Beiträge von susan

    Elena ist ein Geschenk des Himmels. Sie versucht wirklich mit allem was ihr zur Verfügung steht, Ben und Anna zu helfen. Nachdem sie aber schon eine Weile in diesem Haushalt lebt, weiß sie um die Gefährlichkeit der Kroatin, die nun auch noch Besuch aus der Heimat erhält.

    Immerhin kümmert sie sich um das leibliche Wohl der beiden Gefangenen.

    Anscheinend genießt sie auch zumindest in geringem Maße das Vertrauen Gabriela´s, denn sie darf sich im Haus frei bewegen, besitzt Schlüssel und kann auch einkaufen gehen. Vielleicht könnte sie ja auch Semir eine Nachricht zukommen lassen bei ihrem nächsten Einkauf? Aber zumindest Verbandszeug und nicht verschreibungspflichtige Medikamente könnte sie besorgen, sie ist sicher eine gute Verbündete, die noch dazu menschliche Gefühle wie Mitleid hat.

    Jake schüttelte den Kopf. Er hatte bei seinem Ausritt entlang des Wegs mehrere erlegte Tiere gesehen. Sie waren nur teilweise und das auch unsachgemäß aufgebrochen, man hatte wenige Stück Fleisch wie Keulen oder Filet mit genommen und den Rest einfach liegen gelassen. Freilich labten sich daran Wölfe und Bären, aber Jake sah auch, dass die Tiere nicht waidgerecht mit Blattschuss getötet, sondern irgendwie dahin gemetzelt worden waren und sicher teilweise noch gelitten hatten. Eine große Wut packte ihn deswegen. Er aß auch Fleisch, aber wenn ein Tier getötet wurde, sollte es allen Respekt erfahren und der bedeutete nicht nur einen schnellen schmerzlosen Tod, sondern auch eine Verwertung des kompletten Kadavers.

    Aus der Ferne sah er eine Jagdhütte deren Kamin rauchte, davor stand ein älterer Corsa. Eigentlich ein Paradoxon, denn Leute die sich eine Jagdhütte leisten konnten, fuhren meistens andere Autos, aber prinzipiell ging ihn das ja nichts an. Er nahm sich nur vor vorsichtig zu sein, wenn er in dieser Ecke ausritt, dieser Heckenschütze war nicht ganz sauber, nicht dass sein Pferd und er auch irgendwann tot oder schwer verletzt neben dem Weg lagen.


    Seine Gedanken schweiften in die Klinik. Am Vortag hatte er seinen Neffen besucht und sich einen ersten Eindruck verschafft. Seine völlig verzweifelte Schwester wich nicht von seiner Seite, aber der Kleine hatte blass und teilnahmslos in dem Kindergitterbettchen gelegen, den ganzen Körper von Ausschlag bedeckt. Er hatte Fieber und war sehr schwach. Immerhin war eine Infusion gelaufen, aber als er versuchte mit einem Arzt zu sprechen, hatte man ihn hin gehalten und erst einige Zeit warten lassen, um ihm dann mit zu teilen, dass der Arzt zu einem Notfall außerhalb der Klinik gerufen worden war und heute nicht mehr zu sprechen wäre. Eine junge Schwester hatte die Infusion gewechselt und sich liebevoll um den Einjährigen, der ja noch viel mehr Baby als Kleinkind war, gekümmert. Aber auch sie hatte auf die Frage, was es denn für eine Diagnose gäbe, nur die Schultern gezuckt. „Die Untersuchungen laufen noch“, hatte sie knapp gesagt, aber man merkte ihr an, dass sie mehr wusste, aber das wohl nicht sagen durfte. Jake versuchte sie zu überreden oder in die Enge zu treiben, aber ohne Erfolg.


    Seine Gedanken schweiften in die Vergangenheit. Früher war die Medizin staatlich gelenkt gewesen und die Versorgung war in Ordnung und für alle gleich gewesen. Aber nachdem Ceausescu entmachtet worden und Rumänien kein sozialistischer Staat mehr gewesen war, hatte sich vieles verändert. Die Ärzte die nicht stark an der Heimat hingen, waren in den Westen ausgewandert wo ihre Arbeit honoriert wurde, während sie sich hier wie auch die Pflege, mit Minigehältern zufrieden geben mussten. Geblieben war, wie es sein Schwager ausdrückte - nicht die Elite. Dazu gab es zwar eine Pflichtversicherung, aber es floss im Gegensatz zu Deutschland nur ein minimaler Prozentsatz des Bruttoinlandprodukts ins Gesundheitswesen. Allerdings gab es auch in Rumänien, wie wohl überall in der Welt, reiche Leute und für diese hatten sich private westliche Klinikketten breit gemacht, die Spitzenmedizin boten, aber das eben nur für Selbstzahler. Das wäre ja alles kein Problem gewesen, aber Jake war nicht reich, sondern hatte immer gerade so viel verdient, seitdem er in den Westen gegangen war, dass er selber gut leben, sein Pferd unterhalten und jeden Monat ein bisschen Geld in die Heimat schicken konnte. Jetzt hatte er kein Einkommen mehr und so war guter Rat teuer und das im wahrsten Sinne des Wortes.


    Lucky war von der Tierklinik nach Hause gekommen und sozusagen unmittelbar zur Tagesordnung über gegangen. Die Kinder und auch Hildegard und Frederik hatten ihn freudig begrüßt, er war kurz an der Leine durch den Garten marschiert, wie um zu sehen ob sich etwas verändert hatte, aber dann hatte er sich auf seiner weichen Matte in einer Ecke der Küche zusammen gerollt, zufrieden geseufzt und gedöst. Nur sein Herrchen war nicht da, aber das würde sicher bald eintreffen. Die nächsten Tage war Lucky immer unruhig durchs Haus gewandert, wenn die Zeit nahte, zu der Ben normalerweise von der Arbeit nach Hause kam. Als Sarah nach einem Besuch bei ihrem Mann seine getragene Wäsche in einer Sporttasche zum Waschen mit nach Hause genommen hatte, hing Lucky wie eine Klette an ihr und schnüffelte und fiepte. „Lucky bald kommt dein Herrchen wieder heim, der vermisst dich genauso wie du ihn!“, versuchte Sarah den grauen Riesen zu trösten, aber er wirkte danach wie deprimiert und lag teilnahmslos in der Ecke. „Ach wenn man euch nur erklären könnte was geschehen ist, dann wäre vieles einfacher“, seufzte Sarah und steckte die Klamotten in die Waschmaschine.


    Hildegard war mit Frederik heim gegangen und der Alltag hatte überall wieder Einzug gehalten. Wenige Tage später wurden Semir und Ben entlassen und wenn ihnen auch eine Reha angeboten worden war, hatten alle beide das abgelehnt. „Wir wollen jetzt nur nach Hause, Physiotherapie kriegen wir auch ambulant“, hatten sie erklärt und sowohl Sarah als auch Andrea hatten für ihre Männer schon mit Physiopraxen in der Nähe Termine vereinbart. Semir konnte dorthin laufen und zu Ben würde der Therapeut jeden Tag nach Hause kommen.

    Als Ben sich aus dem Wagen schälte und nach seinen Krücken griff, um noch ein wenig vorsichtig wegen der ganzen abheilenden Blutergüsse ins Haus zu humpeln, ohne das Bein zu belasten, schrie Lucky vor Entzücken auf und wich ihm danach nicht mehr von der Seite. Ben hatte Tränen in den Augen und streichelte und liebkoste seinen treuen Gefährten. „Lucky du wenn nicht gewesen wärst, dann wäre ich jetzt nicht mehr am Leben!“, sagte er gerührt und wenig später lag er völlig zufrieden auf dem historischen und sehr bequemen Kanapee in ihrer geräumigen Gutshausküche und Lucky presste sich eng an ihn, obwohl der ja normalerweise nicht aufs Sofa durfte. Die Kinder, die natürlich mit zum Abholen gefahren waren und ganz wichtig auch jeder ein kleines Gepäckstück herein getragen hatten, erzählten lachend dem Papa von ihren Erlebnissen im Kindergarten und begannen dann zu spielen. Als Sarah, die inzwischen die Krankenhaussachen ausgeräumt hatte, wieder in die Küche kam, waren Ben mit einem glücklichen Lächeln auf den Lippen die Augen zu gefallen und er gönnte sich ein kleines Erholungsschläfchen.

