Beiträge von Yon

    Also ich finde 800€ nicht besonders viel für eine Schicht an der Tankstelle. Da bräuchten ja nur zehn Fahrer größerer Wagen bar gezahlt zu haben, dann der Umsatz im Snack- und Kaffee-Bereich, da kommt sicher einiges zusammen.

    Gibt es Verbindung zwischen den beiden Fällen? Es wurde jeweils Geld erbeutet und eine Puppe hinterlassen, aber waren die Opfer zufällig gewählt?

    Erledigt

    Ben und Alex fuhren auf der leeren, linken Fahrspur der A4 der LKW-Blockade entgegen. Von Semir keine Spur. Am Rand stand ein schwarzer Mercedes Geländewagen mit offener Fahrertür. Ben lenkte seinen Mercedes auf die Standspur und hielt an. Wo war Semir? Dann wies Alex auf die schwarzen Spuren auf dem Asphalt, die auf frischen Gummiabrieb hindeuteten und die sich auf dem Rasen vor der Böschung in tiefen Furchen fortsetzten. Die beiden Hauptkommissare machten sich auf den Weg. Instinktiv zogen und entsicherten Ben und Alex ihre Waffen. Sie atmeten erleichtert auf, als sie Dana und Semir lebendig vorfanden, als plötzlich ihr Blick den des Mannes traf, der sich wieder zu regen begann und erneut seine Waffe erhoben hatte. „Semir, Dana, runter. Er bewegt sich wieder!“

    Der Verletzte spürte, dass er getroffen war, aber er war noch nicht tot und auch nicht gewillt, die Reise ins Jenseits ohne sein Opfer anzutreten, also raffte er sich wieder auf und zielte mit seiner Waffe erneut in die Richtung, in die er vorher auf Semir und Dana geschossen hatte. Semir drückte Dana wieder zu Boden und stöhnte unter den Schmerzen auf, die diese Bewegung seinem Arm bereitete. Eine Kugel pfiff dicht über ihren Köpfen hinweg. Fast gleichzeitig schoss Alex und versenkte ein Projektil in den Oberkörper des Attentäters. Dieser ließ seine Waffe fallen und presste die Hand auf die frische Wunde in seiner Brust. Alex benötigte nur wenige Sekunden, bis er bei ihm war, die Pistole sicherstellte und sein Handy zückte, um einen Rettungswagen zu alarmieren.

    Ben kümmerte sich in der Zwischenzeit um Semir und Dana und half seinem Freund auf die Beine. „Was ist mit deinem Arm? Dana? Bist du in Ordnung?“ – „Das war in letzter Sekunde, Ben. Danke, Partner. Mein Arm ist ausgerenkt, denke ich, wird schon wieder.“ – „Dann bringe ich euch von hier weg. Alex! Ich bringe Semir zu einem Arzt, der ihm die Schulter wieder einrenkt. Der Kerl wehrt sich nicht mehr, oder? Lass Sascha kommen für den BMW und den Mercedes.“ Alex nickte. „Geht klar, ich räume mal wieder auf. Das nächste Mal bist du dran!“

    Ben half Semir und Dana die Böschung hinauf. Noch bevor sie den Mercedes erreichten, hörten sie Alex laute Stimme. Dieser stand breitbeinig mit seiner Waffe im Anschlag neben dem Verletzten und blickte dem Schwerverletzten in die braunen Augen. „Ich verhafte Sie wegen Mordes an Uwe Neugebauer und Thorsten Ramm, versuchten Mordes an Kim Krüger, Semir Gerkan und Dana Wegner, schwerer Körperverletzung, gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr, Sachbeschädigung…“ Ben musste schmunzeln. Als sie oben auf der Autobahn ankamen, war aus der Ferne schon die gerufene Verstärkung, sowie RTW und Notarztwagen zu hören. Semir ließ sich auf den Beifahrersitz fallen, ehe einer der Sanitäter seine Schmerzen erkennen konnte. Ben schickte den Streifenwagen gleich weiter zur LKW-Blockade und wies den Notarzt und die Sanitäter kurz ein.

