Urlaub?
„Ich möchte, dass du und Kerim zu deinen Eltern nach Izmir fahrt“, sagte Kemal zu seiner Frau, die in der Küche am Tisch saß und mit der Herrichtung des Abendessens beschäftigt war, „und das möglichst in den nächsten Tagen schon.“ – „Aber es sind doch gar keine Ferien. Kerim muss zur Schule“, entgegnete diese, ohne von ihrer Arbeit aufzublicken. Als dieser nicht reagierte, blickte sie jetzt doch ihren Mann an, der sich an den die Küchenzeile gelehnt hatte. Er sah entschlossen aus. Es war sein Gesichtsausdruck, der sie das Messer weglegen ließ, sie war jetzt zu einhundert Prozent bei der Sache „Was ist los? Warum sollen wir weg?“, fragte sie Kemal.
„Murat war eben wieder da. Halime, ich halte es nicht mehr aus. Ich möchte aus der Sache aussteigen. Vielleicht werde ich auch die Polizei einschalten. Und das könnte dann gefährlich werden. Denn wenn hier auch nur ein Streifenwagen mehr unterwegs ist, als sonst, werden die mich gleich in Verdacht haben.“ – „Aber wäre es dann nicht besser, du würdest mit uns kommen? Lass uns zusammen gehen!“ Kemal schüttelte seinen Kopf. „Dann hört es doch nie auf. Ich möchte hier mit euch in Frieden leben können, den Kredit zurückzahlen, aber in Geld, hörst du? Ich muss mich der Sache stellen. Aber die Schlüsselkopien, die ich für Murat anfertige, das geht nicht, ich mache mich die ganze Zeit strafbar, und lange wird das nicht gutgehen. Wenn ich nicht in den Knast wandern will, muss ich jetzt bald reinen Tisch machen“, erklärte er seiner Frau. Diese überlegte noch einige Minuten, kam aber nicht auf eine Idee, mit der sie ihren Mann von seinem Entschluss hätte abbringen können. So stimmte sie schließlich zu. „Okay, Kemal, wir gehen in die Türkei. Aber ich lasse dich nicht gerne hier zurück, mir ist nicht wohl bei der Sache. Du legst dich mit mächtigen Leuten an und wirst dich bei ihnen sehr unbeliebt machen. Das werden die nicht mit sich machen lassen.“ – „Und gerade deshalb will ich dich nicht hier wissen.“ Er senkte den Kopf.
Halime stand auf und trat zu ihrem Mann, der sie in seine Arme schloss. „Aber versprich mir, vorsichtig zu sein, hörst du?“, bat sie ihn noch.
Bereits am folgenden Tag ging Kemal in ein benachbartes Reisebüro und buchte einen Flug für seine Frau und seinen Sohn in die Türkei. Als er am Telefon seinen Schwiegereltern vom anstehenden Besuch ihrer Tochter und ihres Enkels erzählte, wunderten sie sich zwar über den ungewöhnlichen Zeitpunkt außerhalb der Ferien, freuten sich aber auf den Besuch.
Drei Tage später war Kemal allein in seiner Wohnung.