Beiträge von susan

    Sonja ist sofort bereit, sich in den Fall einbinden zu lassen-wenn sie das nicht sowieso schon ist. Augenscheinlich ist sie auch wegen ihrer äußerlichen Ähnlichkeit zu Alex´ Ex, die ja inzwischen mit seinem ehemaligen Partner verheiratet ist, für ihn so attraktiv.
    Nun kommt nach einem Käffchen erst mal Waffenkunde dran. Habe wie Alex gerade was gelernt-ach ja und ich bräuchte nen Linkshandbogen! ;)

    Andreas Benko war auf dem Rückweg von der Siegerehrung. Stolz sah er sich immer wieder den Pokal auf dem Beifahrersitz an. Das war sein Leben! Die ganze nächste Woche würde er in der Fabrik stehen und seine Brötchen verdienen, aber am Wochenende würde er wieder zum Rennfahrer werden. Er würde konzentriert über den Ring düsen, das Gaspedal bis zum Anschlag durchtreten, er würde den Rausch der Geschwindigkeit fühlen, die Ideallinie suchen und dabei immer besser und besser werden. Irgendwann würde ein Sponsor ihn entdecken und dann würde er mit seinem Hobby Geld verdienen, er wäre reich und berühmt, aber bis es so weit war, musste er eben noch viel auf eigene Kosten üben.
    Dann runzelte er die Stirn. Was er heute morgen beobachtet hatte, gefiel ihm überhaupt nicht. Er hatte einen der Veranstalter darauf angesprochen, aber der hatte abgewiegelt. Dabei hatte Sicherheit doch absoluten Vorrang, wie er in den angebotenen Seminaren, die ja ebenfalls Geld kosteten, gelernt hatte. Er musste jetzt einfach noch ein wenig besser werden, damit er dann seine Rennlizenz machen und groß im Geschäft einsteigen konnte!

    Autobahn verengte sich und wurde gerade an dieser Gefällstrecke einspurig. Gut, dass jetzt Sonntag abend war, sonst wäre hier sicher ein kilometerlanger Stau. Andreas ging auf die Bremse-aber nanu? Was war da los? Das Pedal ging leer durch und anstatt langsamer zu werden, rollte er immer schneller den Berg hinunter. Gerade wollte er zurückschalten, um die Motorbremse zu aktivieren und hatte schon eine Hand am Handbremshebel, um sein Fahrzeug so zu verlangsamen, da ertönte ein lauter Knall, der rechte Vorderreifen zerbarst, Andreas raste schleudernd in die Baustelle und kam mit voller Wucht an einem Betonpfeiler zu stehen. Der Mann im Fahrzeug hinter ihm grinste zufrieden und legte die Fernbedienung beiseite. Er ging aufs Gas und war wenig später am Horizont verschwunden.

    Semir und Ben hatten Wochenenddienst. Das hier war ihre letzte Streifenfahrt vor dem Feierabend. Es war Oktober und die Nächte wurden schon kühl. Untertags allerdings schenkte ihnen die Herbstsonne noch schöne Stunden und Ben hatte gerade seinem Freund und Kollegen von seinem Sohn vorgeschwärmt. „Weisst du Semir, der kleine Tim ist einfach nur süß! Manchmal schläft er jetzt sogar schon durch, aber er kann so laut lachen, dass man einfach mitlachen muss!“ erzählte er und Semir schmunzelte. Nie hätte er gedacht, dass Ben einmal ein derart begeisterter Vater werden würde. Ein Bild seines Sohnes zierte sein Handy als Hintergrundbild und die ganze PASt wurde von jeglichen Entwicklungsfortschritten auf dem Laufenden gehalten. Ben fuhr nach der Arbeit immer sofort heim zu seiner kleinen Familie. Sie waren noch kein einziges Mal auf einen Absacker gewesen, seitdem vor zwei Monaten der kleine dunkelhaarige Junge geboren worden war, aber das würde sich mit der Zeit schon ändern. Semir erinnerte sich an die Zeit nach Ayda´s Geburt, das war auch eine aufregende Lebensphase gewesen, aber irgendwann würde das Elternsein auch bei Ben und Sarah Normalität werden, aber das konnte noch ein wenig dauern.
    Nun lenkte Ben seine Aufmerksamkeit auf die Straße vor ihnen. Sie waren ein gutes Stück vor der Baustelle, die ausgerechnet an diesem steilen Berg aufgebaut war. Heute ging es, aber das würde morgen im Berufsverkehr wieder Staus ohne Ende geben. „Mann was ist denn da vorne los?“ fragte Ben, denn sie sahen auf einmal rote Rücklichter rasend schnell auf der Gefällstrecke verschwinden. „Der sollte lieber bremsen-der ist viel zu schnell!“ kommentierte Semir, aber da war es schon passiert. Ein lauter Knall ertönte, dann ein Krachen und als sie näher kamen, konnten sie den Wagen völlig demoliert an einem Betonpfeiler hängen sehen. Während Semir so zügig wie möglich näher fuhr, griff Ben zum Funkgerät. „Cobra 11 an Zentrale-wir haben einen schweren Unfall im Baustellenbereich auf der A 1. Bitte einen RTW, wir schauen gleich mal,was los ist!“ rief er und in der gleichen Sekunde sagte er noch ärgerlich. „Leider habe ich das Nummernschild des dunklen Wagens nicht erkennen können-der hätte sonst gleich noch eine Anzeige wegen unterlassener Hilfeleistung gekriegt!“ denn das Fahrzeug vor ihnen, das ja ein wenig eher an der Unfallstelle gewesen war, hatte sich gerade zügig vom Acker gemacht.

    Semir und Ben sprangen aus dem Wagen. Nach einem Blick ins Innere konnten sie sehen, dass für den Fahrer jede Hilfe zu spät kam, anscheinend hatte er einen Genickbruch erlitten. Dennoch öffneten die beiden mit Gewalt die Fahrertür und tasteten nach dem Puls, aber da war nichts mehr zu spüren. Nur ein goldener Pokal fiel ihnen ins Auge. Ben ging zum Polizeifahrzeug zurück und meldete der Zentrale: „Du kannst den RTW wieder abbestellen und stattdessen den Leichenbeschauer und die Spurensicherung bestellen, der Fahrer ist tot!“ meldete er und Susanne organisierte alles Weitere. Als Ben zum Wagen zurückging, sagte er nachdenklich: „Hast du nicht auch erst einen Knall und dann das Krachen gehört?“ und Semir nickte. Er war um das demolierte Fahrzeug herumgegangen und zeigte auf den geplatzten Reifen: „Ich denke, das war der Knall, aber warum verdammt nochmal ist der so gerast? Vielleicht kann Hartmut etwas herausfinden!“ sagte er und Ben nickte. Während sie mit behandschuhten Händen die Papiere des Toten aus seiner Hosentasche nahmen, seufzte Ben auf. „Verdammt, jetzt dürfen wir heute auch noch eine Todesnachricht überbringen-da könnte ich mir was Schöneres vorstellen und ein paar Überstunden gibt’s auch!“ erklärte er und sah auf die Uhr. Es war kurz vor acht und langsam begann es richtig kalt zu werden. Susanne glich die Personalien des Toten mit der Wohnadresse ab und als der Leichenbeschauer und die Spurensicherung eintrafen, warteten sie noch kurz, aber der Pathologe bestätigte ihre Vermutung: „Tod durch Genickbruch!“ und nun machten sich Semir und Ben auf, um die Angehörigen zu verständigen.

    So liebe Leser!
    Erst einmal wieder an alle Feeder und auch die stillen Leser vielen Dank für das Interesse an meiner Geschichte. Einigen wurde es zuviel, aber ich hoffe, dass die, die bis zum Schluss durchgehalten haben durch die Geburt des kleinen Tim weitgehend entschädigt wurden. Den Namen durfte übrigens Sabrina-Trauerkloß aussuchen, das war mein Geburtstagsgeschenk. Allerdings konnte sie sich nicht völlig entscheiden und hat mir nur eine Auswahl geschickt, aus der ich dann den ausgewählt habe, der mir davon am besten gefallen hat. Also auch dir danke Sabrina, denn der kleine Tim, wie auch Sarah werden uns in den nächsten Geschichten weiter begleiten und ich finde den Namen sehr schön und passend.
    Ich habe von der nächsten Geschichte, die sich gerade in meinem Kopf formt, noch keine Zeile geschrieben, aber mal sehen, was sich da bis morgen oder spätestens übermorgen noch tut! Diesmal wirds keine so schwierige Thematik werden, wie in dieser Story, sondern wie ich euch ja schon berichtet habe, in die Welt der Rennfahrer eintauchen. Nebenbei werdet ihr Ben als Papa erleben-ich hoffe, das tut seiner Attraktivität für euch keinen Abbruch :D .
    Jetzt wünsche ich euch noch einen schönen Sonntag!
    Eure susan

    Die Befragung der jungen Frau bringt erst mal keine Erkenntnisse. Eigentlich komisch, dass die ne ganze Woche wegen der Vermisstenmeldung gewartet hat, aber vielleicht können ja seine Freunde irgendwie weiterhelfen! Die Altenpflegerin hat ja selber schon Schlüsse gezogen und befürchtet das Schlimmste-da hätte Semir seinen Partner nicht so anzublaffen brauchen.
    Im Krankenhaus wird ihnen leider eine Befragung des überlebenden Opfers untersagt-das ist natürlich schlecht, denn das ist der einzige Hinweis auf den Mörder. Aber hier hat der Arzt das Hausrecht und wenn der junge Mann das nicht verkraftet-was soll man da machen?
    So versuchen halt Semir und Alex Plan B-wollen wir mal hoffen, dass es Erfolge zeitigt!

