Beiträge von susan

    Ach Mist- das ist jetzt aber verdammt schief gelaufen!

    Ben und Semir, die beide ihre eigenen Gedanken zur Situation haben, aber auf jeden Fall aufeinander aufpassen wollen, egal wie riskant das auch sein mag, unterschätzen den Verbrecher.

    Während Semir ihm den angenommenen Fluchtweg vom Boden aus abschneidet, verfolgt ihn Ben über die Terrasse. Aber er lässt sich an der Nase herum führen, ist eine Sekunde nicht aufmerksam und schon wird er von Zolda überwältigt. Nun gut er hat eine blutige Nase und ist bewusstlos, aber wenigstens wurde er nicht über die Brüstung geschmissen, was durchaus im Rahmen der Möglichkeiten gewesen wäre.

    Ob sich das Ganze hätte vermeiden lassen, wenn Semir mit ganzem Herzen bei der Sache gewesen wäre- ich weiß es nicht, jedenfalls ist der Verbrecher jetzt erst mal weg.

    „Wenn du das nächste Mal eine Ladung Material in meiner Heimat holst, musst du mir auf dem Runterweg im Viehtransporter den Spyder mitnehmen, der ist ziemlich ramponiert, aber noch fahrbereit. Ich habe schon in der Werkstatt des Fachhändlers angerufen, die bestellen dann die Teile und machen ihn wieder flott. Ich denke ich lasse ihn dann gleich um lackieren, so ein schickes Rot macht doch auch was her - und die Polizei hat mich dann nicht mehr auf dem Schirm. Bei der nächsten Fuhre in ein paar Wochen begleite ich dich dann als Beifahrer in meine Heimat und bringe mein Schätzchen persönlich wieder nach Hause. „Na sei nur vorsichtig und fahre wenigstens dann anständig, sonst läuft gleich die nächste Fahndung, dann eben nach einem roten Spyder!“, lachte der Viehhändler und der Tierarzt stimmte meckernd in das Gelächter mit ein.


    Ben war ganz nah an der Box, in der die beiden Männer sich gerade zu schaffen machten. Er kauerte gebückt um die Ecke in der Stallgasse hinter einer Futtertonne und verwünschte sich, dass er sein Handy vergessen hatte. Das Gespräch aufgezeichnet, würde seiner Aussage eine ganz andere Brisanz verleihen, wobei – die Indizien reichten eigentlich schon aus und anhand der Autonummer des Geländewagens, die er leider bereits wieder vergessen hatte, konnte man vermutlich den Tierarzt ganz einfach ermitteln und die Beweiskette schließen.


    Die beiden Männer hatten dem riesigen Pferd, das angstvoll in die hinterste Ecke der Box zurück gewichen war, mit etwas Mühe, aber viel Routine eine Nasenbremse angelegt. Das war eine Zwangsmaßnahme bei Pferden, die angeblich auch beruhigend wirken sollte, was aber auch bezweifelt wurde. Auf jeden Fall band man da mit einem Knebel aus Seil, der an einem Holzgriff befestigt war ein Stück Lippe ab und durch die Schmerzen beim Zudrehen, gelang es meistens die Pferde ruhig zu halten. Die Befürworter dieser uralten Methode der Ruhigstellung aufgeregter Pferde, noch bevor es sedierende Medikamente gab, priesen die angebliche Stimulierung sensibler Akupressurpunkte in der Lippe, für Ben aber sah es aus wie eine brutale archaische Quälerei. Er konnte nur den hoch erhobenen massigen und doch schönen Schädel des riesigen Pferdes sehen und eine Hand, die den Holzgriff hielt, dazu die Panik in den dunkelbraunen Augen des völlig verängstigten Tieres. Wenn er bisher auch nicht all zu viel Ahnung von Pferden hatte, was sich angesichts der Ponys und seiner Sarah vermutlich in Kürze ändern würde, sein Gefühl sagte ihm, dass dieses Tier gerade schreckliche Momente durchlebte. Fasziniert beobachtete er jetzt, wie ein Chiplesegerät über den mächtigen Hals des Tieres fuhr und piepte, als der Transponder gefunden war. „Na den werden wir gleich haben!“, prophezeite der Tierarzt, stieg auf den mit gebrachten Tritt, um auch gut ran zu kommen und schnitt ohne jede Sedierung oder örtliche Betäubung mit dem Skalpell tief in den Hals des Pferdes. Ben hätte kotzen können - was taten diese Männer dem armen Tier nur an, aber er musste jetzt selber schauen, dass er nicht bemerkt wurde, denn dadurch, dass der Tierarzt nun einen erhöhten Stand hatte, konnte es sein, dass er Ben bemerkte und dann war guter Rat teuer. Er hatte genug gehört und jetzt war es an der Zeit, sich vorsichtig aus den Stallungen zu schleichen und die Kollegen zu verständigen.

    So leise er konnte, zog er sich zurück, aber wie leider meistens im Leben, steckt der Teufel im Detail. Die Futtertonne aus Kunststoff berührte der dunkelhaarige Polizist nicht bei seinem vorsichtigen Rückzug, aber dass hinter ihm auf dem Boden eine metallene Futterschüssel stand, hatte er nicht registriert und bemerkte sie erst, als sie laut scheppernd umfiel.


