raus!“ Julian und ein weiterer Mann packten Semir und schleiften ihn durch den Raum. „Sie werden damit nicht durchkommen!“ stieß Semir aus und sträubte sich gegen seine Bezwinger. Es ging über den Hof und an dem Brunnen, der in der Mitte stand, öffnete sich eine Klappe im Boden. Semir stutzte kurz. Deshalb hatte sie bei der Durchsuchung nichts gefunden. Struck hatte hier einen Geheimgang gebaut. Eine Treppe wurde sichtbar und als Semir sie runtersteigen wollte, bekam er einen Stoß in den Rücken und verlor das Gleichgewicht. Aufgrund der auf dem Rücken gefesselten Hände konnte er den Sturz nicht abmildern und blieb am Treppenende reglos liegen. Seine Peiniger gaben ihm keine Zeit sich zu erholen und zerrten ihn auf die Füße. Semir wurde durch einen langen Gang gestoßen und anschließend in einen Raum. Die Tür wurde zugezogen und verschlossen. Nur wenig später wurde das Licht gelöscht und Semir stand in kompletter Dunkelheit. Er ließ sich auf den Boden nieder und spürte jede Rippe. Bei dem Sturz hatte er sich garantiert zwei der Rippen gebrochen, wenn nicht noch mehr. Semir verfluchte seinen Alleingang und hoffte inständig, dass Alex schon bald auf die Suche nach ihm ging. Sein Partner war nicht dumm und würde sicher eins und eins zusammenzählen können. Er robbte zur Wand, lehnte sich dagegen und schloss die Augen. Struck brauchte ihn noch und so lange war sein Leben sicher, denn ohne ihn hatte Struck kein Druckmittel. Doch sobald die Übergabe vorgenommen wurde, da war er sich ganz sicher, würde Struck ihn eiskalt umbringen.


    Julian ging zu Struck zurück. „Was hast du vor?“ wollte er erneut wissen. „Nun, wie ich schon sagte. Ich werde Gerkhans Kollegen übermorgen anrufen und Lösegeld fordern.“ gab Struck von sich. Julian lachte leise. „Denkst du, die werden ihn freikaufen?“ Struck grinste leicht. „Weißt du, es heißt immer der Staat lässt sich nicht erpressen aber ich weiß es besser. Jeder seiner Kollegen wird alles tun, um ihn unversehrt zurück zu bekommen. Wie du schon festgestellt hast, hat er Familie und dein Plan eines seiner Kinder oder seine Frau zu holen, war ja nicht falsch. Aber die Kollegen werden immer so angriffslustig, wenn man sich an der Familie vergreift. Da ist es doch schon besser, wenn man einen Erwachsenen hat. Außerdem sind Frauen und Kinder nervig. Die jammern rum und das zerrt an den Nerven. Morgen werden wir Gerkhan durch die Straße schicken. Ich habe mir da schon etwas überlegt.“ Julian nickte. „Und heute? Willst du ihn einfach so im Raum lassen?“ Struck nickte. „Er kann nichts machen. Seine Hände sind mit Handschellen gefesselt und mir ist noch kein Bulle untergekommen, der die ohne Hilfe lösen kann. Er macht da keine Ausnahme. Ich werde morgen noch meinen Spaß haben.“ grinste er. Julian sah ihn an. „Ich halte es für ziemlich gefährlich, ihn hier zu behalten. Die Kollegen werden ihn sicher vermissen. Was, wenn die wieder mit einer Hundertschaft anrücken und den Bauernhof auseinandernehmen?“ Struck hörte das Julian Angst hatte und legte seinen Arm um die Schultern des jungen Mannes. „Was sollten sie denn finden? Gerkhan kann da unten um Hilfe rufen, bis er heiser ist. Niemand wird ihn hören. Glaub mir, er ist da so sicher wie in Abrahams Schoss. Die haben den Gang schon beim ersten Mal nicht gefunden. Warum sollten sie es jetzt tun?“ Julian zog die Schultern hoch. „Okay, ich vertraue dir. Was willst du denn noch mit ihm machen?“ Struck nahm seine Hand zurück und setzte sich auf die Couch. „Nun, ich denke, ich werde ihn noch zur Rechenschaft ziehen. Was ist eigentlich mit dem Verräter? Woher wussten die Bullen das der Deal läuft?“ Julian stöhnte leise auf. „Ich weiß es nicht. Einen Verräter kann ich eigentlich ausschließen. Vielleicht hatten die Bullen nur Glück?“ Struck schüttelte den Kopf. „Ich glaube nicht an Glück. Aber vielleicht sagt Gerkhan uns ja, wer uns verraten hat.“ Julian nickte nachdenklich. „Wann willst du ihn befragen?“

    Semir sah durch das Fenster ins Haus von Leuthäuser. Dieser stand gerade vor dem Spiegel und schien sich herzurichten. Er trug keine Maske und so konnte Semir das Gesicht sehen. Der Mann kam ihm bekannt vor und er überlegte kurz. Martin Struck! Dieser Mann war Martin Struck! Der Kollege, der undercover in die Organisation von Leuthäuser eingestiegen war. Dieser Mann, der bei einem Unfall ums Leben kam. Und jetzt war ihm auch klar, warum der Tote als Struck identifiziert wurde. Die Dienstmarke war die einzige Möglichkeit, die Leiche zu identifizieren. Struck hatte Leuthäuser aus dem Weg geräumt, ihm seine Dienstmarke in die Tasche gepackt und dann eiskalt ermordet. Martin Struck hatte die Stellung von Leuthäuser übernommen und rege Geschäfte mit Drogen durchgezogen. Ein junger Mann kam ins Zimmer und eine angeregte Unterhaltung fing an. Leider verstand er kein Wort, denn die Scheiben schienen alles zu schlucken. Semir starrte wie gebannt auf das Zimmer und was darin passierte. Er bekam nicht mit, wie jemand in seinen Rücken trat. „Wer bist du?!“ fauchte ihn ein Mann an und gab ihm einen harten Stoß in den Rücken. Semir stieß gegen das Fenster und prallte zurück. Blitzschnell drehte er sich um und ging in den Angriff über. Er empfing den Mann mit einem Magenhaken, der leider danebenging, weil der Mann den Bauch einzog und sich seitlich wegdrehte. Dieser grätschte und hebelte Semir die Beine weg, der hart auf den Boden schlug. Mit einer Beinschere brachte der Polizist den Mann zu Fall und warf sich über ihn. Er wollte den Mann mit einem harten Faustschlag außer Gefecht setzen, doch dieser zeigte sich hart im Nehmen und steckte den Schlag ohne Wirkung weg. Der Mann wandte sich unter Semir hin und her und schlug mit der Faust zu. Er traf Semir empfindlich an der Nase und für einen kurzen Augenblick war der Polizist benommen. Dies nutzte sein Gegner sofort aus. Er stieß Semir von sich und warf sich nun auf ihn. Semir wusste, dass er verloren hatte. Der Kampf dauerte schon zu lange und aus den Augenwinkeln sah er, wie Struck aus dem Haus kam und sich am Kampf beteiligte. Mit einem weiteren Mann wurde er gepackt und man hielt ihn eisern fest. Semir gab nicht auf und trat nach hinten aus. Doch die Männer wichen geschickt aus und drückten ihn in Richtung Haustür. Er stemmte sich gegen den Zwang der Männer, die ihn unweigerlich vorwärts drückten. Tatsächlich schaffte er es einen Arm wieder freizubekommen, doch dieser Vorteil wurde durch einen harten Schlag auf die Schulter zu Nichte gemacht. Semir schrie auf als der Schmerz durch den Arm zog und dieser wie gelähmt an der Seite hing. Ein zweiter Schlag folgte und die Handkante von Struck traf Semir im Nacken. Er verdrehte die Augen und ging zu Boden.


    Martin Struck sah auf den Mann am Boden vor ihm. „Bringt ihn rein!“ fauchte er seine Leute an und zwei Mann packten den bewusstlosen Polizisten, um ihn dann ins Haus von Martin Struck zu bringen. Struck durchsuchte den Mann und reichte die Handschellen an Julian weiter. „Fessel ihn und dann bring ihn ins Verlies.“ befahl er. „Was hast du mit ihm vor?“ fragte Julian während er Semir fesselte. „Nun, ich denke er ist die bessere Karte um unsere Drogen und unser Geld zu bekommen. Für ihn werden wir nicht nur die Ware, sondern auch Dustin bekommen. Aber erst werden wir uns ein paar Tage mit ihm beschäftigen. Weck ihn!“ forderte Struck. Julian grinste und verschwand kurz. Mit einem Eimer mit kaltem Wasser kam er zurück. Er holte mit dem Eimer aus und schüttelte Semir das Wasser ins Gesicht. Dieser kam umgehend zu sich und prustete laut. Er wollte die Hände nach vorn nehmen, doch die konnte er nicht bewegen. „Herr Gerkhan, das war ein Fehler. Sie hätten sich mit Nicole zufriedengeben sollen. Was denken Sie, werde ich nun mit Ihnen machen?“ Semir sah den Mann an. „Wenn Sie schlau sind, dann lassen Sie mich umgehend frei. Meine Kollegen wissen …“ fing er an. „Ihre Kollegen wissen gar nichts! Sie sind hier ohne Befugnis eingedrungen! Und hier gelten meine Gesetze!“ schrie Struck so laut, dass Semir kurz zusammenzuckte. „Sie haben Leuthäuser an Ihrer Stelle verbrennen lassen und Sie haben Ihre Kollegen im Glauben gelassen, dass Sie es waren!“ Struck lachte leise. „Leuthäuser war mir etwas zu konservativ und die „Feuerkinder“ brauchen jemanden, der ihnen den Weg weist. Ich habe Leuthäuser von seiner Last befreit.“ grinste der Mann. Semir stieß verächtlich Atem aus. „Was haben Sie jetzt vor? Wollen Sie mich auch umbringen?“ fragte er. Martin Struck sah ihn höhnisch grinsend an. „Von Ihnen will ich gar nichts. Ich will was von Ihren Kollegen. Ich will mein Geld und mein Stoff zurück und als Auflage Dustin, den ihr aus dem Verkehr gezogen habt!“ Semir lachte auf. „Und Sie denken, dass Sie das bekommen, wenn Sie mich hier festhalten? Ich habe Sie echt für schlauer gehalten.“ tadelte er den korrupten Kollegen. Martin Struck sah ihn an, sprang auf und schlug Semir unvermittelt mit der Faust ins Gesicht. Blut spritze aus der Nase und der Hauptkommissar schrie auf. Für einen Augenblick war er benommen. Struck legte die Hand an Semirs Hals und drückte zu. Er zwang ihn dazu, ihm in die Augen zu sehen. „Ich bekomme immer was ich will. Wenn deine Freunde sich weigern sollte, dann werden sie dich nur noch stückchenweise an der Autobahn finden, das kann ich dir versprechen!“ knurrte er wütend.

    Semir fuhr nicht nach Hause, sondern zum Parkplatz in der Nähe des Bauernhofes, nahm sich das Abschleppseil aus dem Kofferraum und ging schnurstracks auf die Mauer zu. Sicher war, dass, wenn er durch das Tor gehen würde, Demos nicht ohne Maske zu Gesicht bekam. Also musste er sich etwas überlegen. Er musste auf den Bauernhof kommen, ohne das ihn jemand sah. Er ging um die Mauer herum, um eine Möglichkeit zu finden auf das Gelände zu kommen, ohne durch das Tor zu gehen und da war diese Möglichkeit auch. Er sah auf dem Baum, auf dem er Bauer schon erwischt hatte, als dieser nach seiner Tochter Ausschau hielt. Jetzt konnte er Semir eine große Hilfe sein. Mit einem Sprung packte er einen der unteren Äste und zog sich rauf. Der Stamm war dick und bot ihm eine gute Deckung, den Bauernhof auszuspionieren, ohne dass ihn jemand sah. Die Sonne war bereits untergegangen und Semir hatte sich vorgenommen, sobald es komplett dunkel war, über die Mauer zu klettern und sich dann das Foto von Demos zu besorgen. Und dann würde er mit Sophie wieder vom Bauernhof gehen. Heute würde er das Geheimnis von diesem Sektenvater lüften. Doch jetzt musste er noch etwas Geduld aufbringen und das fiel ihm unglaublich schwer. Nach zwei Stunden war es soweit. Semir sah kurz auf die Uhr. 23 Uhr und ihm fiel ein, dass er eigentlich mit Andrea verabredet war. Doch die musste warten und er war sich sicher, dass Andrea Verständnis dafür hatte. Endlich war es soweit. Der Bauernhof lag in kompletter Dunkelheit und selbst Semir hatte Probleme Konturen zu erkennen. Er befestigte das Abschleppseil an dem Ast von dem er die Mauer sicher erreichen konnte und warf den Rest über Diese. Vorsichtig kletterte er auf die Mauer und spürte die einbetonierten Scherben durch die Schuhe. Dann nahm er das Seil und seilte sich ab. Nur wenig später stand er im Schutz eines Hauses auf dem Bauernhof. Niemand schien sich hier nach Einbruch der Dunkelheit noch draußen zu befinden und er erinnerte sich, dass Nicole ihm von der Sperrstunde erzählt hatte. Dies machte er sich jetzt zu Nutze. Langsam schlich er weiter, bis er das Haus von Demos erreicht hatte. Zwei Fenster an denen er vorbei musste, waren hell erleuchtet. Semir drückte sich dicht an die Wand und spie durch das Glas. Er erkannte Florian und Demos im Raum. Diesmal war der Sektenvater ohne Maske. Schnell zückte Semir sein Handy und machte ein Foto. Doch gerade als er auslöste, drehte Demos sich mit dem Rücken zu ihm. „Mist.“ fluchte er verhalten und lehnte sich gegen die Hauswand. Er hatte auf jeden Fall gesehen, dass Demos keine Maske mehr trug.

