Beiträge von Yon

    Innenstadtrevier


    Vom Neumarkt aus war es nicht weit zum Innenstadtrevier der Kölner Polizei. Semir stellte den BMW auf den Dienstparkplatz und betrat das Revier. „Jensen! Mit dir habe ich heute Nacht nicht gerechnet. Du hast heute Nachtdienst?“ Jens Jensen, der Angesprochene, hob seinen Kopf in Richtung Tür und erkannte Semir, mit dem er schon öfters zu tun gehabt hatte.


    „Wonach sieht es denn wohl aus, Semir? Bist du unter die Nachtschwärmer gegangen? Oder ist das deine neue Dienstkleidung?“ Dabei musterte er Semirs Anzug, den er immer noch trug. Semir schmunzelte, sagte dann aber: „Nein, Jens, die Sache ist ernst. Eine Klassenkameradin unserer Nachbarin wird seit einigen Stunden von ihren Eltern vermisst. Ich dachte, du könntest schon mal euren Streifen das Foto schicken, damit sie ihre Augen nach ihr offen halten. Vor allem hier in der Innenstadt, sie war bis um kurz nach 22:00 Uhr am Neumarkt auf einer Geburtstagsfeier. Sie heißt Sophie Ziegler, ist sechzehn Jahre alt, blond und bekleidet mit einer roten Jacke, einer bunten Bluse, schwarzem Rock und schwarzer Leggings sowie Stiefeln.“


    „Das kann ich gerne tun. Wir brauchen aber eine Vermisstenanzeige.“ – „Die Eltern wollten bis morgen warten. Vielleicht übernachtet sie ja doch bei einer Freundin oder einem Freund oder kommt doch noch heute Nacht nach Hause. Ich wollte mich nur vorab mal umhören.“ – „Kann ich verstehen, ist deine Tochter nicht auch in dem Alter?“ – „Dana? Ja.“ Semir nickte nachdenklich, „sie wird Sonntag sechzehn.“


    Dana, Semirs Tochter aus einer früheren Beziehung, wohnte seit dem gewaltsamen Tod ihrer Mutter und ihres Stiefvaters ebenfalls bei Andrea und Semir. „Was macht Dana denn jetzt?“, fragte Jensen interessiert, während er das Foto von Semirs Handy an die Streifenwagen verteilte und die Beschreibung in die Tastatur tippte, „geht es ihr gut?“ – „Wie man’s nimmt. Sie macht seit einer Woche ein Praktikum in einem Hotel in Aachen, das ihr Alex‘ Freundin vermitteln konnte, vorgestern war sie noch begeistert, mal sehen, wie das nach den zwei Wochen aussieht.“ – „Ist sie denn schon fertig mit der Schule?“ – „Nächstes Jahr, wenn sie nicht noch weiter zur Schule gehen will. Habt ihr Kontakt zur Buszentrale?“, kam Semir zum Fall zurück.“ – „Ich kann dir eine Telefonnummer geben, Semir. Aber persönlich kenne ich dort keinen.“ Jensen zog aus seiner Schreibtischschublade ein dickes Notizbuch hervor. „Hier“, er drehte das Buch so, dass Semir die Telefonnummer lesen und in sein Handy eingeben konnte. Er lauschte dem Klingelzeichen und anschließend dem Beschäftigten in der Buszentrale.


    „Guten Abend. Mein Name ist Semir Gerkan von der Polizei. Ich rufe in einer Vermisstenangelegenheit an und müsste mit einigen Ihrer Busfahrer sprechen … Linie 136, 22:07 Uhr ab Neumarkt und die folgenden zwei Busse … Ja, okay, ich werde da sein, Sie haben mir sehr geholfen … Ach, noch eine Frage, haben Sie Videoüberwachung in den Bussen? Das ist gut, ich muss die Aufzeichnungen der Linie 136 sehen, ich komme vorbei.“


    Auf den fragenden Blick des Revierleiters erläuterte er: „Die Busfahrer sind alle bis um 2:30 Uhr, 2:45 Uhr und 3:00 Uhr im Dienst und kommen dann zur Zentrale, ich werde sie dort befragen und mir vorher dort die Videoaufzeichnungen ansehen.“ – „Ich hoffe, du hast Erfolg, Semir“, sprach Jensen dem Hauptkommissar Mut zu, „sag Bescheid, wie es gelaufen ist. Viel Glück!“ – „Danke, Jens, bis später.“

    Ich kann es den amerikanischen Beamten nicht verdenken, dass sie Semir nicht glauben. Seine Geschichte klingt ja auch sehr weit hergeholt, aber eigentlich sollte sich seine Identität doch schnell aufklrären lassen, schließlich wird er in Deutschland vermisst und schon gesucht. Aber warum verabschiedet er sich denn gleich von seinen Zellenkollegen, und sagt nicht erst mal Hallo? Denn gleich wieder gehen kann er ja nicht.

    Der Trailer hat eindeutig noch mehr Humor. Man war mit Vinzenz auf einem sehr guten Weg, auch etwas lockerer zu werden. Die Entscheidung seitens RTL war extrem voreilig!