    „Verdammt – wer oder was war das!“, sagte der Tierarzt plötzlich aufmerksam und reckte sich ein wenig, so dass er ohne Mühe den versteckten Polizisten entdecken konnte. „Sorry wegen dem Lärm!“, versuchte Ben unbeschwert zu labern, während er sich zu voller Größe aufrichtete. „Ich war gerade des Wegs und wollte nur nach den Sätteln fragen, die ich mit unseren Ponys mit gekauft habe“, probierte er ab zu lenken, aber der Tierarzt war nun schon blitzschnell von seinem Hocker herab gestiegen und wo der Viehhändler war, konnte Ben von seiner Position aus nicht erkennen. Nur Sekunden später wurde ihm schmerzhaft bewusst, wo sich der jetzt aufhielt, als eine Hand mit einem Elektroschockgerät um die Ecke schoss, ihm das an die Kehle hielt und er auf der Stelle völlig gelähmt und zu keiner Abwehrmaßnahme fähig, zusammen brach.
    Er war eine ganz kurze Zeit bewusstlos, aber als er wieder begann langsam Kontrolle über seine Glieder zu erlangen und der unbeschreibliche Schmerz nachließ, bemerkte er zu seinem Entsetzen, dass ihn die beiden Männer gerade in die Box zu dem Riesenpferd schleiften. Seine Zunge gehorchte ihm noch nicht, aber er konnte sich im Unterbewusstsein erinnern, dass er laut und unartikuliert geschrien hatte. Seine Glieder erlangten nach dem Stromstoß gerade ihre Funktion wieder, aber bevor er noch irgendeine der als Polizist erlernten Kampf- und Verteidigungstechniken anwenden konnte, fuhr ein weiterer Schock durch seinen Körper und ließ ihn als halb bewusstloses zuckendes Stück Fleisch zurück. Wie im Film verfolgte sein Gehirn träge, wie in Windeseile der Tritt und das Chirurgenwerkzeug aus der Box entfernt wurden und während er nun im Stroh darum kämpfte, erneut Kontrolle über sich zu erlangen und voller Scham sogar bemerkte eingenässt zu haben, setzte der Tierarzt nun den Elektroschocker, der hier unter dem Namen Großviehtreibstock fungierte, am Körper des Shire Horses an. Das sowieso vor Angst und Schmerz beinahe durchgedrehte Tier machte einen Riesensatz weg vom Schmerz Richtung Boxenwand und trat dabei, ohne das absichtlich zu tun, mit den beiden riesigen, bratpfannenähnlichen Vorderhufen auf Ben, der seine Knochen bersten hörte. Noch bevor er vor Pein aufschreien konnte, ging der Treibstock wieder auf das arme völlig panische Tier zu und das versuchte in seiner Angst über die hoch vergitterten Boxenwände zu springen und trat beim Versuch sich ab zu stoßen, um seinen Peinigern und dem Schmerz zu entkommen, nun mit beiden Hinterbeinen auf Ben und erwischte ihn mit einem davon mitten am Bauch. Ben hatte noch versucht seine Muskeln an zu spannen und sich weg zu rollen, aber sein Körper gehorchte ihm noch nicht, nur der Schmerz tobte in ihm wie ein wildes Tier und eine Ahnung überkam ihn, dass seine Todesstunde geschlagen hatte.



    Lucky der ergeben vor dem Haus seiner Angebeteten darauf gewartet hatte, ein erneutes Schäferstündchen zu erleben, hörte plötzlich die Stimme seines Herrchens, die in Todesnot und völlig unartikuliert aufschrie. Sofort war die Liebe vergessen und genauso wie er hinein gekommen war, überwand er erneut das doch hohe Gartentürchen und rannte über die Straße der Stimme seines Herrn nach. Sarah, die auf dem Weg nach Hause vom Supermarkt noch schnell beim Bäcker angehalten hatte und deswegen mitten durch die Siedlung gefahren war, sah auf den ersten Blick, dass da gerade ihr Hund über die Straße rannte und im Hof des Pferdehändlers verschwand. Der alte SLK, einer von Ben´s gehegten Oldtimern, stand geparkt am Straßenrand und seufzend stellte sie ihr Auto direkt dahinter ab.

    Immerhin ist Kim Krüger jetzt wieder auf der Spur und so sehr sie ihrem Liebhaber verfallen ist, kann sie doch wieder klar denken und sieht ein, dass sie in Bezug auf Ben einen großen Fehler gemacht hat.

    Ihr Gedankengang wegen Anna Becker ist auch logisch und der Staatsanwalt willigt sogar- sozusagen auf dem kleinen Dienstweg;)- ein, Ben´s Freundin in eine Safewohnung zu bringen, das halte ich für sehr angebracht angesichts der Gefährlichkeit von Gabriela und ihren Mannen.

    Aber was mich trotzdem am meisten beschäftigt- was ist mit Ben???

    Gabriela hat sich wieder beruhigt- ja das ist bei Menschen die dem Wahnsinn verfallen sind oft so, dass sie umschalten können und dann wieder halbwegs normal wirken. Na ja was man halt so als normal bezeichnen mag!

    Sie hat noch vor ihren Gesamtplan durch zu ziehen und dann mithilfe des Zeugenschutzprogramms zu verschwinden- wie widerwärtig und sie hat Helfer beim BKA, das ist doppelt schlimm.

    Ich hoffe nur, Semir passt auf sich auf.

    Immerhin- Ben lebt noch!

    Puh- was für ein Kapitel!

    Die Söldner machen klar Schiff und wegen der Finanzen bleiben sie auch bei Gabriela, war also von Remzi auch nur gespielt, die Szene mit der rasenden Gabriela.

    Ben dagegen erleidet die ultimativen Qualen. Ich würde am liebsten sofort mein Erste Hilfe- Köfferchen mit vielen Narkotika und Opiaten packen, ein OP- Team bei mir in der Klinik ordern und Ben zu Hilfe eilen. Verdammt- nur weiß ich leider nicht wo ich nach ihm suchen sollte, genauso wenig wie das Semir und Anna wissen! Hoffentlich darf er bald wenigstens wieder in die Bewusstlosigkeit abtauchen, sein Leid setzt sogar mir hart gesottenen Intensivschwester zu.

    Mitreißend geschrieben, bravo!

    Wie wir erwartet haben- Felix hat das Gespräch belauscht und weil er ja ein kluger Kopf ist, sofort seine Schlüsse gezogen.

    Wie er richtig kombiniert hat, der Familie wird es nicht zugute kommen, dass sie sich mit den Dealern eingelassen haben und Chloe ganz besonders nicht, egal ob sie davon weiß oder nicht.