    Turbo und Tacho werden von Semir auf Stand gebracht- das ist keine schlechte Idee, immerhin haben die drei ja schon zusammen gearbeitet, auch wenn das immer ein wenig ins Chaos abdriftet.

    Als sie Frau Krüger dann ihre Beobachtungen und Taten schildert, kann die sich nur noch bedanken, obwohl sie erst ziemlich biestig war. Wenn die beiden jungen Polizisten nicht ein gegriffen hätten, wäre Semir vermutlich entweder entführt oder tot. So haben aber die Söldner Verluste einstecken müssen und der Söldnerchef ist sogar schwer verletzt worden- na ich hoffe er hat rechte Schmerzen oder stirbt noch auf dem Transport. Ansonsten befürchte ich, dass Anna demnächst wieder als Ärztin tätig werden muss!

    Ja und das ist Semir wie wir ihn kennen- zumindest aus der Serie;), mit einer Aversion gegen Krankenhäuser. Aber auf Druck der Chefin lässt er sich jetzt doch untersuchen und hat auch gleich zwei Aufpasser dabei. Ich hoffe die können ihn bei der Suche nach Anna und Ben tatkräftig unterstützen.

    Jake ritt auf seinem schwarzen Hengst bergauf. Um den Hals des Pferdes lag lediglich ein Halsring, keine Zäumung behinderte die Atmung, aber dennoch waren Tier und Reiter eins und das Tier bemühte sich freudig, die sanften Kommandos seines Herrn zu verstehen und um zu setzen. Als er in einen leichten Galopp fiel, begannen die Sorgen für einen Moment von ihm ab zu fallen. Er war gesund, sein Pferd ebenfalls, aber der Grund, warum er in die Heimat zurück gekehrt war, war ein Trauriger. Sein kleiner einjähriger Neffe, der geliebte Sohn seiner Schwester war schwer erkrankt. Würden ihm die Ärzte helfen können? Er lag im Provinzkrankenhaus in der nächsten Stadt, seine Mutter war bei ihm, aber noch wurden Untersuchungen gemacht.
    „Jake – du musst nach Hause kommen und mit den Ärzten sprechen. Du kennst dich aus in der Welt, aber wir haben das Gefühl, die Ärzte und Schwestern wissen entweder nicht was dem kleinen Josef fehlt, oder sie wollen es uns nicht sagen. Was ist, wenn er eine teure Behandlung braucht, vielleicht ist das der Grund warum die nicht mit uns reden wollen, du kannst das sicher organisieren“, hatte seine Schwester ihn an gefleht und so hatte er bei seinem Chef um Urlaub gebeten, der ihm aber nicht gewährt wurde. „Was denkst du dir?“, hatte der los gepoltert. „Die Saison hat begonnen und du weißt genau, dass ich dich als Darsteller nicht so leicht ersetzen kann. Wenn du jetzt gehst, brauchst du gar nicht wieder zu kommen!“, hatte er ihn angebrüllt. Jake hatte sich wortlos umgedreht. Wenn jemand nicht verstehen konnte, wie wichtig die Familie war, dann würde er hier auch nicht glücklich werden.
    So hatte er den kleinen älteren Geländewagen mit seinem Hab und Gut beladen, den Pferdetransporter angehängt und seinem Hengst völlig frei bedeutet ein zu steigen, was der freudig tat. Drinnen hatte er einen großen Heusack auf gehängt, es würde eine lange Fahrt werden, aber gemeinsam hatten sein Pferd und er schon viele Veränderungen überstanden, es würde schon irgendwie weiter gehen.

    Semir beübte seine Arme und Hände fleißig und wenn auch noch alles ganz verschwollen war, die Motorik funktionierte und spüren konnte er ebenfalls alles. Das Husten und Bewegen tat zwar noch weh, aber mit einem guten Schmerzmanagement war es aus zu halten.
    Bei Ben war es in etwa genauso und auch wenn sie es vielleicht nie zugegeben hätten, das Beste was ihnen passieren konnte, war das Zusammensein. Sie waren so vertraut, dass sie sich nebeneinander in ihren Betten liegend, völlig entspannen konnten und gute Gespräche, immer wieder ein Scherz dazwischen, trugen ihren Teil zur Genesung bei. Ben durfte das Bein noch überhaupt nicht belasten und auch seine Blutergüsse sahen imponierend aus, aber dafür waren seine Arme und Hände unverletzt, so dass er seinem Freund und Partner die Brote schmierte und ihn auf der ganzen Linie unterstützte. Semir hingegen konnte ja problemlos laufen und so hatte er den Part, Dinge zu holen oder das Fenster zu öffnen und zu schließen.
    Nach und nach kamen auch die Kollegen zu Besuch und oft verwandelte sich das Patientenzimmer beinahe in eine Außenstelle der PASt, denn natürlich wollten die beiden Verletzten auch über den Fall, der sie ja nun beide absolut direkt betraf, informiert werden. Leider waren der Tierarzt und sein Gehilfe wie vom Erdboden verschluckt und auch der Corsa wurde nicht gefunden.


    „Inzwischen habe ich den Spider genauestens untersucht, er ist eindeutig das Mordfahrzeug, mit dem der Familienvater tot gefahren wurde und Drogenspuren habe ich drinnen ebenfalls gefunden“, berichtete Hartmut.

    „Die Tierarztfrau scheint wirklich keine Ahnung zu haben und distanziert sich deutlich von den Taten ihres Mannes. Sie hat gemeinsam mit ihren Kindern und Enkeln ein Beileidsschreiben an die Familie des Verstorbenen verfasst und Geld beigelegt. Gut, wenn wir den Täter finden wird er sowieso zu Schadenersatz verpflichtet, aber immerhin ist das ein Zeichen des guten Willens“, erzählte die Chefin.


    Ben konnte ganz gut mit Krücken kurze Strecken laufen, aber als die Schwester ihnen einen Rollstuhl brachte, leuchteten seine Augen. „Semir- denkst du gerade dasselbe was ich denke?“, fragte er grinsend und der nickte gottergeben. „Das war ja klar, dass ich jetzt deinen Motor spielen und dich durch die Landschaft schieben kann“, polterte er los. Aber wenig später ließen sich die beiden zum ersten Mal seit zweieinhalb Wochen wieder den Wind um die Nase wehen und hielten sich eine halbe Stunde im Krankenhauspark mitten in Köln auf.


    Beide waren inzwischen sämtliche Drainagen, Katheter und Zugänge los, nahmen ihre Medikamente als Tropfen oder Tabletten und auch die intensiven Physiotherapieeinheiten, die sehr anstrengend waren, fanden inzwischen in der entsprechenden Abteilung im Untergeschoß statt, wohin Semir Ben dann schob. Sein Bein lag dabei gerade nach vorne ausgestreckt und mehr als einmal hätten sie beinahe jemanden gerammt oder von den Beinen geholt. „Semir renn nicht so schnell, das hier ist nicht die Autobahn!“, grinste Ben, aber die Erleichterung war beiden anzusehen, sie würden vermutlich in einigen Wochen bis Monaten gemeinsam ihr altes Leben wieder aufnehmen können.

    Na das war ja eine Bombe zum Schluss des Kapitels!:thumbup:

    Aber erst mal von vorne: In gewohnt glaubhafter und packender Erzählweise beschreibst du, Campino, zwei parallele Verfolgungsjagden. Ich war bei beiden live dabei, sowohl bei Semir im BMW, der letztendlich den Marktstand abräumt, als auch bei Ben zu Fuß.

    Ja da kommt dem flinken Felix sein geringes Gewicht zugute und er überwindet einen hohen Zaun und hängt damit Ben ab. Allerdings verliert er dabei das Bild seiner Schwester. Und jetzt kommt der Knaller- es ist auch Kevin´s Schwester, die ja wie wir wissen, nicht mehr am Leben ist. Gut, da kann Felix lange suchen, aber dass Kevin noch einen kleinen Bruder hat, ist ja eine erfreuliche Entwicklung. Ich hoffe es gelingt Semir und Ben - vermutlich am ehesten über Chloe - Felix zu finden und ihm von seiner Familie zu erzählen und außerdem Gregor und Frankie fest zu nehmen und den Drogensumpf aus zu heben in den Chloe´s Familie verstrickt ist.

    Ach Mann warum konnte das nicht schon zu Lebzeiten Kevin´s geschehen? Dem würde sein kleiner Bruder gefallen!