    Semir streckte seinen linken Arm aus und nahm das Funkgerät. Auf jede Funkdisziplin pfeifend sprach er hinein: „Susanne? Wir kommen mit Ben jetzt zur PAST.“ Statt Susanne antwortete Andrea, die ihrer Freundin in den letzten zwanzig Minuten nicht von der Seite gewichen war. „Semir! Gott sei Dank! Bist du in Ordnung? Und Dana auch?“ – „Ja, sind wir, wir kommen in die PAST, Andrea“, beruhigte Semir seine Frau. „Ist er nicht und kommen wir nicht“, berichtigte Ben, der zwischenzeitlich hinter dem Steuer Platz genommen hatte, seinen Partner, „Semir hat sich die Schulter ausgekugelt, ich bringe ihn ins Marienkrankenhaus und dann erst zur PAST.“ – „Das ist nicht nötig, Ben“, widersprach Andrea, „ich komme ins Marien und hole sie dort ab.“

    Danas Sekunde

    Susanne hatte die Zentrale der PAST übernommen, weil alle Streifenwagen unterwegs waren, zum großen Teil bei der Großkontrolle oder anderweitig auf der Autobahn. Sie legte gerade ihren Telefonhörer auf die Gabel und griff zum Funkgerät. „Cobra 11 für Zentrale!“ ‚Die Jungs werden sich bestimmt freuen, wenn ich sie von der Kontrollstelle wegschicke‘, dachte sie bei sich, und wiederholte ihren Ruf, dann meldete sich Alex. „Susanne, was gibt es?“ – „Auf der A4 hat ein Autofahrer eine Blockade durch zwei LKW-Fahrer gemeldet, die keinen Wagen an sich vorbei lassen. Könnt ihr euch darum kümmern.“ – „Nichts lieber als das, Susanne, so kommen wir endlich hier weg.“

    Inzwischen hatte Andrea mit Ayda und Lilly die PAST erreicht und ging gleich zu ihrer Freundin. „Andrea, schön dich mal wieder zu sehen. Semir ist noch unterwegs.“ Sie begrüßte Semirs Frau mit einer innigen Umarmung, auf die auch Ayda und Lilly mittlerweile bestanden. Da ertönte plötzlich Semirs aufgeregte Stimme aus dem Lautsprecher. „Cobra 1 an Zentrale, wir werden angegriffen, brauche dring..…“ Anstelle des Endes des Satzes drangen nun ein lauter Knall und das Geräusch knirschenden Blechs und quietschender Reifen an die Ohren der beiden Frauen. Susanne und Andrea starrten sich einen Augenblick entsetzt an. „Semir, was ist los? Melde dich!“, versuchte Susanne. Doch er war nicht mehr zu hören. „Semir!“, entfuhr es nun auch Andrea.

    „Cobra 11? Semir braucht Hilfe, ihr müsstest auf dem Weg zur Blockade an ihm vorbei kommen.“, gab sie den Semirs Notruf mit einem Blick auf die Karte auf ihren Monitor weiter. Andrea musste sich setzen und war nur einen Moment froh, dass ihre Töchter schon in das Büro ihres Vaters gelaufen waren, um auf dem Drehstuhl Karussell zu spielen. Sie blickte fassungslos in Susannes Gesicht und schüttelte langsam ihren Kopf. Gemeinsam starrten sie auf das Funkgerät, aus dem jetzt allerdings kein Ton mehr kam. Susanne versuchte noch mehrmals, Semir anzufunken, ohne Erfolg, dann alarmierte sie die Kollegen. „Cobra 11 für Zentrale. Beeilt euch, wir haben den Kontakt zu Semir verloren."