    Auch Alex fuhr nach Hause und duschte ausgiebig. Er bestellte sich eine Pizza, die nach guten 45 Minuten endlich geliefert wurde. Doch bevor er sie verspeisen konnte, klingelte sein Handy. „Hallo Alex, ich bin es. Sag mal, wo steckt Semir denn? Er wollte doch spätestens um acht zuhause sein und jetzt haben wir es fast Mitternacht.“ beklagte sich Andrea. „Ich verstehe nicht. Er hat wirklich um sieben Schluss gemacht. Ich bin direkt nach ihm gegangen.“ staunte er. „Er ist nicht hier und ich erreiche ihn auch nicht auf dem Handy. Denkst du er hatte einen Unfall?“ Andrea schien nun hellwach. „Das weiß ich nicht Andrea. Ich hoffe es nicht. Ich kümmere mich darum und informiere dich, sobald ich etwas weiß.“ versprach er und beendete das Gespräch. Als nächstes rief er auf dem Revier an und wollte wissen, ob es einen Unfall gab, an dem Semir beteiligt war, doch dies konnte der Kollege der Nachtschicht schnell dementieren. Alex dachte nach und ihm kam ein Verdacht. „Wenn du das getan hast, dann bekommst du von mir richtig Ärger.“ knurrte er und ließ Pizza Pizza sein. Er verließ seinen Container und fuhr auf dem Parkplatz wo er sofort Semirs Wagen erkannte. Er hielt direkt daneben und sah sich den Wagen seines Kollegen an. Er war ordnungsgemäß verschlossen und so ging Alex auf den Bauernhof zu. Hier war nichts von Semir zu sehen und so ging er weiter zum Tor. Nur kurz überlegte er, ob er klingeln sollte. Immerhin war es ja schon reichlich spät und wenn Semir sich tatsächlich auf das Gelände geschlichen hatte, dann brachte er ihn womöglich in Gefahr. Aber wenn er es nicht tat, dann konnte Semir schon in der Patsche stecken und brauchte vielleicht seine Hilfe. Er ging ein Stück weg und rief Kim Krüger an, die sich verschlafen meldete. Als sie hörte, was Alex zu berichten hatte, war sie hellwach. „Wie kommen Sie auf die Idee, dass er sich Zugang zum Bauernhof verschafft hat?“ fragte sie. „Sein Wagen steht nicht weit von hier auf dem Parkplatz und von ihm fehlt jede Spur. Wo sollte er sonst sein? Außerdem hatte er mir gesagt, dass er ein Versprechen einlösen wollte. Wir müssen sofort einen Durchsuchungsbeschluss erwirken!“ mahnte Alex zur Eile. „Das wird nichts vor morgen früh! Wenn Gerkhan sich tatsächlich auf illegalem Weg einen Zugang verschafft hat, dann muss er mit der Konsequenz leben. Morgen kann ich alles in die Wege leiten.“ gab Kim Krüger zurück. „Chefin! Wir können nicht bis morgen warten! Wenn Semir wirklich auf dem Bauernhof ist, dann schwebt er in Gefahr!“ presste Alex heraus.

    Dr. Phillip Sommer fuhr, nachdem er mit Dustin besprochen hatte, nichts mehr auszusagen, direkt auf den Bauernhof. Demos sah ihn an und er spürte die Wut in sich aufsteigen. „Welche Möglichkeit hast du, Dustin rauszuholen?“ fragte er mit gepresster Stimme. „Es sieht sehr schlecht aus. In seinem Auto wurden die Koffer mit Heroin gefunden. Die Polizei hat den Zugriff sorgfältig geplant und durchgeführt. Dustin dürfte für eine lange Zeit hinter Gitter sitzen.“ Demos nickte. „Das ist ein herber Schlag. Was mit dem Geld?“ wollte er nun wissen. „Das wird mit den Drogen zusammen in der Asservatenkammer landen. Tut mir leid, mein Lieber. Hier kann ich nichts für dich oder für Dustin tun. Du solltest dir überlegen, deine Zelte hier abzubrechen und ins Ausland zu gehen. Ich denke nämlich, dass die Polizei jetzt nicht mehr ruhen wird, bis du auch aus dem Verkehr gezogen wirst. Du weißt wie sie arbeiten und du kennst doch ihre Möglichkeiten.“ Demos drehte sich zu ihn um. „Ich soll abhauen? Ich habe nichts getan. Hast du Dustin eingetrichtert, dass er nichts mehr sagen soll?“ „Natürlich habe ich das. Ich werde seine Verteidigung übernehmen und mein Bestes tun, aber es sieht schlecht aus.“ Der Sektenvater atmete tief durch. „Danke, dass du mich informiert hast.“ Er lächelte seinen Freund zu und verabschiedete sich. Kaum war der Advokat raus, warf er sein gefülltes Glas mit voller Wucht gegen die Wand. Der Whisky spritzte heraus. „Das haben die Bullen nicht umsonst getan! Das werden die mir büßen!“ schrie er wütend. Julian, der gerade vom Bahnhof in den Raum kam, zuckte zurück. „Was ist passiert?“ wollte er wissen und Demos berichtete was war. „Oh verdammt! Was hast du jetzt vor?“ Demos zog die Schultern hoch. „Ich weiß es nicht. Aber so einfach werden die Bullen nicht davonkommen. Die werden mich jetzt kennenlernen! Ich will mein Geld und meine Drogen haben und ich will auch Dustin wieder hier haben!“ knurrte er. Julian grinste leicht. „Ich hätte eine Idee.“ fing er an und hatte Demos ganze Aufmerksamkeit.

    Semir und Alex saßen in ihrem Büro. „So, die Sache ist erledigt.“ stöhnte Alex und beendete seinen Bericht. „Noch nicht ganz. Leuthäuser ist immer noch auf freiem Fuß, aber das werde ich auch noch ändern.“ versprach Semir ihm. Alex sah ihn an. „Semir, wir haben einen großen Schlag gegen die Drogenhändler gemacht. Nicole ist bei ihren Eltern und wird sicher nie wieder abhauen. Was willst du denn noch? Dieser Dustin wird Demos ganz sicher nicht verraten. Er geht lieber selbst in den Knast.“ setzte Alex dagegen. Semir nickte. „Ja, das ist wohl wahr. Aber ich habe noch ein Versprechen einzulösen.“ Alex stöhnte auf. „Du willst Sophie da rausholen?“ Semir sah ihn an und nickte. „Ganz genau. Ich habe Sophie und auch Nicole versprochen dafür zu sorgen, dass beide ein ruhiges Leben führen zu können.“ Alex lehnte sich vor. „Semir, wie willst du das denn tun? Ich meine, was willst du tun? Wie willst du Sophie denn da rausholen?“ Semir stand auf und sah aus dem Fenster. „Mir wird schon was einfallen.“ versprach er. „Mach bloß kein Blödsinn! Semir, du kannst nichts tun. Sophie hat sich ihr Leben doch ausgesucht. Sie hätte bei ihrer Vernehmung schon vom Bauernhof kommen können, aber sie wollte nicht.“ Semir drehte sich zu ihn um. „Ja, sie hätte. Aber da war Nicole noch in der Gewalt von Leuthäuser und der hat damit gedroht, dass ihr etwas passiert, wenn Sophie nicht zurückkommt. Ist doch wohl ganz klar, dass sie dann zurückgeht. Sie wollte nicht, dass Nicole etwas passiert.“ Semir wurde lauter, doch Alex ließ sich davon nicht einschüchtern. „Das hat sie erzählt, aber du weißt nicht, ob es wirklich wahr ist. Vielleicht hängt Sophie ja auch in dieser Sache mit drin. Wer sagt dir denn, dass es tatsächlich so hart zugeht? Hast du Nicole dazu befragt?“ Semir atmete tief durch. „Natürlich habe ich Nicole gefragt und sie hat es bestätigt. Sie wurde an dem Tag zu Leuthäuser gebracht und dort in den Keller gesperrt. Und als Sophie wieder auf dem Bauernhof war, durfte sie wieder zu ihr.“ bestätigte er. Alex lehnte sich in seinem Stuhl zurück. „Außerdem will ich das Geheimnis von Leuthäuser lüften! Irgendwas stimmt mit dem Kerl nicht und das werde ich herausfinden!“ versprach Semir und griff seine Jacke. „Wo willst du hin?“ fragte Alex erstaunt. „Ich mache Feierabend. Wir sind seit 72 Stunden, 45 Minuten und 11 Sekunden auf den Beinen. Das reicht, denke ich und außerdem haben wir einen Sieg errungen. Also machst du weiter oder auch Schluss?“ Alex lachte und nur wenig später verließen die Hauptkommissare das Büro.

    Semir sah auf die Koffer und grinste Alex an. „Wollen wir uns heute Abend einen genehmigen? Ich lade dich ein.“ Er wies auf das Geld im Koffer. Auch Alex war gelassen. „Na, ich glaub das kommt nicht gut. Aber wir können uns ja mal einen Schuss setzten. Dieses verdammte Zeug bringt keinen mehr um.“ Er ließ die Koffer von einem der SEK-Männer wegbringen und wandte sich an Matz. „Das war ein großer Schlag.“ Sein Exkollege nickte. „Ja, aber leider wird das nicht abschrecken. In ein oder zwei Tagen wird der nächste Deal passieren und niemand wird eingreifen. Das hier war nur ein kleiner Schlag gegen die Drogenmafia. Aber wir wollen nicht jammern, ein kleiner Schlag ist auch etwas. Alex, ich habe mit meiner Frau gesprochen und sie würde sich freuen, wenn du als Patenonkel für unser Baby fungieren würdest.“ Alex sah ihn an. „Ist das dein Ernst?“ hakte er nach und Matz nickte. „Ja, also ich weiß nicht… ich meine, ich bin vielleicht nicht der Richtige.“ druckste Alex herum und Semir grinste leicht. „Ich würde mich freuen, wenn du es wärst. Unser Sohn kann sich glücklich schätzen, dich als Patenonkel zu haben. Aber ich will dich nicht bedrängen. Du hast noch etwas Zeit. Danke für eure Hilfe und ich hoffe sehr, dass ihr diesen Demos zur Strecke bringt.“ Semir drückte ihm die Hand. „Das werden wir. Der Kerl ist die längste Zeit auf freiem Fuß gewesen.“ versprach er. Alex sah ihn an und konnte dem scheinbar nicht zustimmen. „Und wie? Der Typ hat nichts getan. Er ist hier nicht aufgetaucht und dieser Dustin wird ihn sicher nicht verraten.“ Semir nickte. „Das ist zwar richtig, aber noch haben wir diesen Dustin noch nicht durch die Mangel gedreht. Vielleicht können wir ihm ja ein Deal vorschlagen.“ Alex lachte leise. „Warten wir es ab. So und was machen wir jetzt?“ Semir dachte nur kurz nach. „Wir nehmen uns diesen Dustin vor! Und danach werde ich ein Versprechen einlösen.“ Schlug er vor. Matz sah ihn erstaunt an. „Ein Versprechen?“ hakte er nach. „Ja, ich habe Nicole versprochen, dass ich ihre Freundin aus der Sekte hole und das werde ich tun.“ Alex sah ihn mahnend an. „Wie willst du das auf legalem Weg machen?“ Semir grinste breit. „Das krieg ich schon hin.“ Sie fuhren zurück zur PAST.