    Erst mal bekommen Anna und Ben in Elena eine Verbündete, die ihnen nach Kräften hilft. Sie versucht das Beste aus der Situation zu machen und stellt sogar eine Infusion für Ben her- das könnte seine Rettung bedeuten! Es gibt eine Matratze, frische Wäsche und Kleidung und Anna kann sogar duschen und sich umziehen. Im Moment sieht es also im Keller nicht mehr so aussichtslos aus wie vorher.

    Und auch auf der Autobahn gibt es gute Nachrichten! Semir lebt und wird von Turbo und Tacho aus seinem BMW noch rechtzeitig geborgen, bevor der in Flammen aufgeht. Er hat sicherlich eine heftige Gehirnerschütterung und auch sonst tut ihm zwar alles weh, aber immerhin scheint noch alles dran zu sein und der Kopf funktioniert ebenfalls noch. Puh das war aber Rettung in letzter Sekunde!

    Leider haben wir in diesem Kapitel noch nicht erfahren, was mit Semir geschehen ist, du verstehst es den Spannungsbogen zu erhalten, Mikel!

    Zurück im Keller bringt die Kroatin Elena zu Hilfe. Respekt dass der nicht schlecht wird und sie auch Anna bei der Versorgung des Verletzten unterstützen kann. Wie durch ein Wunder gelingt es den beiden Ben erst einmal ein kleines Bisschen zu stabilisieren. Allerdings erkennt auch Elena, dass so die Versorgung eines Schwerverletzten fast unmöglich ist und er in ein warmes Bett gehört. Außerdem braucht er dringend eine Infusion, aber woher nehmen, wenn nichts mehr da ist? Ich hoffe die eindrückliche Ermahnung Elena´s bringt Gabriela dazu, medizinisches Material zu beschaffen, denn sie ist so besessen von ihrer Idee der finalen Inszenierung, zu der auch Semir gehört, dass sie einfach nicht möchte, dass Ben jetzt schon stirbt. Das zu verhindern wird aber weiter ein schweres Stück Arbeit werden, als Pluspunkt kann man nur sehen, dass er eigentlich jung und gesund war bevor die Quälereien begonnen haben und auch dass er unbedingt leben will und sich wegen Anna noch nicht auf gegeben hat.

    Als Ben das nächste Mal wach wurde, war sein Blick klar und solange er sich nicht bewegte, waren auch die Schmerzen erträglich. „Wie spät ist es?“, wollte er wissen und als Semir ihm nun berichtete, dass es inzwischen drei Uhr geworden war, fragte er erstaunt: „Hat die Operation so lange gedauert?“, aber Semir schüttelte den Kopf. „Du bist schon seit drei Stunden wieder da und schnarchst mir was vor, aber Schlafen war ja schon immer neben Essen deine Kernkompetenz“, gab er frech zurück und jetzt musste Ben, der schon noch ein wenig blass um die Nase war, selber grinsen.


    Die Schwester der Nachmittagsschicht, die bei der Übergabe ihren Patienten einfach hatte schlafen lassen, kam jetzt herein, kontrollierte den straffen Verband auf Nachblutungen, hieß Ben seine Zehen bewegen und prüfte auch die Sensibilität im Fuß. „Alles in Ordnung, ich hänge ihnen gleich noch Ibuprofen gegen die Schmerzen als Infusion an und wenn sie möchten, dürfen sie bereits was trinken“, sagte sie und damit war Ben sehr einverstanden. Er bekam einen Becher Wasser hin gestellt mit der Ermahnung es langsam angehen zu lassen, aber als wenig später Sarah und Andrea, die zuvor noch gemeinsam auf einen Kaffee in der Cafeteria gewesen waren, die Intensivstation betraten, war der Becher leer und Ben verkündete, er habe jetzt Hunger. „Das gibt’s doch nicht- manche kotzen sich nach einer OP die Seele aus dem Leib und du kannst an nichts anderes als Essen denken!“, schalt ihn Sarah liebevoll, aber als sie es mit dem Stationsarzt abgeklärt hatte, holte sie ihm erst ein wenig Zwieback aus der Stationsküche und als er den vertrug, kapitulierte sie und wenig später aßen die beiden Freunde, liebevoll unterstützt von ihren Ehefrauen, jeder ein Stück Kuchen, den Andrea aus der Cafeteria geholt hatte.


    „Ich würde sagen es geht bei euch beiden steil aufwärts und wenn ich mir so anschaue, dass ihr eigentlich keine intensivmedizinische Behandlung mehr braucht, glaube ich eure Tage hier auf dieser Station sind gezählt“, erläuterte Sarah nach einem Blick auf den Infusionsbaum und die Perfusorleiste. „Bei Lucky geht es auch weiter aufwärts, er nimmt brav seine Medikamente, frisst und erledigt sein Geschäft, die in der Klinik meinen, wir können ihn vermutlich in ein bis zwei Tagen nach Hause holen und auch die Ponys befinden sich auf dem Wege der Besserung, wobei die sicher noch ein paar Wochen dort bleiben müssen“, berichtete sie von ihrem Telefongespräch mit der Tierklinik.
    „Gott was bin ich froh, dass auch unser Lucky noch mal von der Schippe gesprungen ist, wenn ich entlassen werde, kriegt er eine riesige Wurst von mir, immerhin hat er mir das Leben gerettet“, erklärte Ben und nun musste Sarah lachen. „Ja Liebe geht bei euch Männern einfach durch den Magen, bei Menschen wie Hunden“, neckte sie und als die nächste Blutgaskontrolle bei Semir und Ben stabile Werte zeigte und kein weiterer Blutverlust erkennbar war, machten sich die beiden Frauen erleichtert auf den Heimweg. „Ich vermute die beiden werden bald auf Normalstation kommen und dann können die Kinder sie endlich auch wieder besuchen, sind deine auch so aus dem Häuschen wegen ihrem Papa?“, fragte Sarah und Andrea nickte. „Ich werde gleich auch Jenny schreiben, dass soweit alles gut ist, dann soll sie das den Kollegen weiter geben, dann läuft bei mir nicht das Telefon heiß“, bemerkte sie und als sie sich auf dem Parkplatz voneinander verabschiedeten, hatte beide wieder Mut und konnten zuversichtlich in die Zukunft sehen.


    Am nächsten Morgen wurde Ben schon an die Bettkante gesetzt und wenn es auch noch zwickte und man sein Bein auf einen Hocker legen musste, heute schmeckte das Frühstück und bei Semir wurde am Vormittag noch die Thoraxdrainage gezogen. Das war zwar schmerzhaft und ihm entfuhr trotz Opiat zuvor ein Aufschrei, aber als das Kontrollröntgen am Nachmittag keine weiteren Lufteinschlüsse in seinem Brustkorb zeigte, gab der Unfallchirurg grünes Licht für die Verlegung.
    Auch bei Ben waren die Blutwerte stabil, die Blutergüsse am Bauch und Brustkorb begannen sich grün und blau zu färben, aber es lief wohl nichts mehr nach und so reservierte man für die beiden für den nächsten Vormittag ein Doppelzimmer auf der Normalstation.


    In Rumänien hatten der Tierarzt und der ehemalige Pferdehändler sich inzwischen in der gemütlichen Jagdhütte in den Bergen häuslich eingerichtet. Es gab genügend Vorräte, draußen lagerte Brennholz, die Wasserversorgung war durch eine eigene Quelle gesichert und etwa eine halbe Stunde entfernt lag ein kleiner Ort in dem man Lebensmittel und alles was man zum Leben brauchte, kaufen konnte. Der Cousin des Tierarztes hatte ihnen zwei Jagdwaffen besorgt und der vormalige Pferdehändler entdeckte ein neues Hobby- die Jagd. In dem Dörfchen sprach nur der Tierarzt und erzählte in fließendem Rumänisch dem Krämer vor Ort, dass er sich nach einer schweren Erkrankung einige Monate erholen wolle und der glaubte das sofort, denn der ältere Mann sah blass und angegriffen aus. „Unsere gute Luft, das herrliche Wildfleisch und die Ruhe werden sicher die Gesundheit wieder herstellen“, sagte er freundlich. „Wenn sie etwas Besonderes brauchen, ich kann ihnen so ziemlich alles besorgen und jetzt wünsche ich eine gute Genesung!“, gab er mit auf den Weg und half noch die Einkäufe im Kofferraum des Corsa zu verstauen. Der jüngere Mann hatte keinen Ton gesagt, aber das war eigentlich nicht aufgefallen und so lag der Tierarzt die meiste Zeit zugedröhnt auf dem Sofa, während der Pferdehändler durch die Wälder streifte und abknallte, was ihm vor die Flinte kam. Er hatte das Waidwerk zwar nie gelernt, aber das Töten machte ihm Spaß und sie ernährten sich bald hauptsächlich von Fleisch, das die Natur ihnen hier im Überfluss bescherte.
    Der Tierarzt hatte aus Sibiu Antibiotika mitgebracht und futterte die, machte auch immer wieder frische Verbände um seinen Unterarm, aber eine Besserung wollte sich nicht einstellen. Dann aber setzte er sich den nächsten Schuss und es war ihm eigentlich egal, denn nun sah die Welt wieder rosarot aus und er hatte keine Schmerzen.


