Beiträge von Yon

    Ich finde besonders gut, dass du auch die Seite von Sarah und Semir so ausführlich beschreibst und nicht nur die medizinische Komponente. Denn die zum Nichtstun und Warten verdammten Freunde machen ja auch eine Leidenszeit durch.
    Sich zu Sarahs Kollegen zu begeben, war die beste Entscheidung, denn stundenlang vor dem OP hin- und herzulaufen wäre ja auch eine Qual gewesen, da sind sie auf der Intensivstation bzw. dessen Aufenthaltsraum besser aufgehoben. Und dahin wird Ben ja nach der OP (ich gehe jetzt mal davon aus, dass er sie überleben wird) bestimmt erst einmal kommen, auch wenn wir darauf sicher noch Tage warten werden müssen ;)

    Freitag 17:00 Bens Band

    Den ganzen Freitag hatte Semir versucht, an Leonard Kunze heran zu kommen, es war ihm aber nicht gelungen, an keiner der von Susanne ermittelten Adressen war der Clubbesitzer anzutreffen. So fuhr er nach diesem arbeitsreichen Tag, der sie leider ermittlungstechnisch keinen Schritt weiter brachte und an dem er auch zum Fassen von klaren Gedanken nach Kemals nächtlichem Besuch kaum in der Lage gewesen war, direkt zu der Lagerhalle, die Ben schon vor Jahren zu einem Aufenthalts- und Probenraum für sich und seine Band umgebaut hatte. Um diese Uhrzeit war das der wahrscheinlichste Ort, an dem er seinen Freund antreffen konnte. Und richtig, schon vor der Tür klang Musik aus der Halle zu ihm nach draußen.

    Ohne Anzuklopfen oder zu Klingeln, das hätte drinnen eh keiner gehört, öffnete er die Eingangstür und betrat den Raum. Er sah Ben auf der angedeuteten Bühne, der jetzt gerade die letzten Akkorde eines Liedes auf seiner Gitarre schlug. „Okay, wir machen eine kurze Pause. Semir! Was für eine Überraschung! Was treibt dich denn hierher?“ Er ging auf Semir zu und begrüßte ihn erst mit Handschlag, dann mit einer kurzen Umarmung. „Komm, setz dich!“ – „Ben, ich habe gerade ein bisschen Stress und auch nicht viel Zeit.“ – „Semir, Stress hat man nicht, Stress macht man sich!“ – „Das sagt mir Ben Jäger, der seit Monaten Urlaub hat und nur noch seinem Hobby nachgeht …“ – „Genau der sagt dir das, und du musst doch zugeben, dass er Recht hat.“

    Sie gingen zu der Couch und setzten sich. „Markus, kannst du uns mal 2 Coke aus dem Kühlschrank holen, bitte. Oder möchtest du was anderes trinken?“, er sah seinen Freund fragend an, der nur mit dem Kopf schüttelte. „Pass auf Ben, es ist folgendes: Ihr spielt doch morgen in Leos Club? Danke“, sagte er zu Markus, der ihm zwei Dosen Cola reichte. „Wer hat dir das denn erzählt? Mein Vater?“ – „Nein, ich habe die Gästeliste gesehen. Dein Vater ist auch dabei? Er steht auf der Liste.“ – „Das tut er, aber er ist krank und kann nicht kommen, das ärgert ihn ganz bestimmt“, sagte Ben lachend, wurde dann aber doch stutzig und fragte ernst: „Warum interessierst du dich dafür?“ – „Leo hat eine dicke Sache am Laufen und ich komme ohne Einladung nicht an ihn ran.“ – „Und auch nicht an den Türstehern vorbei, denke ich mal.“ – „Genau. Und da habe ich gedacht, du könntest mich vielleicht einschleusen?“ Semir sah Ben jetzt in die Augen, „Ben, es ist wirklich wichtig!“ – „Semir, du hast so wenig Ahnung von Musik, wir ein Fisch vom Fahrradfahren.“ – „Aber ich könnte Koffer und Kabel tragen, CDs verkaufen, was auch immer, aber ich muss in den Club.“ – „Okay, das sollte kein Problem sein, wir sind ab 19:00 vor Ort und dann open end. Komm zur Hintertür, da steht unser Bus.“ – „Und dann rufe ich kurz an?“ – „Ja, ich gebe dir noch ein Band-T-Shirt mit“, Ben beugte sich nach vorn und zog einen Karten unterm Sofa hervor, „Größe L“ – „Passt schon.“ Sie tranken schweigend mehrere Schluck.