    Dustin sah den Polizisten, der vor ihm saß, schweigend an. „Dustin Hinkel, 26 Jahre alt, unverheiratet. Sie haben wegen Drogenhandel 2015 eine achtmonatige Gefängnisstrafe abgesessen. Diesmal wird es mit Sicherheit mehr werden. Ich denke mal zehn Jahr dürften diesmal drin sein und Leuthäuser kann Sie hier auch nicht mehr helfen.“ Dustin lachte leicht. „Wer ist Leuthäuser? Ich kenne keinen Mann mit diesem Namen.“ Der Polizist, den er bereits von einem Besuch auf dem Bauernhof kannte beugte sich vor. „Woher wollen Sie denn wissen, dass es ein Mann ist?“ fragte er leise und Dustin schluckte. „Ich bin davon ausgegangen. Ich kenne keinen Leuthäuser.“ „Vielleicht kennen Sie ihn unter seinem Decknamen „Demos“? Aber es ist auch egal, welchen Namen er trägt. Er kann Ihnen gar nicht mehr helfen.“ Dustin schluckte schwer. „Ich will meinen Anwalt anrufen! Ohne ihn sage ich gar nichts mehr!“ forderte er sein Recht ein. Gerkhan nickte. „Selbstverständlich. Sie dürfen gleich Telefonieren. Aber denken Sie wirklich, dass ein Anwalt Ihnen helfen kann? Sie haben Drogen im Wert von einer halben Million Euro im Auto gehabt! Wir haben Sie beim Kauf dieser Drogen erwischt! Ihr Demos wird Ihnen nicht helfen können!“ Dustin schloss seine Augen. „Demos ist unser Vater! Er beschützt uns und er ist da, wenn wir ihn brauchen.“ sinnierte er. „Sie sitzen hier allein. Ich sehe keinen Beschützer. Haben Sie die Drogen im Auftrag von Leuthäuser gekauft?“ Dustin grinste frech. „Ich sage nichts ohne meinen Anwalt!“ „Wie hoch ist Ihr Anteil an den Drogen? Nicole sagte mir, dass Sie und Leuthäuser Sophie vergewaltigt haben! Ist das Ihre Masche? Mädchen mit Gewalt nehmen? Und wenn sie nicht so wollen, dann bekommen sie Drogen, nicht wahr?“ fauchte Gerkhan. „Ohne meinen Anwalt sagte ich nichts!“ wiederholte Dustin. Semir Gerkhan stand auf und verließ den Raum. Nur wenig später bekam Dustin die Möglichkeit seinen Anwalt anzurufen, der versprach umgehend zu kommen. Die Wartezeit musste Dustin in eine der Zellen verbringen, doch nach einer halben Stunde war es soweit. Dr. Phillip Sommer ließ sich zu seinem Mandanten bringen.

    Florian fuhr zum Bauernhof zurück und überlegte sich während der Fahrt, wie er Demos erklären konnte, dass Nicole abgehauen war. Als er durch das Tor fuhr, fuhr Dustin gerade davon. Er hob kurz die Hand zum Gruß und parkte dann vor dem Haupthaus und betrat es nur wenig später. „Nicole ist mir abgehauen!“ sagte er direkt, denn er hatte sich vorgenommen, nicht erst herumzudrucksen und seinem Boss direkt die Wahrheit zu sagen. „Wie konnte das passieren?“ wollte Demos wissen. „Sie hat mich durch die Menge gezogen und plötzlich losgelassen. Ich wurde von den Massen von Menschen weitergedrückt und konnte sie nicht mehr einholen.“ erklärte Florian leise. „Okay, das ist nicht mehr zu ändern. Dustin ist zum Parkplatz und besorgt uns neue Ware. Warst du schon am Bahnhof?“ Florian schüttelte den Kopf. „Nein, ich wollte dir erst berichten. Ich habe beobachtet, das Nicole sich an einen Polizisten gewendet hat. Dieser hat dann diesen Gerkhan angerufen und der hat Nicole nach Hause gebracht.“ berichtete er. Demos sah ihn an. „Das heißt, dass Gerkhan bereits weiß, das Nicole nicht mehr hier ist? Schade, ich dachte ich könnte ihn noch ein wenig ärgern. Nun ja. Lassen wir ihn diesen kleinen Sieg. Dennoch bin ich mir nicht wirklich sicher, dass wir ihn das letzte Mal gesehen haben. Ich glaube, er hat sich wirklich vorgenommen, mich zu vernichten. Pass auf, ich gehe davon aus, das Nicole ihm alles erzählen wird was sie weiß und ich weiß, dass Gerkhan unbedingt mein Geheimnis lüften will. Wir werden künftig die Mauer intensiver bewachen. Ich gehe davon aus, dass er versuchen wird Sophie zu befreien. Ich weiß nicht, was sie ihm erzählt hat, aber ganz sicher ist, dass er sich an mich festgebissen hat und ich mag es absolut nicht.“ knurrte Demos. „Warum lässt du ihm keine Warnung zukommen? Das hast du doch bei Leuthäuser auch gemacht. Der hat es zwar nicht gerafft, aber du hast trotzdem seine Stellung eingenommen und niemand hat es bemerkt. Wie sollte Gerkhan dann auf deine Spur kommen?“ Demos lachte auf. „Weil Gerkhan nicht dumm ist. Leuthäuser war durch seine eigenen Drogen so verpeilt, dass er nicht mal gemerkt hat, dass ich Bulle bin. Aber Gerkhan ist ein scharfer Hund. Der lässt sich nicht einschüchtern.“ Florian sah ihn an. „Denkst du, er wird obwohl er Nicole hat, jetzt noch weitermachen?“ hakte er ungläubig nach. Demos lachte höhnisch. „Ja, das denke ich. Er will die Gemeinschaft vernichten und dafür ist ihm alles recht.“

    Dustin kam am Parkplatz an und sah sich aufmerksam um. Alles schien ruhig. Nur wenige Augenblicke nach ihm, kamen auch seine Geschäftspartner. Dustin hob die Hand zum Gruß und lächelte leicht, als der Mann mit zwei Koffern bepackt zu ihn kam. Er selbst holte einen Koffer aus seinem Wagen und öffnete ihn auf der Motorhaube. „Dustin, warum kommt Demos nicht persönlich? Ich mag die Geschäfte nicht gern mit Handlanger abwickeln.“ knurrte sein Geschäftspartner. „Demos ist derzeit etwas verhindert. Aber immerhin habe ich das Geld und das sollte doch genügen. Ich will die Ware testen!“ forderte Dustin sein Gegenuber auf. Dieser nickte und schnippte kurz mit den Fingern. Einer seiner Begleiter reichte Dustin zunächst eine der kleinen Tüten, die mit weißem Pulver gefüllt waren. Dustin schnitt mit einem Messer die Packung auf und tippte hinein. Den mit Pulver benetzten Finger steckte er in den Mund. Doch das genügte ihm nicht. Er nahm ein kleines Gerät mit einem Gläschen und aus einen der Beutel eine geringe Menge heraus. Dann ließ er ein paar Tropfen einer klaren Flüssigkeit auf das Pulver laufen und schüttelte das kleine Gläschen. Die Flüssigkeit färbte sich bläulich und Dustin war zufrieden. „Okay, das ist wie immer eine Superware. Der vereinbarte Preis 500.000 Euro sind im Koffer. Deal?“ Dustin sah den Mann an und dieser nickte. „Deal und richte Demos aus, dass es mir mal wieder ein Vergnügen war, mit ihm Geschäfte zu machen.“ Dustin verbeugte sich leicht und nahm den Koffer mit den Drogen während sein Geschäftspartner den mit dem Geld nahm. Beide gingen wieder auf ihre Fahrzeuge zu, doch plötzlich sprangen Männer aus den Gebüschen auf die Leute zu und schossen in die Luft. Sie schrien laut Polizei und keine Bewegung. Dustin und auch sein Geschäftspartner waren so perplex, dass sie nicht reagierten. Die Polizisten überwältigten alle Beteiligten und brachten sie weg. Dustin sah wie Gerkhan aus dem Gebüsch kam und schluckte eine Bemerkung runter. „Ich habe eine frohe Botschaft für Alle hier. Sie sind verhaftet!“ Der Polizist grinste breit als Dustin an ihn vorbeigeführt wurde.

    Leonie war gerade dabei den Haushalt zu machen, als es klingelte. „Ich gehe schon!“ rief Torben aus dem Wohnzimmer, der sich für ein paar Tage Urlaub genommen hatte. Nur wenig später folgte ein Aufschrei, der Leonie zusammenzucken ließ. Sie trocknete sich die Hände ab und spürte Übelkeit aufsteigen. Als sie den Flur betrat, stand Nicole da und sah sie weinend an. „MAMA!!“ schon fiel ihr Kind in die Arme. Sie zitterte ganz heftig. Leonie brauchte ein paar Sekunden zu realisieren, dass sie ihre Tochter endlich wieder in den Armen hielt und dann flossen die Tränen. „Nicky!! Meine süßte kleine Nicky! Mein Baby.“ schluchzte sie. Immer wieder wiederholte sie es. „Mama, ich habe dich lieb! Es tut mir leid, dass ich so gemein zu dir war. Ich werde nie wieder weglaufen. Nie wieder, das verspreche ich dir. Es war so schrecklich… Die haben mir meine Haare abgeschnitten! Die haben mich eingesperrt! Ich hatte so eine große Angst.“ weinte Nicole und nun nahm auch Torben seine Tochter in den Arm. „Ist gut…jetzt ist alles gut. Du bist in Sicherheit.“ sagte er fürsorglich und strich seinen beiden Frauen über den Kopf. Er breitete seine Arme aus und hielt Frau und Tochter eng umschlungen. Auch ihm liefen die Tränen über das Gesicht. Er schämte sich deswegen nicht und wandte sich an den Polizisten, der die Szene mit dezentem Abstand beobachtete. Torben wischte sich die Tränen weg. „Danke… Danke für alles. Was bin ich Ihnen dafür schuldig?“ wollte er von ihm wissen, doch Gerkhan lächelte nur und hob die Hand. „Das ist mein Job. Ich bin froh, dass alles so abgegangen ist und Nicole nun wieder bei ihnen ist. Ich denke, sie braucht noch eine Weile das Erlebte zu verarbeiten. Aber ich geben Ihnen noch einen guten Rat. Lassen Sie ein Verbot manchmal einfach links liegen und ihrer Tochter die Chance zu erkennen, dass man es als Elternteil nicht immer böse macht.“ Torben lächelte und nickte. Als Nicole sich beruhigt hatte, sah sie Semir an. „Bitte vergessen Sie nicht, was Sie mir versprochen haben. Sie ist meine beste Freundin geworden und sie hat große, wirklich große Angst. Bitte holen Sie Sophie auch da raus.“ flehte sie noch einmal. Semir lächelte und nickte. „Ich habe es dir versprochen und ich stehe für mein Wort ein. Ich werde nicht nur Sophie da rausholen. Aber ich brauche noch ein paar Informationen von dir.“ Nicole nickte. „Als du dort auf dem Bauernhof warst, musstest du doch sicher einiges machen, oder?“ Nicole stöhnte leise auf. „Ich musste all das tun, was Demos wollte. Putzen, ihn bedienen und…“ erzählte sie. „Hat Demos dich auch angefasst? Ich meine, hat er versucht etwas zu tun, was du nicht wolltest?“ fragte Semir umständlich. Nicole sah ihn an. „Sie meinen, ob er mit mir geschlafen hat?“ Semir lächelte und nickte. „Ja zum Beispiel.“ Nicole schüttelte den Kopf. „Nein, ich nicht, aber da waren andere Mädchen die in der Nacht zu ihm kommen mussten. Sophie war auch einmal dabei.