    Klar für ihn wäre es am Sichersten gewesen, wenn er sofort zurück nach Hamburg gefahren wäre, aber er wäre nicht Felix, wenn er seine Chloe im Stich lassen würde.

    Ich stelle mir das ganz schön schwierig vor, immer die Menge zu scannen, ob da ein bekanntes Gesicht zu entdecken ist, na hoffen wir mal dass das gut geht.

    Es ehrt ihn ja, dass er gar nicht in Erwägung zieht das Nasenspray in der Apotheke von Chloe´s Mutter mit gehen zu lassen, aber das wäre eigentlich das Einfachste. Und die haben alle was zu verbergen, da wäre so ein Nasenspray, das ja definitiv keine Droge ist, ein kleineres Übel.

    „Ich wollte mich entschuldigen“, und „Sorry!“, begannen beide gleichzeitig zu sprechen und anstatt weiter zu reden, zog Ben Sarah eng an sich und küsste sie innig, was sie gerne erwiderte. „Vielleicht sollten wir den Moment nicht tot reden, sondern einfach ins Bett gehen?“, wisperte Sarah, als sie wieder zu Atem kam und wenig später lagen die beiden nebeneinander und kuschelten. Sie liebten sich sanft und doch leidenschaftlich und danach war Ben sofort eingeschlafen. Sarah betrachtete ihn im Licht des Vollmonds, der zum Fenster herein schien - keiner hatte daran gedacht die Läden zu schließen. Er war die Liebe ihres Lebens, auch wenn sie manchmal Differenzen hatten, aber die Basis stimmte. Dann drehte auch sie sich zur Seite, legte die Hand auf die nackte Brust ihres Mannes und war wenig später ebenfalls in Morpheus Träumen.


    Als sie am Morgen erwachten, hatte sie der Alltag wieder, die Kinder kamen vergnügt kichernd zu ihnen ins Bett gekrochen und nach einer ausgiebigen Kissenschlacht standen sie auf und machten gemeinsam die Kleinen für den Kindergarten fertig und frühstückten. Hildegard schlief ein wenig länger, das war der Vorteil eines Gutshauses, man hatte Räume genug, der Gästetrakt war um die Ecke mit eigener kleiner Küche und Badezimmer und der Lärm des Haupthauses drang dort nicht so hin. Ben war mit Lucky an einer langen Leine in den Garten gehumpelt, sein Bein schmerzte zunehmend weniger und er hatte erst mal einfach den Vakuumstiefel weg gelassen. Sarah hatte es gesehen, aber vermieden etwas dazu zu sagen, sie würde Ben´s Verhalten akzeptieren, er war ihr Ehemann, aber nicht ihr Patient und sie hatte ihre Lektion gelernt.


    „Lucky vielleicht kann Hildegard später mit dir und Frederik ausgiebig Gassi gehen, aber vorerst muss das reichen - ich sehe dir schon wieder an, wo du eigentlich hin willst!“, erklärte Ben dem liebeskranken Deerhound, der erneut die Nase in den Wind reckte und leise fiepte. Ben ertappte sich dabei, dass er mit seinem Hund sprach wie mit einem Menschen, aber das machten wohl die meisten Hundebesitzer. So nebenbei ließ er noch die Schäfchen aus dem Stall und fütterte das Kleinzeug, ja bei ihrem Privatzoo würden die Ponys wirklich nicht mehr ins Gewicht fallen, das würde schon klappen. Sarah hatte beim Frühstück noch ausführlich von ihrem Besuch in der Tierklinik erzählt und berichtet, dass die Ponys laut der Vermutung der Mediziner wohl mit Medikamenten aus Rumänien behandelt worden waren, die gar nicht für sie geeignet waren und nur mit viel Glück überlebt hatten.


    Als sein Handy piepte, sah er drauf und Jenny hatte ihm geschrieben: „Hey guten Morgen! Die Chefin hat mich gerade angerufen, wir sollen heute nochmals Personen im Umfeld der Tankstellen nach dem Spyderfahrer befragen. Ich schlage also vor, du wartest zuhause bis ich dich abhole, könnte aber noch ein bis zwei Stündchen dauern, ich muss zuvor noch was in der Dienststelle erledigen!“, war die Nachricht und Ben schickte einen erhobenen Daumen als Antwort zurück, diese Emojis waren einfach praktisch.

    Prima, dann hatte er ja noch ein wenig Zeit!


    Sarah hatte die Kinder mit dem Kombi zum Kindergarten gebracht und erklärt, dass sie danach gleich noch in den großen Supermarkt zwei Ortschaften weiter zum Einkaufen fahren würde. Ben ging wieder ins Haus und jetzt war auch Hildegard erwacht und Lucky und Frederik begrüßten sich, als hätten sie sich wochenlang nicht mehr gesehen. „Ich lasse die beiden nur kurz in den Garten und gehe später mit ihnen ausgiebig Gassi“, erklärte Hildegard und hatte, bevor Ben etwas sagen konnte, die Terrassentür einen Spalt geöffnet und zack hatte Lucky sich durch gedrängelt und war mit großen Sätzen Richtung Dorf geflohen. Die Gartenmauer überwand er mit einem eleganten Satz und sein Freund Frederik schaute ihm nur verwundert nach. „Ach herrjeh, das wollte ich nicht!“, brachte Hildegard nur heraus, aber Ben zuckte mit den Schultern. „Wenn die Liebe ruft, ist auch Lucky nicht zu halten, aber das geht uns Männern wohl allen so!“, sagte er augenzwinkernd, schnappte sich einen Schlüssel vom Schlüsselbrett und humpelte Richtung Remise. „Ich weiß wo ich ihn einkassieren kann, ich hoffe er achtet auf den Verkehr, aber jetzt ist es schon passiert. Ich wollte dir eigentlich gerade erklären, dass Lucky aktuell nur an der Leine raus darf, aber da war ich wohl zu langsam, ich nehme einen der Oldtimer und hole ihn, bevor uns die Besitzer der Hündin noch wegen Hausfriedensbruch anzeigen“, ließ er Hildegard seine Absicht wissen, die sich tausendfach entschuldigte und der das Ganze verdammt peinlich war.