    „Dann brauche ich noch einen sicheren Platz für Andrea und die Kinder“ Jetzt wurde Ben hellhörig. Es ging hier wohl nicht nur um eine Polizeiaktion gegen Leonard Kunze. Wo war sein Freund jetzt wieder hineingeraten? „Semir, worum geht es hier? Werdet ihr bedroht?“

    Semir erzählte ihm alles, was geschehen war. Es tat ihm gut, mit seinem besten Freund seine Gedanken und Erlebnisse austauschen zu können. „Und Kemal wird jetzt damit bedroht, dass man dir und deiner Familie etwas antut? Warum nicht seiner Familie?“ – „Weil Kemal sie rechtzeitig in die Türkei geschickt hat. Ben, mein Bruder hat zwar seine Macken, aber dumm ist er nicht.“ – „Dann lass mich mal überlegen. Hier geht es nicht, wie wäre es … doch! Das müsste klappen: Das Sommerhaus meines Vaters!“

    Konrad Jäger hatte seit mehreren Jahren ein Sommerhaus, welches er für Angel- und Jagdausflüge benutzte. Es hatte zwei Schlafzimmer, eine kleine Küche und Bad, das sollte genügen.

    „Und ich habe einen Schlüssel hier. Die Adresse schreibe ich dir auf.“ Ben stand auf und ging an seinen Schrank. Nach einigem Suchen fand er in der dritten Schublade einen Schlüsselanhänger mit zwei Schlüsseln. Dann nahm er ein Stück Papier und schrieb eine Adresse aus einem Notizbuch ab, welches in derselben Schublade lag, wie die Schlüssel. Er reichte beides Semir. „Danke, Ben“, war dessen Reaktion. „Wann willst du sie hinbringen?“ – „Morgen Vormittag. Heute sind Andrea und die Mädchen bis zum späten Abend unterwegs. Die Sache wird langsam echt eng“ – „Weiß Alex Bescheid?“ – „Alex ist krankgeschrieben.“

    „Möchtest du noch etwas trinken?“, fragte Ben und deutete auf die leeren Cola-Dosen auf dem Tisch. Semir nickte. „Hast du auch Bier da?“

    http://www.youtube.com/watch?v=HO2IS-4LHuA

    Ich wusste es doch: Ben Jäger hat A+ Braucht ihr noch Blut?

    Ich bin bei deiner Schilderung gar nicht zum Atmen gekommen - viel länger hätte das Kapitel nicht sein dürfen, sonst wäre ich von meinem Stuhl gekippt.
    Jetzt ist Ben zumindest im OP in in den Händen eines hoffentlich kompetenten Teams. Aber so einige Komplikationen hast du ja schon angedeutet. Ich fürchte, da kommt noch einiges auf uns zu.

    Ben hat Alex also in nicht ganz so positiver Erinnerung, obwohl ich mir gar nicht vorstellen könnte, dass er Konkurrenz hatte fürchten müssen.
    Aber vielleicht bestärkt es ihn jetzt, sich noch mehr zu bemühen, wieder zur Autobahnpolizeit zurückzukommen.

    Aber ob die Klinik aus der Sache so ungeschoren davon kommt, wage ich zu bezweifeln. Die dort durchgeführten illegalen Operationen werden sich doch herumsprechen und nicht gerade für einen Patientenansturm sorgen.

    Freitag, 09:00 Planung

    Kenan war sich sicher, dass Kemal jetzt am Samstag gut mitarbeiten würde. Er war der Meinung, die Fotos und Androhungen hätten ausgereicht. Murat hatte noch seine Zweifel und würde die Bedrohung lieber sichtbarer machen. Sie beschlossen, mit Leo das weitere Vorgehen zu erörtern.