    Semir machte sich mit den Informationen auf den Weg zur PAST und wollte Alex über das, was er herausgefunden hatte, informieren. Er wählte seinen Partner an, als er an der roten Ampel stand. „Ich bin es. Nicole ist wieder bei den Eltern. Sie hat die Menge der Festivalteilnehmer genutzt und ist ihrem Bewacher entkommen. Ein Kollege vom Festival hat mich direkt informiert und ich habe das Mädchen nach Hause gebracht.“ Alex atmete tief durch. „Ist sie unverletzt?“ hakte er sofort nach. „Nicole ist in Ordnung und wird sicherlich nicht mehr abhauen. Ich bin jetzt auf den Weg zum Revier. Hast du schon alles für den Zugriff vorbereitet?“ fragte Semir. „Bin gerade dabei. Matz und seine Kollegen kommen in einer Stunde zu uns und dann stößt das SEK dazu. Wir werden uns, wie gestern abgesprochen auf dem Parkplatz postieren.“ Er hörte wie Semir leise lachte. „Alles klar. Ich bin gleich da.“ Alex beendete das Gespräch und überlegte noch einmal, wie der Zugriff am besten ablaufen konnte. Ein Klopfen an der Tür unterbrach seine Gedanken. Matz war bereits da. „Komm rein. Ich habe eben nochmal alles überdacht. Es kann wirklich klappen. Semir sollte auch gleich auftauchen und dann wird es Zeit, dass wir losfahren.“ Matz nickte. „Wie geht es deiner Frau?“ wollte Alex wissen. „Du kennst sie doch. Aber seit sie schwanger ist, ist sie fast unerträglich. Aber in vier Monaten ist es zum Glück vorbei.“ Alex lächelte leicht. „Und wisst ihr schon was es ist?“ Matz nickte und streckte seine Brust hervor. „Ein Junge! Wir haben uns sogar schon einen Namen ausgesucht.“ Alex sah ihn fragend an. „Alexander-Leonard wird er heißen.“ „Ein schöner Name.“ lobte Alex seinen Exkollegen. Er sah auf die Uhr. „Wo bleibt der denn nur?“ knurrte er doch im gleichen Augenblick trat auch Semir ein. „Okay, auf geht es!“ forderte Alex und alle drei verließen das Büro. Auf dem Parkplatz waren bereits das SEK und einige Kollegen der Drogenfahndung. In einem Konvoi ging es zum Übergabeort und die Polizisten suchten sich ihre Standorte. „Okay, Cobra 11 ist auf Position!“ gab Alex durch, als sie ihren Standort erreicht hatten. „Verstanden. Ab sofort Funkstille bis zum Zugriff!“ gab Matz, der die Einsatzleitung übernommen hatte, zur Antwort. Nun hieß es warten. Semir sah auf die Uhr. „Bin mal gespannt, ob die wirklich ihren Deal durchziehen und ob wir wenigstens den Verkäufer schnappen. Besser noch, wenn wir Drogen und Geld einkassieren und natürlich auch Käufer und Verkäufer.“ murmelte er leise. Alex sah durch den Feldstecher. „Werden wir gleich wissen, die kommen gerade!“ Semir sah gespannt auf den Parkplatz.

    Nicole brauchte eine Stunde, um sich für das Fest fertig zu machen? Und jetzt sieht sie sexy aus? Mit beigen Hosen und Kasack? Denn ihre Klamotten wurden ja an der Autobahn entsorgt und Schminke gibt's in der Sekte auch nicht, außerdem wurden die Haare kurz geschoren, also wie soll man da sexy aussehen?

    Kommt immer auf den Betrachter an und auf die Einfälle der Trägerin. Und man kann auch ohne Schminke gut aussehen :D

    Nicole konnte es gar nicht erwarten und als Flo auf den Parkplatz fuhr, der nicht weit vom Festival entfernt war, wollte sie auch schon aus dem Auto, doch er hielt sie am Arm fest. „AUA! Du tust mir weh!“ sagte sie und wollte sich lösen. „Nicole, du wirst keinen Fluchtversuch unternehmen, ist das klar? Wenn du es versuchst, dann werden wir uns an Sophie halten. Du willst doch sicher nicht, dass wir ihr etwas antun, oder?“ er grinste böse. Nicole sah ihn an und lachte verächtlich auf. „Was geht mich Sophie an? Ich will meinen Spaß!“ erklärte sie gleichgültig. Sie bemerkte das Florian sie musterte. „Du bist richtig hübsch. Wenn Demos allerdings sieht, was du mit der Hose gemacht hast, dann dürfte ihm das nicht gefallen.“ gab er von sich. Nicole lächelte leicht. „Das ist eine alte Hose von Sophie. Die passt ihr nicht mehr und sie hätte sie eh weggeworfen. Wäre nur schön gewesen, wenn ich mich noch hätte schminken können.“ Florian lachte leise. Die Hose hatte Nicole so knapp geschnitten, dass die Pobacken gerade mal bedeckt waren. Von dem Kasack hatte sie die Arme abgeschnitten und auch diesen so gekürzt, dass sie sogar bauchfrei herumlaufen konnte. Um ihren Kopf hatte sie ein Tuch gewickelt, der die unfachmännisch geschnittenen Haare verdeckte. „Du weißt ich muss ihm davon berichten oder? Es ist verboten sich so aufreizend anzuziehen.“ Nicole rollte genervt die Augen. „Können wir jetzt gehen?“ drängelt sie. Florian nickte und ließ sie los. Nicole wartete geduldig bis auch er aus dem Wagen war und gemeinsam gingen sie zur Kasse. Florian bezahlte den geforderten Eintritt und sie nutzte die Gelegenheit sich umzusehen. Hier waren tausende von Menschen und sie konnte sicher untertauchen, wenn sie es wollte. Doch jetzt musste sie zunächst die gehorsame Untergebene spielen. Sie musste Florian in Sicherheit wiegen. „Komm! Sehen wir uns um.“ drängelte sie und zog ihn durch die Masse. Sie hatte sich überlegt, mit Florian so tief es nur möglich war, in die Menge zu tauchen um dann die Chance zu nutzen zu verschwinden. Wie sie von hier nach Hause kam, wusste sie schon. Sie brauchte ja nur an einen der Polizisten wenden, die das Gelände hier bewachten. Drei hatte sie schon gesehen. Aber sie musste sichergehen, dass Florian sie nicht vorher einholte. Zum Glück war sie kleiner als die meisten Teilnehmer hier und konnte gut untertauchen. Doch auch Florian war sicher nicht dumm. Er würde sie sicher festhalten, während sie hier unterwegs war. „Denk an das, was ich gesagt habe!“ fauchte er sie an, während sie ihn hinter sich herzog. „Da hinten! Da können wir auf die Bühne sehen! Komm Flo! Komm!“ in kindlicher Manier zog sie ihren „Aufpasser“ mit sich. Es ging immer tiefer in das Gedränge und irgendwann ließ sie Florian einfach los und rannte in die andere Richtung durch die Menge. Sie schlug ein paar Haken und ging mal nach rechts, mal nach links. Sie sah sich um und konnte Florian nicht mehr sehen. „Idiot!“ sagte sie leise und ging in die Richtung, aus der sie mit Florian gekommen war. Immer wieder sah sie sich um und stieß mit einem Mann zusammen. Erschrocken sah sie ihn an. Es war ein uniformierter Polizist. „Hey, langsam! Langsam!“ mahnte er. „Ich bin Nicole Bauer…bitte bringen Sie mich nach Hause…bitte…“ stieß sie aus.

    Semir griff zum Telefon, als es klingelte. „Gerkhan!“ meldete er sich. „Henschel hier, Herr Gerkhan wir haben hier ein Mädchen, das sich für Nicole Bauer ausgibt und Sie unbedingt sprechen will.“ erklärte der Kollege. „Okay, wo ist sie?“ hakte Semir sofort nach. „Wir sind im Einsatzbus am Summerdale. Das ist nicht zu verfehlen. Das große Gelände am Fühlinger See.“ erklärte der Kollege. „Ich bin schon unterwegs! Lassen Sie niemanden an das Mädchen kommen!“ forderte er, legte auf und rannte aus der PAST. Er brauchte bis zum Festivalgelände fast eine halbe Stunde, da die Strecke streng kontrolliert wurde. Auf dem Parkplatz musste er wie zuvor auch, seinen Dienstausweis zeigen. Nur wenig später stand er in dem angesprochenen Bus und sah Nicole an. „Bist du in Ordnung?“ wollte er wissen. Nicole nickte. „Okay, ich bin Semir und werde dich jetzt nach Hause bringen.“ Nicole schüttelte heftig den Kopf. „Nein! Sie müssen Sophie da rausholen! Sie ist in großer Gefahr! Flo hat mir gesagt, dass, wenn ich fliehe, sie dafür bezahlen muss! Ich will nicht, dass sie wieder von Demos und seinen Leuten bestraft wird! Bitte! Sie müssen unbedingt da hin! Bitte!“ flehte das Mädchen und fing an zu weinen. Semir hockte sich vor ihr hin und nahm sie sanft in den Arm. „Hey, ist ja gut. Ich hole sie daraus, dass verspreche ich dir. Ich werde sie da rausholen…“ sagte er fürsorglich zu ihr. Nur langsam beruhigte sich Nicole. „Weißt du wie ich auf den Bauernhof komme, ohne das mich jemand sieht?“ wollte Semir nach einer Weile wissen. Nicole sah ihn an und nickte. „An der Mauer steht ein Baum. Die Äste ragen über die Mauer und von dort kann man auf den Bauernhof kommen. Aber man muss vorsichtig sein. Die Männer von Demos gehen immer auf Patrouille und wenn die einen erwischen, dann wird man bestraft.“ erklärte sie schluchzend. „Okay, komm. Deine Eltern warten schon auf dich.“ lächelte Semir und brachte das Mädchen zu seinem Auto. Die Fahrt ging schweigend los. „Wenn ich über der Mauer bin, wo befindet sich dann das Haus von Sophie?“ wollte er von ihr wissen. „Von der Mauer aus, liegt es direkt links. Es steht fast an der Mauer. Aber seien Sie trotzdem vorsichtig. Demos lässt Sophie bewachen. Sind meine Eltern böse auf mich?“ fragte Nicole und sah Semir fragend an. Dieser lächelte und schüttelte den Kopf. „Nein, sie sind nicht böse auf dich. Sie vermissen dich und sie lieben dich.“ gab er von sich.

    Nicole frühstückte hastig und Sophie sah sie mahnend an. „Nicki, wenn du die Chance hast, dann verschwinde irgendwie auf dem Festival. Komme nicht wieder hier her! Du darfst nie wieder zu uns kommen.“ bat sie eindringlich. Nicki nickte nachdenklich. „Und was ist mit dir? Wie willst du denn jemals hier wegkommen?“ wollte sie im Gegenzug wissen. Sophie verzog leicht die Lippen. „Nur keine Sorge, wir finden schon einen Weg. Vielleicht kannst du die Polizei darüber informieren, was hier passiert und dann können die mir helfen. Am liebsten wäre mir dieser Semir Gerkhan. Das ist der Polizist von der Autobahnpolizei. Er ist sehr nett und er hat mir versprochen mir zu helfen. Ich glaube an ihm. Aber wichtiger ist, dass du nicht mehr hier bist. Ich habe schon einige Mädchen hier gehabt, die dann abgeholt wurden. Ich weiß, dass Demos ein Bordell in Düsseldorf betreibt und ich würde mich nicht wundern, wenn er die Mädchen hier vom Bauernhof dort einsetzt. Ich will dir das ersparen.“ Nicole nickte. „Und was, wenn Flo mich nicht gehen lässt?“ hakte sie nach. „Du musst es irgendwie schaffen. Bitte versprich mir, dass du es versuchen wirst.“ „Klar, verspreche ich es dir. Jetzt mache ich mich erst einmal fertig für das Summerdale!“ lachte das Mädchen und verschwand im Nebenraum. Sie brauchte fast eine Stunde und als sie rauskam, schluckte Sophie. Das Mädchen war zwar 15 aber sie sah sehr sexy aus. „Willst du so zum Festival gehen?“ wollte sie von ihr wissen. „Ja, das wird so geil!“ lachte das Mädchen. Es klopfte an der Tür und Florian trat ein. Nicole sah ihn an. „Du willst so zum Summerdale?“ fragte sie erstaunt, denn Florian trug die normale Kleidung. „Ja, das reicht. Bist du soweit?“ lächelte er. Nicole nickte und verabschiedete sich von Sophie. „Denk daran, was ich dir gesagt habe.“ mahnte Sophie sie erneut und Nicole drückte sie an sich. „Ich werde dich nicht vergessen.“ flüsterte sie ihr ins Ohr und verließ das Haus. Sie bemerkte nicht, dass Sophie ihr mit Tränen in den Augen nachsah.

    Semir sah mit mit einem erstaunten Ausdruck auf Dana, die für das Festival am Fühlinger See, sehr aufreizend gekleidet war. Er schluckte nur sehr schwer eine Bemerkung runter und fuhr sie in den Kölner Norden. Als sie dort angekommen waren, stieg er aus und Dana warf ihm einen ernsten Blick zu. „Papa, du wirst mir nicht hinterher schnüffeln, klar? Du kümmerst dich nur um deinen Fall.“ mahnte sie ihn. Semir lächelte leicht. „Sicher…ich vertraue dir.“ gab er von sich. Dana sah ihn mit einem Blick an, der ihm sagte, dass sie ihm ganz und gar nicht vertraute. „Okay…“ gab sie dehnend von sich und stürmte in die Masse von partywütenden Personen, die durch ihre Dreadlocks auffielen. Semir rümpfte die Nase, als einer der Paryteilnehmer an ihn vorbeiging und einen üblen Geruch versprühte. Jeder, der an ihn vorbeiging, wurde akribisch begutachtet und er fand immer mehr, dass dies keine Umgebung für seine bereits erwachsene Tochter war. Selbst nach drei Stunden, die er dort verbrachte, gab es keine Spur von Nicole Bauer. Ein uniformierter Kollege trat auf ihn zu. „Gehören Sie zu dem Partyvolk?“ wollte er von ihm wissen. „Nein, nicht wirklich. Gerkhan, Kripo Autobahn. Wir sind derzeit auf der Suche nach einer vermissten Person. Diese junge Dame hier.“ antwortete Semir und reichte dem Kollegen das Foto von Nicole. Dieser warf nur einen vagen Blick drauf. „Na dann kann ich nur viel Erfolg wünschen. Dieses Jahr sind über 26.000 Personen hier auf der Veranstaltung.“ wünschte der Mann und wollte gehen. Semir hielt ihm am Arm fest. „Haben Sie das Mädchen hier gesehen?“ wollte er wissen. Der Kollege zog die Augenbrauen zusammen. „Haben Sie schon gesehen, was hier los ist? Meine Aufgabe ist es, darauf zu achten, dass hier möglichst wenig zugedröhnte Personen an diesem Festival teilnehmen. Ich weiß aber, dass die Kollegen die mitten unter den feierwütigen Leuten sind, Bilder von vermissten Kindern haben. Die sollten sich dann melden. Ich muss weiter!“ Semir nickte und sah dem Kollegen kopfschüttelnd nach. Hoffentlich hatte er das Glück, dass Nicole Bauer diesen Eingang zum Festival wählte und ihm so quasi in die Hände lief.