    So startete Ben wenig später einen alten Mercedes SLK der einmal seinem Vater gehört hatte. Der Wagen war bereits über 30 Jahre alt, aber er sprang sofort an. Weil sie ja viel Platz hatten, hatte Ben neben seinem Porsche, den er auch nicht geschafft hatte zu verkaufen, obwohl das wirklich keine geeignete Familienkutsche war, mehrere schöne alte Fahrzeuge gesammelt, mit denen er manchmal einfach so durch die Gegend fuhr, oder auch an organisierten Ausfahrten teil nahm. Hartmut, Semir und er hatten schon so manche Stunde damit verbracht die Fahrzeuge bei der einen oder anderen Flasche Bier in Schuss zu halten und dank Hartmut liefen die alle wie am Schnürchen und zwei davon waren auch mit einem Oldtimerkennzeichen angemeldet. Die Ledersitze würde man abwischen können, Ben hatte noch kurz eine Decke neben sich geworfen und fuhr dann los. Es schmerzte zwar wenn er die Pedale bediente, aber es ging schon und in wenigen Minuten würde er das Auto ja wieder abstellen und dann auch zur Arbeit seinen Vakuumstiefel anziehen, jetzt merkte er nämlich doch, dass die Ruhigstellung durchaus gut tat.


    Kurz bevor er am Haus von Lucky´s Angebeteter ankam, schnitt ihn ein älterer Geländewagen, hupte ihn noch frech an und wenn er nicht mit Macht auf die Bremse getreten hätte, was ihm ein Aufstöhnen entlockte, wäre er dem Verkehrsrowdie aufgefahren. Ben fluchte, was trieben sich denn wieder für Leute auf den Straßen rum! Er war nun beileibe kein langsamer und trödeliger Autofahrer, aber das genau war es, was die vielen Unfälle verursachte, die Rücksichtslosigkeit mancher Pkw-Lenker. Er hatte nicht übel Lust, dem Geländewagen nach zu setzen und ihn zu verwarnen, aber dann beschloss er, es gut sein zu lassen. Der Wagen war jetzt ein ganzes Stück vor ihm, aber als er dann an der Kreuzung mit kaum Seitenabstand an einem Kind auf dem Rad vorbei fuhr, das anscheinend auf dem Schulweg war und dadurch beinahe zu Fall gekommen wäre, platzte Ben der Kragen. „Na warte Freundchen, jetzt gehörst du mir!“, presste er zwischen den Zähnen hervor und ging aufs Gas. Der SLK beschleunigte, auch Oldtimer hatten PS unter der Haube und als Ben nun aufholte, sah er, wie der Geländewagen in den Hof des Pferdehändlers einbog.


    Nun ratterte es in seinem Hirn und als er nun den Mercedes auf der Straße anhielt, von wo er Einblick in die Hofeinfahrt hatte, stieg der Fahrer des Jeeps aus und als Ben den Mann von hinten sah, erkannte er sofort, dass das der Fahrer des Spyders war, den er auf den Videoaufzeichnungen der Tankstellen gesehen hatte. Er stellte den Motor ab und tastete nach seinem Handy, um die Kollegen zu verständigen - ach Mist, er hatte es wohl zuhause liegen gelassen. Der Pferdehändler war aus dem Haus gekommen und gemeinsam gingen die beiden Männer in den Stall.

    In Ben´s Kopf fügten sich die Puzzleteile zusammen. Deswegen war der Spyder wohl immer wieder hier in der Gegend gesehen worden – es bestand eine Verbindung zwischen dem Händler und dem Mann, welche sich auch Minuten später aufklärte, als der Dunkelhaarige mit den bereits weißen Schläfen wieder aus dem Stall kam. Er öffnete die Hecktüre des Jeeps und da sah man verschiedene Boxen und Gerätschaften, wie sie Tierärzte hatten. Der Mittfünfziger suchte Medikamente, Spritzen und eine Nasenbremse heraus, schlüpfte noch in Gummistiefel und ging dann mit seinen Utensilien in den Stall zurück. Na klar - Pferdehändler und Tierarzt, hier war die Verbindung!


    Ben überlegte kurz. Freilich wäre es das Vernünftigste, jetzt an irgendeinem Haus zu läuten, oder einen Passanten um sein Handy zu bitten, aber das konnte er später immer noch tun. Jetzt interessierte ihn, was die beiden Männer im Stall machten und vielleicht unterhielten sie sich und er konnte irgendwelche belastenden Gespräche belauschen, denn aktuell war die Beweislage ja noch dürftig. Ben war sich zwar ganz sicher, dass er mit seiner Vermutung Recht hatte und der Tierarzt und der Spyderfahrer dieselbe Person waren, aber ob ein Richter das auch glaubte, stand auf einem anderen Blatt Papier. Er musste Beweise sammeln und ermitteln und dann konnte man mit einer wasserdichten Anklage den Mann für lange Zeit hinter Gitter schicken. Er war jetzt froh, dass er mit einem Wagen gekommen war, den der Pferdehändler nicht kannte und er auch ganz einfach auf einem freien Parkplatz im Wohngebiet am Straßenrand stand. Das Haus von Lucky´s Angebeteter war in Steinwurfweite, aber im Augenblick dachte Ben nicht an seinen Hund, sondern hatte selber Fährte aufgenommen wie ein Jagdhund.
    So stieg er aus, schloss sorgfältig den Mercedes ab und ging dann auf das Grundstück des Pferdehändlers. Gut dass er sich da seit dem Kauf der Ponys ein wenig aus kannte und so betrat er durch den Hintereingang die Stallungen und legte sich auch noch eine Erklärung zurecht, falls er ertappt wurde - er wollte nach den Sätteln der Ponys fragen, die er ja mit gekauft hatte. Am anderen Ende des Stalls waren die beiden Männer mit einem riesigen Pferd beschäftigt, Ben hatte so ein Großes noch nie gesehen und sie bemerkten ihn auch nicht, als er sich an den verwinkelten Boxen vorbei näher schlich.