    Dieser betonte wiederholt, er würde sehr viele gut betuchte Gäste erwarten und deswegen auf gar keinen Fall auf die Gelegenheit verzichten, sich die Schlüsselduplikate an diesem Samstag zu beschaffen. Er schlug eine mögliche Vorgehensweise vor:

    „Ihr holt Kemal Gerkan mit seinen Maschinen in die Wohnung von Petra Grundtal. Die steht ja jetzt leer. Wenn in seinem Geschäft am Samstagabend Betrieb wäre, würde das auffallen. Macht es gleich morgen früh, bevor er seinen Laden öffnet. Martin wird in der Wohnung auf ihn aufpassen. Dann fahrt ihr zu seinem Bruder und holt dessen Familie. Uns reicht eigentlich die Frau, wir können nicht alle gleichzeitig überwachen. Sorgt dafür, dass die anderen für ein paar Tage aus dem Weg sind, aber ich möchte nicht, dass den Kindern etwas geschieht. Denkt euch da was aus. Und seid vorsichtig mit dem Bruder, der könnte zu einem Problem werden. Nehmt genug Leute zu eurer Unterstützung mit. Das Wichtigste ist, dass die Aktion am Samstagabend nicht gefährdet ist. Anschließend werden wir Kemal Gerkan entsorgen und dann eine Zeitlang untertauchen. Wir sollten etwas Ruhe einkehren lassen.“

    Dann zog sich Leonard Kunze wieder zurück. Er verließ sich in dieser Angelegenheit voll und ganz auf die türkischen Brüder, die seit Jahren für ihn arbeiteten. Sie würden sich schon etwas einfallen lassen, um ihr gemeinsames Ziel zu erreichen.

    Kenan und Murat berieten noch einige Stunden, dann stand ihr Plan fest.
    Sie führten noch ein paar Telefongespräche, verabredeten sich mit vier Handlangern, allesamt auf der Gehaltsliste von Leonard Kunze stehend, für den Samstag um 6:00 Uhr. Dann
    trennten sie sich, um noch einige Besorgungen zu machen.

    *****

    Semir fuhr ganz normal zur Arbeit in die PAST. Der Fall hatte mit dem nächtlichen Besuch seines Bruders eine ganz neue Wendung genommen. Er wusste jetzt, welcher Schlüsseldienst die Schlüsselkopien angefertigt hatte, mit denen das Ehepaar Paulsen und vor ihnen noch zahlreiche Opfer mehr um ihr Hab und Gut erleichtert werden konnten. Und er kannte einen neuen Namen: Murat Yilmaz, den galt es zu überprüfen.

    Und Leonard Kunze würde er heute versuchen zu vernehmen. Immerhin war sein Name bei der offiziellen Ermittlung aufgetaucht.

    Er könnte auch seinen Bruder festnehmen, war sich aber sicher, dass dann der Rest der Bande sofort den Rückzug antreten würde und sich bestimmt auch am Samstag keine Gelegenheit ergeben würde, die Gangster festzusetzen und dem Ganzen ein Ende zu setzen. Und das Beste war, und da war er sich ganz sicher, wenn es ihm und seinen Kollegen gelänge, die Bande auf frischer Tat zu ertappen.

    Andrea war heute Nachmittag mit den Kindern zu einer Freundin eingeladen, die wohnte in Aachen, vor dem späten Abend war mit ihrer Rückkehr nicht zu rechen. Morgen müsste er sie in Sicherheit bringen, wo, das wird sich noch finden, notfalls in einer Schutzwohnung der Polizei. Denn ganz ohne Gefahr würde die Aktion am Samstag nicht über die Bühne gehen.

    „Bühne“ sollte noch das Stichwort des Tages werden.


    http://www.youtube.com/watch?v=ItsoX-aFn1o

    Freitag, 01:00 Besuch

    Semir war wieder einmal auf dem Sofa eingeschlafen und hatte den halben Fernsehfilm verpasst. Nicht dass es schade um den Film gewesen wäre, aber die Zeit hätte er auch und viel besser in seinem Bett bei Andrea verbringen können. Seine Frau war schon vor zwei Stunden schlafen gegangen. Er schaltete den Fernseher aus und wollte sich gerade zur Treppe nach oben umdrehen, als es an der Tür klingelte.