    Für Semir fing der Dienst wie angekündigt um 20 Uhr an und er war erstaunt, dass Alex bereits im Büro saß. „Du bist schon hier?“ fragte er. „Ja, ich habe heute eine Information erhalten, die sehr lukrativ für uns und für die Kollegen der Drogenfahndung sein werden. Drogen im Wert von einer halben Million.“ erklärte er. „Aha…“ machte Semir und setzte sich auf seinen Stuhl. „Von wem hast du die Infos?“ „Von einem ehemaligen Knastkollegen. Rio hatte mich und Manuel belauscht und mitbekommen, dass ich mich mit Demos anlegen will. Er hat mir einen Rastplatz genannt, an dem Demos morgen seine Drogen kaufen wird. Wir könnten seinen Lieferanten und ihn selbst verhaften, wenn er vor Ort sein sollte. Auf jeden Fall erwischen wir einen aus dem inneren Kreis um ihn herum.“ Semir nickte anerkennend. „Okay, hast du den Kollegen von der Drogenfahndung schon alles gesteckt?“ Alex grinste leicht. „Ja, Matz kommt gleich vorbei. Er hat die Leitung in diesem Fall.“ „Matz?“ hakte Semir nach. „Ja, du weißt doch. Der nette Kollege, der nun meine Exfreundin geheiratet hat.“ „Ach der Matz. Ja, ich erinnere mich. Okay, SEK auch schon informiert?“ Alex schüttelte den Kopf. „Ich will jetzt erstmal mit Matz darüber sprechen.“ Es klopfte an der Tür und der Exkollege von Alex trat ein. „Hallo Alex! Hallo Herr Gerkhan.“ begrüßte er sie. „Semir reicht. Guten Abend.“ Matz nickte. „Okay, schieß los. Die Kollegen der Soko waren schon ganz aufgeregt, als ich ihnen sagte, dass wir morgen einen großen Zugriff haben.“ Alex sah ihn an. „Also, auf dem Rastplatz „Drei Eichen“ soll morgen um 19:00 Uhr die Übergabe sein. Mein Informant sagte mir, dass er nicht weiß, ob Demos persönlich vor Ort sein würde. Wohl aber und da war er ganz sicher, ein gewisser Dustin von dem er den Familiennamen nicht weiß. Dustin ist die rechte Hand von Leuthäuser bzw. Demos. Es geht um Drogen im Gegenwert von 500.000 Euro und das dürfte Leuthäuser schon ganz schön ärgern. Der Tipp hat mir übrigens 500 Euro gekostet.“ Matz nickte. „Das ist schon eine ziemliche Größenordnung. Weißt du auch, wer der Händler ist?“ Nun musste Alex mit dem Kopf schütteln. „Aber den werden wir dann morgen ja auch kennen lernen. Ich denke, damit haben wir dann wieder einen großen Schlag gegen die ganzen Drogenhändler gemacht. Ich dachte, dass wir uns das Gelände schon mal ansehen und den Zugriff planen. Ich will nicht, dass etwas schiefläuft.“

    Nachdem Matz wieder verschwunden war, kümmerte sich Semir um die Bilder, die Alex an dem Bücherkasten gemacht hatte. „Also bisher hat der PC nichts über die Personen. Sie scheinen alle keine Kunden von uns zu sein.“ murmelte er. Alex nickte leicht. „Ist schon klar. Das sind alles Kleine Fische, die bisher nicht in Erscheinung getreten sind. Dealer, die bisher nicht aufgeflogen sind. Ich meine, ich habe in das Buch geschaut und gerade 40 g gefunden. Und in einem anderen Buch gerade mal 200 Euro. Das sind Kleindealer, die nach zwei Tagen wieder auf freiem Fuß sind. Nein, ich denke der Zugriff morgen, wird Leuthäuser schmerzhafter sein, als wenn wir jeden kleinen Dealer am Bahnhof wegsperren.“ Semir lachte auf. „Ja, das ist wirklich eine bessere Möglichkeit ihn aus der Reserve locken. Nur was machen wir dann?“ wollte er nun wissen. „Ist doch ganz einfach. Wir verhaften Demos und heben seine Sekte aus. Die Mädchen und Jungen dort, werden dann wieder nach Hause zu ihren Eltern gehen und die Bösen hinter Gitter.“ grinste Alex breit. „Klingt wirklich gut. Aber ich habe da das dumpfe Gefühl, dass Leuthäuser sich nicht so einfach verhaften lässt. Selbst wenn wir diesen Dustin festsetzen sollten. Leuthäuser wird alles auf ihn schieben und seine Hände in Unschuld waschen. Er wird vermutlich entsetzt spielen, wenn wir ihm das sagen.“ mahnte er. Alex sah ihn an. „Schon möglich, aber er wird sauer sein und wenn ich ihn richtig einschätze, wird er alles tun und dem nächsten großen Deal selbst über die Bühne zu ziehen und dann packen wir ihn an den Eiern.“ Semir sah wieder auf den Monitor. „So, der letzte Schwung läuft durch. Bisher noch keinen Treffer.“ Alex lehnte sich zurück. „Komm, du wirst da keinen drin finden. Drehen wir unsere Runde!“ schlug er nun vor und das ließ Semir sich nicht zweimal sagen. Der Rest der Schicht verlief ruhig und er fuhr um 3 Uhr in der Nacht nach Hause. Morgen musste er Dana zum Summerdale bringen. Er erinnerte Alex noch einmal, dass er sich dann auch auf dem Festival umsehen und dann gegen elf im Büro sein wollte.

    Am Freitagmorgen um halb vier beendeten die beiden Hauptkommissare ihre Observierung und fuhren zurück in die PAST. „So, der Dienst startet heute Abend wieder um acht. Ich brauche Schlaf.“ stöhnte Semir leise. Alex nickte nachdenklich. Er hatte seine Kamera mit dem PC verbunden. „Hey, hörst du mir zu? Wir haben Feierabend! Ich muss nach Hause!“ wiederholte Semir, denn Alex reagierte nicht. „Ja, habe ich gehört. Ich will nur noch eben die Bilder durch den Computer jagen. Fahr heim und schlaf dich aus. Ich fahre auch gleich und nachher werde ich mich wieder an die Box stellen. Du kannst ja versuchen, was über die Jungs herausfinden.“ schlug Alex vor und Semir war damit einverstanden. „Morgen bringe ich Dana zum Summerdale und dann schau ich mal, ob ich nicht doch diese Nicole auf dem Gelände sehe.“ gab er von sich. „Ja, ich hoffe wirklich sehr, dass das Mädchen dort auftaucht. Die Kollegen, die das Festival betreuen haben, sicher auch die Fotos von ihr dabei. Wäre ja nicht das erste Mal. Hoffentlich ist ihr bis dahin nichts passiert. Nicht, dass wir nach dem Festival eine Leiche im See finden.“ murmelte Alex und schaltete nun den PC aus. „Na komm, fahren wir nach Hause.“ Semir und er verließen die PAST. Nur wenig später schlich Semir sich leise ins Schlafzimmer und legte sich neben Andrea. „Du kommst spät…“ murmelte diese verschlafen. „Sorry, Observation. Ich konnte nicht früher. Aber dafür habe ich bis um 20 Uhr frei.“ erklärte er und küsste sie sanft. „Tu das nicht wieder. Du bist nicht mehr der Jüngste und brauchst deinen Schlaf. Und ich brauche dich auch zwischendurch.“ Andrea drehte sich zu ihm und legte sich auf seine Brust. Er strich ihr sanft über die Schulter und nur wenig später waren beide eingeschlafen. Um sieben klingelte der Wecker. Andrea stand auf und machte die Kinder zur Schule und zum Kindergarten fertig. Sie nahm ein Stück Papier und schrieb für Semir noch eine Nachricht. Anschließend fuhr sie zur Staatsanwaltschaft, wo sie für Isolde Maria Schrankmann arbeitete.

    Alex stand bereits um elf wieder am Bahnhof und beobachtete aus sicherem Abstand die Bücherbox. Er machte wie auch in der Nacht zuvor, Bilder von jedem, der sich die Bucher näher ansahen. Eine ganze Zeit geschah nichts, doch plötzlich wurde er von hinten angetippt. "Hi Alex.“ ertönte es und Alex drehte sich erschrocken um. "Rio?" fragte er erstaunt, als er sah, wer ihn da auf die Schulter tippte. "Na, überrascht?" grinste der Mann, den Alex als Mithäftling kennen lernen durfte. "Was machst du hier?" fauchte er ihn an und drehte sich wieder dem Bücherkasten zu. "Ich habe gehört, du interessierst dich für Demos." gab Rio, der eigentlich Robert Mollbach hieß, von sich. "Kann schon sein. Woher weißt du das?" tat Alex auf gleichgültig. "Hey, warum denn so abweisend? Ich habe Informationen für dich" lachte Rio. "Ach ja? Und was soll das sein?" hakte Alex nach. "Ich habe dich vor einigen Tagen mit Ice gesehen. Und ich habe euch ungewollt belauscht." grinste Rio. Alex sah ihn nun an. "Manuel ist tot!" stieß er aus. Rio nickte. "Ja, habe ich gehört. Schade um den Jungen, aber jeder, der Demos verrät, ereilt dieses Schicksal. Hör zu, ich kann dir einen Tipp geben, wo und wie du Demos so richtig einen auswischen kannst. Aber meine Tipps kosten." mahnte Rio und kam nun zum Thema. "Warum kommst du damit zu mir?" versuchte Alex nun wieder auf gleichgültig zu machen. "Hör zu, ich kann nicht nur Demos das Geschäft versauen. Ich kenne jeden Dealer hier am Bahnhof einschließlich die, die für Demos arbeiten. Was denkst du, was die mir geben, wenn ich denen erzähle, dass sich ein Bulle für ihren Vertriebsweg interessiert?" Alex zog die Augenbrauen zusammen. "Willst du mir drohen?" fragte er nach. "Nein, aber jeder muss sehen wo er bliebt. Dir scheint es ja nach dem Knast richtig gut gegangen zu sein. mir nicht! Ich lebe auf der Straße! Habe keinen Job! Keine Zukunft, keine Frau! Ich will auch auf die Sonnenseite!" fauchte Rio nun. Alex zog die Schultern hoch. "Jeder ist seines Glückes Schmied. Ich hatte nun mal mehr Glück." Jetzt lachte Rio auf. "Du bist wieder bei den Bullen! Wie kannst du deinen Kollegen vertrauen, die dich in den Knast gebracht haben. Ich kenne einen Übergabeort, wo du Demos so richtig treffen kannst. Es geht um eine verdammt große Lieferung! 500.000 Euro werden da getauscht." Jetzt wurde Alex doch hellhörig. "Okay und wo?" wollte er wissen. "Nee... ohne Kohle geht nichts. Wenn du diesen Tipp willst, dann 500 Euro! Finderlohn, wenn du so willst. Das sind nicht mal 10 Prozent von dem Warenwert." setzte Rio nun seinen Preis fest. Alex lachte leise. "Für wen hältst du mich?" "Für jemanden, der Demos so richtig in den Arsch treten will. Aber das schaffst du sicher nicht mit den mickrigen Briefchen, die dort im Kasten sind. Also was ist?"