    Der routinierte Blick der Hebamme, wie auch der von Gynäkologin und Kinderarzt ging zur großen Uhr im Kreißsaal. „Der Geburtszeitpunkt ist 4.43 Uhr!“ wurde gemeinschaftlich festgestellt und der Kinderarzt, der die passende Seite im Mutterpass schon aufgeschlagen hatte trug die ersten Daten ein. Dann trat er an das Entbindungsbett und warf nur einen orientierenden Blick auf die Hautfarbe des Babys. Anfangs war die durch den Druck und den Stress immer etwas dunkel, aber im Augenblick wurde das Kind ja noch durch die Nabelschnur versorgt. Kurze Zeit später allerdings rührte es sich, ein kleiner zorniger Schrei ertönte und das Baby atmete tief die für es noch fremde Luft. Nun nahm der Kinderarzt den Zwerg ein wenig zur Seite und während die Hebamme die Nabelschnur mit zwei Klemmen abklemmte, ermittelte er den Apgarwert-eine internationale Skala, die das Befinden des Neugeborenen screenen sollte. „Wie soll er denn heißen?“ fragte nun der Kinderarzt, der ebenfalls ein Lächeln im Gesicht hatte, wie im Moment alle Anwesenden. Die normale Geburt eines gesunden Kindes war auch in der Klinik jedes Mal ein Geschenk. Nicht allzu häufig, aber immer wieder einmal musste der Kinderarzt sofort eingreifen und das Kind direkt nach der Geburt versorgen und das war jedes Mal ein Schreckmoment für alle Beteiligten, allerdings eben auch eine große Chance für das Kind, wenn ein erfahrener Neonatologe sich sofort sachkundig und mit viel Erfahrung um das Neugeborene kümmern konnte, wenn es Anpassungsschwierigkeiten, eine Verlegung der Atemwege oder was auch immer hatte.Besonders schlimm traf es die Babys drogenabhängiger Mütter, denn die machten sofort nach der Geburt einen fürchterlichen Entzug durch-das war ein schwerer Weg ins Leben! Hier aber war ein munterer, voll reifer kleiner Erdenbürger geboren worden und natürlich hatten sowohl Kinderarzt, als auch Hebamme und Gynäkologin über Sarah´s Komplikationen nach der Messerstichverletzung und dem Treppensturz vor wenigen Wochen in der Akte nachgelesen. An ihrer Hand sah man auch noch die frische rote Narbe, während die am Oberbauch schon verblasst war. Es war alles gut gegangen und für ein Kind war die normale Geburt eben auch der Schnittentbindung vorzuziehen, weil durch den ganzen Druck und Stress und die damit verbundene Hormonausschüttung die Babys viel wacher waren.

    Die Hebamme nickte nun Ben zu, der fast widerwillig die Hand von seinem Sohn genommen hatte, als ihn der Kinderarzt sich ansah. Ben erhob sich auf ihre Anweisung hin und trat neben sie. Sie drückte ihm eine Schere in die Hand und mit zitternden Fingern durchschnitt er die Nabelschnur zwischen den beiden Klemmen, nachdem er sich vorher nochmals vergewissert hatte: „Aber das tut dem kleinen Tim jetzt nicht weh?“ und alle Anwesenden schüttelten den Kopf. „Ja er soll Tim heißen!“ sagte nun auch Sarah „und mit zweitem Namen Lukas nach meinem Großvater-nur falls ihm Tim später nicht gefallen sollte.“ Die Gynäkologin mischte sich nun auch ein: „Das ist ein schöner Name und vor allem auch normal-sie glauben ja nicht, was sich die Eltern manchmal für Exoten einfallen lassen und die Kinder müssen es später ausbaden!“ sagte sie und nun gab der Kinderarzt den Kleinen wieder Sarah in den Arm und deckte das Handtuch darüber. Klar musste der nachher noch gemessen und gewogen werden, aber das eilte bei einem Apgarwert von zehn-der vollen Punktzahl- nicht. Der kleine Tim öffnete nun die kleinen, momentan noch blauen Augen und begann sofort herum zu suchen. Die Hebamme hatte ihre Handschuhe ausgezogen, desinfizierte die Hände und schob ihm nun Sarah´s Brustwarze in den Mund. „Da kommen zwar erst ein paar Tropfen, aber der Saugreiz regt die Milchproduktion an und jetzt sind die Neugeborenen wach und aktiv, während er in ein paar Stunden erst mal schlafen wird!“ erklärte sie und während der Säugling nun gleich ein paarmal kräftig an Sarah´s Brust zu saugen begann und Ben entzückt dieses wundervolle Bild betrachtete, kontrahierte sich Sarah´s Gebärmutter und bis sie sich versah war mit einem kurzen Schmerz die Plazenta auch noch geboren. Die Frauenärztin besah sich den Mutterkuchen auf Vollständigkeit und legte ihn dann in einen Abwurf beiseite. Der würde später eingefroren werden und verkauft werden-sowohl Pharma-als auch Kosmetikindustrie rissen sich darum. Kurz untersuchte sie Sarah, die das genau so wenig wie Ben kaum mitbekam-zu entzückt waren die beiden von ihrem kleinen Sohn-auf Geburtsverletzungen, aber weder der Damm noch der Muttermund waren eingerissen und so machte die Hebamme mit feuchten Einmalwaschlappen Sarah unten herum sauber und entfernte die blutigen feuchten Tücher.
    Sarah bekam eine Einmalhose mit Vorlagen angezogen und nachdem Tim nun auch noch an der anderen Brust gesaugt hatte, nahm ihn nun doch der Kinderarzt an sich und legte ihn auf die Wickeleinheit unter einem Wärmestrahler an der Wand des Kreißsaals, wo eine Waage stand, ein Maßband für die Länge und den Kopfumfang bereit lagen und besah sich den kleinen Mann, der nun schon protestierend quakte und strampelte. Der Kinderarzt hörte ihn ab-ein Herzgeräusch würde man jetzt schon feststellen- prüfte die Reflexe, sah ob die Hoden schon unten und ob alle Körperöffnungen vorhanden waren. Ben war ihm gefolgt und sah fasziniert zu. Die Hebamme trat nun auch dazu und dokumentierte die Angaben des Kinderarztes gleich im Mutterpass und dem Kinderuntersuchungsheft. Länge 52 cm, Kopfumfang 34 cm und Gewicht 3450 g, diktierte der Arzt. Dann wurde Tim gewickelt und angezogen, bekam sein Erkennungsbändchen ums Handgelenk und wenig später hatte Ben-noch ein wenig ungeschickt- seinen Sohn zum ersten Mal auf dem Arm. Er hatte während der Untersuchung die ganze Zeit gequäkt und gestrampelt, aber jetzt wurde er völlig ruhig und sah seinen Vater mit großen Augen an. Der küsste ihn zart auf die Stirn und sog den unvergleichlichen Geruch seines Babys ein, während er langsam zu Sarah ging, die ihr T-Shirt wieder an hatte und inzwischen in einem Krankenhausbett lag. Man brachte die drei in ein kleines Zimmer zur Überwachung und die Hebamme würde die nächsten zwei Stunden immer wieder kontrollieren, ob auch alles in Ordnung war, bevor Sarah in ihr Zimmer kam, aber nun war die kleine Familie zum ersten Mal alleine. Sarah rutschte ein wenig zur Seite, legte Tim in die Mitte und Ben legte sich an den Bettrand daneben und so waren sich die drei nun unheimlich nahe. Voller Staunen und Entzücken bewunderte Ben die kleinen Finger, strich über das Köpfchen, das gegen die Auskühlung mit einer weichen Mütze geschützt war und sagte nur immer wieder voller Dankbarkeit: „Was für ein Wunder!“ und so vergingen die nächsten Stunden.
    Danach kam Sarah auf die Entbindungsstation, es war sieben Uhr und Ben ging vors Krankenhaus, um seine einprogrammierte Anrufliste abzuarbeiten. Der Erste den er anrief war allerdings Semir. Der war der Mensch, der ihm persönlich am nächsten stand und als der vom freudigen Ereignis hörte, gratulierte er ganz herzlich und Ben musste lächeln, als er Ayda und Lilly im Hintergrund ein fröhliches Indianergeheul anstimmen hörte, als er es weitersagte. Semir versprach ihm, auch der Chefin Bescheid zu sagen, dass er ab sofort seinen dreiwöchigen Urlaub antreten würde. Die nächste Stunde verging mit Telefonieren und als Ben danach wieder zu Sarah ging, war die gerade dabei ein kräftigendes Frühstück zu sich zu nehmen. Sie hatte sogar schon geduscht und es ging ihr gut. Tim lag tief schlafend in seinem Babybettchen, das neben Sarah stand und Ben erzählte von den Reaktionen der glücklichen Großeltern, Geschwister und Freunde.