    Vor allem, wenn das für RTL zu wenig Humor war, dann graut es mir vor dem, was sich RTL unter "mehr Humor" vorstellt.

    Marcel


    Semir verabschiedete sich von Andrea und machte sich auf die Suche nach der vermissten Jugendlichen. Auf dem Weg zu seinem Auto überlegte er sich einen Plan. Zunächst wollte er Marcel aufsuchen und fragen, ob Sophie auf der Geburtstagsparty etwas gesagt hatte. Anschließend, falls er dort keinen Hinweis auf einen möglichen Aufenthaltsort erhielte, stünde ein Besuch bei seinen Kollegen im Innenstadtrevier auf dem Programm.


    Marcels Geburtstagsfeier war noch in vollem Gang, als Semir vor dem Geschäft am Neumarkt seinem BMW entstieg. Marcel war 18 geworden, seine Eltern nicht zuhause, das nutzte der junge Mann aus, mit seinen Freunden und Mitschülern eine große Party zu feiern, auf der auch der Alkohol in nicht geringen Mengen seinen Weg durch die Kehlen der Anwesenden fand. Musik drang bis auf den Gehsteig hinaus.


    Semir bahnte sich seinen Weg zur offen stehenden Wohnungstür durch ein Spalier halbwüchsiger Jugendlicher, die ihn bereits im Treppenhaus mit den Worten begrüßten: „Was wollen Sie denn hier? Jemanden abholen?“ Einer fragte laut in Richtung Wohnung: „Hat einer von euch seinen Vater hergerufen oder ein Taxi bestellt?“ Vereinzelte Stimmen waren zu hören: „Nein“ – „Ich lass mich doch nicht von meinem Alten abholen“ – „Gib ihm ein Bier und komm wieder rein, Marcel!“, gefolgt von vielstimmigem Gelächter, das Ganze untermalt von lauter Hip-Hop oder Rap-Musik, da kannte sich Semir nicht so genau aus. „Ich lass doch nicht jeden in die Wohnung meiner Eltern. Wer sind Sie und was wollen Sie?“, fragte der großgewachsene Schwarzhaarige.


    Semir kramte seinen Ausweis hervor. „Gerkan, Kriminalpolizei“, den korrekten Anhang „Autobahn“ verkniff er sich, dieser Ausdruck entlockte schon stocknüchternen Menschen hämische Bemerkungen, „sind Sie Marcel Retzow? Kann ich kurz reinkommen?“ – „Polizei? Hat sich die olle Schnepfe von unten wieder mal wegen der Musik beschwert?“ – „Ich würde es ihr nicht verübeln, aber deshalb bin ich nicht hier. Machen Sie sie trotzdem einen Moment lang aus, ich habe etwas mit Ihnen zu besprechen.“ – „Und wenn nicht?“, fragte Marcel von oben herab, trat aber einen Schritt zur Seite und ließ Semir vorbei. „Joscha, mach‘ mal die Musik leise, wir haben die Polizei im Haus.“
    Im Wohnzimmer scharten sich sieben oder acht Jugendliche um Semir. Polizei, noch dazu Kriminalpolizei kannten sie alle bislang nur aus dem Fernsehen. „Es geht um Sophie Ziegler“ – „Welche Sophie?“ – „Mensch Markus, das war doch die süße Blondine, mit der du getanzt hast.“ – „Ach, die hieß Sophie?“ Die jungen Männer redeten wirr durcheinander. Semir zog sein Handy aus der Tasche und zeigte ihnen das Foto des Mädchens.


    Auf der Party hatten sich mehrere Freundeskreise getroffen, die sich untereinander nicht alle kannten. Aber jetzt wussten alle, wen er meinte, und Semir bekam endlich nützliche Informationen. „Sophie ist schon vor zehn Uhr gegangen, sie wollte zum Bus und nach Hause, um keinen Ärger mit ihren Eltern zu bekommen.“ – „Ist sie alleine gegangen?“, fragte Semir. „Nein, mit Tina. Die beiden hängen ja immer zusammen.“ – „Hatte sie was getrunken?“ – „Sie war nicht betrunken, wenn Sie das meinen, aber das eine oder andere Gläschen hatte sie wohl schon intus.“ – „Wissen Sie, ob Tina und Sophie den gleichen Heimweg hatten, wohnen beide auf derselben Ecke?“ – „Das weiß ich nicht, aber sie sind gemeinsam gegangen, soviel kann ich Ihnen sagen.“


    Semir ließ sich noch die Personalien der letzten Partygäste geben, verabschiedete sich und verließ die Wohnung am Neumarkt.