    Semir sah seinen Partner an. „Das tut mir leid, Alex. Kanntest du ihn sehr gut?“ Alex nickte. „Seit acht Jahren. Damals habe ich ihm einen Entzugsplatz gesichert und es sah auch so aus, als würde er es packen, doch dann ist er wieder zurück in den Sumpf und ist immer weiter abgesackt. Gestern hat er mir noch gesagt, dass er sich am liebsten einen goldenen Schuss setzen würde, damit er die Welt verlassen kann.“ erklärte er leise. „Denkst du er hat sich das Leben genommen?“ hakte Semir nach. „Ich weiß es nicht. Aber gestern sprach er mit so einer Todessehnsucht, dass es nicht ausgeschlossen ist. Und was hast du so gemacht? Was hast du so herausgefunden?“ Alex beugte sich vor. „Ach so, also ich habe die Akten der Mädchen durchgesehen und in der Tat ist da auch diese Sophie zu finden. Sie ist vor acht Jahren im Alter von 15 von zuhause abgehauen. Wie auch bei Nicole nach einem Streit mit den Eltern.“ Alex nickte nachdenklich. „Hat man denn auch ihre Sachen irgendwo gefunden?“ Nun schüttelte sein Partner den Kopf. „Nein, aber es gibt da noch mehr Mädchen in dem Alter. Ines Rhodes, 13 Jahre als sie verschwand, Anja Krings, 15 Jahre als sie verschwand und eine gewisse Lisa Josefine Herder, die war allerdings bereits 18 als sie weg ist. Alle Mädchen sind heute zwischen 20 und 26 Jahre alt.“ endete Semir. „Und alle sind nach dem Streit mit den Eltern verschwunden?“ murmelte Alex nachdenklich und wieder nickte Semir. „Okay und ich denke, alle werden in dieser Sekte vermutet?“ Doch nun schüttelte Semir den Kopf. „Das nicht, aber ich habe dieser Sophie angesehen, dass sie Angst hatte. Richtige Angst.“ Alex stand auf und ging zum Fenster. „Okay, wir sollten aber auch das Summerdale nicht vergessen. Vielleicht taucht Nicole da ja wirklich auf.“ schlug er vor. „Die städtischen Kollegen sind bereits informiert und werden ihre Augen offenhalten. Auch wenn ich nicht denke, dass Demos die Kleine dorthin gehen lässt. Dana geht übrigens aus hin. Sie will sich dort die Musik anhören.“ Alex sah ihn erstaunt an. „Du lässt sie am Festival teilnehmen, obwohl du weißt, was da abläuft?“ fragte er. Semir nickte leicht. „Mir hat so ein Schlaumeier gesagt, dass ich manchmal Verbote ins Gegenteil umwandeln soll, damit die Kinder lernen, dass man es nur gut meint.“ Alex grinste breit und wusste genau, worauf sein Partner anspielte.


    Schon am gleichen Tag fuhren die Hauptkommissare zum Bahnhof und beobachteten den Bücherkasten, aus dem sich alle Menschen, wenn sie wollten bedienen konnten. Die Bücher waren meist ausrangierte Waren, die aus den Buchhandlungen in den Kasten gestellt werden, um auch den Personen, die auf der Straße lebten, die Gunst des Lesens zu geben. Doch dieser Kasten schien sehr übersehen zu werden. In drei Stunden waren gerade mal drei Leute dort und sahen sich einige Bücher an, stellten sie wieder weg oder legten sie einfach oben auf. „So bringt das gar nichts. Wir müssten wirklich wissen, ob es die Dealer sind, die die entsprechenden Bücher nutzen. Wir kennen doch gar keinen von denen.“ stöhnte Semir. „Das ist klassische Polizeiarbeit. Wir werden von jedem, der an den Kasten geht, ein Bild machen und es später durch den Computer jagen.“ erklärte Alex und hob eine Kamera mit Objektiv hoch. Semir nickte nachdenklich. „Na, dann warten wir mal. Ich habe Sophie übrigens versprochen, sie und auch die anderen Mädchen aus den Fängen von Leuthäuser zu befreien. Mich lässt es einfach nicht los, was sie mir über diesen Kerl sagte. Also, das er nicht mehr der ist, den sie kennen gelernt hatte. Aber ich denke auch, das Leuthäuser sie jetzt ziemlich bewacht.“ Alex sah ihn kurz an. „Das wird er mit Sicherheit und ich bin mir auch nicht sicher, ob Nicole wirklich auf dem Festival auftaucht. Nicht nach der Durchsuchung. Leuthäuser ist ja nicht dumm und er weiß, dass es für Nicole eine Fluchtmöglichkeit wäre.“ Semir nickte leicht. „Das denke ich auch. Dennoch können wir es versuchen. Hey, sieh mal! Das ist doch der junge Mann vom Bahnhof!“ stieß Semir aus, als er wieder zum Bücherkasten sah. „Flo! Das ist dieser Florian! Dein Informant hatte Recht!“ Alex nickte. „Jetzt wird es spannend.“ murmelte er und machte ein Foto. „Das ist echt die langweiligste Überwachung die ich je gemacht habe.“ knurrte Semir nach drei weiteren Stunden. „Du kannst dir ja ein Buch holen.“ grinste Alex. Er bekam von Semir einen leichten Seitenhieb. „Weißt du was, ich denke es ist nicht notwendig, dass wir beide hier sind. Das war deine Idee und damit wirst du dann die Nacht durchmachen. Ich fahre gleich nach Hause.“ drohte er mit einem Grinsen an. „Semir! Wir sind Partner! Wir tun alles zusammen, schon vergessen? Du machst mit mir weiter!“ legte sein Partner nun fest. „Was willst du denn dann machen? Die Menge, die du da finden wirst, ist verschwindend gering. Diese ganze Überwachung bringt nichts!“ Semir sah seinen Partner an und Alex schien tatsächlich darüber nachzudenken. „Also gut. Wir machen bis vier und dann fahren wir nach Hause.“

    Gegen neun wurde Nicole wieder zu Sophie gebracht, die sie freudig begrüßte. Als sie allein waren, sah sie Nicole prüfend an. „Bist du in Ordnung? Haben Sie dir etwas angetan?“ wollte sie besorgt wissen. Nicole schüttelte den Kopf. „Warum hast du mich verraten? Dustin hat mir gesagt, dass du der Polizei den Tipp gegeben hast! Warum hast du das getan? Ich dachte, du bist meine Freundin!“ fragte sie. Sophie sah sie an. „Ich habe dich nicht verraten! Ich wollte dir helfen! Nicki, du gehörst hier nicht her und du musst gehen. Wenn die Polizei dich hier gefunden hätte, dann wärst du jetzt wieder bei deinen Eltern! Dort geht es dir auf jeden Fall besser. Weißt du, wo du warst?“ erklärte Sophie. „Das ist Blödsinn! Meine Eltern wollen mich doch gar nicht haben!“ fauchte das Mädchen zurück. „Denkst du das wirklich? Deine Eltern haben dich als vermisst gemeldet. Das ist sehr wohl ein Zeichen, dass sie dich lieben. Nicki, letztens hast du doch noch gesagt, ich soll dir helfen zu fliehen. Ich habe es versucht. Du musst wieder gehen! Ich will nicht, dass man mit dir das machen, was man mit mir gemacht hat! Ich will das einfach nicht! Du hast keine Ahnung, wie grausam es ist. Ich will es nicht für dich.“ Sophie senkte den Blick und weinte bitterlich. Nicole setzte sich neben sie und umarmte sie. „Ich weiß. Aber jetzt wo ich zum Summerdale gehen darf, ist doch alles gut. Danach werde ich auch wieder nach Hause gehen. Und ich war in so einer Hütte. Sie lag ziemlich weit weg von hier Wir sind eine gute Stunde gefahren.“ Sophie sah sie mit einem verzweifelten Blick an. „Nicki, danach wirst du nicht gehen können. Demos wird es verhindern. Er wird dich niemals wieder gehen lassen. Deshalb bitte ich dich inständig, wenn du es irgendwie schaffen kannst, dich von Flo zu lösen, dann lauf! Lauf um dein Leben!“ flehte sie das Mädchen an. Nicole versprach es. Sie legten sich in das große Bett und schliefen schon sehr bald ein. Nur noch zwei Tage bis zum Summerdale, dachte sich Nicole bevor sie in den Tiefschlaf fiel. Im Traum sah sie sich auf dem Festival tanzen und lachen. Sie sah, wie sie Alkohol trank und sich mit den ganzen Jungs unterhielt.

    Semir kam am nächsten Morgen in die PAST und begrüßte zunächst Susanne, die schon an ihrem Schreibtisch saß. „Gibt es was Neues für mich?“ wollte er von ihr wissen. „Leider ja, wir haben vor zwei Stunden den Fund einer Leiche mitgeteilt bekommen. Der Mann heißt Manuel Finke und ist vermutlich an einer Überdosis gestorben. Jenny und Finn haben das übernommen.“ Semir nickte. „Gut, sollen sie den Fall bearbeiten. Hast du noch was über diesen Leuthäuser herausgefunden?“ „Nein, außer das was du schon weißt, gibt es nichts Neues. Ach so, die Schrankmann hat heute schon Wind gemacht. Die ist stinksauer, weil ihr mal wieder daneben lagt was die Durchsuchung des Bauernhofes angeht.“ Semir verdrehte die Augen. „Die Frau scheint zu glauben, dass wir alles sofort und auf der Stelle richtigmachen. Hat die schon mal was von Zufall gehört. Ich bin mir sicher, dass das Mädchen auf dem Bauernhof ist. Ist die gerade bei Krüger?“ Susanne schüttelte den Kopf. „Nein, das Ganze ist telefonisch abgelaufen. Frau Krüger hat ihr aber ein paar Takte gesagt und gut wars.“ Semir grinste leicht. „Ist Alex schon da?“ Wieder schüttelte Susanne den Kopf. „Nein, bisher noch nicht. Vielleicht ist es gestern ja auch länger geworden.“ „Da irrst du dich, meine liebe Susanne!“ ertönte es vom Eingang her und Alex trat ein. „Guten Morgen Partner. Ich habe interessante Neuigkeiten erfahren.“ Semir sah ihn neugierig an. Sie gingen ins Büro und Semir schloss die Tür. „Also, was hat dein Informant denn gesagt?“ Alex setzte sich. „Er hat mir den Tipp gegeben, die Bücherbox am Bahnhof zu beobachten. Dort wäre ein Dealer von Demos, ein gewisser Flo, wo ich denke, dass es die Abkürzung für Florian ist, ständig Bücher herausnimmt, sie kurz liest und dann wieder zurückstellt. Danach geht er dann wieder dem Verkauf nach.“ Semir zog die Augenbrauen hoch. „Vielleicht holt er sich Tipps für den Verkauf?“ grinste er. „Das denke ich weniger, Semir. Ich habe mir die Bücher nämlich mal angesehen. Einige sind tatsächlich nur alte Schinken aber…“ er machte eine Pause und zog ein Buch aus der Tasche. „… es ist der Weg, wie die Dealer an ihre Waren kommen und Demos an sein Geld.“ Er klappte das Buch auf. Darin waren einige Seiten zusammengeklebt und mittig ausgeschnitten, so dass dieses Buch eine Schachtel ergab. Semir nickte nachdenklich. „Ja, er nimmt ein Buch, holt sich die Drogen raus, legt das Geld dafür rein und dann dürfte einer der Gefolgsleute das Geld rausholen. Wir sollten den Kasten beobachten lassen.“ schlug er vor. „Genau das habe ich vor.“ grinste Alex. „Jenny und Finn haben gerade einen Toten an der Autobahn und sind nicht abkömmlich.“ Alex sah ihn an. „Einen Toten?“ fragte er nach. „Ja, ein gewisser Manuel Finke. Scheinbar eine Überdosis. Laut Susanne hat man ihn auf der Raststättentoilette gefunden.“ Alex wurde blass, was Semir natürlich nicht entging. „Oh verdammt!“ presste er vor. „Was ist?“ „Manuel Finke war mein Informant. Er hat mir das mit dem Bücherkasten gesagt.“