    In Köln waren derweil Semir und Ben auf die Normalstation verlegt worden, gleich am Nachmittag kamen ihre Kinder zu Besuch und beide Väter lachten befreit mit ihrem Nachwuchs, es ging steil aufwärts!
    Am nächsten Tag durfte Sarah Lucky abholen und der fiepte und schrie fast vor Entzücken als sein Frauchen erschien und zur Leine griff. „Lassen sie es ruhig angehen mit ihm, Spaziergänge momentan nur an der Leine. Er wird sicher noch viel schlafen, aber ansonsten hat er Alles gut überstanden. Zweimal täglich bekommt er für insgesamt vier Wochen noch seine Antikonvulsiva, die Mittel zur Krampfvermeidung, dann schleichen sie sie bitte aus. Wiedervorstellung wöchentlich und falls irgendetwas auffällig ist, melden sie sich bitte sofort“, sagte der Kleintierspezialist.
    Sarah hatte zuvor noch im Großtiertrakt der Klinik mit den Stallungen die Ponys besucht und wenn die Schnitte und Verletzungen auch noch nicht ganz abgeheilt waren und täglich unter Sedierung gespült und versorgt werden mussten, wirkten die beiden munter und holten sich zutraulich die mitgebrachten Apfelstücke. „Das sind vielleicht zwei kleine Wildfänge, aber sie sind klug und lernen schnell“, lachte die Pferdepflegerin. „Ich würde die beiden wenn es ihnen besser geht, gleich noch kastrieren lassen, dann haben sie es leichter“, riet sie und Sarah nickte gedankenverloren. Ja wegen der Ponys musste sie sich noch was einfallen lassen, im Augenblick hatte sie keinen Kopf dafür, irgendwelche Baumaßnahmen zu planen und zu beaufsichtigen und irgendwo mussten die ja hin, wenn sie entlassen wurden. Aber kommt Zeit kommt Rat, dachte sie sich dann und als sie Lucky im Fond ihres Wagens verstaut hatte, wo er mit einem eleganten Satz in seinem riesigen Hundekäfig Platz genommen hatte, fuhr sie erst mal frohgemut nach Hause.

    Ach du liebe Güte!

    Endlich sind Chloe und Felix in ihrem Zimmer, Felix hat das Nasenspray, aber weil es zu spät verabreicht wurde, wirkt es nicht wie gewohnt ziemlich schnell.

    Mann jetzt läuft so einiges schief! Chloe denkt plötzlich, dass sich Felix nicht für sie als Person interessiert, sondern nur Medikamente haben will, wie kann man ihr das nur nahe bringen, dass das nicht so ist? Dabei war die Beschreibung wie die beiden da liegen so innig und intim.

    Aber Chloe, die ja selber kein unbeschriebenes Blatt ist, ist in Beziehungsdingen eine echte Mimose. Sie macht dann auch erst mal einfach zu und Felix, der ja sicher auch nicht der Psychoprofi ist und jetzt vermutlich körperlich wie seelisch einfach nur fertig ist, geht erst mal. Ich hoffe er kommt wieder!

    Puh Mikel, was machst du da? Wir alle hoffen doch darauf, dass Semir endlich heraus findet wo Ben und Anna gefangen gehalten werden und sie rettet und jetzt wird er selber vom Jäger zum Gejagten8|.

    Immerhin bemerkt er, dass er verfolgt wird, aber als die rücksichtslosen Söldner dann das Feuer auf ihn eröffnen und ihn von der Straße drängen, bzw. ihn durch den Schuss in den Reifen regelrecht abschießen, hat er bei aller Fahrerroutine keine Chance mehr.

    Oh Gott, hoffentlich ist ihm nichts Schlimmes passiert. Aber ein kleines Restfünkchen Hoffnung bleibt noch bei mir, dass die Verstärkung die er bei Susanne angefordert hat, noch rechtzeitig kommt und verhindern kann, dass er ebenfalls gekidnapped wird, denn sonst wird Gabriela´s Rache in Kürze vollendet und alle sind tot!;(.

    Was kann ein Mensch aushalten? Das ist eine Frage die man sich nicht nur bei Ben, sondern auch bei Anna stellen muss. Jeder andere wäre an seiner Stelle schon tot und ich denke viele Frauen wären vor Angst und Verzweiflung in völlige Untätigkeit verfallen, würden den Schock wirken lassen, aber Ben kämpft, bis er absolut nicht mehr kann um und für seine Anna und die schafft es, nachdem er in ihren Armen bewusstlos wird, noch professionell als Ärztin zu handeln.

    Dieser erneute Blutverlust ist natürlich höchst gefährlich und wieder einmal ist Ben dem Tode näher als dem Leben. Aber Anna hat trotzdem einen Plan und weiß was zu tun ist. Die Frage ist nur- kann sie es in diesem Keller tatsächlich schaffen das Leben ihres Freundes zu retten, oder muss sie hilflos zuschauen, wie er unter ihren Händen verblutet? In Anbetracht der fehlenden Schmerzmittel und der unzureichenden Ausrüstung hoffe ich ja fast für Ben, dass ihn die gnädige Bewusstlosigkeit noch ein wenig umfängt, aber ein wenig körpereigenes Adrenalin wäre auch nicht schlecht, um die Versorgung seiner Organe zu gewährleisten. Eine fürchterliche Situation und ich kann nur immer wieder hoffen, dass es Semir bald gelingt die beiden zu finden, denn ansonsten sehe ich schwarz!

    Ganz toll und emotional geschrieben, ich war sofort wieder voll in der Geschichte drin, obwohl ich vor lauter Stress die letzten Wochen gar nicht mehr auf der Fanclubseite war.

    Am nächsten Morgen musste Ben nüchtern bleiben und Semir hätte am liebsten sein Frühstück ebenfalls abgelehnt, wusste er doch wie schwer es seinem Freund fiel, ihm beim Essen zu zusehen. Aber die Schwester die ihn heraus gesetzt hatte, richtete ihm das Marmeladenbrötchen mundgerecht her und steckte einen Strohhalm in die Kaffeetasse. „So Herr Gerkhan, jetzt versuchen sie mal alleine zurecht zu kommen, ich komme später wieder“, beauftragte sie ihn und wenn seine Hände ihm eigentlich noch nicht so richtig gehorchten, weil sie noch geschwollen und schmerzhaft waren – er schaffte es trotzdem sein Frühstück alleine zu essen, auch wenn er froh war, dass man ihm ein Handtuch wie einen Latz um den Hals gelegt hatte.


    Ben hatte am Morgen beim Waschen schon kräftig mit geholfen und die Rasur des gebrochenen Beins bis zur Leiste skeptisch beäugt. „Mann da muss ich mir zuhause von meiner Frau dann nen Ladyshaver ausleihen und das zweite Bein angleichen, wie sieht das denn aus, wenn nur eines nackig ist und das andere voller Haare!“, überlegte er und jetzt musste Semir grinsend den Kopf schütteln. „Eitel auch noch sein, du hast vielleicht Probleme!“, lachte er, war aber insgeheim froh, dass sein Freund so positiv in die Zukunft sehen konnte. Als gegen neun dann die Intensivschwester mit einem Arzt das Zimmer betrat und mit ein paar geübten Handgriffen der Transportmonitor am Bett befestigt wurde, eine Infusion und zwei wichtige Perfusoren, dazu das Arteriensystem in eine Halterung umgebaut wurden, war Ben dennoch blass und angespannt. Wohl jeder hatte Angst vor einer Operation und den Schmerzen danach. Dazu kam, dass der Assistenzarzt beim Aufklärungsgespräch am Vorabend noch deutlich betont hatte, dass es jederzeit zu Blutungen, Wundheilungsstörungen und einer Verkürzung des Beins kommen konnte. Ben hatte dennoch sein Einverständnis gegeben und unterschrieben, was blieb ihm auch anderes übrig. „Ich kann ja schlecht dieses Gestell mit nach Hause nehmen“, hatte er da noch geflachst, aber je näher die Operation rückte, desto stiller wurde er.