    Semirs Uhr zeigte kurz nach ein Uhr an. ‚Wer kommt denn jetzt noch um diese Zeit?‘, dachte er auf dem Weg zur Eingangstür und öffnete sie. Auf dem Treppenabsatz stand sein Bruder Kemal. „Kemal?“, fragte er verwundert, „was machst du denn hier?“ Sie hatten sich seit eineinhalb Jahren nicht mehr gesehen, und jetzt stand er mitten in der Nacht vor seiner Tür. Semir war so erstaunt, dass er einige Augenblicke in der Tür stehen blieb und seinen Bruder anstarrte.

    „Semir, du musst mir helfen.“ Kemal schaute sich nervös um, er befürchtete, jemand hätte ihn doch verfolgen können und würde nun seinen Besuch beobachten, „ich habe Mist gebaut.“ Semir trat zur Seite. „Komm erst mal rein!“ Er ließ Kemal ins Wohnzimmer. „Möchtest du was trinken? Setz dich“ – „Danke, ein Wasser vielleicht.“ Semir ging in die Küche und fragte von dort: „Wie geht es deiner Frau und meinem Neffen?“ – „Halime ist mit Kerim in der Türkei bei ihren Eltern, deshalb kann ich mit dir sprechen, dort sind sie sicher.“

    Nachdem er zwei Gläser mit Mineralwasser gefüllt hatte, ging Semir zu ihm zurück ins Wohnzimmer. „Hier“, er überreichte seinem Bruder ein Glas und setzte sich zu ihm auf das Sofa. „Was meinst du mit ‚dort sind sie sicher‘? Bedroht euch jemand?“ – „Ja, das kann man wohl so sagen, und es ist alles meine Schuld, Semir, ich weiß einfach nicht mehr, was ich machen soll.“ – „Beginne doch einfach damit, mir alles zu erzählen.“ Er war schon sehr gespannt, welchen wichtigen Mist Kemal gebaut hatte, dass er deshalb ausgerechnet zu ihm gekommen war und noch dazu um diese Uhrzeit.

    Und Kemal begann zu reden:

    „Es begann vor zwei Jahren. Ich brauchte dringend Geld, das Geschäft lief nicht so gut, das Fenster war undicht, die Heizung hatte schlapp gemacht, eine Maschine musste ausgetauscht werden und noch so einiges. Die Bank wollte mir keinen Kredit mehr geben. Ich hatte keine Sicherheiten und meine Kreditwürdigkeit war herabgesetzt durch einen Schufa-Eintrag.“

    „Warum warst du nicht kreditwürdig?“, fragte Semir nach und bekam jetzt die Geschichte seines Neffen präsentiert, die ihn etwas an seine eigene Jugend erinnerte. Kerim hatte mit einem Kumpel einen teuren Wagen geknackt und auf einer Spazierfahrt zu Schrott gefahren.

    „Er ist quasi in die Fußstapfen seines Onkels getreten“, bemerkte Kemal. „Mit dem einen Unterschied, “, antwortete Semir, „dass er sich hat erwischen lassen“, lautete seine Reaktion darauf. Unter anderen Umständen hätten sie darüber gelacht, aber Kemal blieb sehr ernst. Er und der Vater des Freundes seines Sohnes hatten natürlich den Schaden zu ersetzen. Die monatlichen Abzahlungen würden ihn noch drei Jahre begleiten. „Einen weiteren Kredit von der Bank bekam ich somit nicht. Also suchte ich privat und fand Leo. Er lieh mir 15.000 Euro, in bar.“