    „Ben geh doch auch nach Hause und leg dich hin. Ich werde jetzt erst mal ein wenig schlafen und nachmittags kommst du wieder!“ schickte ihn Sarah heim und mit einem zärtlichen Kuss verabschiedete sich Ben von ihr. „Danke, dass du mir so einen wunderschönen Sohn geschenkt hast!“ sagt er noch voller Rührung und Sarah winkte ihm zum Abschied nach. Als Ben aus dem Krankenhaus trat und zu seinem Wagen ging, begann das geschäftige Köln gerade zu erwachen, aber Ben hatte da kein Auge und Ohr dafür, sondern ein glückliches Lächeln im Gesicht-er war jetzt Vater und das war das Schönste, was er sich vorstellen konnte! Nie wieder würde er Drogen anfassen-das versprach er in diesem Moment seinem Sohn und dann setzte er sich in sein Auto und fuhr nach Hause.
    ENDE

    Sonja geht mit dem Hund raus und denkt inzwischen über Alex nach-ja da hats ordentlich gefunkt bei den beiden-jetzt kann man nur hoffen, dass Sonja eine Gute ist!
    Alex wird morgens ein wenig mühsam wach und jetzt gönnt ihm Semir nicht mal mehr nen Kaffee, sondern fährt gleich mit ihm zur Frau, die seit einer Woche ihren Freund vermisst. Also komm Semir-nach ner Woche hätten die fünf Minuten für den Kaffee auch keine Rolle mehr gespielt!

    Ben blieb wie vom Donner gerührt stehen. „Ach du liebe Güte-bin ich jetzt da dran schuld, weil ich…“ fragte er voller Schrecken, aber Sarah sah ihn nur liebevoll an und schüttelte den Kopf. „Ben-irgendwann muss unser Zwerg einfach raus-dem wird’s langsam zu eng und ich sage dir, mir reichts jetzt auch langsam! Klar sind im Sperma Prostaglandine enthalten, die wehenauslösend wirken können, aber es ist jetzt einfach an der Zeit!“ sagte sie und hörte in diesem Moment zu reden auf, hielt sich an der Badewanne fest und begann tief in den Bauch zu atmen, wie sie es im Geburtsvorbereitungskurs gelernt hatte. Ben, der erst ein paar Sekunden brauchte um zu kapieren, was Sarah da machte, war dann aber mit zwei Schritten bei ihr und begann ihr den Rücken zu massieren. Sarah überließ sich seiner liebevollen, aber doch kräftigen Berührung und nach einiger Zeit war die Wehe vorbei und Sarah richtete sich wieder auf. „Das hat richtig gut getan, als du mich massiert hast-ach Ben, ich bin so froh, dass wir die Geburt unseres Kindes gemeinsam erleben können. Ich habe irgendwie auch gar keine Angst, denn ich weiss, dass wir beide das zusammen schaffen werden!“ sagte sie und zog sich dann aus, um in die inzwischen vollends eingelaufene Wanne zu steigen.
    „Mach mal ne CD an!“ bat Sarah und ohne zu widersprechen legte Ben in den CD-Player außerhalb des Bads ein, deren Lautsprecher in die Wand des Badezimmers eingelassen waren und auf Sarah´s Wunsch hin erfüllten Bach´s Brandenburgische Konzerte leise den Raum. Ben stand ja eher auf Rockmusik, aber jetzt sagte Sarah an, was sie hören wollte, sie war die Hauptperson! Ben putze sich jetzt erst mal vorsichtshalber die Zähne und fragte dann: „Sarah-meinst du, ich kann noch schnell duschen, oder müssen wir gleich losfahren?“ wollte er wissen, aber Sarah schüttelte den Kopf. „Klar kannst du noch duschen-die Wehen kommen erst so alle zehn Minuten, lass dir nur Zeit!“ sagte sie und Ben sprang nun eilig unter die Dusche. Während er duschte, hatte Sarah in der Wanne die nächste Wehe, aber die war so viel angenehmer auszuhalten als draußen. Sie schwamm in der großen Badewanne, das warme Wasser wirkte krampflösend und entspannend und so war die Wehe fast schmerzfrei vorbei, bevor Ben fertig war. Sarah badete sowieso sehr gerne, während Ben die Wanne seit er diese Wohnung bewohnte, höchstens fünf Mal benutzt hatte-er duschte einfach lieber. Sarah hingegen liebte es nach einem stressigen Tag mit wohlriechenden Badezusätzen in der Wanne zu entspannen und so empfand sie es einfach richtig und gut jetzt zu baden.

    Bei der nächsten Wehe saß Ben auf dem Rand der Badewanne und fragte: „Was soll ich machen?" denn irgendwie war es faszinierend und auch ein wenig Furcht einflößend, mit welcher archaischen Gewalt die Natur ihr Werk machte. Ben konnte von außen sehen, wie sich der Uterus kontrahierte und das Kind nach unten drückte. Sarah´s Bauch war in den letzten Tagen schon immer tiefer gewandert und sie hatte öfter zur Toilette gemusst, weil im kleinen Becken nun weniger Platz war. Sarah hatte zwischen zusammengepressten Lippen gestöhnt: „Du brauchst nichts machen, es ist gut!“, aber nun war Ben eingefallen, das Verspannung immer schlecht war und so hatte er jetzt die Hand auf den brettharten Bauch gelegt und kommandiert: „Locker lassen, tief ausatmen!“ und tatsächlich, jetzt fiel es auch Sarah wieder ein, was sie gemeinsam gelernt hatten und sie lockerte ihre zusammengepressten Mundwinkel. Verspannung bedeutet Schmerz, aber das Kind sollte jetzt einfach raus und je lockerer sie ließ, desto schneller würde es gehen! Ben fühlte, wie die Kontraktion nachließ und Sarah wieder normal atmete. „Danke Ben!“ sagte sie nun und Ben sah jetzt unauffällig auf die Uhr.
    Die nächste Stunde verbrachten sie gemeinsam im Badezimmer. Sarah ließ immer wieder warmes Wasser nachlaufen und veratmete unter Ben´s Anweisungen die Wehen. Er selber hatte sich schnell nen Kaffee raus gelassen und auch für Sarah Tee gekocht, aber als sie auch nur einen kleinen Schluck genommen hatte, war es ihr während der nächsten Wehe schlecht geworden, als der Magen nach oben gedrückt worden war und sie bat ihn, die Tasse wieder mit zu nehmen. Ben sah nun immer häufiger zur Uhr. Inzwischen kamen die Wehen im Fünf-Minuten –Takt. „Sarah, möchtest du nicht langsam aus der Wanne kommen, ich glaube, dir wachsen allmählich Schwimmhäute!“ bat er, denn so langsam hatte er die Befürchtung, dass sie das Kind nun bald hier in ihrem Badezimmer zur Welt bringen würde und er hatte fürchterliche Angst, dass da irgendwas passieren könnte. Er war doch völlig ahnungslos, was er tun sollte und außerdem hatte er auch Sorge, dass sein Baby auf dem Weg zur Klinik im Auto geboren würde. Auch er hatte schon einmal einen Raser im Stadtverkehr gestellt, aber als der angehalten hatte, war er nach einem Blick ins Innere schnellstens zurück in seinen Wagen gesprungen und hatte mit Blaulicht den Weg zur Geburtsklinik frei gemacht. Die Frau hatte es gerade noch in den Kreißsaal geschafft und der Vater hatte sich hinterher mit einer Kiste Bier und einem Dankesschreiben erkenntlich gezeigt-natürlich hatte der keine Anzeige gekriegt.

    Als Sarah nun mit seiner Hilfe aus der Wanne gekrabbelt war und sich abgetrocknet hatte, stöhnte sie laut bei der nächsten Wehe, die nun schon sehr schnell kam. „Ben du hast Recht! Wir sollten jetzt los!“ sagte sie, denn nun drückte schon alles nach unten. Ben holte ihr schnell ein frisches weites T-Shirt und ne Jogginghose, sie schlüpfte in ihre Birkenstockschlappen, griff nach einem frischen Badehandtuch und Ben schnappte sich nur schnell den vorbereiteten Koffer aus dem Kinderzimmer und ging mit ihr dann langsam die Treppe hinunter. Einmal mussten sie auf dem Treppenabsatz stehen bleiben, denn schon kam die nächste Wehe und Sarah klammerte sich am Geländer fest und bemühte sich, nicht laut zu sein, damit ihre Nachbarn nicht aufwachten. Es war inzwischen drei Uhr geworden. Eigentlich stand in der Tiefgarage der nagelneue VW-Passat-Kombi, den Ben gekauft hatte, nachdem die erste Familienkutsche, ein BMW, von Kugeln durchsiebt worden war und nur schlimme Erinnerungen geweckt hatte. Ben hatte ihn dem Händler zurückgegeben, die Vollkaskoversicherung hatte zwar nicht den ganzen Verlust abgedeckt und Ben hatte schon draufgezahlt, aber das war ihm egal gewesen-in diesem Wagen sollte sein Kind nicht transportiert werden.