    Puh, irgendwie hat in dieser Geschichte fast jeder irgendein Geheimnis! Mich würde schon interessieren womit der Supermarktkettenbesitzer von den Gangstern unter Druck gesetzt wird.

    Gut immerhin ist es Felix gelungen heil in den Bus zu steigen, aber auch ich bin der Ansicht, dass der mehr gehört hat, als es den Gangstern und Papa lieb war.

    So ganz einfach dürfte es in der Realität nicht sein, etwas im BTM- Tresor zu verstecken, denn da sind die Ämter streng und machen auch unangekündigte Kontrollen, aber immerhin ist das eine Geschichte und nicht real. Vermutlich ginge es auch nicht, dass irgendwer der weder Apotheker noch PTA ist hinter dem Tresen steht und Rezepte einlöst, aber das tut auch nichts zur Sache, trotzdem ist es sehr spannend, wie sich die Story weiter fortsetzt und irgendwie die Zahnräder ineinander greifen. Ich bin auf jeden Fall gespannt, wie es im neuen Jahr weiter geht!

    Das hätte ich jetzt nicht erwartet, dass bei Konrad so ein Umdenken eingesetzt hat und er sogar Anna gegenüber zugibt, dass er ein A... war und Fehler gemacht hat. Besser spät als nie, aber im Augenblick hilft das leider Ben gar nicht weiter. Trotzdem nimmt es vielleicht auch von Anna Druck weg, wenn sie weiß, dass nicht nur sie, sondern auch sein Vater sich von falschen Indizien haben täuschen lassen- und Konrad zusätzlich noch von einem intriganten, machtbesessenen Schwiegersohn. Ich hoffe ja er zieht deswegen auch noch die passenden Konsequenzen, aber so langsam wäre es an der Zeit, dass alle die Ben schlecht behandelt, oder ihm nicht geglaubt haben, so langsam mal an einem Strang ziehen und sich auf die Suche nach ihm machen- wenn er überhaupt noch am Leben ist.:(

    Sarah hatte nochmals die Ponys in der Klinik besucht. Ganz langsam schien es ihnen besser zu gehen. Sie konnten jetzt dank medizinischer Versorgung, Entzündungshemmern und Schmerzmitteln wieder selbstständig auf ihren Beinchen bleiben, man hatte die Infusionstherapie fürs Erste beendet und die beiden standen dicht beieinander in einer gemeinsamen, dick mit sauberem Stroh eingestreuten Box und begannen bereits wieder Heu zu knabbern. Sarah hatte ihre Taschen mit Pferdeleckerlis gefüllt und freute sich von Herzen, als die beiden zögernd und vorsichtig ein paar Schritte auf sie zugingen und die Leckerbissen von ihrer ausgestreckten Hand nahmen. „Mit Frauen geht es besser, vor Männern haben die beiden immer noch große Angst, da muss man ihnen Zeit geben. Nur gut dass hier in der Klinik genügend Pferdepflegerinnen und Tierärztinnen arbeiten, so können wir die beiden trotzdem versorgen und spritzen, ohne dass sie in Panik verfallen. Aber es wird noch ein weiter Weg werden, bis die beiden erstens völlig gesund sind und zweitens wieder Vertrauen zu Menschen aufbauen können!“, erklärte die diensthabende Tierärztin, aber Sarah, der ein weiches Lächeln um die Lippen spielte und die ganz vorsichtig begonnen hatte den zutraulicheren der beiden Hengstchen am Hals zu kraulen, sagte mit fester Stimme: „Das wird die Familie Jäger schon hinbringen. Wir haben ja alle Zeit der Welt , die beiden sind jetzt Familienmitglieder und noch nie haben wir irgendein Tier abgegeben, das den Weg zu uns gefunden hat. Wir haben Platz genug und ich kenne mich mit Pferden aus und reite seit meiner Kindheit!“, erklärte sie der Tierärztin und die nickte mit einem wissenden Lachen. „Da werden sie noch so einiges erleben, das sind Ponys, die haben es faustdick hinter den Ohren, aber wenn sie sich darauf einlassen, werden sie sicher viel Spaß mit ihnen haben!“, prophezeite sie und Sarah fuhr relativ zufrieden danach heim.


    Zuhause angekommen wurde es bereits finster, Hildegard war am Nachmittag mit den Kindern lange spazieren gewesen und die waren ziemlich müde. So aßen sie noch gemeinsam Abendbrot und steckten die beiden danach erst in die Wanne und dann mit einer Gutenachtgeschichte ins Bett. Hildegard zog sich ins Gästezimmer zurück um noch ein wenig fern zu sehen und die Ruhe zu genießen, aber bald war sie eingeschlafen und Frederik schnarchte ebenfalls leise auf seiner Matte vor ihrem Bett.


    Sarah hatte auf ihr Handy geschaut, aber von Ben war keine Nachricht drauf. Ihr Stolz verbot es ihn an zu schreiben, wenn er es nicht für nötig hielt ihr Bescheid zu geben dass er länger arbeiten musste, oder vielleicht sogar in irgendeiner Kneipe hockte und sich volllaufen ließ, nur damit er nicht mit ihr reden musste, dann war es sein Problem!


    Sie erkundigte sich via Whatsapp bei Andrea nach Semir´s Befinden und gleich darauf kam die glückliche Nachricht: „Semir geht es besser, er war bereits aus dem Bett, hat mit mir gesprochen und was gegessen. Danke der Nachfrage!“ und jetzt war Sarah wenigstens deswegen erleichtert.