    „Ich wünsche dir von Herzen alles Gute und du wirst sehen, die reparieren das genauso gut wie bei mir und in ein paar Wochen ist der Spuk vergessen!“, gab ihm Semir mit auf den Weg und Ben flüsterte noch ein leises „Danke!“, während er zur Tür hinaus geschoben wurde.


    In der Schleuse wurde es noch kurz schmerzhaft, als man das Bein aus der Extension nahm und er auf das Schleusenband gefahren wurde, aber wenig später lag er mit angewärmten grünen Tüchern zugedeckt, nackt auf dem weichen Operationstisch und musste in der Einleitung noch kurz warten, wurde dabei aber von einer freundlichen Anästhesieschwester betreut. Sein Blick fiel auf den Tisch auf dem bereits alles zum Intubieren her gerichtet war und er musste sich danach bemühen an etwas anderes zu denken, als dass in Kürze dieser Tubus in seinen Hals geschoben werden würde. Leider war die Erinnerung an Semir´s Intubation auf dem Acker noch sehr frisch und er wusste genau wie das ablaufen würde. Hoffentlich war er da auch wirklich ganz weg. Er hörte noch das Klirren von Instrumenten und gedämpfte Stimmen aus dem Operationssaal und seine Nervosität stieg, wie man an der schnellen Herzfrequenz erkennen konnte, aber da verwickelte ihn die Schwester in ein Gespräch. Sie fragte ihn nach Sarah, die sie von ihrer gemeinsamen Fachweiterbildung über zwei Jahre gut kannte, nach den Kindern und dann stand auch schon der grün vermummte Anästhesist vor ihm. „Guten Morgen Herr Jäger, ich werde sie jetzt ein wenig schlafen legen“, sagte er freundlich und dann ging alles ganz schnell. Nachdem ja der ZVK bereits lag, spritzte man über den das Opiat, dann das Narkosemittel und als Ben die Augen zufielen noch das Muskelrelaxans und wenig später war er intubiert, der Tubus verklebt und bereit in den OP gefahren zu werden.


    Dort stand ein Team aus zwei erfahrenen Unfallchirurgen und einem Assistenzarzt bereit und nachdem man Ben fachgerecht gelagert hatte, das gesamte Bein mit Desinfektionsmittel mehrfach abgestrichen war, wurde unter Bildwandlerkontrolle - einem speziellen Röntgengerät - der eingestauchte Mehrfragmentbruch mit Platten, Winkeln, Nagel und Schrauben repariert. Da war handwerkliches Geschick und Kraft genauso gefragt wie Fachwissen und als die Operation fertig war und man die Wunde mit sauberen Einzelknopfnähten verschloss und wegen der Infektionsgefahr auch auf eine Saugdrainage verzichtete, dafür das Bein von den Zehenspitzen bis zur Hüfte mit elastischen Binden umwickelte, damit es zu keinem Stau von Gewebeflüssigkeit kam, verglich der Chirurg am noch leicht schlafenden Patienten die Beinlängen.


    „Ich glaube das haben wir ganz gut hin gekriegt, ich kann keine Beinlängendivergenz feststellen. Das Hämatom am Bein haben wir auch ausgeräumt und die inneren und äußeren Blutergüsse am Bauch und im Thoraxbereich müssen sich selber auflösen, ich würde sagen, da hat unser Patient, wenn alles gut heilt, noch mal Glück gehabt“, resümierte er und nun begann Ben sich zu regen, denn der Anästhesist hatte zum genau passenden Zeitpunkt das Narkosegas abgedreht und auch keine weiteren intravenösen Narkosemittel mehr verabreicht. Als er wirklich komplett selbstständig atmete, saugte der Narkosearzt nochmals den Mund ab und befreite ihn vom Speichel, die Anästhesieschwester hatte derweil schon die Kleber gelöst und nun entblockte man den Tubus und zog ihn rasch heraus, was Ben heftig husten ließ, aber danach war er sofort wieder eingeschlafen, gerade das starke Opiat wirkte noch sehr gut.


    Vom Umlagern in der Schleuse bekam er auch nichts mit und Semir atmete erleichtert auf, als drei Stunden nachdem er abgeholt worden war, sein Freund wieder ins Zimmer gefahren wurde. „Und wie ist es gelaufen?“, überfiel er regelrecht den Stationsarzt mit seinen Fragen und der musste grinsen. „Na ja eigentlich bin ich mir nicht so sicher, ob ich ihnen gegenüber jetzt auskunftberechtigt bin, aber ich würde sagen - es lief alles nach Plan. Der Operateur hat auch schon mit der Ehefrau telefoniert, die kommt dann in ein paar Stunden vorbei, aber jetzt soll ihr Freund erst mal seine Narkose ausschlafen“, berichtete er und Semir, der in der Zwischenzeit schon wieder sein Mittagessen fast selbstständig gegessen hatte und bereits eine Runde Physio hinter sich hatte, drehte sich jetzt ebenfalls erleichtert um, um ein kleines Mittagsschläfchen zu halten.


    Er wurde wach, weil Ben stöhnte, drückte sofort auf den Klingelknopf und wenig später hatte sein Freund erneut ein starkes Schmerzmittel und pennte fürs Erste noch ein bisschen weiter. Semir hatte sich zur Seite gedreht und sah ihm beim Schlafen zu und eine warme Welle der Zuneigung und Erleichterung überfiel ihn. Was hatten sie beide schon miteinander durch gestanden, was gab es Schöneres, natürlich neben Familie und Kindern, als eine tiefe Freundschaft.

    Auch wenn das die Folge ist, die mich bisher von den ersten drei der Staffel am wenigsten überzeugt hat, fange ich dennoch mal an.

    Das Umweltthema ist aktuell und warum soll sich die Cobra nicht neuen Themen öffnen? Allerdings war es mir auch alles in allem ein wenig too much.

    Wie viel Pech kann ein Mann noch haben? Der Gastdarsteller, der den Vater mimte, hat zwar überzeugend gespielt, aber wenn man ein paar Schippen emotionaler Achterbahnfahrt weg gelassen hätte und dafür wenigstens einen größeren Stunt gezeigt hätte, hätte es mir besser gefallen. Da hätte sich die Szene mit dem Camper an der Solartankstelle sehr angeboten, ich war schon enttäuscht, dass es nur ein kleines Feuerchen gab und keine Explosion, so teuer das auch sein mag.

    Die Szenen im Hambacher Wald waren sehr intensiv und mega düster, für dieses Szenario hat es gut gepasst, insgesamt würde ich mir aber ein wenig mehr Helligkeit in den Folgen wünschen.

    Gerade im Großraumbüro PASt mit den nun vielen Bildschirmen und moderner Technik ist es schon sehr düster, da würde ich nicht den ganzen Tag arbeiten wollen. Allerdings ist es wohl tatsächlich so, dass die Bodycams der modernen Polizisten halt auch überwacht werden müssen/ sollen und ich finde es eine gute Sache dass man den neuen Chef als Rollstuhlfahrer zeigt. Nachdem ja auch klar ist, dass niemand den Weg zur Polizei, wo ja körperliche Fitness erstes Gebot ist, als Mensch mit körperlichen Einschränkungen findet, muss das wohl erst passiert sein, als er schon im Dienst war. Wenn er keinen Rückenmarkstumor oder eine neurologische Erkrankung hat, wird das wohl eine Unfallfolge sein und wir werden ja sicher noch nach und nach die Backgroundstory dazu erfahren.

    Was ich auch nicht gut fand war, dass bisher außer Dana und seiner Mutter von Semir´s Familie niemand zu sehen war. Wenn jemand 10 Monate weg ist, sollte zumindest eine Skype - Verbindung mit Andrea und den Kids möglich sein. Aber andererseits machen Semir´s Flashbacks von seinem Türkeiaufenthalt schon Lust darauf, mehr darüber zu erfahren, gerade auch weil er das nach außen so runter spielt. Auch die drohende Rache des Bruders schafft Spannung. Kriegen wir da eine neue Auflage von "Vendetta" zu sehen?