    An diesem Autobahnabschnitt waren rechts keine Leitplanken angebracht. Stattdessen zog sich neben der Standspur ein breiter Rasenstreifen entlang, bevor die Böschung der Autobahn steil abwärts einige Meter zu einem Feldweg und dahinter liegenden Getreidefeldern führte. Auf der Böschung wuchsen vereinzelte Büsche und junge Bäume. Qualm drang durch die Ritzen der Motorhaube hervor, als der Motor des Dienstwagens erstarb. Semir schlug verbissen auf das Lenkrad: „Nein, nicht jetzt!“ Er versuchte zu starten, aber der Wagen sagte keinen Ton mehr. Sein Angreifer fuhr mit seinem Geländewagen noch 30m weiter und wendete dann. Aus dem Lautsprecher drang Susannes aufgeregte Stimme: „Semir, was ist los bei euch? Ben und Alex sind auf dem Weg. Sag doch was!“ Doch Semir blieb die Antwort im Halse stecken. Er sah den Mercedes drohend vor sich, und dann fiel es ihm plötzlich auf: Warum war die Autobahnseite hier komplett frei? Sie hatten doch gerade eben noch Autos und sogar einige LKW überholt. Doch Zeit, sich darüber den Kopf zu zerbrechen, blieb ihm nicht. Der Motor seines Gegners heulte auf, dann setzte sich der schnelle Wagen in Bewegung. „Raus! Dana, wir müssen raus!“

    Er öffnete seinen Gurt und zog an seinem Türgriff. Nichts. Der Aufprall des schweren Wagens hatte die Fahrerseite des BMW so verbeult und verzogen, dass sich die Fahrertür nicht mehr öffnen ließ. „Dana, beeil dich, wir müssen deine Seite benutzen!“

    Dana stieg aus und beeilte sich, vom Wagen wegzukommen. Sie rannte die Böschung hinab auf den kleinen Feldweg zu und kauerte sich hinter einen kleinen Strauch. Hinter ihr hörte sie einen lauten Knall, als der Mercedes den Dienstwagen ihres Vaters traf und über die Böschung katapultierte. Sie schaute dem BMW hinterher, der sich mehrfach überschlug und schließlich auf dem Dach liegen blieb. Suchend drehte Dana sich um, doch von Semir war keine Spur zu sehen. „Papa?“

    Sie rappelte sich auf und lief in Richtung des Wagens. War Semir nicht rausgekommen? In Dana kam Panik auf, als oben auf der Straße dem Geländewagen ein Mann entstieg und sich ebenfalls auf den Weg die Böschung hinab zum BMW machte, um sein Werk zu vollenden. In seiner Hand war deutlich eine Waffe zu erkennen. Dana wollte schreien, doch ihr Hals war wie zugeschnürt. Was, wenn der Kerl auch auf sie schoss?
    Dann erregte etwas in einem kleinen Gebüsch auf halbem Weg die Böschung hoch, noch etwa 30m vom Wrack des BMW ihre Aufmerksamkeit. Dort lag etwas und sie schaute genau hin. Erleichterung machte sich in ihr breit. Semir muss doch noch über den Beifahrersitz aus dem Wagen entkommen oder herausgeschleudert worden sein. Mit wenigen Schritten war Dana bei ihrem Vater und ging neben ihm in die Knie. „Papa, wach auf, er ist noch da! Papa! Er wird uns erschießen! Ich habe Angst!“ Semir war nicht bewusstlos, ihm war nur einen Augenblick vor Schmerz schwarz vor Augen geworden. Er konnte seinen rechten Arm nicht bewegen, jeder Versuch wurde mit einer Schmerzattacke bestraft. „Dana“, stieß er aus, „bist du in Ordnung? Wo ist er?“ – „Bei deinem Auto. Er hat eine Pistole!“ – „Du musst mir meine Waffe geben, ich kann meinen Arm nicht bewegen.“ Semir lag auf dem Bauch und verlagerte sich jetzt so, dass er in Richtung seines Wagens blickte. Dana zog seine Waffe aus dem Holster und legte sie in Semirs linke Hand. Er entsicherte die Pistole einhändig und machte sich bereit.