    Der silberne Dienstmercedes stand direkt vor dem Haus und Ben hatte nun das Gefühl, es pressierte und ehrlich gesagt, Sarah auch. Klar war es sehr unwahrscheinlich, dass jetzt mitten in der Nacht in Köln Stau war, aber Ben öffnete trotzdem kurz entschlossen die Beifahrertür des Mercedes, Sarah legte noch das Badehandtuch auf den Sitz, falls die Fruchtblase unterwegs platzte und Ben rannte um den Wagen herum, schmiss den Koffer auf den Rücksitz und war schon mit Vollgas und quietschenden Reifen unterwegs, bevor Sarah sich überhaupt angeschnallt hatte. „Ben fahr langsamer!“ stöhnte Sarah, die schon wieder von der nächsten Wehe überrollt wurde, was in dem Autositz sehr unangenehm war. „Wir drei wollen doch lebend ankommen!“ und nun verringerte Ben das Tempo ein bisschen. Als er an der ersten roten Ampel ankam, schaltete er kurz entschlossen das Blaulicht an-diese Einsatzfahrt würde er der Krüger schon zu erklären wissen-und wenig später waren sie in der Notaufnahme der Uniklinik angelangt. „Schnell, meine Frau bekommt ein Kind!“ brüllte er regelrecht in den Lautsprecher und schoss, kaum dass sich das Rolltor öffnete in den Ausladebereich der Notaufnahme. Eine Schwester machte die Beifahrertür auf und sagte schmunzelnd: „Immer langsam mit den jungen Pferden!“ und als sie erkannte, wer da auf dem Beifahrersitz war, sagte sie freundlich: „Hallo Sarah-na ist es so weit?“ und die nickte, während die Schwester nun schon einen Rollstuhl herholte und Sarah hineinhalf. In diesem Moment gab es ein leises Geräusch und schon breitete sich auf dem Boden und zwischen Sarah´s Beinen ein kleiner See aus. „Na das war ja jetzt ein passender Moment für den Blasensprung-da muss der Papa das Auto schon nicht sauber machen!“ lächelte die erfahrene Schwester und nun legten sie ein paar Moltontücher und Vorlagen unter und die Pflegekraft schob den Rollstuhl in die Notaufnahme.
    Ben wollte ihnen nachlaufen, aber die Schwester sagte in strengem Ton: „Sie fahren jetzt erst das Auto auf den Parkplatz-wir können hier nicht eine ganze Notaufnahmebucht blockieren. Ich bringe Sarah jetzt direkt auf die Entbindungsstation und sie kommen dann über den Haupteingang auch dorthin!“ befahl sie und als Sarah ihm zunickte, machte Ben zögernd das, was Sarah´s Kollegin ihm befohlen hatte. Er parkte den Wagen, packte den Koffer und rannte beinahe zum Haupteingang und von dort zur Entbindungsstation.

    Er wusste auch genau wo das war, denn er war mit Sarah dort zu einer Informationsveranstaltung gewesen und hatte da zum ersten Mal in seinem Leben einen Kreißsaal besichtigt. Eigentlich hatte er gedacht, das wäre ein Raum wie ein OP, aber das war eigentlich ein gemütliches ansprechendes großes Zimmer mit einem merkwürdigen runden Bett in der Mitte, das aber eigentlich sehr bequem aussah. Klar waren auch Anschlüsse für Sauerstoff vorhanden und OP-Leuchten waren für alle Fälle an der Decke angebracht-im Nebenraum war eine Notfalleinheit für die Versorgung kritischer Neugeborener untergebracht, aber da hoffte ja niemand, dass man die benötigte. Trotzdem waren Sarah und er sich von Anfang an einig gewesen, dass sie in die Uniklinik zum Entbinden gehen würde. Das war ihr Arbeitsplatz, da wusste sie sich und vor allem das Kind bestens versorgt und nach den ganzen Dingen, die ihr in der Schwangerschaft schon passiert waren, war Sicherheit einfach das Wichtigste für sie. Freunde und Bekannte hatten von den verschiedensten Geburtshäusern, von Hausgeburten und vielen anderen alternativen Methoden geschwärmt, aber das kam für Sarah nicht in Frage. Wenn in der Geburtshilfe ein Notfall eintrat, dann hatte man Eines nie-nämlich Zeit. Da lief die Uhr gegen das Leben des Kindes und manchmal auch der Mutter und wie viele behinderte Kinder waren so schon entstanden, weil einfach nicht schnell genug eingegriffen werden konnte, wenn es zu Komplikationen im Geburtsverlauf kam!

    Diese ganzen Gedanken schossen Ben durch den Kopf, während er zur Entbindungsstation eilte und draußen auf den Klingelknopf drückte. Eine Schwester holte ihn herein und bat ihn direkt in den Kreißsaal, wo Sarah schon auf dem Entbindungsbett lag und die Hebamme gerade dabei war, sie zu untersuchen, wie weit der Muttermund geöffnet war. „Na prima Sarah, du bist ja schon fast vollständig-ich würde sagen, in Kürze haben wir den Zwerg!“ sagte die Hebamme freundlich und nun stöhnte Sarah auf, denn mit Macht kam nun die nächste Wehe. Ben wurde von der Schwester zum Bett geschoben und bis er sich versah saß er hinter Sarah auf dem Geburtsbett im Schneidersitz und hielt sie von hinten in den Armen. Der war nun anzusehen, wie groß ihre Schmerzen waren und Ben wurde, als er ihren verkrampften Gesichtsausdruck sah, von einer Welle des Mitleids überrollt. „Für eine PDA ist es leider schon zu spät!“ sagte die Hebamme, aber als die Wehe nachließ, sagte Sarah: „Die will ich sowieso nicht!“ und die Hebamme nickte. Man legte um Sarah´s gewölbten Bauch eine Art Gürtel, mit der ein Aufzeichnungsgerät für die Herztöne des Kindes dort befestigt wurde. Die waren regelmäßig und lagen um die 140 Schläge pro Minute, was genau richtig war. Schon kam die nächste Wehe und Sarah hatte sich zuvor in den Vierfüßlerstand erhoben. Während Sarah beim Ausatmen laut stöhnte-es erleichterte ihr die Schmerzverarbeitung und anders als zuhause, wo man ja niemanden stören wollte, war hier ein geschützter, schallisolierter Bereich, in dem die anstrengende und schmerzvolle Geburtsarbeit etwas völlig Normales war, da dufte man sich als Frau gehen lassen und wurde sogar von der Hebamme ermuntert: „Ja Sarah, lass den Schmerz raus!“ sagte sie.
    Ben massierte nun Sarah´s unteren Rücken, ihr T-Shirt war nach oben gerutscht und weil sie plötzlich fürchterlich schwitzte, zog sie es nach der Wehe kurzerhand aus. Hier war Nacktheit etwas völlig Normales, man richtete sich nach den Bedürfnissen der Frau und als die Hebamme Ben ein wenig wohlriechendes Massageöl auf die Hand gab, verrieb er das in ihrer Lendenpartie und schon war die nächste Wehe da. Die Herztöne des Kindes wurden nur leicht schneller, während die Wehe andauerte und das war ein gutes Zeichen. „Eurem Kind geht es gut!“ sagte die Hebamme ermunternd, „es freut sich darauf, endlich Mama und Papa zu sehen!“ und nun bat sie Sarah, sich kurz wieder mit gespreizten Beinen auf den Rücken zu legen. Sie untersuchte und der Muttermund war vollständig und verstrichen. Das Köpfchen lag genau richtig, nun konnte die Austreibungsphase beginnen.