    Interessant auch die WG von Dana und Vicky in einem stylischen abgewrackten Fabrikgebäude- ja die Wohnungen der Akteure bei Cobra waren immer schon sehenswert;).

    Packend fand ich, wie Semir sich in den durch gedrehten Vater hinein versetzen kann und auch als die Tochter aus dem Flieger geholt wurde, war das nur gut und richtig. Da kann einem der Vater nochmals leid tun, wenn ihn seine Frau, die ja so überhaupt nicht zu ihm passt, verlassen hat, als die Tochter noch ein Kleinkind ist und er in ihr jetzt die Schuldige an der ganzen Misere sieht.

    Immerhin wird der Amok laufende Normalo gestoppt und auch nur verletzt, nicht getötet. Hier hat mir das Zusammenspiel der neuen Akteure gut gefallen, auch ein neues Team muss nicht unbedingt schlecht sein- sehe ich gerade auch bei mir in der Arbeit, wo 30% meiner Kollegen und Kolleginnen entweder gekündigt haben oder schwanger sind- Umstrukturierungen sind zwar anstrengend, aber nicht immer verkehrt.

    Jetzt bin ich mal gespannt auf nächste Woche, ich schaue ja prinzipiell nicht vor, aber die Spoiler stimmen mich hoffnungsvoll.

    Ich bin auf jeden Fall offen für Neues, obwohl ich ja auch ein alter Cobradinosaurier der ersten Stunde bin.

    In diesem Sinne - lassen wir uns überraschen!

    Eure susan

    Puh Hochspannung pur!

    Remzi ist drauf und dran Anna zu vergewaltigen, ich habe den Atem angehalten, weil ich so mit gefiebert und gefürchtet habe.

    Aber er hat seine Rechnung ohne Ben gemacht, der seine allerletzten Kräfte mobilisiert und den Angreifer mit einem Skalpell verletzt. Ich denke die Angst um die Liebe seines Lebens hat ihm Kräfte verliehen, die ihm eigentlich gar nicht zu Verfügung stehen, aber er muss es büßen und bekommt einige Tritte ab. Ich denke Remzi hätte ihn umgebracht, wenn Gabriela nicht eingeschritten wäre. So sind jetzt zwei Opfer im Keller, Anna die psychisch am Ende ist und um ihr ungeborenes Kind fürchtet und Ben, von dem man nicht weiß, was für weitere Verletzungen er davon getragen hat.

    Semir bitte beeile dich ich sehe nämlich keinen Ausweg für die beiden ohne Hilfe von außen.

    Hab leider nicht sonderlich viel Zeit um näher darauf ein zu gehen, aber ich saß gestern gefesselt vor dem Fernseher und habe mich super unterhalten gefühlt. Ich fand das Gesamtpaket sehr ansprechend und in meinen Augen ist es eine Veränderung in die richtige Richtung, die mir persönlich sehr gut gefällt.

    Ich werde auf jeden Fall dranbleiben!

    Ben ist sehr tapfer, als Anna die Wundkontrolle macht und die Verbände erneuert. Aus medizinischer Sicht hat Anna alles richtig gemacht, aber ich denke auch, er bräuchte dringend ein Antibiotikum. Die Erreger sind ja schon in ihm und wie schnell wird aus oberflächlichen Entzündungen eine Sepsis?

    Ich fand deine Schilderung, Mikel ,so rührend, wie die beiden liebevoll miteinander umgehen, wie Anna seinen Kopf in ihren Schoss legt und ihm dann erzählt, dass Julia in Sicherheit ist und inzwischen auch den kleinen Finn gekriegt hat. Das wird eine mega große Erleichterung für ihn sein, denn sein letzter Stand war ja, dass Julia eventuell dem Attentat zum Opfer gefallen sein könnte.

    Es wäre wirklich dringend an der Zeit, dass er erfährt, dass er selber Papa wird, aber da hört man wieder wie der Schlüssel sich dreht- ich würde sagen der Zeitpunkt ist denkbar ungünstig!

    Sarah rief am Morgen gleich auf der Intensiv an und bekam positive Neuigkeiten. Auch Andrea ließ Semir ausrichten, dass sie ihn am Nachmittag besuchen würde.


    Bei Semir kam die Physiotherapie, machte Lymphdrainage an beiden Armen, Bewegungsübungen und Atemgymnastik mit ihm und auch Ben wurde ein wenig durch bewegt und erhielt Übungsaufgaben. „Mann nicht mal im Krankenhaus kann man seine Ruhe haben - ich bin schließlich krank und muss mich ausruhen!“, beschwerte sich der Dunkelhaarige, der wegen der Opiate gerade gut drauf war. Denn eigentlich war sein ganzer Körper ein einziger Bluterguss, die Hufabdrücke des schweren Pferdes zeichneten sich jetzt plastisch auf seinem Bauch ab, aber die Schmerzmittel wirkten und so konnte er auch gut durchatmen. Die junge Krankengymnastin schüttelte lächelnd den Kopf, ließ sich aber nicht von ihrer Arbeit abhalten und so schlummerten wenig später die beiden Freunde erschöpft vor sich hin, das war ja anstrengender als ein Tag auf der Autobahn!


    Ben erwachte weil er fühlte dass ihn jemand ansah. Als er die Augen öffnete, konnte er Semir´s Blicke auf sich ruhen sehen und auch ihn erfasste eine tiefe Zuneigung und Erleichterung, die er in den Augen seines Freundes intuitiv erfasst hatte. „Sind wir noch mal davon gekommen“, sprach der aus, was Ben ebenfalls dachte. „Wir beide schaffen das gemeinsam, wir haben uns die Suppe eingebrockt, indem wir die halbwilden Ponys eingespannt und uns so in Gefahr begeben haben, aber jetzt müssen wir schnell gesund werden, damit wir die wahren Schuldigen, nämlich den Fahrer des Spyder und den Pferdehändler, schnappen und hinter Gitter bringen. Stell dir mal vor, da wären deine Kinder drauf gesessen und wären jetzt tot oder schwer verletzt. Und das braucht mir niemand zu erzählen, dass das ein Einzelfall war. Irgendwas haben der Tierarzt und der Händler mit den Tieren gemacht, sonst wären die nicht an einem Tag lammfromm und am nächsten die reinsten Furien. Da läuft etwas, was gefährlich ist und anscheinend gutes Geld abwirft, sonst kann sich kaum jemand einfach so einen Spyder leisten. Ben ich bin so froh dass wir beide leben und wieder ganz gesund werden, ich kann mir keinen besseren Freund und Partner als dich vorstellen, das musste einfach mal gesagt werden“, resümierte Semir und Ben hatte jetzt verdächtig feuchte Augen. „Ich liebe dich auch kleiner Türke!“, murmelte er und jetzt glänzte das nächste Augenpaar feucht.

    Gut dass wenig später die Schwester mit zwei Tabletts herein kam und nicht nur Semir im Stuhl sitzend ein Mittagessen bekam, sondern auch Ben eine klare Suppe und sozusagen als Nachtisch eine Flüssignahrung die nach Schokolade schmeckte. „Gott sei Dank, ich wäre sonst auf der Stelle verhungert!“, behauptete er und die Schwester die Semir das Essen eingab musste laut auflachen.


    Lucky machte ebenfalls weiter Fortschritte und auch wenn Besuche in der Tierklinik normalerweise nicht erwünscht waren, weil die Tiere den Trennungsschmerz jedes Mal aufs Neue durchlebten, wenn Herrchen oder Frauchen dann wieder gingen, ohne sie mit zu nehmen, die telefonischen Nachrichten klangen durchwegs positiv und Sarah und Hildegard getrauten sich auf zu atmen. Sarah hatte auch mit Jenni geschrieben, die gerade in der Past die Morgenbesprechung absolviert hatte und nun Hartmut, Frau Krüger und den Rest des Teams informierte.
    Leider waren der Tierarzt und sein Gehilfe wie vom Erdboden verschwunden, auch wenn in ganz Europa die Fahndung nach ihnen lief. Die Hausdurchsuchung beim Tierarzt hatte Unmengen von aus Rumänien importierten Billigmedikamenten und Impfstoffen zutage gebracht, die teilweise abgelaufen und umetikettiert worden waren, viele Mikrochips die man Tieren implantieren konnte und in einem Tresor Geld und ein Büchlein, das im Augenblick den Polizeibeamten noch Rätsel auf gab.