    Manuel nickte leicht „Ja, ist ja gut.“ Er sah sich verstohlen um. „Also, die Dealer von Demos sind sehr belesen. Ich habe sie schon öfter dabei beobachtet, wie die an diesem Kasten vor der Bibliothek der Kirche standen und sich Bücher herausnahmen.“ berichtete er. „Bücher???“ hakte Alex ungläubig nach. „Ja, einer von denen, das ist Flo glaub ich, hat letztens ein Buch genommen, es gelesen und dann wieder weggestellt. Das machen die immer so. Immer wieder an dem Kasten. Ich weiß zwar nicht, ob er immer dasselbe Buch nimmt, aber er ist fast jeden zweiten Tag da. Aber ich denke nicht, dass die sich bilden wollen.“ gluckste Manuel. Alex nickte nachdenklich. „Okay, ich werde mir die Bücher mal ansehen. Und was willst du jetzt machen?“ wollte er von seinem Informanten wissen. „Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Ich meine, was bleiben mir schon für Möglichkeiten? Ich komme von dem Zeug nicht weg und einen Job krieg ich auch nicht, weil ich einfach unzuverlässig bin. Sag du es mir.“ forderte Manuel den Polizisten auf. „Manuel, ich kann dir nur noch einmal den Entzug nahelegen. Du bist gerade mal 30 und siehst aus wie 50. Das Zeug macht dich kaputt!“ mahnte Alex. Manuel lachte leise. „Ich weiß. Aber das ist ja das Ziel dieses Zeugs. Alex, ich bin dir dankbar für dein Angebot, aber den letzten Entzug habe ich auch nicht durchgestanden. Ich bin zu schwach um dagegen anzukämpfen und wenn ich Glück habe, dann bleiben mir noch zwei oder drei Jahre bis das Zeug mich fertiggemacht hat. Manchmal würde ich mir nur zu gern den goldenen Schuss setzen und die Welt verlassen. Das Leben ist für mich gelaufen.“ Er sah, wie der Polizist schwer schluckte. „Manuel, das ist kompletter Blödsinn was du da von dir gibst! Das Leben ist lebenswert! Ich weiß es! Ich war zwei Jahre im Knast! Als Bulle bist du da Dreck mit dem niemand etwas zu tun haben will. Aber ich habe es geschafft und ich bin mir sicher, dass du es auch schaffst! Du musst es nur wollen!“ kam inständig ihm. Manuel sah ihn mit müden Augen an. „Ich denke nicht, dass ich es will, Alex. Ich bin zu schwach. Ich werde es niemals schaffen. Dank dir, habe ich mir heute mal wieder den Bauch vollschlagen können. Das reicht für zwei Tage…“ lachte er und stand auf. „Wo willst du hin?“ fragte Alex. „Es ist besser, wenn wir uns jetzt trennen. Man weiß nie, wer einen hier beobachtet. Jeder davon könnte von Demos Leuten sein und mit denen legt man sich besser nicht an. Also, mach es gut.“

    Semir fuhr gegen Acht direkt nach Hause, wo Andrea auf ihn wartete. „Hallo Schatz. Du kannst dich direkt mit Dana unterhalten, die hat nämlich was ganz Bescheuertes vor!“ begrüßte sie ihn und er sah sie erstaunt an. „Was? Wieso denn?“ hakte er nach. „Sie will auf so ein Rockkonzert gehen! Summerdale heißt es oder so. Ich habe mich mal schlau gemacht. Letztes Jahr gab es dort drei Vergewaltigungen und ein Mord, der immer noch nicht aufgeklärt ist. Außerdem ist dieses Konzert wegen Drogen und Alkohol sehr im Verruf. Ich will nicht, dass sie bei so einem Konzert ist!“ erklärte sie weiter. Semir legte seine Jacke ab. „Ist sie in ihrem Zimmer?“ fragte er. Andrea nickte. „Gut, ich geh mal hoch.“ Nur wenig später klopfte er an Danas Tür und sie bat ihn hinein. „Dana, Andrea sagte mir eben, dass du auf so einem Konzert gehen willst. Was ich ehrlich gesagt, nicht gut finde.“ fing er an. „Papa, ich bin schon 18 und somit kann ich selbst entscheiden, was ich will. Außerdem soll da richtig gute Musik spielen. Denkst du wirklich, ich würde Drogen nehmen, weil ich dort tanze? Hast du kein Vertrauen?“ Dana sah ihn fragend an. Semir setzte sich auf ihr Bett und nahm ihre Hände. „Sieh mal Dana, ich kann Andreas Bedenken sehr gut verstehen. Dieses Summerdale ist wirklich sehr verschrien und ich weiß aus Kollegenkreisen, dass dort mit Drogen gehandelt wird. Dennoch werde ich es dir nicht verbieten, denn ich halte dich für zu intelligent, um dich auf sowas einzulassen.“ Dana lachte leise. „Du kannst es mir eh nicht mehr verbieten. Papa, ich weiß, dass man da Drogen kaufen kann und du hast Recht, ich bin zu intelligent um mich darauf einzulassen. Ich gehe nur dahin, um die Musik zu hören und ein bisschen Spaß zu haben. Du weißt schon, was ich meine…“ Semir zog die Augenbrauen zusammen. „Nein, ich weiß nicht, was du meinst. Wie sieht denn dein Spaß aus?“ Dana hörte den unterschwelligen Ton in seiner Stimme und grinste frech. „Nun ja, was man so macht, wenn man erwachsen ist…“ Semir stand auf. „Dana! Du wirst nicht dahingehen, um irgendeinen Kerl abzuschleppen, mit dem du dann in irgendeinem Zelt dort auf dem Platz vergnügst!“ fauchte er wütend. Dana lachte leise. „Easy Papa…easy! Das habe ich doch gar nicht vor. Ich wollte dann mit dem Typen schon hier meinen Spaß haben.“ gab sie von sich und Semir stand mit offenem Mund da. „Also…“ brachte er lediglich heraus und suchte nach seiner Fassung.

    In der PAST berichteten sie von dem ergebnislosen Zugriff, was Kim Krüger nur widerwillig akzeptieren wollte. „Die Staatsanwältin erwartet einen Bericht über den Zugriff. Soll ich ihr sagen, dass alles heiße Luft war?“ knurrte sie leise. „Chefin, wir können doch nicht im Voraus ahnen, dass es nichts bringt. Das sind halt Maßnahmen die danebengehen. Das ist auch bei uns nicht unmöglich und das sollte auch Schrankmann wissen.“ erklärte Semir. Kim nickte. „Sie wissen aber auch, dass Schrankmann das sicher im Hinterstübchen haben wird, wenn Sie einen weiteren Beschluss erwirken wollen.“ erinnerte sie ihre Hauptkommissare. Alex stöhnte leise auf. „Klar wird sie das. Sie hofft doch nur, dass wir endlich den großen Fehler machen und uns blamieren. Ich weiß nicht, was diese Frau in ihrem Leben durchgemacht hat, aber sie scheint alles auf mich und Semir zu projizieren. Frau Krüger, wir wollen diesen Fall erledigen und haben uns überlegt, die Sache von hinten aufzurollen.“ fing er an zu erklären. „Nein! Herr Brandt, ich werde für diese Undercoveraktion kein Okay geben! Das können Sie sich abschminken!“ lehnte auch sie sofort ab. Alex lachte auf. „Das hat Semir mir nur allzu klargemacht. Darum geht es auch nicht. Wir wollen Leuthäuser ein paar Drogengeschäfte versauen. Nur so viel, dass er unsicher wird und Fehler macht.“ Kim sah ihn fragend an. „Wie?“ fragte sie nach. „Nun, ich habe noch meine Kontakte in der Drogenszene und die könnte ich anzapfen, um an Leuthäusers Dealer zu kommen. Die nehmen wir dann nach und nach hoch, bis er keine mehr hat. Und dann schlagen wir zu.“ erklärte Alex. Kim dachte nur kurz nach. „Okay, dann müssen die Kollegen der Drogenfahndung auf jeden Fall eingeweiht werden. Nicht das die auch noch etwas planen und wegen uns alles schiefläuft.“ murmelte sie. „Ja, oder wegen den Kollegen.“ knurrte Semir. Kim sah ihn an. „Das käme aufs Gleiche heraus, Semir. Okay, dann zapfen Sie mal Ihre Informanten an. Und Sie Semir, nehmen sich die Akten der anderen verschwundenen Mädchen vor. Ich werde die Kollegen informieren.“ Semir nickte und verließ mit Alex das Büro der Chefin. Als sie in ihrem war, ließ Alex sich auf seinen Stuhl fallen. „Okay, pass auf. Ich werde um neun zum Bahnhof fahren und mich mit einem Informanten treffen, den ich schon sehr lange kenne. Er ist ein alter Hase und es gibt keinen Dealer den er nicht kennt.“ versprach er. „Klingt gut, hoffe der kann uns auch helfen. Wie hast du dir das genau gedacht? Willst du die Dealer direkt festnehmen und Demos so zum Handeln zwingen?“ hakte Semir nach. Alex zog die Schultern hoch. „Schauen wir mal.“

    Alex fuhr kurz nach Dienstschluss zum Hauptbahnhof nach Köln. Er kannte genau die Ecke, wo die Süchtigen die Reisenden anbettelten. An einem Pfeiler lehnte ein Mann und hatte demütig den Kopf gesenkt. Alex lächelte leicht und zog 5 Euro aus der Tasche. Er faltete ihn und ließ ihn in den Becherfallen. Der Mann sah ihn erstaunt an. „Hallo Manuel…“ begrüßte Alex ihn leise. „Alex? Ich habe gehört, dass deine Kollegen dich in den Knast gebracht haben. Seit wann bist du wieder draußen?“ fragte der Angesprochene erstaunt. Alex reichte ihm die Hand und zog ihn auf die Beine. „Hast du Hunger?“ wollte er wissen, anstatt die Frage zu beantworten. Manuel nickte. „Ich bin am Verhungern. Aber die Leute sitzen auf ihrem Geld. Die geben nichts mehr. Die haben nichts außer Beschimpfungen und Beleidigungen für uns übrig.“ beschwerte sich der Süchtige. Alex grinste leicht. „Die Menschen verändern sich. Und wenn du es mir jetzt auch übelnimmst, du siehst nicht gerade aus, wie das blühende Leben.“ Manuel stöhnte leise. „Mir geht es auch nicht gut. Seit ich diese neue Droge nehme, geht es den Bach runter. Das ist schlimmer als Koks oder Heroin.“ erklärte er. „Von was redest du?“ hakte Alex sofort nach. „Na dieses Crack! Das macht dich fertig. Mit jeder Einnahme brauchst du mehr und immer öfter.“ Alex hielt ihn am Arm fest. „Mein Angebot steht nach wie vor. Ich kann dir einen Platz in der Entzugsklinik besorgen. Du musst nur ja sagen.“ Manuel sah ihn an. „Alex, ich werde keinen weiteren Entzug machen. Den Letzten habe ich auch umsonst gemacht. Du weißt, doch wie das ist. Wenn man einmal in diesem verdammten Kreislauf ist, kommt man nicht wieder raus. Ich überlasse den Platz lieber Jüngere, die mehr Widerstand haben.“ Alex schlug dem Mann auf die Schulter. „Komm, wir gehen zu Maces.“ schlug er vor und ging in Richtung des Schnellrestaurants. „Was machst du denn hier? Du lebst auf jeden Fall nicht auf der Straße. Dafür bist du zu gut gekleidet.“ fragte Manuel, als Alex nur wenig später, mit einem vollbeladenen Tablett an den Tisch kam. „Nun, ich bin immer noch im selben Verein. Allerdings bei der Autobahnpolizei und deshalb bin ich auch hier. Ich brauche deine Hilfe. Aber jetzt greif erst einmal zu!“ forderte Alex seinen Informanten auf. Das ließ sich Manuel nicht zweimal sagen. „Also ich bin nicht zu schnell gewesen…“ lachte er auf, doch Alex blieb ernst. „Nein, das bist du wirklich nicht. Es geht um Demos.“ Alex machte eine Pause und Manuel, der eben eine Pommes in den Mund geschoben hatte, vergaß das Kauen. „Alex, ich kenne dich jetzt seit acht Jahren und ich kann dir einen sehr guten Rat geben. Vergiss deinen dämlichen Plan, egal was du vorhast! Demos ist der Teufel! Ich kann und will dir auch nichts sagen. Er hat überall seine Anhänger und er vergisst keinen! Wenn einer von denen erfährt, dass du ein Bulle bist, dann bin nicht nur ich tot!“ stieß Manuel aus. Alex sah ihm die Angst an. „Du sollst mir keine Namen nennen. Ich will nur wissen, wer zu seinen Anhängern gehört, die auch hier auf dem Bahnhof sind. Alles andere mache ich selbst.“ stellte er richtig, doch Manuel schüttelte den Kopf. „Weißt du was passiert, wenn die dahinterkommen, dass ich sie verraten habe? Die bringen mich um! Die geben mir den goldenen Schuss!“ Alex nahm seine Hand. „Manuel, wir können dich unter Schutz stellen. Bitte, du bist meine einzige Chance, die ich sehe. Ich zahle dir auch die Informationen.“ schlug er vor. Manuel schüttelte erneut den Kopf. „Was nützt mir das Geld, wenn ich tot bin? Wenn du klug bist, dann vergiss alles! Fahr in dein Büro, fang ein paar böse Jungs von der Autobahn, aber leg dich nicht mit Demos an!“ Alex atmete tief ein. „Tut mir leid, das kann ich nicht. Es verschwinden immer wieder Jugendliche, die sich vermutlich auf diesem Bauernhof von Demos befinden. Sie werden vielleicht süchtig gemacht. Du hast doch eben noch gesagt, dass es ein Scheißleben ist, wenn man Drogen nimmt! Ich will es verhindern! Ich kann nicht zusehen.“ redete Alex auf Manuel ein und dieser stöhnte auf.