    Die Hebamme nickte der Schwester zu und sagte leise: „Rufst du dann den Kinderarzt und die Gynäkologin, wir sind gleich so weit!“ da überrollte Sarah schon die nächste starke Wehe. Diesmal schrie sie auf, sie hatte gerade das Gefühl, es nicht mehr aushalten zu können, sie war völlig erschöpft und ihr Körper machte etwas mit ihr, was sie nicht kontrollieren konnte-ein Scheißgefühl. Und Ben sah sie nur hilflos mit einem Dackelblick an, kaum hatte sie wieder Luft zum Atmen, da schrie sie ihn an: „Du Arschloch-und du bist schuld daran!“ aber bevor sie ihn weiter beschimpfen konnte, war schon die nächst Wehe da. Ben sah sie völlig geschockt an. Wie meinte Sarah das-aber sie hatten doch beide ein Kind gewollt-oh verdammt, was sollte er nur tun? Die Hebamme beruhigte ihn: „Sie meint das nicht so-es wird ihr gerade nur alles zu viel!“ sagte sie und schon standen der Kinderarzt und die Gynäkologin im Kreissaal. Für alle Fälle legte die Frauenärztin noch einen Zugang-aber das war reine Formsache, falls ein Notfall eintreten würde. „Sarah möchtest du ein wenig Buscopan haben?“ fragte die Hebamme freundlich, aber Sarah schüttelte vehement den Kopf, so dass ihre dunkelblond gelockten, im Augenblick vor Anstrengung feuchten Haare nur so flogen. „Nein!“ presste sie zornig hervor und nun hatte sie schon das Gefühl, sie müsste zur Toilette. Sie wollte aufstehen, um zur Toilette zu eilen, aber die Hebamme hielt sie zurück. „Ich muss aber aufs Klo!“ schluchzte Sarah, aber die Hebamme schüttelte den Kopf. Nein Sarah-das ist das Köpfchen, das drückt auch auf den Darm, wir müssen jetzt konzentriert zusammen arbeiten, dann hast du es bald geschafft!“ sagte sie und Sarah legte sich aufschluchzend wieder zurück. „Wie möchtest du dich hinlegen-so auf den Rücken oder lieber anders?“ fragte die Hebamme und Sarah versuchte es nun, sich hinzuhocken. Von der Decke des Kreissaals hing ein stabiles Tuch mit mehreren Knoten drin, daran hielt sie sich fest und nun überkam sie ein unbändiger Drang zu pressen. Die erfahrene Hebamme, die schon tausende Kinder zur Welt gebracht hatte, nickte ihr zu. „Ja Sarah-gut so-jetzt darfst du drücken-einfach wie beim Stuhlgang-nur das Atmen nicht vergessen!“ sagte sie und kommandierte: Einatmen-ausatmen und Sarah überließ sich deren Führung. Die Mutlosigkeit und Schwäche, die sie vorher überkommen hatte, war mit einem Schlag vorbei und einer unbändigen kreativen Kraft gewichen. Jetzt fühlte sie den Schmerz kaum noch, sie drückte nach der Anweisung der Hebamme auf Kommando, atmete und merkte selber, wie das Kind sich Millimeter um Millimeter nach außen bewegte.
    Ben sah Sarah fasziniert an. Eine wilde, unbändige Schönheit war zu spüren. Sarah´s volle Brüste mit den dunklen Warzen, die in der Schwangerschaft merklich größer geworden waren ragten über den vollen Bauch, der schon sehr weit unten war. Sie hockte da und tat die kreativste Arbeit die eine Frau vollbringen konnte, sie brachte ein Kind zur Welt-sein Kind-und natürlich auch das Ihre! Sarah hatte sich ein wenig gedreht und nun hatte die Hebamme mit einem Tuch gegen den Damm gedrückt, aber Ben konnte nun einen Schopf dunkler Haare zwischen ihren Beinen erscheinen sehen. Sarah legte sich zurück, ihre Oberschenkel hatten zu zittern begonnen und Ben wischte ihr mit einem feuchten Waschlappen, den ihm die Schwester in die Hand gegeben hatte, die schweißfeuchte Stirn ab. Sarah griff nach seinen beiden Händen und während die Hebamme sie nun bat, nicht zu drücken, damit das Köpfchen langsam durchtrat und der Damm nicht riss, versuchte sie ein wenig zu hecheln, wie sie es im Geburtsvorbereitungskurs gelernt hatte. Bei der nächsten Wehe durchfuhr sie ein starker Schmerz, der sie zum Aufschreien brachte, aber nun sagte die Hebamme: „Wir haben das Köpfchen!“ und sie hielt das kleine Gesichtchen, das nach unten blickte, schützend in ihren Händen. Bei der nächsten Wehe entwickelte sie mit geübter Drehbewegung die Schulter und mit einem kleinen Schwall Fruchtwasser flutschte der Rest des Kindes heraus. Die Hebamme warf nur einen kurzen Blick auf das Geschlecht des Baby´s und legte es dann feucht und blutig wie es war, bäuchlings auf Sarah´s Bauch. Sie deckte ein angewärmtes Handtuch darüber und während Ben und Sarah nun in diesem hoch emotionalen Moment die Tränen kamen, sagte sie: „Gratuliere-ihr habt einen Jungen!“ und Sarah und Ben legten nun beide die Hände auf ihren Sohn und Ben sagte nur voller Insbrunst: „Danke-willkommen im Leben, kleiner Schatz!“ bevor es ihm vor Rührung die Stimme verschlug.

    Alex dementiert, dass ihm Sonja gefällt-ja, ja Alex-red dir das nur selber ein-Semir hat da was anderes gespürt und Sonja anscheinend auch! Semir macht sich Gedanken über seinen neuen Partner und nachdem sie anders nicht weiterkommen, beschließen sie, dass Alex jetzt Mitglied im Bogenschützenverein wird-die theoretischen Grundkenntnisse hat er ja schon vermittelt bekommen.
    Natürlich Semir-freilich kannst du auch mit Pfeil und Bogen schießen, es gibt da ja auch Kindergrößen! :D

    Die Wochen gingen ins Land. Ben war nach wenigen Tagen wieder völlig genesen und manchmal kam ihm die Zeit, in der er Drogen konsumiert hatte vor, wie ein böser Traum. Ab und an erinnerte er sich zwar noch an das Hochgefühl als er sich die Spritzen gegeben hatte, aber eines stand fest: Er würde sich nie mehr hinreißen lassen-zu viel stand auf dem Spiel und wenn er sich an die Schrecken des kalten Entzugs zurückerinnerte, dann war er sofort ernüchtert. Außerdem rückte nun der Tag der Geburt näher und näher.

    Semir hatte noch einmal die Sekretärin besucht und war mit ihr sogar ins Pflegeheim gegangen, in dem Redka jetzt versorgt wurde. Er wollte sich auch hundertprozentig davon überzeugen, dass der nichts mehr ausplaudern konnte, aber genau das war völlig sicher. Redka musste zwar nicht mehr beatmet werden, aber er lag mit einer Windelhose und einem Schlafanzugoberteil bekleidet im Bett, in seinen Magen tropfte durch eine spezielle Ernährungssonde die Sondenkost und er starrte blicklos und ohne gezielte Reaktion an die Wand und reagierte auch nicht, als die Sekretärin ihn liebevoll ansprach und eine Haarsträhne aus seinem Gesicht strich. Er war wunderbar gepflegt, wurde alle zwei Stunden umgelagert, aber wo der Herbert Redka war, der er mal gewesen war? Man wusste es nicht. Zurückgeblieben war ein schwer hirngeschädigter Apalliker, der leider körperlich viel zu gut in Form war, um schnell sterben zu können. Semir hatte der Sekretärin seine Hochachtung ausgesprochen, dass sie sich so um ihren ehemaligen zweiten Chef kümmerte, wer außer einer Familie würde sowas tun? Allerdings verschwieg er ihr auch nicht, welche Verbrechen Redka begangen hatte und sie nickte betroffen. Auch bei Redka war ein Teil des Vermögens von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt worden, aber er hatte schon bevor der Rauschgifthandel begonnen hatte, aus legalen Quellen die schöne Eigentumswohnung erworben und aus deren Verkauf wurde nun der Heimaufenthalt finanziert. Das nicht unerhebliche Vermögen verwaltete, wie er es gewünscht hatte, die Sekretärin, die aber durchaus vom Vormundschaftsgericht kontrolliert wurde. Als Semir ihr allerdings von der Schussverletzung des Hundes erzählte, den Redka verletzt hatte, beschloss sie, dass es nur Recht und billig wäre, die Rechnung dafür zu übernehmen und so konnte Semir seinen Vermietern bald darauf mitteilen, dass die fast 1000€ für Fido´s Tierarztbehandlung aus dem Vermögensstock beglichen würden. Semir hatte dem treuen Hund schon einen großen Ring Lyonerwurst gekauft und wurde seitdem mit immer noch mehr freudigem Schwanzwedeln begrüßt als vorher schon.

    Ben hatte anstandslos akzeptiert, sich bei einem privaten Psychotherapeuten auf eigene Kosten einer Therapie zu unterziehen. Schon nach wenigen Sitzungen fühlte er sich besser und die ganzen Traumen der letzten Monate, wenn nicht Jahre würden nun unter dem Siegel der Verschwiegenheit aufgearbeitet werden-kein Mensch außer ihm und seinem Behandler würde davon erfahren und die Schlafstörungen, die ihm so zu schaffen gemacht hatten, waren bereits nach kurzer Zeit verschwunden.
    So kam schneller als erwartet der Tag an dem Ben von Semir zum Dienst abgeholt wurde und sie wieder über die Autobahn kurvten. Auch Jenni war wieder in der Arbeit und Hartmut erledigte weiterhin nur sitzende Tätigkeiten, die aber dafür voller Elan. Morgens kamen die beiden, wenn die Schicht es zuließ, immer gemeinsam an-Jenni ließ Hartmut an der KTU aussteigen und fuhr dann weiter zur PASt und ging dort mit Bonrath auf Streife. Semir machte Ben darauf aufmerksam und der war froh, dass seine Verkupplungsversuche doch endlich Erfolge gezeitigt hatten.