    In Sibiu, der rumänischen Stadt, die von deutschen Siedlern bereits im Mittelalter gegründet worden war, wo auch heute noch einige Siebenbürger Sachsen lebten, die durch einen strengen Ehrenkodex zusammen hielten, hatten sich der Tierarzt und der Händler inzwischen ausgeruht. Allerdings hatte der Ältere fluchend immer mal den Verband an seinem Arm gewechselt und hatte sichtlich Schmerzen. Nach ein paar Telefonanrufen war ein junger Rumäne erschienen und ein Päckchen wechselte gegen eine Bargeldsumme den Besitzer. Wenig später war der Tierarzt, der kurz im Bad verschwunden war, wieder gut drauf. Nur sein langjähriger Kompagnon erahnte den Grund, weil seine Pupillen eng waren. Sie stärkten sich mit deftiger Küche, am Abend kamen Bekannte von früher, überwiegend ältere Männer vorbei und man trank und feierte und amüsierte sich über die Anekdoten, die der Tierarzt erzählte. Obwohl sie in Rumänien waren, verstand der Gehilfe des Händlers fast jedes Wort, wenn so manche Formulierung auch ungewohnt war. „Die Sprache die wir sprechen ist eine sehr alte Sprache, die dem Mittelhochdeutschen ähnlich ist, das in Deutschland vor vielen hundert Jahren gesprochen wurde. Wir sind sehr stolz auf unsere Kultur und sind die Nachfahren der Siedler, die, überwiegend aus Moselfranken, bereits im zwölften Jahrhundert hier heimisch geworden sind. Vor dem Krieg lebten hier noch über 300 000 Siebenbürger Sachsen, inzwischen ist es nur noch ein Zehntel, weil die Jungen fast alle nach Deutschland gegangen sind, wo die Regierung sie frei gekauft hat. Auch ich habe in den achtziger Jahren, frisch verheiratet, aus wirtschaftlichen Gründen die Heimat verlassen. Aber die Sehnsucht nach den Orten meiner Kindheit, meinen Verwandten und Freunden ist immer da. Darum werden wir morgen früh gemeinsam in die Berge fahren und uns eine schöne Zeit mit Jagen und Fischen machen, bis in Deutschland die Suche nach uns abgebrochen wird, danach sehen wir weiter“, erläuterte der Tierarzt seinen Plan und am nächsten Morgen wurde der Corsa, dessen Nummernschild man einfach gegen ein Einheimisches ausgetauscht hatte, nochmals flott gemacht und schwer bepackt strebten sie der Jagdhütte zu.


    In der Klinik war inzwischen die Besuchszeit angebrochen, auch Sarah hatte sich daran gehalten, denn sie hatte zu Hause genügend zu tun, die Nachrichten aus dem Krankenhaus hatten gut geklungen und so war Andrea die Erste, die die Intensivstation betrat. Aus den Augenwinkeln nahm sie wahr, dass das Bett neben Semir belegt war, aber da stand gerade eine Pflegekraft davor, die einen Perfusor wechselte, so dass sie nicht erkennen konnte, wer darin lag. Ach Mann, warum musste Semir ausgerechnet in einem Zweierzimmer sein, das war der Erholung ja nicht sonderlich dienlich.


    „Schatz, ich liebe dich!“, sagte sie einfach und beugte sich über ihn, um ihm einen Kuss auf den Mund zu geben. Er gefiel ihr heute viel besser, auch war nach der gestrigen Operation das furchteinflößende Metallgestell auch um den zweiten Arm verschwunden und nur elastische Binden reichten von den Fingern bis zur Achsel. Semir schien wieder Kräfte geschöpft zu haben, woher auch immer und strahlte eine innere Ruhe aus, die sie tiefe Erleichterung verspüren ließ. Hier war wieder der alte Semir, der Mann den sie geheiratet hatte, der mutig war, einen Plan hatte und für das was ihm wichtig war, bereit war zu kämpfen. Jetzt war sie auf einmal sicher dass alles wieder gut werden würde.
    „Hallo Andrea!“, sagte auf einmal eine wohl bekannte Stimme hinter ihr und Andrea drehte sich erstaunt um. Sie hatte doch die Tür im Blick gehabt, wie war Ben hier herein gekommen? Sie erschrak als sie sah, dass Ben der zweite Patient im Zimmer war und recht blass in seinen Kissen lag. Sein Bein hing in einem Metallgestell, aber er lächelte und schien genauso wie Semir gut drauf zu sein. Was auch immer geschehen war, die beiden Freunde taten sich gut, das war sofort zu erkennen. „Hattest du ebenfalls einen Unfall?“, fragte sie und deutete auf die Extension und Ben nickte. „So kann man das auch ausdrücken. Ich bin den Männern, die die Ponys zum Durchgehen gebracht haben, zu nahe gekommen und sie wollten mich dann von einem riesigen Kaltblut zu Tode trampeln lassen. Aber Lucky und Sarah haben mich gerettet, so bin ich her gekommen“, erzählte er die Kurzfassung und jetzt fiel plötzlich von Andrea die ganze Bitterkeit und die Schuldzuweisungen ab. Sie hatte in Ben den Schuldigen für die schweren Verletzungen ihres Mannes gesehen, aber auch er war wohl nur Opfer gewesen und so waren die drei kurze Zeit danach in eine angeregte Unterhaltung vertieft und bemerkten kaum wie Sarah das Zimmer betrat. „Schatz, gut dass du da bist - wir brauchen sofort vier Tassen Kaffee und zwar einen guten, sonst wandere ich hier aus!“, beauftragte Ben seine Frau und als sie wenig später die vier großen Tassen auf einem Tablett herein brachte wusste sie, es würde alles wieder gut werden!

    Dienstbesprechung bei Currywurst und Pommes- ja das glaube ich, dass das ganz nach Ben´s Geschmack ist;).

    Doch manchmal ist es gut, die Fakten zu analysieren und sich einen Schlachtplan zurecht zu legen.

    Ich persönlich glaube ja nicht, dass Chloe so richtig kriminell ist, allerdings hat sie was zu verbergen und auf der Liste des Clubbesitzers erscheint sie ja unter den Dealern, das lässt mich schon schlucken. Trotzdem bin ich irgendwo froh, dass Semir und Ben sich jetzt der Sache annehmen, denn die Gefahr für Felix und das Mädchen geht eindeutig von den Drogendealern aus, die wie wir ja wissen, völlig skrupellos sind. Was sind ein paar Sozialstunden oder schlimmstenfalls Jugendarrest gegen die Möglichkeit getötet zu werden?

    Ich hoffe unsere beiden Lieblingspolizisten schaffen es das Vertrauen des jungen Paares zu bekommen und sie so schützen zu können.

    Andrea hätte Semir gerne noch besucht, aber als sie, wie mit der Station verabredet, anrief, wurde ihr mit geteilt, dass er ziemlich spät aus dem OP gekommen sei, die Operation an seinem anderen Arm sehr zufriedenstellend verlaufen sei und es ihm gut ginge, aber jetzt gerade ein Mitpatient versorgt würde, was einen Besuch unmöglich machte. „Richten sie ihm liebe Grüße aus, ich komme dann morgen Nachmittag!“, trug sie der Schwester auf und zum ersten Mal seit Tagen schlief sie in dieser Nacht wieder tief und traumlos.


    Jenny war mit Hartmut noch auf einen Absacker gegangen. Anhand des Pkw- Kennzeichens, das sie sich gemerkt hatte, hatte man mühelos den Wohnsitz des Tierarztes ausfindig gemacht. Der Geländewagen stand auf dem Hof geparkt und die Gattin des Veterinärs, die ihr Enkelkind drei Straßen weiter gehütet hatte, fiel aus allen Wolken, als ihr Frau Krüger, die persönlich die Ermittlungen übernommen hatte, nach ihrer Rückkehr den Haftbefehl für ihren Mann und den Durchsuchungsbefehl für das komplette Anwesen präsentierte.