    Lucky wanderte unruhig durchs Haus und fiepte immer wieder leise. Irgendwann öffnete Sarah die Terrassentür um frische Luft zu schnappen und bis sie sich versah, war der graue Riese an ihr vorbei gewitscht und in der Dunkelheit verschwunden, da half kein Rufen und Pfeifen. Jetzt sollte sich Ben darum kümmern, immerhin war Lucky sein Hund und der Ärger warum er nichts von sich hören ließ, übertraf die leise Sorge die an ihr nagte. Sie zückte ihr Handy und ließ es bei ihm anklingeln. Eine müde Stimme meldete sich nach einigen Malen Läuten: „Ja Sarah was gibt’s?“, fragte er.


    Gerade hatte Ben nach einer herzlichen Verabschiedung von Semir das Krankenhaus verlassen und den Taxistand angesteuert, da rief seine Frau an. Verdammt, er hatte völlig vergessen zuhause Bescheid zu geben, dass er später kommen würde, aber dann hatte er sich wieder gedacht, wie abweisend Sarah gestern und auch am Morgen zu ihm gewesen war. Jetzt drückte ihn einerseits das schlechte Gewissen, aber andererseits war er auch ein wenig trotzig. Ihre ständige Bevormundung wenn ihm irgendwas fehlte, regte ihn auf. War er gesund, lebten sie völlig partnerschaftlich miteinander, aber in dem Moment wo irgendjemand in der Familie krank war, wurde sie zum Profi und es war oft schwer mit ihr aus zu halten. Er würde selber entscheiden ob und wann er zuhause blieb oder arbeiten ging. Sicher wollte sie ihm Vorwürfe machen, wo er so lange blieb und einen kurzen Moment erwog er nicht ran zu gehen, aber dann siegte die Vernunft. Sie waren beide keine kleinen Kinder mehr und mussten einfach miteinander reden. Er musste auch sagen, dass ihm gerade eine Riesenlast von den Schultern gefallen war, als er Semir gesehen und mit ihm gesprochen hatte. Auch wenn es bei ihm sicher noch ein langer Weg bis zur völligen Gesundung sein würde, aber er würde das schaffen, der kleine türkische Kämpfer, sein Seelenverwandter und bester Freund.


    „Dein Hund ist schon wieder verschwunden - kannst du dich vielleicht darum kümmern, er ist mir entwischt, kaum dass ich die Terrassentür einen Spalt aufgemacht habe?“, sprach seine Frau am anderen Ende und Ben bemerkte unglücklich die Distanziertheit in ihrer Stimme. Er wollte nicht streiten und so sagte er: „Ich komme gerade aus der Klinik von Semir, nehme mir ein Taxi und werde versuchen den Taxifahrer dazu zu bringen unser Schlammmonster mit zu nehmen, ich denke er kampiert wieder bei seiner Angebeteten im Vorgarten, bis gleich!“, verabschiedete er sich und in dem Augenblick als er auflegte, tat Sarah bereits die Tonlage leid, in der sie mit Ben gesprochen hatte. Wenn er bei Semir gewesen war, erklärte das alles, aber andererseits hätte er ihr ja wenigstens kurz Bescheid geben können.


    Ben hatte während der Fahrt von der Uniklinik zu sich nach Hause den Taxifahrer über sein Problem aufgeklärt und der hatte gelacht. „Ich habe selber einen Hund, allerdings einen kastrierten Rüden, dem fallen solche Dinge nicht mehr ein. Ich habe eine Schmutzdecke hinten und habe ja auch ein geeignetes Fahrzeug für den Gepäcktransport, das kriegen wir hin“, sagte er und so zerrte wenig später Ben erneut seinen Hund aus dem fremden Vorgarten. Er vermied es an der Haustür zu läuten, die Rollläden waren geschlossen und wenn er Glück hatte, hatten die Besitzer der Hündin noch gar nicht bemerkt, dass ein ungebetener Gast vor ihrer Haustüre vor sich hin geschmachtet hatte. Der Verschmutzungsgrad hielt sich auch in Grenzen und so stieg Ben wenig später, Lucky fest am Halsband haltend, vor seinem Haus aus und konnte Sarah´s Erleichterung in ihrem Gesicht sehen, als sie die beiden wohlbehalten vor sich hatte.

    Auch von mir an alle Mitglieder die allerbesten Neujahrsgrüße!

    Ich hoffe ihr seid gut rein gerutscht, ich war heute arbeiten und habe die ersten Alkoholleichen 2020 versorgt, ist also Alles beim Alten geblieben.

    Trotzdem wünsche ich jedem Einzelnen, dass sich seine Wünsche erfüllen und er glücklich und zufrieden dieses Jahr erleben darf, ohne schlimme Schicksalsschläge und andere Katastrophen.

    Wie erwartet sind sich Anna und Julia sehr nahe und Anna erzählt ihrer Freundin und Schwägerin gleich, dass sie ebenfalls ein Kind erwartet. Auch wenn die Emotionen hoch schlagen, kann das Neugeborene dann ein wenig über den Kummer Anna´s hinweg trösten. Ich denke es ist auch nachvollziehbar, dass sie in ihrem Hormonchaos Ben nicht geglaubt hat, wenn er nicht entführt worden wäre, hätten sie sich schon lange ausgesprochen und würden gemeinsam ihre Schwangerschaft genießen. Aber so ist wenigstens die erste aus der Jägerfamilie auf ihrer Seite und ich vermute, dass sie auf dem Flur Peter trifft- na hoffentlich wehrt sie sich gegen diesen Lackaffen!

    Auch wenn sozusagen die Hälfte schon wieder vorbei ist, möchte ich allen Mitgliedern und sonstigen Lesern ein wundervolles geruhsames Weihnachtsfest im Kreise ihrer Lieben, bei gutem Essen, leckeren Getränken und tollen Gesprächen wünschen!

    Eure susan

    Das kann ich bestätigen- wenn man im OP ist und der Chirurg nicht im Hintergrund das Radio laufen haben will, könnte um einen herum die Welt untergehen und man würde es erst mal nicht mitkriegen. Ich denke auch, dass Anna, wenn sie möchte, jederzeit eine Freistellung, oder eine Versetzung in die Verwaltung haben kann, wenn sie das Schwangerschaftsattest bringt, mal sehen für was sie sich entscheidet.