    Ihr Gegner wandte sich, als er den BMW leer vorfand, suchend um und machte sich auf den Weg in Danas und Semirs Richtung. Da der Bewuchs nur spärlich war, entdeckte er die beiden nach kurzer Zeit. Dana presste sich neben Semir auf den Boden. Schon peitsche ein Schuss knapp vor ihnen in den Boden und schickte eine kleine Grassode in die Luft. „Nun mach doch was, Papa!“ Semir versuchte zu zielen und abzudrücken, aber auch seine linke Hand gehorchte ihm nicht, sie begann vor Schmerz zu zittern, ihm fiel die Pistole aus der Hand. Ein weiterer Schuss peitschte durch die Luft, verfehlte aber ebenso wie der vorherige sein Ziel. „Dana, ich kann es nicht, du musst!“ – „Was?“, entfuhr ihr entsetzt. Sie sollte schießen? Alles in ihr sträubte sich dagegen, aber hier sterben, das wollte sie auch nicht. Und ihren Vater ein zweites Mal verlieren? Nein! Sie schloss ihre zierliche Hand um den Holzgriff von Semirs Waffe, hob das schwere Eisen in die Höhe und drückte den Abzug vier-, fünfmal durch, bis sie sicher war, dass der Gegner getroffen zu Boden gegangen war.

    Semir legte seinen linken Arm auf Danas rechte Hand und drückte sie behutsam zu Boden. „Ist gut, Dana. Ich glaube das reicht.“ – „Ha- Habe ich ihn er- erschossen?“, stammelte sie. „Scht, alles wird gut. Es war notwendig, sonst hätte er uns erschossen.“

    Brutal, das war auch das erste, was mir zu diesem Killer einfällt. Masken hin oder her, Verbrecher, die sich mit ihren Namen anreden, sind auch nicht gerade gut getarnt.
    Aber was hat es nun mit den Puppen auf sich, will der Killer seine Taten einem psychisch Kranken in die Schuhe schieben?
    Denn auch wenn auf seine Art verrückt ist, dieser Bruno weiß genau, was er tut.

    Bescherung

    Als Semir am Freitagmittag in seinem BMW vor dem Eingang des Hotels in Aachen vorfuhr, stand Dana bereits mit ihrem Koffer davor und winkte ihn heran. Sie verabschiedete sich noch von ihrer Kollegin, griff ihr Gepäck und schritt zu ihrem Vater. Der begrüßte sie mit einer kurzen Umarmung, die von Dana halbherzig erwidert wurde, nahm ihr die Reisetasche ab und legte ihn auf den Rücksitz. „Können wir los? Bist du im Dienst?“, fragte sie mit Blick auf Semirs Waffe, die er wie immer an der Hüfte trug, und öffnete die Beifahrertür. Sie stutzte kurz, auf dem Beifahrersitz lagen ein in Geschenkpapier eingepackter Karton und ein Briefumschlag. „Was ist das?“, fragte sie, hob die Sachen hoch und setzte sich in den Wagen. „Das sind deine Geburtstagsgeschenke von Andrea und mir. Der Umschlag ist von Andrea. Schnallst du dich bitte an?“ – „Ja.“

    Dana drehte den schmalen Karton hin und her und begann vorsichtig, den Klebefilm zu lösen. „Von dir?“, fragte sie noch mal nach. „Hmm“, nickte Semir, während er auf die Hauptstraße bog. „Aber eingepackt hast du es nicht selbst, oder?“, grinste sie. Ihr Vater tat empört: „Jetzt werde nicht frech! Du kennst meine versteckten Talente noch nicht, Dana!“ Sie mussten beide lachen. So unbeschwert entging ihnen, dass seit längerer Zeit ein Mercedes Geländewagen in größerem Abstand hinter ihnen herfuhr. „Aber du hast recht, da habe ich meine Leute für.“ Dana schlug das Geschenkpapier zur Seite und begann zu strahlen. „Ein E Book Reader? Woher weißt du, dass ich mir so einen gewünscht habe?“