    „Wissen sie, wir haben uns schon lange auseinander gelebt“, erklärte sie mit dem typischen Dialekt der Siebenbürger Sachsen. „Er wurde immer merkwürdiger, war manchmal nicht er selbst und hatte Spaß daran mit dem Protzauto, das dort in der Garage steht, herum zu fahren. Die Praxis lief normal, ich habe keine Ahnung wie er sich das leisten konnte, aber mir hat er nichts gesagt. „Das ist Männersache!“, war seine Rede. Ich sollte das Haus und den Garten in Ordnung halten und mich um die Familie kümmern. Unsere drei Kinder und inzwischen mehrere Enkel wohnen ganz in der Nähe und ich wollte einfach keinen Ärger haben“, gab sie zu Protokoll. Als sie gebeten wurde zu sehen was aus dem Haus fehlte, denn nach einer kurzen Durchsuchung war klar, dass die beiden Täter sich zumindest hier nicht versteckten, konnte sie das Fehlen ihres Kleinwagens vermelden, dazu eine größere Menge Bargeld, eine Reisetasche und Kleidung. Im Bad lagen blutige Verbände auf dem Boden und es sah alles nach einer eiligen Flucht aus.


    Nach der ersten Augenscheinnahme des Spyders war klar, dass er das Todesfahrzeug war, das den Familienvater getötet hatte. Es würde abtransportiert und in der KTU gründlich untersucht werden.
    Die Tierarztfrau, die inzwischen von einem erwachsenen Sohn getröstet wurde, der vorbei gekommen war und ihr völlig selbstverständlich zur Seite stand, gab bereitwillig die Beschreibung des Corsa und Frau Krüger veranlasste sofort eine Fahndung. Als man der Gattin mitteilte, dass ihr Mann mit dem Sportwagen vermutlich einen Familienvater totgefahren hatte, brach sie in Tränen aus und sicherte völlige Mithilfe zu. „Ich wüsste eigentlich nur einen Ort wo mein Mann hingefahren sein könnte. Ich denke er wird sich in unsere alte Heimat in Siebenbürgen absetzen, da hat er Freunde und Verwandte, die ihn sicher verstecken werden. Ach mir tut das alles so leid, ich hätte ihn schon eher anzeigen sollen, denn er hat sich aus dem Tiermedikamentenschrank bedient, war oft aggressiv und hat sich so auch ans Steuer gesetzt, aber ich wollte einfach meine Ruhe haben und kein Aufsehen erregen!“, gestand sie unter Tränen und auch ihr Sohn musste um seine Fassung ringen. „Falls er Kontakt mit ihnen aufnehmen sollte, oder sie irgendwelche Hinweise bekommen, wo er sich aufhält, sagen sie mir bitte sofort Bescheid. Hier ist meine Karte, sie können mich jederzeit anrufen“, sicherte ihr Frau Krüger zu und die ältere Frau nahm sie blass und mit einem Nicken entgegen. Sie würde heute bei ihrem Sohn übernachten, so konnte die Polizei ungestört ihre Arbeit machen.


    Obwohl man eine Fahndung nach dem Corsa heraus gab, war der ungarische Zöllner nachts unaufmerksam und winkte das unscheinbare Auto durch und als sie in den frühen Morgenstunden die rumänische Grenze passierten, ignorierte der Grenzbeamte die Fahndung, als ihn der Beifahrer, der schwer angeschlagen aussah, im Dialekt seiner Heimat ansprach und einige Euros rüber wachsen ließ. War doch ihm egal was da im fernen Deutschland abgelaufen war - sie als Siebenbürger Sachsen mussten zusammen halten!


    So erreichten nach einer Ochsentour und völlig übermüdet die beiden Flüchtigen den Vorort von Hermanstadt, in dem der Tierarzt aufgewachsen war. Sein Cousin glaubte die Story, die ihm aufgetischt wurde und bot den beiden Obdach, Essen und Trinken. „Du brauchst einen Arzt!“, sagte er noch zu seinem Verwandten, aber der lachte laut. „Na komm, ich bin selber Tierarzt, du kannst mir Medikamente besorgen, damit ich den Hundebiss, den mir so ein Drecksköter bei der Arbeit verpasst hat, behandeln kann, aber das Wichtigste ist, dass wir ein wenig ausruhen können und nicht auffindbar sind. Die deutschen Steuerfahnder sind die Pest, auch meine Frau braucht nicht zu erfahren wo ich bin!“, untermauerte er seine Story und nachdem ein wenig Bargeld über den Tisch gewandert war, bekamen die beiden Männer momentan ein Zimmer und morgen würde ihr Gastgeber ihnen die Jagdhütte in den Bergen herrichten, damit sich seine Gäste gut erholen konnten. Der Corsa war in der Garage verschwunden und so wusste aktuell niemand, wo der Mörder und sein Gehilfe unter getaucht waren.


    Semir und Ben hatten erholsam geschlafen, auch wenn Ben zweimal nachts geweckt worden war, um seine Werte zu checken, die Fußpulse zu tasten und das Ultraschallgerät auf den Bauch zu halten. Man gab ihm aber zuvor gut Schmerzmittel und so dämmerte er danach immer sofort wieder weg.
    Beim Waschen half ihnen beiden dann der Pfleger, Semir wurde in einen Stuhl heraus mobilisiert und Ben betrachtete neidvoll den Kaffee und das Marmeladenbrötchen, die Semir gerichtet und eingegeben wurden. Den Kaffee trank er sogar schon mit einem Strohhalm selber, es waren ja nur seine Arme, die noch nicht so richtig mitmachten und nach der Verplattung geschwollen waren und weh taten. Der Dunkelhaarige war noch nüchtern bis zur Visite, aber nachdem die Werte stabil waren und im untersuchten Punktat auch keine besorgniserregenden Stoffe waren, wurde ihm vom Viszeralchirurgen zumindest flüssige Kost erlaubt. Der Unfallchirurg besah sich die Schwellung des Beins und begutachtete den Sitz der Extension. „Wir erhöhen das Gewicht, das die Knochenenden auseinander zieht um 500 g, denn sie haben eine gut ausgeprägte Oberschenkelmuskulatur, die da dagegen arbeitet, aber ich denke, wenn ihr Allgemeinzustand es zulässt, können wir zügig die endgültige Versorgung der Fraktur planen - wir sehen uns dann morgen im Laufe des Vormittags im OP“, kündigte er an und Ben hatte zwar einerseits Angst vor der Operation, aber andererseits war alles besser, als weiter in diesem doofen Gestell zu hängen, wie der Hofhund an der Kette.
    „Semir ich habe das Gefühl, wir sind beide noch mal mit einem blauen Auge davon gekommen, es könnte schlimmer sein, auch wenn uns jede Gräte weh tut. Aber ich sag dir eins - diesem Tierarzt und seinem Gehilfen will ich höchstpersönlich auf der Anklagebank in die Augen sehen, wenn er das Urteil „lebenslang“, erhält, das ist meine Motivation!“, kündigte er an und nahm dann genüsslich einen Schluck Kaffee aus dem Schnabelbecher. „Und noch was ist wichtig – Sarah soll uns beiden später nen ordentlichen Kaffee besorgen, von diesem Gebräu kriegt man ja Flöhe im Bauch!“, verkündete er und Semir musste jetzt lauthals loslachen. Das war wieder sein alter Ben voller Lebensmut.

    Ein sehr schönes ruhiges Kapitel!

    Anna ist Ben ganz nahe und beobachtet seinen Narkosenachschlaf. Ganz nebenbei analysiert sie, wie es zu ihrer Schwangerschaft kommen konnte- ja Anna das geht vielen Ärzten und anderem medizinischen Fachpersonal so, dass sie dieselben Fehler machen wie ein blutiger Laie, aber wenn die Entführung nicht gewesen wäre, hätte Ben sich ganz sicher einfach nur gefreut bei der Mitteilung dass er Vater wird. Was gibt es für bessere Voraussetzungen für ein Kind, als dass sich die Eltern lieben, prinzipiell durchaus Kinder wollen und nur der Zeitpunkt vielleicht nicht ganz passend ist.

    Auch wenn der Fitnessraum luxuriös ist- im Endeffekt ist er einfach ein Gefängnis, aber immerhin gibt es Wasser, eine Toilette, saubere Handtücher, weiche Matten und einen Korb mit Essen und Trinken. Anna verpasst Ben auch noch Schmerzmittel, so dass der, als er aufwacht, einigermaßen mit seinem Schmerz zurecht kommt und in einem innigen Kuss seine Liebe zu Anna zeigen kann.