    Aber es ist gut, dass Semir ihr Bescheid gibt und ihr erzählt was Julia passiert- oder doch eher nicht passiert ist, dank Semir´s couragiertem Eingreifen und wir alle wissen, dass Anna durchaus in Gefahr schwebt, wie eigentlich jeder der Ben nahe steht.

    Und es ist super, dass Anna sich jetzt ein Herz fasst und sich von nichts und niemandem- nicht mal Popeye- aufhalten lässt, um ihre Beinaheschwägerin zu besuchen.

    Und nur Recht, dass Julia Peter die Stirn bietet, sie ist eine erwachsene Frau und muss sich von niemandem bevormunden lassen, ich denke die beiden Frauen tun sich gut.

    Semir und Ben besuchen Eric Peters, Kevins Vater. Hui da schwingen aber Emotionen in der Luft, vor allem zwischen Ben und Eric! Semir kann gerade noch verhindern, dass die beiden sich an die Gurgel gehen. Erst ist Eric auch bockig, aber dann gibt er zu, dass der Türsteher auf seiner Gehaltsliste steht, ordnungsgemäß angemeldet ist und um einen Vorschuss gebeten hat- warum nicht gleich so!

    Aber bei allen Aversionen trauern wohl nicht nur Semir und Ben um Kevin, sondern auch sein Vater, der ihnen oder vielmehr der Tatsache dass Kevin Polizist war, die Schuld an dessen Tod gibt. Dabei ist es in der Unterwelt vermutlich auch nicht sicherer, gerade da sind ja Verbrechen an der Tagesordnung, aber das tröstet Eric auch nicht, der nun beide Kinder durch feigen Mord verloren hat.

    Hallo Mikel!

    Na Gott sei Dank gehts endlich weiter! Ich leide doch mit Ben und kann ihn nicht länger in den Händen der Kilic sehen.

    Die vorige Story ist sozusagen an der spannendsten Stelle abgebrochen, ich freue mich sehr, dass es weiter geht. Auch die Zusammenfassungen der beiden vorigen Teile sind super, denn so kann auch ein Leser einsteigen, der noch nicht dazu gekommen ist Teil eins und zwei zu lesen- was ich aber dennoch dringend empfehlen würde!


    Nun kurz zum ersten Kapitel: Auch wenn Semir vermutlich keine Neuigkeiten zu berichten hat, immerhin ist er weiter mit Anna in Kontakt und versucht mit allen Mitteln seinen Freund und Partner zu finden. Die Stimmung im Wartebereich vor dem OP hast du sehr gut eingefangen.

    Anna hat in ihrer Freundin Anja eine mütterliche Ratgeberin und Beschützerin gefunden, ihre Aussagen sind sehr weise und helfen Anna wenigstens ein bisschen ins reale Leben zurück zu finden, der Alltag und die Arbeit im Team lenken sie so wenigstens von ihrem Kummer ab. Und sie ist ja von Ben schwanger, was wünsche ich mir, dass er sein Kind irgendwann kennen lernen darf, wobei das angesichts seiner schweren Verletzungen im Moment eher unwahrscheinlich ist, aber der Wettlauf gegen die Zeit ist noch nicht verloren.

    Semir hatte nach dem Besuch seiner Frau die Augen geschlossen und war fast sofort eingeschlummert. Ben war gerade aus dem Aufzug gestiegen, da traf er einen ehemaligen Kollegen, der ihn in ein längeres Gespräch verwickelte.
    Wenig später wurde Semir auch schon wieder zum Kopfbogen geweckt, was er diesmal klaglos über sich ergehen ließ, jetzt hatte er nämlich verstanden um was es ging, Mann hätte man ihm das nicht schon früher erklären können?


    Ben läutete an der Intensivstation und brachte sein Anliegen vor: „Ich würde gerne kurz Herrn Gerkhan besuchen, ist das möglich ?“, fragte er. Die Pflegekraft die an der Sprechanlage war, fragte zurück: „Sind sie Angehöriger?“, und als Ben darauf wahrheitsgemäß antwortete: „Nein nicht direkt!“, wurde er sofort gnadenlos abserviert. „Nur den nächsten Angehörigen sind Besuche gestattet!“, ertönte die blecherne Stimme aus der antiquierten Rufanlage und jetzt stand Ben erst einmal da.

    Er verfluchte sich, warum hatte er nicht einfach behauptet Semir´s Bruder zu sein? So musste er sich jetzt erst einmal einen Schlachtplan zurecht legen. Sollte er einfach rein marschieren und so tun als hätte er alle Rechte? Nach kurzem Überlegen verwarf er das, auch er wäre brüskiert, wenn Besucher das auf der Dienststelle einfach so machen würden - und dann wäre er bei Sarah´s Kollegen unten durch. Keine Frage, wenn Gefahr im Verzug wäre, würde er sich an gar keine Regeln halten, aber jetzt war das einfach blöd. Auch war nicht aus zu schließen, dass Andrea gerade bei Semir zu Besuch war und er wollte deren Zorn nicht weiter schüren, also blieb ihm nur zu warten und zu hoffen, dass irgendjemand raus kam, den er kannte und dem er sein Anliegen unterbreiten konnte, oder später nochmals zu läuten. Erst mal setzte er sich in die Besucherecke und legte sein schmerzendes Bein hoch- Mann tat das gut!