    Semir begann zwei vor ihm fahrende LKWs zu überholen. Der Mercedes tat es ihm gleich und setzte sich anschließend wieder hinter ihn. Im Rückspiegel verfolgte dessen Fahrer zufrieden, wie der hintere LKW-Fahrer zum Überholen ansetzte und zum Schein ein Elefantenrennen begann. Nur hatte er nicht das Ziel des Überholens, sondern wollte in Zusammenarbeit mit dem überholten LKW die Autobahn versperren. Nebeneinander herfahrend blockierten sie beide Fahrspuren und durch ein geschicktes Verteilen auf der Fahrbahn, ließen sie weder links an der Mittelleitplanke noch rechts auf der Standspur Platz für den nachfolgenden Verkehr. Dann begannen beide Trucker einvernehmlich, ihre Zugmaschinen zu verlangsamen, bis sie leicht versetzt zum Stillstand kamen.

    „Ich kann eben manchmal doch ganz gut zuhören, Dana“, antwortete Semir, mit sich zufrieden, dass sein Geschenk so gut angekommen war und dankte still Andrea für diesen Tipp, „Andrea hat mir geholfen, schon mal ein paar Bücher drauf zu laden, du kannst also gleich anfangen zu lesen.“ – „Danke Papa. Und was ist das für ein Umschlag?“ – „Mach ihn auf, dann siehst du es“, Dana drehte den Umschlag in ihren Händen, „Und Ayda und Lilly haben extra einen Kuchen gebacken für heute Nachmittag, Andrea holt dich in der PAST ab, ich muss leider noch ein paar Stunden arbeiten.“

    Die Autobahn beschrieb eine lang gezogene Rechtskurve, schon bald, war im Rückspiegel nur noch leerer, unbefahrener Asphalt zu sehen. Die Zeit war gekommen, seinen Plan in die Tat umzusetzen. Er zog auf die linke Spur und schickte sich an, Semir zu überholen.

    Dana nickte, öffnete den Umschlag und zog eine Glückwunschkarte und einen mehrseitigen handschriftlichen Brief hervor. Die Karte enthielt die üblichen Geburtstagswünsche sowie einen Gutschein für eine Shoppingtour und einen „echten Weiberabend“. Andrea versuchte auf diesem Weg, ihr Verhältnis zu Semirs älterer Tochter zu verbessern. Auf den Brief warf Dana einen kurzen Blick und entschied dann, ihn später in Ruhe zu lesen. Gerade als sie ihn in ihre Jackentasche steckte und Semir neugierig zu ihr hinübersah, knallte der Mercedes dem BMW in die Fahrerseite.
    „Ja, ist der denn bescheuert?“, entfuhr es Semir, der sofort versuchte, nach rechts auszuweichen und seinen BMW wieder unter Kontrolle zu bekommen. Doch der Geländewagen setzte nach. Dana ließ vor Schreck den Karton mit dem E Book Reader fallen, der in den Fußraum vor den Beifahrersitz rutschte. „Was will der von uns?“, schrie sie panisch. Statt ihr zu antworten, griff Semir zum Funkgerät und gab einen Notruf durch: „Cobra 1 an Zentrale, wir werden angegriffen, brauche dring..…“

    Dafür, dass du vor nicht einmal zwei Wochen noch behauptet hast, nicht recht voranzukommen, bist du dann doch recht schnell fertig geworden. Viel ist ja noch nicht passiert. Die Story spielt direkt nach deiner letzten Geschichte, die Familienzusammenführung im Hause Gerkan ist abgeschlossen, und der nächste Fall kann kommen.
    Alles beginnt mit einem Raubüberfall auf einem Rastplatz an der Autobahn. Mal sehen, was dahinter steckt. Ich finde es ja schon komisch, wenn jemand viel Geld in einem Umschlag mit sich führt.

    Ich bin nun auch endlich dazu gekommen, die beiden Folgen ein zweites Mal anzuschauen, und bin dadurch in der Lage, eine kleine Kritik abzugeben.