    Semir ging nachdenklich zu Alex ins Büro, der ihn sofort neugierig ansah. „Und? Hast du was aus ihr herausbekommen?“ Semir nickte. „Ja, Nicole ist laut Angaben von Sophie dort. Er hält sie in seinem Haus gefangen.“ bestätigte er. Alex stand auf. „Worauf warten wir dann noch? Holen wir das Mädchen dort raus!“ befahl er, doch Semir regte sich nicht. „Semir? Was ist denn?“ Sein Partner sah ihn an. „Sophie hat mir erzählt, das Demos sich verändert hat. Sie wollte oder konnte aber nicht sagen wie. Sie meinte nur, dass er nicht mehr der ist, den sie als Demos kennen gelernt hatte.“ gab Semir nachdenklich von sich. „Okay…“ Susanne trat ein. „Das SEK ist da und wartet auf euch.“ Semir und Alex sprangen auf und verließen die PAST. Jetzt ging die Fahrt zum Bauernhof und beide Polizisten hofften inständig, dass sie Nicole fanden und zu ihren Eltern zurückbringen konnten. Semir schwor sich, jeden Kellerraum auf den Kopf zu stellen. Als sie den Bauernhof erreicht hatten, sprang er aus dem Auto und legte seine Schutzweste an. Dann betätigte er die Klingel und wartete darauf, dass sich das Tor öffnete. Es dauerte ganze zehn Minuten bis ein junger Mann vor das Tor trat, den Semir sofort als den Mann identifizierte, der Nicole am Bahnhof aufgegriffen hatte. Ohne abzuwarten, das er fragte, was Semir wollte, stürmten die Polizisten auf das Gelände und gingen direkt zum Haupthaus.Hier wurde jeder Kellerraum auf den Kopf gestellt. Ohne Erfolg. Noch einmal durchliefen sie alle anderen Bauten. Nichts! Semir ging mit Alex zurück zu Demos, der auch jetzt seine Maske trug. „Es tut mir wirklich leid, Herr Gerkhan, dass Sie nun doch eine Niederlage einstecken müssen. Aber vielleicht haben Sie beim nächsten Mal mehr Glück, mir ein Verbrechen nachzuweisen.“ kam höhnisch von dem Sektenvater. „Nur keine Sorge, ich werde nicht lockerlassen. Ich finde schon noch einen Beweis, dass Sie Dreck am Stecken haben, Leuthäuser. Ich irre mich sehr selten und nur, weil meine Kollegen der Drogenfahndung nichts gefunden haben, heißt es für mich nicht, dass Sie unschuldig sind.“ presste Semir hervor. „Herr Gerkhan, wollen Sie mir drohen? Das wäre nun wirklich nicht klug von Ihnen. Sie legen sich mit Leuten an, die Ihnen überlegen sind. Ich würde an Ihrer Stelle zurück rudern.“ gab Leuthäuser von sich.

    Semir atmete tief durch und wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, als Alex ihm die Hand auf die Schulter legte. „Danke Herr Leuthäuserfür Ihre Kooperation. Wir wünschen Ihnen noch einen schönen Tag.“ erklärte er und schob Semir raus. Leuthäuser verneigte sich kurz. „Ihnen auch…“ Alex ging mit Semir über den Hof und vor dem Tor sah er seinen Partner an. „Warum lässt du dich auf so ein Wortgefecht mit ihm ein? Semir, wir haben das Mädchen nicht gefunden. Es gab keine Spur von ihr. Wir können ihm nichts nachweisen. Die Aussage von Sophie war falsch.“Semir schüttelte sofort heftig den Kopf. „Oh nein! Wir verrennen uns ganz sicher nicht! Mit diesem Leuthäuser stimmt was nicht und ich werde herausfinden, was es ist. Das kann ich dir versprechen! Und das eben war eine klare Drohung!“ knurrte Semir und stapfte zum Dienstwagen.Alex sah ihm kopfschüttelnd hinterher. Er wusste genau, dass Semir sich hier festgebissen hatte und nur dann wieder losließ, wenn er am Ziel war. Aber sein Partner hatte auch Recht. Die Drohung war deutlich genug. Nur wenig später waren sie auf dem Weg zur PAST zurück. „Weißt du was Semir, ich mag deinen Sturkopf aber wir können auch anders an Leuthäuser rankommen.“ fing er an. „Vergiss es! Diese Undercoveraktion wird nicht durchgeführt! Zum einen gibt es dafür keinen Grund und zum anderen hat Leuthäuser dich jetzt auch gesehen!“ knurrte Semir sofort, denn er glaubte zu wissen, was sein Partner meinte. „Das meinte ich doch gar nicht. Wie wäre es, wenn wir seine Drogengeschäfte empfindlich stören?“ lachte Alex. Semir dachte nur kurz nach. „Okay, und wie? Wir wissen doch gar nichts darüber.“ maulte er. „Noch nicht, Semir. Aber ich habe immer noch meine Kontakte zu den Leuten auf der Straße und ich denke, ich weiß, wer mir was über Leuthäuser erzählen kann. Das sollten wir natürlich mit den Kollegen der Drogenfahndung absprechen, aber ich bin mir eigentlich sicher, dass die auf jeden Fall zustimmen werden.“ grinste Alex. Semir nickte nachdem er sich dies überlegt hatte. „Okay, probieren wir es.“

    Susanne König hatte sich gerade wieder an ihren Schreibtisch gesetzt, als sie die Info bekam, eine Mail erhalten zu haben. Sie öffnete sie und druckte den im Anhang befindlichen Durchsuchungsbeschluss aus. Nur wenig später stand sie bei Semir und Alex im Büro und überreichte ihnen das Dokument. „Soll ich das SEK schon informieren?“ „Nein, ich erwarte noch eine Person zur Vernehmung und danach werden wir den Bauernhof besuchen.“ lächelte Semir. Susanne wollte gerade gehen. „Ach Susanne! Ich habe noch eine Bitte an dich. Ich würde gern die Vermisstenfälle der letzten acht Jahre einsehen.“ Susanne sah ihn erstaunt an. „Alle?“ fragte sie nach. „Nein, ich brauche nur die Mädchen. Und zwar im Alter von 13 bis 18 Jahre.“ Susanne lächelte leicht und nickte. „Alles klar, ich lege sie dir auf deinen PC.“ versprach sie und machte sich an die Arbeit. Semir sah auf die Uhr. Es war halb vier. „Also wenn Leuthäuser das Mädchen abhält herzukommen, dann bin ich in einer Stunde wieder auf dem Bauernhof, das schwöre ich dir!“ knurrte er. Alex grinste leicht und sah durch das Fenster ins Großraumbüro. „Ist sie das?“ wollte er wissen. Semir drehte sich um. Tatsächlich stand die junge Frau dort, die er auf dem Bauernhof gesehen hatte. Er stand auf und ging zu der jungen Frau, die ihn schüchtern anlächelte. Neben Sophie stand ein Mann, der nach Semirs Ansicht zu viel Zeit in der Muckibude verbracht hatte. „Sie warten hier!“ befahl er. „Ich möchte gern dabei sein, wenn Sie Sophie vernehmen.“ Semir sah den Mann an, der ihn um drei Köpfe überragte. „Sind Sie Anwalt?“ fragte er freundlich. Der Mann schüttelte den Kopf. „Dann sind Sie sicher ihr Vormund und Sophie ist unzurechnungsfähig?“ Wieder folgte ein Kopfschütteln. „Okay, dann haben Sie kein Recht bei der Vernehmung dabei zu sein!“ Semir wandte sich an Sophie. „Kommen Sie bitte mit.“ lächelte er und die junge Frau folgte ihm. Nur wenig später saßen sie in einem der Verhörräume. Semir stellte ihr eine kleine Flasche Wasser hin. „Frau Gründner, ich möchte Ihnen helfen. Als ich heute bei Ihnen war, schien es mir, dass Sie etwas sagen wollten. Was ist es?“ Sophie sah ihn an. „Bitte nennen Sie mich nur Sophie. Den Nachnamen habe ich schon lange abgelegt. Und ja, ich wollte Ihnen etwas sagen aber ich kann es nicht tun. Wenn, dann bringe ich Nicole in Gefahr.“ Semir sah sie verständnisvoll an. „Leuthäuser setzt Sie unter Druck? Ich meine, Demos. Hat er Sie bedroht?“ Sophie senkte den Kopf. „Sophie, ich verspreche Ihnen, dass ich alles tun werde, Sie und die anderen Mädchen vom Bauernhof zu holen. Allem voran Nicole. Sie ist noch nicht volljährig und muss zu ihren Eltern zurück.“ Sophie nickte. „Ich weiß. Nicole wohnt bei mir und ich bin für sie verantwortlich. Heute hat Demos sie holen lassen, damit sie ihn bedient. Sie ist in seinem Haus. Demos hat uns unter Kontrolle, doch auch bei ihm hat sich etwas verändert. Seit zwei Monaten ist er ein ganz anderer Mensch. Ich weiß nicht was mit ihm passiert ist, aber ich bin mir sicher, dass es nicht der Demos war, den ich kennen gelernt habe. Wissen Sie, ich bin seit acht Jahren in dieser Sekte und es war nicht immer leicht…“ Sie erzählte, was ihr alles passiert war und Semir spürte die Wut aufsteigen. „… wir können nicht weg. Demos wird uns umbringen, wenn er weiß, dass ich Ihnen alles erzählt habe.“ Tränen liefen ihr übers Gesicht und Semir nahm ihre Hände. Semir schüttelte den Kopf. „Das werden Sie nicht. Wenn Sie wollen, können wir Sie direkt unter Polizeischutz stellen! Sie müssen nicht mehr auf den Bauernhof zurück.“ „Nein! Nein, das dürfen Sie nicht! Das dürfen Sie nicht tun! Damit gerät Nicole in großer Gefahr! Bitte, Sie müssen mich gehen lassen. Bitte!“ flehte sie. Semir hob die Hände. „Ganz ruhig. Natürlich können Sie gehen, wenn Sie es wollen.“ beruhigte er sie.

    Dustin sah auf, als der Polizist mit Sophie zurückkam. „Ist alles in Ordnung?“ wollte er von Sophie wissen und diese nickte. „Ja, bitte lass uns zurückfahren.“ bat sie. „Was haben Sie mit ihr gemacht? Sie hat geweint!“ fauchte er Semir an. Dieser antwortete nicht und wandte sich an die Sekretärin. „Susanne, ich benötige das SEK in fünf Minuten!“ erklärte er. Die Frau am Schreibtisch nickte und griff direkt zum Telefon. „Komm Sophie!“ forderte Dustin auf und fuhr mit dem Mädchen wieder zum Bauernhof. Dort brachte er Sophie in ihr Haus und ging direkt zu Demos. „Und?“ wollte dieser wissen. „Sophie ist wieder zuhause und sie sagt, sie hat nichts gesagt was uns gefährden würde. Aber, ich habe mitbekommen, dass dieser Gerkhan das SEK angefordert hat. Ich vermute, dass sie hier gleich aufschlagen werden und den Bauernhof auf den Kopf stellen. Wir sollten sehen, dass wir Nicole und die Drogen verschwinden lassen!“ mahnte Dustin. Demos nickte. „Okay, hol du Nicole und bring sie zur Hütte! Um die Drogen kümmere ich mich!“ befahl er und Dustin ging in den Keller, wo Nicole sich aufhielt. Er stieß die Tür auf packte Nicole am Arm. „Mitkommen!“ fauchte er und zerrte das sich wehrende Mädchen aus den Haus. Brutal stieß er sie in seinen Wagen und raste davon. „Was soll das? Was willst du von mir?“ weinte Nicole. „Dir wird nichts geschehen. Ich will dich in Sicherheit bringen. Die Polizei sucht dich und du weißt sicher auch, dass Sophie heute bei der Polizei war. Sie hat dich verraten.“ erklärte Dustin. „Das ist nicht wahr! Das ist gelogen!“ fauchte das Mädchen. „Ach ja? Ich war dabei! Ich habe gehört wie sie diesem Bullen gesagt hat, dass du auf dem Bauernhof bist. Warum hat sie das getan?“ Nicole lehnte sich zurück und verschränkte bockig die Arme vor der Brust. „Ich will nach Hause!“ fauchte sie. „Du kannst bald wieder auf den Bauernhof zurück. Aber für die nächsten Tage habe ich eine andere Unterkunft für dich. Und solange du dich dort befindest, werde ich auf dich aufpassen.“ versprach Dustin und fuhr auf die Autobahn. Immer wieder sah er durch den Rückspiegel auf das Mädchen auf dem Rücksitz. „Du musst keine Angst haben, Nicole. Dir wird nichts passieren.“ wiederholte er. „Klar, die Erde ist ja auch eine Scheibe. Kannst du mich nicht zu meinen Eltern bringen?“ bat sie. Dustin lachte laut auf. „Nein!“