    „Mann Semir, langsam wird’s Zeit, dass endlich das Baby kommt! Sarah hat dicke Beine, klagt jeden Tag über Sodbrennen und wandert in der Nacht stundenlang durch die Wohnung, weil sie nicht mehr liegen kann. Sie beklagt sich, dass sie aussieht wie eine Tonne, dabei ist sie doch die schönste Frau, die mir je begegnet ist-und sie trägt immerhin mein Kind unter dem Herzen, aber wenn ich ihr das sage, glaubt sie mir einfach nicht!“ jammerte Ben und Semir dachte nach, ob das bei Andrea auch so gewesen war. Allerdings wusste er das schon gar nicht mehr so genau und beschloss, bei Gelegenheit Andrea deswegen zu fragen. Den weiteren Geburtsvorbereitungskurs hatte Ben anstandslos mit besucht und wusste jetzt genauestens über Atemtechniken und lindernden Rückenmassagen Bescheid. Nur den gezeigten Geburtsfilm hatte er nicht sehen wollen, nicht dass es ihm so ging wie Semir und er dann einfach umkippte, wenn es Ernst wurde.

    In drei Tagen war der errechnete Geburtstermin und Ben hatte mit der Chefin ausgemacht, dass er nur kurz anzurufen brauchte, wenn es losging und dann seinen Urlaub ab diesem Tag antreten würde. Als er abends nach Hause kam, begrüßte ihn Sarah mit geröteten Wangen. Überall standen noch Putzutensilien herum und die Fenster blinkten und blitzen nur so, dabei hatte Ben für die schweren körperlichen Arbeiten ja schon lange eine Putzhilfe engagiert, was ja schon einmal zu größeren Zwistigkeiten zwischen ihm und Sarah geführt hatte-eine Sache, die er auch gerade in der Psychotherapie aufarbeitete. „Sag bloß du hast alleine die großen Fenster geputzt!“ fragte Ben entsetzt und Sarah strahlte ihn an. „Ja ich hatte einfach Lust dazu und gut hat es mir auch getan!“ verteidigte sie sich und nun half Ben ihr kommentarlos die ganzen Sachen aufzuräumen und die Blumenstöcke wieder an ihren Platz zu stellen. Im Kinderzimmer stand die Wiege schon seit Wochen bereit. Mindestens zweimal hatte Sarah schon das Bettzeug gewaschen, der Koffer für die Klinik mit Sachen für Sarah und das Baby stand in der Ecke und zum wiederholten Male besah sich nun auch Ben die winzig kleinen Windeln, die auf dem Wickeltisch bereit lagen. „Ich kanns mir noch gar nicht so richtig vorstellen, wie es sein wird, wenn unser Kind da mal drin liegt!“ sagte Ben verträumt und strich liebevoll über die Zudecke in der Wiege, bevor er mit Sarah in den Wohn-Essbereich verschwand, wo sie eine leichte Mahlzeit zu sich nahmen. Nach dem Essen kuschelten sie noch auf dem Sofa und landeten irgendwann gemeinsam im Bett, alberten herum und letztendlich schliefen sie miteinander. Ben hatte zwar ein wenig Angst, das Kind irgendwie zu verletzen, aber Sarah lachte ihn deswegen aus und Ben war auch sehr froh, dass seine Potenzstörungen, die ihn während des Drogenkonsums gequält hatten, verschwunden waren.
    In der Nacht wurde Ben wach, weil Sarah sich gerade Badewasser einlaufen ließ. Er trat ins Badezimmer und als sie sich umdrehte, sagte sie mit einem leisen Lächeln im Gesicht: „Ben, ich glaube es geht los!“

    Jenny und Kevin sind sich auf jeden Fall näher gekommen! Das stellt Ben sofort fest, nachdem er das Revier betreten hat. Als die beiden Ermittler in ihr Büro abziehen, lässt Hotte so manche Information über Kevin heraus und Jenny ist davon auf jeden Fall nicht abgeschreckt-gutes Zeichen!
    Hey das wäre doch was die beiden, aber mal sehen, wie sich das in deiner Geschichte weiter entwickelt, Campino!

    So, so! Alex ist inzwischen wenigstens theoretisch ein perfekter Bogenschütze! ;) Wenn ich alle Dinge, über die ich schon mal was gehört habe perfekt beherrschen würde, wäre ich ein Allrounder! Aber der Ausflug in die Welt der Bogenschützen war jedenfalls sehr interessant! Alex und Semir müssen sich auf jeden Fall nach jemandem umschauen, der nen Langbogen bedienen kann-ich hoffe sie werden bald fündig!

    Am nächsten Morgen ging Ben zum ersten Mal alleine zur Toilette. Er hatte jetzt lange genug geübt, war schon mehrmals in Sarah´s Begleitung aufgestanden und fühlte sich sicher genug. Als er sich aufseufzend hinsetzte und sein großes Geschäft verrichtete, schrak Sarah, die sich nochmals umgedreht hatte, auf einmal von seinem entsetzten Schrei hoch. Mit beiden Beinen gleichzeitig sprang sie aus dem Bett und hetzte in den Waschraum. „Ben was ist los?“ fragte sie geschockt und der wies mit zitternden Fingern auf den Inhalt der Kloschüssel. „Das, das ist ganz schwarz!“ stammelte er und war blass im Gesicht. Sarah zog ungerührt ab und sagte: „Na was hast du erwartet?“ und Ben, der wegen ihrer Gelassenheit nun auch ein wenig ruhiger wurde, sah sie verständnislos an. „Was soll ich erwartet haben?“ wollte er wissen und nun erklärte ihm seine Verlobte: „Du hast doch sicher auch eine Menge Blut aus den Magengeschwüren verdaut und das ist halt das, was überbleibt. Man sagt da Teerstuhl dazu und solange da nichts Frisches Rotes dabei ist, ist das ganz normal nach einer Magenblutung. Wenn das jetzt hellrot gewesen wäre, oder wir nicht wüssten wo das herkommt, müssten wir uns Sorgen machen, aber so ist das recht harmlos. Außerdem kontrollieren die heute sicher nochmal deine Blutwerte und wenn der Hb nicht abgefallen ist, dann passt das schon!“ erklärte sie ihm und zum wiederholten Mal war Ben froh, in Kürze mit einer Krankenschwester verheiratet zu sein. „Und was wäre jetzt gewesen, wenn das frisches Blut gewesen wäre?“ wollte er nun noch kleinlaut wissen-Mann woher sollte er über solche Dinge auch Bescheid wissen, er kannte sich mit Autos, Motorrädern und Gesetzen aus, aber nicht mit medizinischen Dingen. „Dann hättest du noch eine Coloskopie, also eine Darmspiegelung gekriegt!“ sagte Sarah ungerührt und Ben beschloss, jetzt vorsichtshalber lieber nicht mehr zu fragen-sonst fiel denen noch irgendein Blödsinn ein!

    Ben hatte die flüssige Kost gut vertragen und bekam heute Breikost. Bei Süppchen, Pudding und Kartoffelbrei ließ es sich schon aushalten und so wurde er im Laufe des Tages immer kräftiger. Man setzte die Infusionen ab, gab ihm das Pantozol und das Antibiotikum als Tablette morgens und abends und am frühen Nachmittag kam der Stationsarzt ins Zimmer. „Wenn die Chirurgen wegen ihrem Arm auch einverstanden sind, könnten wir sie morgen entlassen!“ kündigte er an und als ein Anruf aus der chirurgischen Ambulanz kam, dass die seinen Arm nochmals anschauen wollten, schaffte Ben es mit Sarah´s Begleitung dorthin zu laufen. Sie saß neben ihm und hielt beruhigend seine Hand als die Tamponade, die man am Vortag schon einmal gewechselt hatte, endgültig gezogen wurde, was allerdings ganz schön weh tat. Aber die Entzündung hatte nachgelassen und so machte man nur noch einen dicken Verband und bat Sarah den täglich zu wechseln, was sie gerne machen wollte. So bestand auch von dieser Seite aus kein Vorbehalt mehr gegen das Nachhausegehen und nachdem auch für Sarah noch Nachschautermine vereinbart worden waren, plante man die Entlassung der beiden für den nächsten Vormittag.

    Semir kam abends nach dem Dienst ganz abgeschafft bei ihnen an. „Mann die Krüger hat vielleicht eine Laune! Die hat mich heute nur herum gehetzt!“ erzählte er. „Jetzt schau bloß, dass du bald wieder fit wirst Ben, denn lange halte ich das alleine nicht aus!“ stöhnte er und versprach, die beiden am nächsten Morgen aus dem Krankenhaus abzuholen. So geschah es und er kaufte sogar auf dem Heimweg von der Klinik noch mit Sarah im nächsten Supermarkt die nötigsten Dinge ein und trug die Taschen nach oben. „So jetzt kommt dann gleich der nächste Anschiss, wo ich denn so lang bleibe!“ stöhnte er dann und verdrehte seine Augen dermaßen, dass Sarah und Ben sehr lachen mussten. „Ich komme abends nochmals vorbei, ich bin ja Strohwitwer, dann können wir uns vielleicht ne Pizza kommen lassen!“ kündigte er dann noch an und verschwand eilig Richtung PASt.