    „Leo?“ Der Name war Semir am heutigen Tag so oft untergekommen, dass er einfach nachfragen musste, „Leonard Kunze?“ – „Den Nachnamen weiß ich nicht. Ich habe ihn persönlich nie kennengelernt, bis heute kenne ich nur den Namen Leo. Das Geld brachte Murat Yilmaz zu mir, und der holt auch die Raten bei mir ab. 400 Euro pro Monat. Zinsen natürlich höher als bei der Bank, ist ja klar. Aber noch akzeptabel. Das ging problemlos bis vor ein paar Monaten. Und mein Laden lief nach der Investition auch besser. Vor etwa 10 Wochen kam Murat zu mir und sagte, er müsse leider die Raten und Zinsen erhöhen. Es sei denn … ich wäre zu einer kleinen Gefälligkeit bereit.“

    „Was für eine Gefälligkeit?“, fragte Semir seinen Bruder, „was solltest du für ihn tun?“ - „Das, was ich in meinem Laden halt mache, Schlüsselkopien, ganz einfach. Er brachte mir Schlüssel und ich kopierte sie, ohne mir die Berechtigungsscheine vorlegen zu lassen, Autoschlüssel, Haustürschlüssel, Firmenschlüssel, Tresorschlüssel, alles was ging. Ich ging schon davon aus, dass sie damit Einbrüche und Diebstähle begehen, und ich mich mit strafbar machte, und mir war bestimmt nicht wohl bei der Sache, das kannst du mir glauben. Aber mich zu weigern, wäre mein Ruin gewesen. Meine Familie und ich sind doch von dem Geschäft abhängig. Aber jetzt wollte ich aussteigen und sie fingen an mich zu bedrohen. Sollte ich mich weigern weiter mitzuarbeiten, oder sollte ich zur Polizei gehen, würden sie meiner Familie etwas antun.“

    An dieser Stelle stoppte Kemal mit seiner Erzählung und Semir merkte, dass ihm die nächsten Worte schwer fielen. „Und, Semir, mit „meiner Familie“ meint Murat meine ganze Familie, also auch euch, er hat mir diese Fotos gezeigt und gesagt: ‚Du kannst nicht alle schützen, Gerkan‘. Ich habe Halime und Kerim daraufhin in die Türkei geschickt.“
    Und Kemal legte Fotos auf den Tisch, die Semir das Blut in den Adern stocken ließ: Ayda und Lilly vor dem Haus, Andrea und er selbst auf der Auffahrt. Die Bilder konnten erst wenige Tage alt sein, die Jacke hatte Andrea Lilly erst kürzlich gekauft. „Wenn er euch oder deinen Töchtern etwas antut, damit könnte ich nicht leben, Semir.“ Kemal begrub sein Gesicht in seinen Händen und rieb sich die Augen.

    Semirs Schockstarre löste sich erst, als er Andreas Stimme hinter sich wahrnahm.

    *****

    Schon die Türklingel hatte Andrea geweckt, und sie drehte mich im Bett um, um nach Semir zu sehen. Aber der war noch gar nicht im Bett gewesen. Die Leuchtziffern des Weckers zeigten 01:07. ‚Besuch, so spät?‘, dachte sie, war sich aber sicher, dass Semir unten die Sache schon regeln würde. Doch kurz vor dem Eindösen nahm das Gespräch unten einen anderen Tonfall an und nun drang deutlich Kemals Stimme bis ins Schlafzimmer. Die Neugier trieb Andrea aus dem Bett, ja es war reine Neugier, da hört man ewig nichts von Semirs Bruder, und dann kommt er so spät zu Besuch?

    Sie zog sich Hausschuhe und Bademantel über, schlich die Treppe zum Wohnzimmer hinunter und hörte noch, wie Kemal sagte: „Wenn er euch oder deinen Töchtern etwas antut, damit könnte ich nicht leben, Semir.“

    Andrea stand auf der untersten Treppenstufe, hörte diesen Satz und begann schlagartig zu zittern. Ihr wollten die Beine versagen und sie hielt sich krampfhaft am Treppengeländer fest. „Was sagst du da, Kemal? Wer wird unseren Kindern etwas tun?“, fragte sie mit bebender Stimme. Semir und Kemal fuhren auf dem Sofa herum, sie hatten erst durch diese Frage Andreas Anwesenheit mitbekommen. Semir war mit zwei schnellen Schritten bei ihr und versuchte sie zu beruhigen, indem er sie in den Arm nahm und flüsterte „Niemand, Andrea! Niemand wird ihnen etwas tun“, seine Stimme wurde fester, „niemand!“


    http://www.youtube.com/watch?v=fN14c8ri00E

    Jetzt ist Ben also endlich von der Betonspitze runter! (Das häten sie doch auch gleich haben können ... Nein, ist schon okay, dass sie es erst anders probiert haben). Der Transport in die Klinik kann starten, und zurück bleiben völig fertige Helfer, Sarah und Semir. Die werden sicher auch einige Zeit an der Aktion zu knabbern haben.