    Klassisches Ende


    „Okay, Frau Ziegler. Ich sage Ihnen jetzt genau, was wir machen. Sie bleiben bitte zuhause und falls Sophie nach Hause kommt, dann rufen Sie mich bitte sofort an. Ich gebe Ihnen gleich meine Handynummer. Dann spreche ich mit meinen Kollegen und gebe ihnen das Foto und die Beschreibung. Anschließend werde ich versuchen, den Weg Ihrer Tochter nachzuvollziehen und auch den Busfahrer zu befragen. Wir werden Ihre Tochter finden, Frau Ziegler. Haben Sie etwas zu schreiben da?“ Semir diktierte der aufgelösten Mutter seine Handynummer, „Haben Sie?“ – „Ja, Herr Gerkan, danke für ihre Hilfe. Es reicht doch, wenn ich zuhause bleibe? Mein Mann kann weiter zur Bushaltestelle gehen? Vielleicht kommt Sophie ja doch noch?“ – „Das ist kein Problem, aber er sollte erreichbar sein. Ich melde mich später noch mal. Bis dann!“


    Semir gab Nadine ihr Handy zurück. „Macht deine Freundin das öfters, dass sie nicht nach Hause kommt, sich verspätet oder bei anderen übernachtet?“, fragte er die Jugendliche. „Sophie ist nicht meine Freundin. Wir gehen zusammen in eine Klasse, das war es dann aber auch schon. Aber sie ist eigentlich nicht der Typ, der nicht nach Hause fährt. Ihre Eltern passen da wohl auch sehr drauf auf.“ – „Nicht deine Freundin? Warum hat ihre Mutter dann bei dir angerufen?“ – „Ich glaube, sie wird die ganze Klassenliste durchtelefonieren. Ich stehe ganz unten auf der Liste, sie ist ja alphabetisch. Wir haben bei uns unten auch eine Liste liegen.“ – „Warst du auch zu dieser Geburtstagsparty eingeladen, Nadine? Und Dana? Bei diesem Marcel?“ – „Ja, aber da hatte ich schon bei Ihnen zugesagt und Dana ist ja gerade in Aachen und – ehrlich gesagt – so richtig große Lust hatte ich auch nicht“, antwortete Nadine. „Warum das denn nicht?“ – „Ach, die ganze Cliquenwirtschaft dort gefällt mir nicht, wenn man nicht in der Clique ist, steht man blöde rum.“ – „Du gehörst nicht zur Clique?“ – „Herr Gerkan, ich habe gute Freunde, ich brauche keine Clique.“ Diese Aussage ließ Semir stutzen. Der Unterschied von Freunden und Clique war ihm so nicht bewusst. „Die Clique sind keine Freunde?“ Nadine lachte auf. „Naja, mit der Clique kann man alles unternehmen, mit Freunden auch über alles reden, das ist der Unterschied.“


    „Wärst du hingegangen, wenn du nicht bei uns eingehütet hättest?“, fragte nun Andrea. „Ja, ich glaube schon, aber sicher nur kurz.“ – „Kannst du mir die Adresse von diesem Marcel geben? Wie heißt er weiter?“ – „Retzow, Marcel Retzow, er wohnt direkt am Neumarkt, die genaue Anschrift weiß ich nicht, aber es ist direkt über diesem Teppich- und Tapetengeschäft.“ – „Gut. Nadine, ich glaube du kannst dann jetzt nach Hause. Ach!“, Semir schlug sich mit der Hand an die Stirn, „du bekommst ja noch Geld. Andrea, hast du noch Geld?“


    Andrea suchte aus ihrer Handtasche ihr Portemonnaie und gab Nadine ihren Lohn für den Abend. Die Nachbarstochter bedankte sich und wandte sich zum Gehen. In der Tür drehte sie sich noch einmal um. „Kann ich morgen nachfragen, was Sie rausgefunden haben?“ – „Natürlich, Nadine. Wollen wir hoffen, dass Sophie von sich aus den Weg nach Hause findet.“


    Als Andrea und Semir alleine waren, zuckte er entschuldigend mit seinen Schultern. „Ich hätte mir den Ausklang unseres Hochzeitstages etwas anders vorgestellt. Aber du siehst ein, dass ich dem nachgehen muss?“ – „Natürlich, Semir. Wenn ich mir vorstelle, was die Eltern jetzt durchmachen … Sieh zu, dass du Sophie nach Hause holst. Unser Abend hat klassisch begonnen, warum sollte er nicht auch klassisch enden?“

    Da ist Semir doch mit seinem Trick durch die Tür gekommen und befindet sich jetzt mitten in New York. An das Getümmel in der Stadt kann ich mich gut erinnern, aber das morgendliche Umsteigen am Hamburger Hauptbahnhof von der RB in die S-Bahn kann da durchaus mithalten.

    eigentlich ist es doch genau andersrum, oder nicht?


    "Zentrale für Cobra 11": Das Cobra11-Team will etwas von der Zentrale
    "Cobra 11 für Zentrale": Die Zentrale will etwas vom Team


    OT: @Actionheld 2.0 Findest du deine Signatur nicht ein bisschen zu groß?

    Wirklich weiter gebracht hat das Gespräch mit Annie den Ermittler nicht. Noch hat er nichts zur Sturmfront erfahren. Aber zumindest haben sie ihn nicht als "Feind" empfangen. Vielleicht kann er das Vertrauen von Annie noch so weit stärken, dass sie ihm Details anvertraut, obwohl er jetzt ein "steuernzahlender Spießbürger" geworden ist.