    Als er nach einigen Streifenfahrten, heute mit Bonrath an der KTU vorbei sah, um dort etwas nachzuschauen, erwartete ihn eine freudige Überraschung. Hartmut saß voll konzentriert, sein Bein auf einem Hocker hochgelegt hinterm Schreibtisch und durchforstete gemeinsam mit Jenni, deren Arm auch schon wieder beweglicher wurde, Redka´s beschlagnahmte Sachen. „Was tut ihr denn da?“ fragten Semir und Dieter. „Es wurde langsam langweilig zu Hause und so haben wir beschlossen, etwas Nützliches zu tun und ein wenig Papierkram zu übernehmen-das bringt uns nicht um und euch ist damit geholfen!“ erklärte Hartmut und warf Jenni einen zärtlichen Blick zu, der die zum Erröten brachte. „Ich habe auch schon etwas Interessantes herausgefunden. Nach meinen Recherchen hat Redka im Gegensatz zu Heimer, der ja eine Tochter hat, die nun Alleinerbin von dem Vermögen, das nicht von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt wurde, ist, keine Angehörigen und hat eine Vorsorgevollmacht mit dem Namen der Sekretärin ausgefüllt. Ich denke nicht, dass die mit dem Rauschgifthandel irgendwas zu tun hatte-vielleicht wäre das Vormundschaftsgericht in Ravensburg froh, deren Daten zu kriegen!“ sagte er und Semir versprach, das zu übernehmen. So wurde die Sekretärin erst einmal von Redka´s Schicksal informiert und machte sich wenig später schweren Herzens auf den Weg, um ihren Schützling zu besuchen, auch wenn der das nie mehr mitbekommen würde, wie inzwischen fest stand. Sie organisierte dann auch einen Heimplatz in Köln und versuchte ihm sein Schicksal erträglich zu machen-sie hatte ihn schließlich immer nur von seiner guten Seite kennengelernt und konnte ihn sich nicht als skrupellosen Mörder vorstellen.
    Die Chefin war nun wieder besänftigt und als sie noch vom Rauschgiftdezernat eine Belobigung für ihr Team wegen der guten Zusammenarbeit bekam, besserte sich ihre Laune sprunghaft. Sie richtete Semir sogar liebe Grüße an Sarah und Ben aus und als der abends bei denen aufschlug, sich neben Ben aufs Sofa schmiss und gemütlich ein Bier trank, war die Welt wieder in Ordnung-nur Ben maulte, weil er laut Sarah keine scharfe Pizza kriegte, sondern sich mit Spaghetti Carbonara zufrieden geben musste!

    Ich habe euch ja versprochen, dass ihr die Geburt von Ben´s und Sarah´s Baby in dieser Geschichte noch miterleben dürft, allerdings denke ich, Ben hat genug gelitten-für diese Story, aber ich recherchiere nebenbei schon für die nächste Geschichte-und Mrs. Murphy-die spielt aus gegebenem Anlass im Rennfahrermilieu-konnte mich neulich nicht an Tom Beck im Racing-Seat satt sehen und ich kann euch jetzt schon prophezeien, er wird nicht ungeschoren davonkommen! Bin gerade in Übung, bei uns hagelts im Moment verunglückte Auto- und Motorradfahrer!

    Die Adlige erzählt sehr offen von ihren Erlebnissen und Alex setzt daraufhin alles daran mit ihr alleine zu sein. Er schickt Semir ins Krankenhaus, aber nachdem das Opfer gerade operiert wird, kann der fürs Erste nur warten. Auch danach ist der Patient noch nicht vernehmungsfähig, aber wenigstens kriegt Semir den Pfeil ausgehändigt, den er auch direkt zu Hartmut bringt. Ja ich denke auch, Fingerabdrücke sind da Fehlanzeige, aber was hat das andere Material zu bedeuten? Sicher weiss Hartmut darüber auch schon was-und kann auch feststellen, ob die Elsternfedern vom selben Vogel stammen!

    Sarah lächelte ihn an. „Jetzt werden wir erst mal alle beide gesund und dann überlegen wir das in Ruhe. Ehrlich gesagt brauche ich auf den Hochzeitsfotos weder einen dicken Bauch, noch eine Schiene an der Hand-irgendwie habe ich mir diesen Tag nämlich seit meiner Kinderzeit sehr bedeutungsvoll und romantisch vorgestellt, so mit weißem Brautkleid, Schleier, weißer Kutsche usw.!“ erklärte sie ihm lächelnd. Ben sagte: „Gegen das Brautkleid und den Schleier habe ich nichts, meinetwegen kann die Kutsche auch weiß sein, aber die sollte ein paar Hundert PS haben-du glaubst doch nicht, dass ich das zulasse, dass wir uns mitten in Köln mit ner Pferdekutsche in Gefahr bringen?“ fragte er und nun lenkte Sarah ein, indem sie ihn zart küsste. „Das sollte unser kleinstes Problem sein-außerdem hast du Recht-wir wollen ja auch unser Baby nicht in Gefahr bringen, also doch einen Wagen-wenn ich allerdings deine und Semir´s Unfallstatistik so ansehe, wage ich zu bezweifeln, dass das so viel sicherer ist!“ bemerkte sie und nun musste Ben grinsen. Kurz darauf trank er ein paar Schluck Wasser und wenig später kam der Unfallchirurg der Sarah operiert hatte herein. „So, so, ich habe schon gehört, sie sind umgezogen!“ sagte er mit einem breiten Lächeln. Aber das ist kein Problem-die Drainage kann ich hier auch ziehen!“ kündigte er an und holte von draußen sein ganzes Zubehör. Wenig später war die Schiene abgewickelt und die Pflaster entfernt. Unter aseptischen Bedingungen entfernte der Chirurg die Redonsaugdrainage und ließ danach auch die Schiene weg, nachdem Sarah zwar unter Schmerzen, aber in alle Richtungen problemlos die Hand bewegt hatte. „Die Fraktur ist belastungsstabil versorgt, wir beginnen ab heute Nachmittag mit Physiotherapie, damit die Schwellung zurückgeht und sie bald wieder voll beweglich sind!“ kündigte er an, während er noch ein paar Pflasterverbände aufbrachte und eine elastische Binde darum wickelte. Auch die Schussverletzung inspizierte er, aber auch die war gut verschorft und würde außer einer Narbe wohl keine Folgeschäden nach sich ziehen. Aufatmend legte Sarah sich zurück und fragte: „Wie lang muss ich denn noch hierbleiben?“ und der Unfallchirurg überlegte kurz. „Von mir aus könnten sie morgen schon nach Hause, aber warten sie doch erst mal ab, wie lange ihr Partner noch hierbleiben muss-das drehen wir einfach so, dass sie beide gemeinsam entlassen werden!“ und nun lächelte Sarah glücklich. Anscheinend lief es jetzt bei ihnen wieder und nachdem der Arzt sich verabschiedet hatte, machten Ben und sie die Augen zu und schliefen erholsam bis zum Mittag.

    Nachdem Sarah ihr Essen bekommen hatte, Ben aber auf ihren fragenden Blick hin den Kopf geschüttelt und beteuert hatte, dass ihm wirklich noch nicht nach Essen war, fragte Sarah: „Meinst du, wir sollten unseren Eltern und Geschwistern Bescheid sagen?“ aber Ben schüttelte den Kopf. „Ich glaube nicht Sarah, die machen sich doch höchstens Sorgen und rennen uns hier die Bude ein-ich möchte ehrlich gesagt lieber meine Ruhe haben und mich gemeinsam mit dir erholen!“ sagte er und Sarah akzeptierte seinen Wunsch. Nachmittags kam erst der Physiotherapeut zu Sarah und plötzlich öffnete sich die Tür und ein lächelnder Semir stand mit zwei Reisetaschen bewaffnet vor ihnen. „Mensch-super, dass ihr zusammen in einem Zimmer liegt!“ erklärte er mit einem breiten Grinsen. Er war zügig nach Hause gefahren, hatte kurz mit der Chefin in der PASt gesprochen, in der KTU die Sachen Redka´s abgeladen und den restlichen Tag frei bekommen. Er hatte unterwegs etwas gegessen, aber als er dann nach Hause gekommen war, waren Andrea und die Kinder noch da gewesen. „Papa, ich habe Ferien!“ sagte Ayda und flog ihm freudestrahlend an den Hals „Und Mama hat gesagt, morgen fahren wir zu Oma und Opa-kommst du auch mit?“ wollte sie wissen, aber Semir schüttelte den Kopf. „Leider nein Ayda-ich muss noch arbeiten, aber in einer Woche habe ich Urlaub und da fahren wir ein paar Tage zusammen an den Bodensee-versprochen!“ sagte er und nun lächelte Andrea leise. „Ich war letzte Nacht in einer netten Familienpension-da habe ich gleich ein Familienzimmer mit Halbpension reserviert-natürlich nur, wenn du einverstanden bist!“ erklärte Semir seiner Frau und die sagte: „Wie schön, was sollte ich dagegen haben?“ und so war der gemeinsame Kurzurlaub beschlossene Sache.