    Übrigens habe ich A+, falls davon was benötigt wird, ich fülle gerne einen Beutel ab!

    Das ist gerade noch einmal gut gegangen.
    Und die Verlegung von Ben ist auch geklärt und steht kurz bevor.

    Ach Ellie, einen kleinen Fehler hast du gemacht, du hast geschrieben, Ben stürzt sich auf Ben - vielleicht änderst du das ab?

    Und Ben scheint Alex Brandt zu kennen oder schon mal was von ihm gehört zu haben? Weiß Alex eigentlich, dass sein Vorgänger Ben Jäger ist und kennt er ihn auch?

    Ich lese die Kapitel meistens auf dem Weg zur Arbeit auf dem Handy oder, wenn ich noch Zeit habe, vorher zu Hause.

    Jetzt haben sie sich doch dazu entschlossen, ihn vom Beton runter zu heben, um die Blutung zu stillen? Was für ein Drama.
    Ein eigenes Krankenhaus wäre wirklich langsam angebracht, ambulant oder für Kurzaufenthalte schicke ich dann auch mal jemanden vorbei ...

    Donnerstag, 22:00 Kemal

    Als Murat ihm am Dienstag die Fotos von Semirs Familie zeigte und drohte, ihr etwas anzutun, blieb Kemal fast das Herz stehen. Er hatte seinen Bruder schon seit über einem Jahr nicht mehr gesehen. Sie hatten sich zwar wieder vertragen, sich aber wieder aus den Augen verloren, der Kontakt beschränkte sich eher auf zufällige Treffen. Wie war Murat nur auf ihn gekommen? Murat war kein Mann, der blufft, was er sagte, konnte und sollte man auch glauben. So würde es nicht bei der Drohung allein bleiben, wenn er nicht weiter spurte. Da seine eigene Frau und sein Sohn noch für einige Wochen in der Türkei sein würden, hatte er sich einfach die nächsten Verwandten gesucht.

    Langsam machte sich in ihm die Erkenntnis breit, dass von seinem Verhalten nicht nur sein eigenes Leben, sondern auch das Unschuldiger und sogar das von zwei kleinen Kindern abhängen könnte. Er brauchte fast zwei Tage, um seine Gedanken halbwegs zu sortieren und kam schließlich zum Entschluss, Semir aufzusuchen. Auf keinen Fall durfte er zulassen, dass sein Bruder unvorbereitet auf Murat oder einen seiner Handlanger trifft. Semir würde sich wohl noch zu wehren wissen, aber dass Andrea oder seinen Nichten etwas Derartiges passiert, das konnte er auf keinen Fall zulassen. Er würde heute noch zu ihm fahren und mit ihm reden. Er hätte es gleich am Dienstag machen sollen, aber das war nun nicht mehr zu ändern.

    Da er fürchtete, man könnte ihn beobachten, schlich er sich erst am späten Abend aus seinem Haus und strich einig Zeit um die Häuser, ehe er ein Taxi anhielt, welches ihn auf Umwegen in die Nähe von Semirs Haus brachte. Von dort ging er dann wiederum zu Fuß weiter, auch um sicher gehen zu können, dass ihm keiner folgte. Kurz vor 1:00 Uhr am Freitagmorgen stand er vor der Haustür seines Bruders und klingelte.


    Zugegeben, das war ein sehr kurzes Kapitel, dafür wird die Pause umso länger, und morgen gibt es wieder mehr zu lesen.

    http://www.youtube.com/watch?v=geTnK7dQ-HM