    Semir war derweil wieder etwas munterer geworden, das Abendessen war gekommen und er ließ sich von der Schwester einen Kartoffelbrei eingeben und musste sogar gestehen, dass der gar nicht so schlecht schmeckte, wenn es nur nicht so ein komisches Gefühl wäre, derart hilflos zu sein. Die ganze Zeit ging ihm jetzt ein Gedanke durch den Kopf. Wo steckte Ben? Er hatte zwar irgendwie eine Erinnerung daran, dass er ihn erst kürzlich wahr genommen hätte, aber wie lange das her war - keine Ahnung. Andrea hatte er vergessen zu fragen und es war merkwürdig, dass der noch nicht bei ihm aufgeschlagen war. Hoffentlich ging es ihm gut! Sie waren doch zu zweit auf die Kutsche gestiegen und das war die letzte Erinnerung, die er hatte, bevor er auf der Intensivstation aufgewacht war. Dann beschloss er, ihn einfach an zu rufen. Kurz zermarterte er sein Gehirn, um dann die Schwester, die gerade die nächste Kontrolle vornahm, zu bitten: „Könnte ich mal kurz telefonieren?“, fragte er und sie nickte und holte gleich das Mobilteil des Stationstelefons, wählte und stellte es dann auf Lautsprecher.


    Ben´s Nummer war eine der wenigen die Semir auswendig wusste und Sekunden später schreckte der junge Polizist, der ein wenig eingenickt war, hoch weil sein Handy klingelte. Er ging sofort ran und traute fast seinen Ohren nicht, als ein munteres: „Hallo Partner – wo steckst du denn?“, ertönte. „Semir – ich, äh einen Moment bitte!“, stammelte er, um dann erneut an der Rufanlage zu läuten. Diesmal gab es keine Probleme und so humpelte der Dunkelhaarige nur Sekunden später ans Bett seines Freundes, der ihn erfreut und verständnislos ansah. „Sag mal – bist du geflogen?“, fragte Semir verwundert, aber dann sah er die Tränen des Glücks in den Augenwinkeln seines Freundes glitzern, der ihn nun einfach ganz vorsichtig in die Arme schloss.


    Eine ganze Weile sprach keiner von beiden und als Ben sich dann von seinem Freund löste und sich ein wenig schwerfällig einen Stuhl näher zog, bemerkte der erst, dass es dem Dunkelhaarigen auch nicht gut ging. „Erzähl mir bitte genau was passiert ist, mir fehlt ab dem Zeitpunkt als wir auf die Kutsche gestiegen sind, jede Erinnerung - und warum du lahmst wie ein alter Droschkengaul würde ich auch gerne erfahren“, bat Semir und jetzt musste Ben grinsen. Eines war klar, Semir´s Gehirn hatte nichts abgekriegt, er war immer noch der Alte und so begann er, unterbrochen von einigen Zwischenfragen, aus seiner Sicht zu berichten, was geschehen war. Die Sache mit der Reanimation versuchte er herunter zu spielen, aber da insistierte Semir. „Ben – ich weiß inzwischen, dass ich dir mein Leben zu verdanken habe, soviel habe ich von dem kapiert, was die Ärzte gesagt haben. Sofortige suffiziente Reanimation waren ihre Worte, das bedeutet, du hast alles genauso und vor allem richtig umgesetzt, wie wir es wieder und wieder gemeinsam bei unseren Fortbildungen geübt haben. Ich danke dir dafür, denn ich möchte eigentlich schon noch ein Weilchen leben und meine Kinder aufwachsen sehen. Wenn du nicht gewesen wärst, läge ich jetzt nicht hier, sondern vermutlich bereits zwei Meter tiefer“, bemerkte er und lauschte dann noch der Zusammenfassung bis zum Abflug des Hubschraubers.

    Seine Differenzen mit Andrea erwähnte Ben nicht und seine eigene Verletzung spielte er auch herunter. „Fuß verknackst - das passiert mal, wenn man von einer rasenden Kutsche purzelt, das wird schon wieder!“, erklärte er und Semir ließ es auf sich beruhen.


    Dann berichtete Ben noch an welchem Fall er gerade arbeitete und dass er der festen Überzeugung war, dass die Ponys durch gegangen waren, weil der rücksichtslose Spyderfahrer gehupt hatte und weil der nun noch einen Familienvater auf dem Gewissen hatte, würde er alles dran setzen, um ihn zu ermitteln und zur Rechenschaft zu ziehen.


    „Ach Semir, ich mache mir mega Vorwürfe, dass ich dich in die ganze Sache mit rein gezogen habe. Wäre ich nicht auf so eine doofe Idee gekommen, meinen Kindern diese Ponys zu kaufen, wäre das Ganze nie passiert, ich fühle mich einfach verantwortlich für deinen Unfall!“, beichtete er dann, warum er nachts nicht mehr richtig schlafen konnte.
    Nun richtete sich Semir, der langsam wieder von einer bleiernen Müdigkeit und Kopfschmerzen erfasst wurde, ein wenig auf. „Ben das ist doch Quatsch! Ich bin ein erwachsener Mann und von mir kam ja die Idee mit dem müde machen der Ponys vor der Kutsche, damit deine Kinder danach reiten können. Sei mal froh, dass denen wenigstens nichts passiert ist. Manche Dinge geschehen und ich habe meine Fähigkeiten als Kutscher wohl auch gnadenlos überschätzt, das waren sogar für mich zu viele Pferdestärken.
    Jetzt schauen wir einfach, dass wir beide so schnell wie möglich wieder gesund werden und du siehst zu, dass du den Spyderfahrer schnappst, das wäre mir eine Genugtuung!“, sagte er, um nur Sekunden später tief und fest ein zu schlafen. Ben legte nun sein schmerzendes Bein auf den Bettrand hoch und als eine Stunde später die Pflegekraft zum nächsten Kopfbogen kam, schüttelte sie schmunzelnd den Kopf, denn vor ihr lagen, bzw. saßen zwei leise schnarchende Männer.

    Semir versucht Marie so gut es geht zu betreuen, aber die Arme hat ein echtes Trauma, ich hoffe sie übersteht das gut. Aber das ist eine sehr wichtige Aufgabe die unser kleiner Türke da übernommen hat, man muss körperlich nicht unbedingt topfit sein, um gute Dinge zu tun.

    Inzwischen ist wohl klar, dass André das nicht überleben wird , trotz aller gut gemeinten Reanimationsversuche und auf der Dienststelle oder wo auch immer besteht jetzt ein großer Erklärungsbedarf- ich bin gespannt.