    In diesem Augenblick ertönte vor dem Fenster ein tiefes Bellen und als Semir aus dem Fenster sah, lag Fido da schwanzwedelnd und mit einem dicken Verband um die Pfote im Garten. „Na Gott sei Dank-jetzt kehren langsam wieder normale Verhältnisse ein-nun müssen nur noch Sarah und Ben gesund werden, dann gehen wir wieder zur Normalität über!“ bemerkte Semir und beschloss gleich nachher eine große Wurst für Fido zu besorgen. Nachdem er mit Andrea noch ein Tässchen Kaffee getrunken hatte und ihr leise von seinen Erlebnissen berichtet hatte, fuhr er erst zu seinem Haus, holte da Ben´s und Sarah´s Sachen und machte sich dann auf den Weg zum Krankenhaus. Gerührt konstatierte er, dass die Terrassentür provisorisch mit einem Holzverschlag geschützt war-an sowas hätte er gar nicht mehr gedacht in der Aufregung-wer das wohl veranlasst hatte?

    Als er nun seinen Freunden gegenüber stand und die gar nicht so schlecht aussahen, fiel ihm ein riesiger Stein vom Herzen und er erzählte den beiden von seinen Erlebnissen am Bodensee. „Da hat Redka seine Strafe von einer höheren Macht bekommen“ sagte Sarah nachdenklich, aber alle miteinander waren nur froh, dass es vorbei war. Sarah verschwand als Erste in dem angrenzenden Waschraum und zog eine Jogginghose und ein T-Shirt an. Als sie zurückkam, schaute sie erfreut und erstaunt auf Ben. Der saß nämlich am Bettrand und hatte ebenfalls mit Semir´s Hilfe ein T-Shirt und eine kurze Hose angezogen. „Endlich wieder Normalität!“ freute er sich und probierte dann auch gleich aufzustehen. Er hatte zwar noch Wackelknie, aber mit der Unterstützung seines Freundes hielt er sich am fahrbaren Infusionsständer fest und schaffte es ebenfalls in den Waschraum. Dort setzte er sich aufseufzend auf die Toilette. Ab sofort war die Pinkelflaschenzeit vorbei-er würde jetzt schnellstmöglich zu Kräften kommen und dann dem Krankenhaus gemeinsam mit Sarah den Rücken kehren.

    Semir und seine Familie genießen den ersten Tag am Strand-du hast das so schön beschrieben, dass ich jetzt sofort ans Meer will! Nach dem abendlichen Buffett zieht sich Andrea mit den Kindern aufs Zimmer zurück, während Semir mit André auf Tour geht. Wieder findet Semir Ort und Zeit nicht passend für ein klärendes Gespräch und so schwelgen die beiden in Erinnerungen an alte Zeiten und vorübergehend schafft es Semir sogar, seinen Kummer zu vergessen. Ich finde allerdings, der sollte jetzt endlich mal was sagen, sonst frisst ihn diese Ungewissheit noch auf!

    Was täten wir nur ohne Hunde. Sherlock führt sein Frauchen zu dem Verletzten. Jetzt können wir nur hoffen, dass der Pfeil nicht vergiftet war und das Opfer den Angriff überlebt und auch eine Aussage machen kann.
    Alex und Semir besuchen derweil nochmal die junge Adlige. Alex hat anscheinend gar keine Angst vor dem Hund, während Semir ein wenig das Herz in die Hose rutscht. Ob sie bei dieser Befragung wohl was rausbekommen? ich würde schnellstmöglich ins Krankenhaus fahren, aber ich denke, Alex möchte lieber bei seiner neuen Flamme bleiben!

    Wie wir uns schon gedacht haben-so ganz unbehelligt können Semir und Milena doch nicht fliehen. Schon wieder wird Milena angeschossen, diesmal am Fuß. Semir versucht ihr Feuerschutz zu geben und anscheinend können sie zumindest vorerst ihre Flucht fortsetzen.
    Da kennt Milena Semir aber schlecht-der wird sie nicht zurücklassen, um sich selber zu retten! Jetzt kommt ihm vielleicht seine Ortskenntnis zugute-hoffentlich finden die beiden ein Versteck, wo sie auf die Verstärkung warten können!

    Wenig später öffnete sich die Tür und der Pfleger von vorhin sagte: „So Herr Jäger, jetzt bringe ich sie in die Endoskopieabteilung, die haben sie abgerufen!“ und schon löste er die Bremsen des Betts. Sarah schlüpfte aus dem Ihren, zog ihren Bademantel an und folgte unbeirrt dem Bett ihres Freundes. In der Abteilung angekommen, wollte die dort arbeitende Endoskopieschwester sie abwimmeln und in den Wartebereich verweisen. Sarah hatte nach Ben´s Hand gegriffen und schüttelte unnachgiebig den Kopf. „Nein, ich lasse meinen Verlobten nicht alleine. Ich bin selber Krankenschwester und arbeite hier im Haus auf Intensiv-mir wird auch nicht schlecht das ist nicht die erste ÖGD, die ich sehe!“ sagte sie bestimmt und nach kurzer Rücksprache mit dem Untersucher durfte sie tatsächlich ebenfalls mit hinein. Während Ben auf den Untersuchungstisch hinüber rutschte, fragte er leise trotz aller Angst, was ihn nun hauptsächlich beschäftigte. „Du hast gerade gesagt „Verlobter“, soll das heißen, du hast meinen Antrag angenommen?“ flüsterte er, bevor er den Beißschutz in den Mund geschoben bekam und Sarah nickte.
    Bei aller Angst vor dem Kommenden hätte Ben gerade jubeln können vor Freude. Sarah würde ihn heiraten, sein sehnlichster Wunsch würde in Erfüllung gehen. Sie würden ganz altmodisch zuerst aufs Standesamt und dann in die Kirche gehen. Ihr Kind würde in der Geborgenheit einer ganz normalen bürgerlichen Familie mit allen, auch rechtlichen Sicherheiten aufwachsen. Wenn ihm das noch vor zwei Jahren jemand gesagt hätte, dass er freiwillig heiraten würde und sich noch dazu darauf freuen konnte, wie ein kleines Kind, dann hätte er ihn für verrückt erklärt, aber seitdem Sarah in sein Leben getreten war, auch mit all ihren Macken, wusste er was Verlässlichkeit und Treue hieß. Sie hatte ihn noch nie alleine gelassen, seitdem sie zusammen waren, aber dabei immer ihre Eigenständigkeit bewahrt. Wenn er mit den Jungs von der Band abhing und gelegentlich im Probenkeller versumpfte, machte ihr das nichts aus-an diesen vorher abgesprochenen Abenden unternahm sie meistens was mit ihren Freundinnen und so behielt jeder von ihnen ein Stück eigenes Leben. Es tat ihm nochmals extra leid, wie er sie in den letzten Wochen seiner Drogenkarriere hintergangen hatte, allerdings war er nun ganz sicher, dass er das hinter sich gelassen hatte!

    Bevor er nun allerdings weiter seinen Gedanken nachhängen konnte, war der Untersucher vor ihn getreten und hatte gesagt: „Sie kennen ja jetzt den Ablauf schon, bitte immer schlucken, wenn ich das sage!“ und während Sarah hinter ihm stehend ganz fest seine Hand hielt und sich gegen ihn lehnte, um ihm durch ihre körperliche Nähe Schutz und Geborgenheit zu geben, machte er genau das, was ihm der Untersucher befahl. Wieder schossen ihm die Tränen in die Augen, seine Nase lief, aber nachdem er jetzt wusste, was auf ihn zukam, war es diesmal nicht so schlimm wie in der Nacht seiner Einlieferung, da war er, auch aus Sorge um Sarah, völlig neben sich gestanden und weh hatte das außerdem getan.
    Sarah sah gebannt auf den Bildschirm und als das Instrument im Magen anlangte und sie die Kraterlandschaft sah, lief es ihr kalt den Rücken herunter. Wie leicht hätte sich Ben da verbluten können! Trotz des immer noch auffälligen Befunds war der Gastroenterologe zufrieden. Man sah keine neuen Erosionen mehr, alle Clips und Verschorfungen hatten gehalten und so war die Spiegelung schnell vorbei. „Herr Jäger, ich bin zufrieden!“ sagte er, während er das Instrument unter Ben´s Würgen herauszog, die Schwester ihm den Beißschutz entfernte und er ein Stück Zellstoff bekam, um sich die Nase zu putzen. „Die Geschwüre und die Gastritis sind im Abheilen begriffen, ich denke sie sollten zwar die nächsten sechs Wochen noch ein Mittel weiternehmen, um die Säurebildung zu hemmen-aktuell bekommen sie das noch gespritzt- aber sie dürfen ab sofort trinken und flüssige Kost zu sich nehmen, ab morgen Breikost. Wenn sie kein Blut mehr absetzen, müssen wir auch nicht mehr reinschauen, ich denke, sie haben das Schlimmste überstanden!“ sagte er und Ben strahlte beinahe, während er wieder in sein Bett rutschte, das man direkt neben den Untersuchungstisch rangiert hatte.Während der Fahrdienst ihn wieder zurück auf ihr Zimmer fuhr, ließ er Sarah´s Hand nicht los. Kaum waren sie alleine fragte er sie: „Und wann heiraten wir?“