    Mein Gesamtfazit lautet: Für mich war das der eigentliche Pilotfilm und hätte im Grunde am letzten Donnerstag gesendet werden müssen. Aber dann wäre der Kurzauftritt Sanders in „Vendetta“ nicht zu erklären gewesen. Obwohl auch dafür eine Lösung gefunden worden wäre. Schade eigentlich, dass mit seiner „AusSANDERung“ das toll gestrickte Drama um den Oberstaatsanwalt ein Ende gefunden hat.

    Blutgeld startet in der Tat überraschend mit der Verfolgung der „Helden“, die den Leichnam von Isabell Frings geklaut haben, aber auch für die die Vorgeschichte nicht kennen, löst sich das doch gleich nach dem Vorspann auf. Ich fand das mit der Straßensperre jetzt nicht so schlimm, für mich heiligt hier der Zweck (Sander endlich die Schuld zu beweisen) die Mittel (Entkommen auf der Autobahn) – für Cobra vollkommen in Ordnung. Und die „Helden“ sind ja auch nicht das erste Mal in der Geschichte vor ihren Kollegen auf der Flucht.

    Die Gerichtsmedizinerin Stegmann gefällt mir immer besser in ihrer Rolle und der Zusammenarbeit mit den Kommissaren, ich hoffe, sie hat in der Serie eine Zukunft, auch nachdem Vinzenz Kiefer ausgestiegen sein wird. Die spätere Szene in Alex‘ Blechbüxe unterstreicht hier meinen Eindruck. „Manchmal muss man auf die Regeln scheißen und seinem eigenen Kompass folgen“ – Mit diesem Satz steht sie für mich auf einer Stufe mit den „Helden“ und passt richtig gut zur Cobra. Was es bedeutet, Semir und Alex ihren Wagen zu leihen, sollte ihr dann spätestens nach diesem Fall auch bewusst sein, hatte ich mir erst gedacht, aber der Wagen hat tatsächlich überlebt.

    Dass Kim Krüger zu Sander hält, war ja klar. Liebe macht halt blind. Sie möchte ihm zu gerne glauben und das ist auch verständlich. Die Erklärung von Alex fand ich dann sehr treffend. Semir würde auch Andrea glauben, wenn alle Beweise gegen sie sprechen würden.

    Das Telefonat Vogts mit Sander beweist dann, dass sie auf der richtigen Spur sind, und der Arzt Isabell Frings im Auftrag Sanders – übrigens brillant verkörpert durch Matthias Hermann – mit einer schmutzigen Bluttransfusion getötet hat.

    Der Einbruch bei Sander – genial! Semir will ihm zeigen, wie er die Tür leise und unauffällig aufbricht, und Alex öffnet ihm diese einfach von innen. Die Szene hat mich an eine alte Folge erinnert, in der Semir sich anschickt, einen hohen Zaun zu überklettern und Tom neben ihm eine Tür öffnet. Allerdings hätte Kim auch der vor ihrem Park parkende BMW auffallen können.

    Zu dritt können sie schließlich auch in Kim Krüger leichte Zweifel an Sander wecken. Hier ist allerdings der offensichtliche Kennzeichenfehler zu bemängeln, auf der Autobahn noch mit S- und auf dem Parkplatz mit K-, das müsste doch eigentlich zu vermeiden sein. Die Konfrontation Sanders mit ihrem Verdacht, führt dann zu der dramatischsten Szene in der Folge, Sander ist kurz davor Kim zu töten, aber auch er hat sie geliebt und kann sie nicht eigenhändig töten. Es ist halt leichter, aus der Ferne mittels Knopfdruck das Schicksal eines Menschen zu besiegeln, als ihn zu erwürgen, auch wenn die Konsequenz dieselbe ist. Für ihn ist dieser „Knopf“ der abgedichtete Kamin. Natürlich hätte Kim Krüger gleich in ein Krankenhaus gemusst, statt mit Alex noch einmal Sander gegenüber treten zu müssen, und ich denke darauf würde sich auch keine RTW-Besatzung einlassen. Doch so hat Kim Krüger das letzte ernste Wort in der Folge, danach kommt dann noch ein lustiger Schlussdialog der Helden.

    Die Ermordung Vogts kam für mich sehr unerwartet, schließlich war der „Held“ schon vor Ort, so hätte ich eigentlich die Rettung in letzter Sekunde erwartet. Aber sie unterstreicht einmal mehr die eiskalte Brutalität Sanders, und von daher passte es.


    Damit hätte das Kapitel Sander eigentlich abgeschlossen sein können. Aber Cobra schiebt noch eine Folge hinterher, die an Brutalität in der Serie ihresgleichen sucht. Ich bin ja auch ein Fan von Bodystunts und Schießereien, aber das war auch mir zu viel. Ein Oberstaatsanwalt im Knast ist bestimmt so beliebt wie ein Schwarm Mücken im Schlafzimmer. Alex und Semir gelangen in den Besitz des Diktiergeräts und konfrontieren Sander damit. Und der Oberstaatsanwalt ruft nach seinem Anwalt. Die kleine Freude über den Sieg, geht allerdings in der Gefängnisrevolte unter. Ich muss mich der Kritik meiner Vorkritiker anschließen. Es ist vollkommen unrealistisch, dass man einfach vom Besucherraum auf die Zellengänge kommt. Und die Waffen werden doch hoffentlich nicht im selben Block gelagert.

    Die Folge ist voll mit brutalen Schlägereien, an dem sich auch Alex und Semir beteiligen. Das Diktiergerät fällt dabei einer unbeteiligten Besucherin in die Hände. Auch unsere „Helden“ müssen zu brutalen Mitteln greifen, um Ritchie und seine Freundin mit dem Diktiergerät zu retten und obendrein mit Sander zusammen arbeiten. Aber Ritchie steht natürlich auch im Visier der Gefangenen. Die Flucht mit dem Gefangenentransporter gelingt, vielleicht hätte Alex das Kurzschließen des Wagens Semir überlassen sollen, so ist auch der Anführer mit an Bord und übernimmt gleich mal das Kommando. Und so endet Lockdown so wie Blutgeld begonnen hatte: Unser „Helden“ fliehen vor den eigenen Kollegen. Nur dass die Flucht diesmal in einem Crash endet. Die Helden bewusstlos, Ritchie mit seiner Freundin auf der Flucht, verfolgt von Sander, der immer noch das Diktiergerät haben will. So kommt es zum Showdown, den Sander nicht überleben kann. Dass ausgerechnet die Besucherin ihn erschießt, damit rettet sie vielleicht den „Helden“ das Leben. Damit ist die Akte Sander ein für alles Mal geschlossen und Kim Krüger findet dann auch schnell wieder in ihre alte Rolle als Chefin zurück. Auch diese Folge endet mit einem humorvollen Dialog zwischen den „Helden“.

    Toll gemacht fand ich die Zeitlupensequenz kurz bevor die Gefangenen sich auf die bis an die Zähne bewaffneten Bewacher stürzen, Alex erfolgreiche Suche nach dem Handy in der Zelle, wofür doch ein Gefängnisaufenthalt nützlich war und der Dialog von Alex und Semir, in dem Semir seinem Partner verdeutlicht, dass er das kleinere Ziel sei. Dass er bei „Auf Drei!“ die ersten beiden Zahlen im Kopf zählt und nur die Drei laut äußert – diese Kleinigkeiten mag ich. Dass Ritchies Freundin ausgerechnet auch noch schwanger ist, werte ich mal als unnötigen, weil erfolglosen Versuch, etwas Emotionalität in die Folge zu bringen.

    Einzeln betrachtet muss ich sagen, dass Blutgeld deutlich besser war als Lockdown, ich aber mit der Kombination zufrieden war. Diese steht für mich gleichauf mit „Vendetta“ und hätte auch als erste Folge der Staffel ausgestrahlt werden können.